Landtag,
18. Sitzung vom 18.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 42
Klar ist darüber hinaus, dass Schule in Österreich
bundeseinheitlichen Regelungen folgt, sowohl in inhaltlichen und strukturellen
als auch in finanziellen Belangen. Ob dies so bleiben soll, ist aus meiner
Sicht eine der Grundsatzfragen. Ich beantworte sie mit ja, weil ich meine, dass
es gut ist, dass Schulgesetze und alle damit verbundenen Regelungen
bundeseinheitlich geregelt werden. Beispiele anderer Länder zeigen die
Nachteile, wenn dem nicht so ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich wiederhole es: Wir SozialdemokratInnen sind der
Meinung, dass es gut ist, dass es diese bundeseinheitliche Regelung gibt. Die
Position der anderen Parteien dazu wäre eine spannende. Denn davon abgeleitet
sind alle Fragen, die wir auch jetzt aktuell diskutieren, vor diesem
Hintergrund zu betrachten.
Zurzeit bestehen neben der Grundsatzaufgabe des
Bundes, sowohl die Inhalte als auch die Ressourcen festzulegen und dafür zu
bezahlen, neben den grundsätzlichen Zugehörigkeiten, neben der grundsätzlichen
Verantwortung des Bundes auch Bund-Länder-Vereinbarungen. Eine dieser
Vereinbarungen findet sich im Finanzausgleichsgesetz wieder. Dieses
Finanzausgleichsgesetz wurde zwischen dem Bund und den Ländern vereinbart und auch
unterfertigt.
Als Ergänzung dazu wurde im Sinne des kooperativen
Bundesstaates ein Paktum geschlossen, unter anderem mit dem Ziel, den
Regelschulbetrieb für das Schuljahr 2004/2005 hinsichtlich des Verhältnisses
Schüler - Lehrer zu limitieren. Alle Bundesländer haben hinsichtlich besonderer
Anforderungen - zum Beispiel der Zweisprachigkeit im Burgenland und in Kärnten,
der kleinen Strukturen im ländlichen Bereich und der damit verbunden
Kleinstschulen, aber von Wiener Seite auch im Hinblick auf den Integrationsbedarf
und andere Rahmenbedingungen - Vorbehalte angemeldet und besondere Regelungsbedürfnisse
verlangt. Aus gutem Grund, wie sich jetzt zeigt.
Im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgaben war und ist
Wien seit jeher Vorreiter der Bildungspolitik in Österreich gewesen, was
Schulversuche und Pilotprojekte betrifft. Vieles von dieser Vorreiterrolle hat
auch in gesetzlichen Grundlagen seinen Niederschlag gefunden, zum Beispiel -
heute besonders aktuell - im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtung zur Integration
von behinderten Schülerinnen und Schülern.
Wien hat - und da möchte ich einige Zahlen nennen,
die deutlich machen, wo jetzt diese Unterschiede und auch die angemeldeten
Vorbehalte schlagend werden - 650 Integrationsklassen, in den anderen Bundesländern
bewegen sich die Zahlen zwischen 20 und 50. Deutlich wird dieser Unterschied
auch durch eine andere Zahl! Während es in den anderen acht Bundesländern
300 Kinder gibt, die aufgrund ihrer schweren Behinderungen nicht beschult
werden, ist in Wien lediglich ein einziges Kind betroffen, das nicht in der
Regelschule den Bildungsauftrag erfüllt bekommt.
Wir haben auch für SchülerInnen mit nichtdeutscher
Muttersprache verstärkte Betreuung angeboten und unter anderem auch für die
unterschiedlichen Religionsbekenntnisse in Wien die entsprechenden Pädagogen
zur Verfügung gestellt. Wien fördert private Pflichtschulen in nicht
unbeträchtlichem Ausmaß, und in Wien werden alle Kinder, die sich aufgrund
ihres Gesundheitszustandes im Spital aufhalten, unterrichtet.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die ganztägige
Betreuung. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem für die Frauen
zu erleichtern, bietet Wien ein flächendeckendes Netz an ganztägigen
Betreuungsmöglichkeiten. Wien hat im Pflichtschulbereich
1 365 Gruppen für die ganztägige Betreuung, das sind 85 Prozent
von ganz Österreich. In den restlichen Bundesländern sind genau
250 Gruppen vorhanden. Darüber hinaus bieten wir außerschulische
Betreuungsformen wie zum Beispiel jene in den Horten an, und damit erreichen
wir - worauf wir sehr stolz sind, weil wir das den Eltern versprochen haben -
eine flächendeckende Betreuung.
Durch Maßnahmen des Gesetzgebers wird das Schulsystem
seit Jahren beständig verteuert, den Ländern werden aber geringere Ressourcen
zur Verfügung gestellt. Einige Beispiele dazu: Die Veränderung des
Landeslehrerdienstrechtes hat dazu geführt, dass jede anfallende Supplierstunde
zu bezahlen ist; dadurch entstehen Mehrkosten. Supplierkosten müssen - und das
ist das Besondere, das sich in den letzten drei Jahren ausgewirkt hat - seit
dem Schuljahr 2001/2002 im Stellenplan bedeckt werden und sind daher von
Unberechenbarkeit gekennzeichnet. Denn wann fallen Supplierstunden an? Wenn
Lehrer ausfallen. Jede Grippewelle ist ein deutliches Zeichen dafür, dass diese
Regelung eine Belastung der Grundsatzausstattung bedeutet und daher von
Nachteil ist.
Die Lehrerdienstrechts-Novelle 2001 und die damit
verbundene Reduktion der Unterrichtsverpflichtung von Pflichtschullehrern hat
Auswirkungen gehabt. Die Integration ins Regelschulwesen, die sinnvollerweise
dorthin übernommen wurde, für Hauptschulen und die Unterstufen der AHS, hat
Elternwünsche berücksichtigt, hat aber ein zusätzliches Erfordernis vom
Lehrereinsatz her nach sich gezogen. Die Beschulungsmöglichkeit bis zum
18. Lebensjahr in den Pflichtschulen für benachteiligte Jugendliche
erfordert auch Ressourcen, die man bei der Regelung nicht berücksichtigt hat.
Mit diesen Maßnahmen wurde bestätigt, wie schwierig die
Annahme eines Normklassenmodells, wie es das Paktum zum Finanzausgleich
vorgesehen hat, im Hinblick auf die unterschiedlichen Bedingungen in den
einzelnen Bundesländern umzusetzen ist, verbunden mit einseitig veränderten
Rahmenbedingungen seitens des Bundes seit Abschluss dieses Paktums. Daher war
es aus meiner Sicht vollkommen logisch, dass sich die letzte
Landeshauptleutekonferenz mit diesem Thema beschäftigt hat und beschlossen hat,
dass alle einseitigen Veränderungen der diesbezüglichen Richtlinien durch den
Bund nicht akzeptiert werden. (Beifall bei der SPÖ.) Die
österreichischen Bundesländer sind kooperativ und halten sich an getroffene
Vereinbarungen, lehnen es aber ab, sich einseitig dominieren zu lassen, und
werden selbstverständlich alle rechtlichen
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