Landtag,
18. Sitzung vom 18.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 42
verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens
zurückzuziehen und zwar nicht nur politisch, sondern vor allem auch was die
Finanzierung betrifft.
Wir kennen alle die Aussagen von Bundesminister
Grasser, der ja auch schon angeregt hat darüber nachzudenken, ob nicht die
Lehrer generell auch in die Landeskompetenz übernommen werden sollen. Also wenn
man so will, ist all das ein Zeichen dafür, dass das, was wir jetzt
diskutieren, eigentlich nur ein Vorgeplänkel und ein Vorspiel auf das ist, was
wir wahrscheinlich im nächsten Jahr im Rahmen des Finanzausgleichs erleben
werden, nämlich den Versuch, auch im Bereich der Bildung immer mehr Aufgaben
und auch immer mehr finanzielle Aufgaben den Ländern zu überantworten. Das ist
natürlich gerade für ein Bundesland wie Wien, das sich ja in besonderer Art und
Weise auch um die Anliegen der Kinder und Eltern kümmert, eine besonders heikle
Angelegenheit, der wir uns aber durchaus gewachsen fühlen.
Es ist richtig, dass wir in Wien in der Tat auch eine
ganze Reihe von besonderen Bedingungen haben. Mehr als die Hälfte der Kinder
mit nichtdeutscher Muttersprache ist in Wien. Von den ganztägigen
Betreuungsformen, 1 365 Gruppen beispielsweise, sind 85 Prozent
von Österreich in Wien. Wir haben in Wien 650 Integrationsklassen, das
sind 25 Prozent von Österreich, und noch viele andere Aufgaben:
Beispielsweise ist in Wien ein höheres Potential an Mitgliedern anderer
Religionsgemeinschaften und damit verbunden sind auch größere Aufgaben, die wir
im Wiener Schulsystem zu leisten haben.
Ich denke auch daran, dass beispielsweise das
Interesse an der schulischen Integration von Kindern und Jugendlichen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf steigt und dass dieses Interesse der Eltern,
ihre Kinder und Jugendlichen in solche Klassen zu geben, immer größer wird und
daher auch immer mehr Bedarf besteht. Das heißt aber natürlich nicht, dass wir
in Wien alle diese vom Bund festgelegten gesetzlichen Bedingungen auch
automatisch finanziell übernehmen können. Wenn der Kollege Strobl, der glaube
ich jetzt nicht mehr da ist, darauf hingewiesen hat, dass es keine Streichungen
von Dienstposten gegeben hat, dann sollte man aber fairer Weise ergänzen und
anführen, dass es eine ganze Reihe von Bundesmaßnahmen gegeben hat, die der
Gesetzgeber auf Bundesebene gesetzt und das Schulsystem in den letzten Jahren
ständig verteuert hat und zwar ständig verteuert hat auf Kosten des Landes
Wiens. Ich denke hier nur beispielsweise an die Veränderungen im Lehrerdienstrecht,
wo durch die Einführung im Lehrerdienstrechtsgesetz, dass jede anfallende
Supplierstunde zu bezahlen ist, deutliche Mehrkosten in der Größenordnung von
zwei Millionen EUR jährlich entstanden sind. Ich denke auch an die
Lehrerdienstrechtsnovelle aus dem Jahr 2001, wo durch Reduktion der
Unterrichtsverpflichtung von Pflichtschullehrern ein Mehrbedarf entstanden ist.
Das gilt auch für die Integration, wo es beispielsweise durch die Ausweitung
des Integrationsgedankens auch für Hauptschulen und Unterstufen der AHS
jedenfalls eine deutliche Verschärfung und eine deutliche zusätzliche Belastung
für das Landesbudget gegeben hat. Das sind alles Maßnahmen, die man durchaus
auch in diese Diskussion mit einbringen muss. Es ist deshalb völlig unpolitisch
zu sagen, egal, wer das alles bezahlt - so wie das jetzt die GRÜNEN tun -, es
soll geschehen und die Finanzierung soll sich wie durch Geisterhand irgendwie
bewerkstelligen.
Ich glaube, es ist richtig und wichtig, dass derzeit
im Österreichkonvent die Bundesverfassung und die Aufgaben der Bundesverfassung
neu definiert werden. Ich finde das gut und richtig so. Es kann aber nicht zu
so einer Verteilung der Kompetenzen kommen, dass der Bund Gesetze beschließt
und das Land, das gar keine Möglichkeiten hat, hier auf die Bundesgesetzgebung
Einfluss zu nehmen, diese Maßnahmen zu finanzieren hat. Das ist eine Kompetenz
und auch Aufgabenverteilung, die wir uns nicht vorstellen können, und das zeigt
sich ganz deutlich auch bei dieser Diskussion um das Schulsystem und die
Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer. Das ist ein Problem, das ja nicht nur wir
in Wien haben, sondern das, wie wir hier auch besprochen haben, auch in allen
anderen Bundesländern virulent ist.
2. Um auch zu zeigen, dass das für die Haltung der Bundesregierung
zum Bildungssystem generell nur ein Beispiel ist, sollte man schon auch
erwähnen, dass diese Kürzungsmaßnahmen das Schulsystem treffen, aber nicht nur
jenes, sondern auch die Universitäten und dass in besonderer Weise
beispielsweise durch diese Kürzungsmaßnahmen auch das lebensbegleitende Lernen
betroffen ist. Wenn wir von der Frau Bundesminister Gehrer im August erfahren,
dass die Einrichtungen der Erwachsenenbildung beispielsweise um 25 Prozent
gekürzt werden und zwar nicht im nächsten Jahr 2004, sondern bereits im
heurigen Jahr und jeder, der mit Budgetplanung zu tun hat weiß, dass ein
Budgetjahr im August im Wesentlichen vorbei ist, dann kann man sich vorstellen,
was das für diese Einrichtungen des lebensbegleitenden Lernens bedeutet. Sie
sind gerade auch für unsere Kinder und Jugendlichen von so besonderer
Bedeutung, weil sich die verschiedensten Einrichtungen des lebensbegleitenden
Lernen ja auch um jene Inhalte gekümmert haben, die aufgrund der
Kürzungsmaßnahmen der Frau Bundesminister Gehrer durch die Schulen nicht mehr
ansprechbar waren. Also ich denke beispielsweise an die verschiedensten
Kürzungen im Bereich der bildnerischen Erziehung, der Musik, der
Leibeserziehung und vieler anderer Maßnahmen mehr, wo oft Bildungswerke,
Volkshochschulen und viele andere Einrichtungen für Kinder und Jugendliche ein
interessantes Angebot stellen konnten. Das wird jetzt ohne vorherige
Ankündigung, ohne vorher mit den betroffenen Organisationen zu sprechen, um
25 Prozent gekürzt. Man kann sich vorstellen und ausmalen, was das für
diese Organisationen bedeutet und was das auch für die Kinder und Jugendlichen
heißt, die in diesen Lehrgängen, in diesen Kursen und Veranstaltungen zu einem
großen Teil das kompensieren konnten, was sie in der Schule nicht mehr erhalten
haben.
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