Landtag,
18. Sitzung vom 18.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 42
fehlen 700 LehrerInnen. 700 gehen in Pension, das
hat man ja auch gewusst, und auf einmal fehlen 700 und die Lehrer werden
abgezogen, werden umfunktioniert. Und was das alles bewirkt, schon einmal auf
der emotionalen Ebene, bei den Kindern und bei den Lehrern selbst, das konnten
wir ja auch in alle in den letzten Wochen nachlesen und ich fürchte, diese
Kritik kann man sich auch nicht sparen, auch das ist untragbar. Es ist
untragbar und es ist kein Zeugnis einer Politik, wo man rechtzeitig erkennt,
also, das kommt auf uns zu, so wollen wir Verantwortung wahrnehmen, und dieses
und jenes haben wir vorher zu tun, um das alles von uns abzuwenden.
Also, offenbar hat es hier jemand verabsäumt,
dringend und rechtzeitig zu handeln und das Ergebnis ist, dass wir jetzt vor
einem Scherbenhaufen stehen. Was können wir jetzt machen? Wollen Sie, dass wir
jetzt auch mit Ihnen gemeinsam in den Chor einstimmen und sagen, der Bund ist
Schuld? Nehmen wir einmal an, jawohl der Bund ist schuld. Aber können wir diese
Situation hinnehmen, bis der Bund seine Schuld einsieht? Da kann ich bitte nur
sagen, viel Glück. Ich sehe nicht, dass sich von Bundesseite in den nächsten
Wochen und Monaten irgendetwas ändern wird.
Und was wollen wir hier und jetzt tun, um diese
Situation in Wiens Schulen abzuändern? Denn da werden Sie mir sicher recht
geben: Die Kinder, die Lehrer und die Eltern interessiert das nicht, wenn wir
hier fest auf böse machen und sagen, ja der Bund ist böse, und der Herr
Bürgermeister ist noch böser, und dann hat noch Herr Strobl vorhin gemeint, die
Grünen seien Schuld. Das war ja
überhaupt das Allernetteste was ich gehört habe in letzter Zeit im Zusammenhang
mit dem Schulchaos. (Abg Walter Strobl: Das
habe ich nicht gesagt, ich habe gesagt, könnte!) Ach, das haben Sie nicht
gesagt. Nun gut, das können Sie ja dann auch klarstellen. Könnte sein, dass die
Grünen Schuld sind, okay.
Das ist es aber nicht, worum es den Leuten geht. Den
Leuten da draußen geht es darum, was jetzt passieren soll und mit welcher
Situation sind sie konfrontiert. Und jetzt lassen Sie mich vielleicht noch
einmal kurz rekapitulieren, was diese Einsparungen im Schulbereich bedeuten.
Sie bedeuten - und das ist heute mehrfach wiederholt worden -, dass
unverbindliche Übungen gestrichen werden. Sie bedeuten, dass ZweitlehrerInnen
und StützlehrerInnen von Schulen, wo sie dringend gebraucht werden und von
Klassen, wo sie dringend gebraucht werden, abgezogen werden, von Klassen, in
denen behinderte Kinder sitzen, von Klassen, in denen Kinder mit diversen
Defiziten sitzen, also zum Beispiel mit unterschiedlichen
Deutschbeherrschungsgraden, Kinder, die Sprachschwierigkeiten haben, Kinder,
die Sprechschwierigkeiten haben, Kinder mit Legasthenie, also all das, was halt
in einer Schulklasse zu finden ist.
Und alle jene Kinder, die zusätzliche Unterstützung
brauchen, haben diese Unterstützung nicht. Es bedeutet, dass Förderangebote
gekürzt werden, da sind wir schon wieder, wie gesagt, bei den Kindern die einen
besonderen Förderbedarf haben. Und es bedeutet - und das nicht erst neuerdings,
sondern im übrigen seit dem Jahr 2000 -, dass eine höhere Anzahl von
SchülerInnen pro Klasse eingeführt wurde. Es wurden ja die Schülerzahlen von 25 auf 30
angehoben.
Was heißt das konkret? Beispiel Hetzgasse – das habe
ich auch vor ein paar Wochen von hier aus gebracht -, eine Lehrerin, das müssen
sie sich vorstellen, 30 Kinder, darunter außerordentliche SchülerInnen,
das heißt, Kinder die zugewandert sind nach Österreich und die quasi als
Quereinsteiger mitten im Schuljahr kommen und teilweise sogar überhaupt nicht
Deutsch sprechen, Kinder mit unterschiedlichen Beherrschungsgraden des
Deutschen in der Klasse, und wie soll man da zurechtkommen. Wie stellen Sie
sich das vor, dass das gehen soll. Mitten im Schuljahr zieht man die
Zweitlehrer ab und man lässt sowohl den Lehrer oder die Lehrerin als auch die
Kinder, als auch die Eltern, auf sich allein gestellt.
Meine Damen und Herren, das geht nicht! Und egal letztendlich,
wer Schuld ist, und egal, was sich herausstellt in ein paar Jahren - wenn dann
tatsächlich geklagt worden ist -, wer dann Schuld war, diese Kinder und diese
Lehrerinnen und Lehrer sind mit dieser Situation hier und jetzt konfrontiert,
und die kann man nicht im Stich lassen!
Somit haben wir jetzt eine Situation, in der alle arm
sind. Die Kinder sind arm, die Lehrer sind arm, und die Eltern sind hochgradig
verunsichert.
Und wir haben es alle schwer
genug gehabt in den letzten Jahren. Verunsicherte Eltern zum Beispiel sind in
Bezirken, wo ein sehr, sehr hoher Bevölkerungsanteil mit nichtdeutscher
Muttersprache wohnt, immer wieder zu uns gekommen, gerade bei der Einschulung
der Kinder zu Jahresanfang, und haben gesagt: Ich bringe jetzt mein Kind in
eine Schulklasse, und dort stelle ich fest, da sitzen so und so viele Kinder,
die entweder Schwierigkeiten haben mit Deutsch oder – ich bringe Ihnen ein ganz
banales Beispiel – den Kindergarten nicht besucht haben und sonstige
Schwierigkeiten in der Einschulungsphase haben, und jetzt habe ich Angst, dass
mein Kind nicht die Betreuung bekommt, die es braucht, und dass vielleicht
seine Leistungen, die es haben könnte, darunter leiden. Und wir haben alle
diese Eltern beschwichtigt und beruhigt und überzeugen können, dass das kein
Problem ist, dass es richtig ist, die Kinder in diese Klassen zu schicken, dass
kein Kind darunter leidet, weil eben besondere Förderangebote vorhanden sind,
weil ZweitlehrerInnen vorhanden sind und weil Wien einen bestimmten Weg der
Integration geht, der allen Kinder zugute kommt.
Nun, was ist jetzt von diesem Rest geblieben, was ist
davon geblieben? Die Frau Vizebürgermeisterin hat dazu gesprochen. Ich meine,
Sie tun so, wie wenn Sie nicht mitbekommen hätten, was passiert ist in den
letzten Wochen. Sie hat vorhin in ihrer Rede von 650 Integrationsklassen
gesprochen. Ja, auf dem Papier, aber Integrationsklassen mit welchen Lehrern?
Ist das eine Integrationsklasse, wenn eine Lehrerin auf 30 Kinder kommt?
Sie haben vorhin auch von dem Weg gesprochen, Kinder mit
nichtdeutscher Muttersprache gemeinsam zu betreuen, dass das ein vorbildlicher
Weg wäre und dass
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