Landtag,
17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 66
hier befinden – ich sage das hier auch sehr offen – durchaus
bewusst. Und dies war der Grund, warum ich zum einen gesagt habe, jawohl, wir
haben 520 zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen,
weil ich nicht will, dass in dieser Stadt jemand auf der Straße Schaden
erleidet. Dies ist zwischenzeitlich auch passiert und in guter Zusammenarbeit
mit den Hilfsorganisationen Caritas, der Volkshilfe, dem Roten Kreuz, Arbeitersamariterbund,
Diakonie und vielen anderen auch in Betrieb, wo insbesondere auch die älteren –
von jüngeren Minderjährigen war ja auch in der Vergangenheit nicht die Rede
aber die älteren – unbegleiteten Minderjährigen entsprechende Unterkunft
finden, sodass in der Sache gesehen dieses Problem zur Stunde jedenfalls – so
versichern mir auch die Hilfsorganisationen – als gelöst erscheint.
Wir werden die Diskussion über die Finanzierung nun
dort führen, wo sie auch hingehört, nämlich nicht auf dem Rücken der
Betroffenen, sondern zwischen den Gebietskörperschaften. Die Diskussionen haben
begonnen über die Finanzlandesreferentenkonferenz und werden am kommenden
Montag bei der Landeshauptleutekonferenz in Tirol, so hoffe ich, auch ihren
Abschluss finden.
Meine Position dabei – um dies auch noch in einem
Satz zu sagen – ist eine sehr einfache und sehr klare. Jawohl, ich bin bereit,
darüber zu verhandeln, wie der Kostenaufteilungsschlüssel ist, auch über den
Vorschlag des Herrn Innenministers, unter der Bedingung, dass alle Flüchtlinge – alle Flüchtlinge! –
mit den entsprechenden Kosten auch tatsächlich erfasst werden. Wenn dies der
Fall ist, wenn diese Bedingung erfüllt ist, dann bin ich überzeugt davon, dass
man am Ende des Tages auch zu einer entsprechenden Einigung kommen kann. Aber
dies ist mir wichtig.
Ich möchte das nach den Erfahrungen von heuer, nach
den Erfahrungen vom Vorjahr, nach den Erfahrungen vom Vorvorjahr, wo wir immer
dasselbe gemacht haben, nämlich im letzten Augenblick auf unsere Kosten eingesprungen
sind, um Flüchtlingsquartiere zur Verfügung zu stellen, ein für allemal gelöst
wissen. Das ist für mich der entscheidende Punkt, das ist Voraussetzung dafür,
dass es auch zu einer finanziellen Einigung kommen kann im Rahmen eines
15a-Vertrages. Ich bitte Sie für diese Haltung um Verständnis.
Präsident Johann Hatzl: Frau Abg
Jerusalem.
Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub
im Rathaus): Herr Landeshauptmann!
Ich teile zum einen Ihre Kritik am Bund, möchte aber
noch einmal zurückkommen auf die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die
andere Rechte haben als Menschen, die älter als 18 Jahre alt sind. Die
Rechte von unter 18-Jährigen sind sowohl in der UNO-Konvention über die Rechte
des Kindes als auch im Jugendwohlfahrtgesetz und im Wiener Jugendwohlfahrtgesetz
festgehalten.
Aus dem, was Sie sagen, leitet sich nicht das Recht
für das Jugendamt ab, diese jungen Menschen, diese Kinderflüchtlinge
wegzuschicken. Das Jugendamt muss Kinderflüchtlinge aufnehmen. Das ist
gesetzlich so festgelegt. Und deswegen möchte ich jetzt noch einmal nachfragen,
um ganz sicherzugehen, dass ich Sie richtig verstanden habe. Sind Sie
tatsächlich der Meinung, dass das Jugendamt das Recht hat, Kinderflüchtlinge,
ohne ihnen eine Unterkunft zu geben und ohne die Betreuung zu übernehmen,
wieder wegzuschicken, ja sie sogar mit der Polizei abtransportieren zu lassen?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Frau
Abgeordnete!
Was Sie hier zitiert haben, stammt aus einer Arbeit,
die vermutlich im Jahre 2000 geschrieben wurde, denn im Jahre 2001 wurde sie
publiziert. Wir befinden uns im November 2003, und ich kann Ihnen hier
versichern, dass keine Jugendlichen ohne Quartier weggeschickt werden. Das
halte ich auch für gut. Und ich sage das auch unbeschadet meiner Rechtsmeinung,
denn natürlich bin ich da, wie man modern sagen würde, "gepuzzelt",
natürlich bin ich hier zweigeteilt. Ich bin mir der Zweiteilung bewusst und
auch der Verletzlichkeit dieser Position, nämlich auf der einen Seite dafür zu
sorgen, dass Flüchtlinge, selbstverständlich einschließlich der 16- und
17-Jährigen, nicht auf der Straße stehen, und auf der anderen Seite aber auch
rechtskonform darauf zu schauen, dass wir nicht der Finanzierung durch den, der
tatsächlich dafür verantwortlich ist, verlustig gehen.
Ich habe in meiner vorherigen Beantwortung noch nicht
einmal Kritik geübt am Bund – so weit war ich noch gar nicht, und ich weiß auch
gar nicht, wie sinnvoll es hier in diesem Rahmen und in diesem Raum ist –,
sondern ich habe lediglich sachlich festgestellt, dass ich nicht daran denke,
durch die Aneignung Ihrer Rechtsauffassung und der Rechtsauffassung dieses
Gutachtens oder durch das Jugendwohlfahrtsgesetz, durch Bundesgesetze oder
weiters durch UNO-Konventionen, beispielsweise Flüchtlingskonvention,
festgelegte Rechte auf Geld zu verzichten.
Das ist eine ein bisschen schwieriger zu vermittelnde
Position als die sehr einfache: Nehmen Sie die Jugendlichen auf und zahlen Sie
auch dafür! Aber nichtsdestotrotz werde ich daran festhalten, weil ich zwar
grundsätzlich auf der einen Seite den humanen Zugang habe, den Flüchtlingen zu
helfen und sie nicht der Herzlosigkeit zu überlassen, auf der anderen Seite
aber auch darauf zu schauen habe, dass die Finanzen in der Stadt geordnet sind
und die Finanzierung dieser Hilfe auch tatsächlich bleibt.
Vor diesem Hintergrund bitte ich, auch meine
Handlungsweise zu verstehen.
Präsident Johann Hatzl: Die nächste
Zusatzfrage stellt Herr Abg Ulm.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Ich kann Ihre Äußerungen ganz gut verstehen, und ich glaube,
es sollte selbstverständlich sein, dass wir eine Grundversorgung vorzusehen
haben, egal, ob Bund oder Land, und auch egal, ob Asylwerber oder ob der Status
des Asylwerbers eben nicht gegeben ist. Es kann
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