Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 56
in den Pausen, auf den WCs. Es wird auch festgestellt, dass sich Eltern und Schüler Hilfe suchend an diverse Politiker und Stellen wenden und darauf hinweisen, dass es dieses Problem gibt. Wir sollten uns daher auch überlegen: Was machen wir, wenn Prävention alleine nicht hilft? - Dann muss es weitere Schritte geben!
Dann kommt der weitere Schritt der medizinischen
Früherkennung. Dabei geht es nicht darum, den Lehrer sozusagen in eine
Drucksituation zu bringen - er ist ja kein Mediziner. Aber wenn ein Lehrer
feststellt, es gibt gewisse Auffälligkeiten, wie sie auch im Bericht
angesprochen worden sind - diese gibt es in den unterschiedlichsten Bereichen,
das hat nicht nur etwas mit Alkoholmissbrauch oder Drogenmissbrauch zu tun -,
oder wenn eine Gesundheitsuntersuchung stattfindet - und eine solche findet ja
in jährlichen Abständen an allen Schulen statt -, dann macht es doch Sinn und
dann soll es auch die Möglichkeit geben, stichprobenartig Kontrollen
durchzuführen, medizinische Untersuchungen vorzunehmen, um festzustellen, ob
nicht vielleicht auch in dieser Hinsicht bei dem einen oder anderen ein
Krankheitsbild vorliegt - damit man es rechtzeitig erkennt, damit man
rechtzeitig die Eltern einbinden kann, damit man rechtzeitig Beratung, Hilfe,
medizinische Behandlung und Therapie in Angriff nehmen kann und nicht erst dann
irgendwann einmal draufkommt, wenn es oftmals schon zu spät ist, nämlich nach
Ende der Schulpflicht, nachdem der Schüler letztlich gescheitert ist, auch an
der Schulausbildung et cetera.
Das wäre, glaube ich, ein richtiger Ansatz. Das hat
nichts mit Repression zu tun, sondern mit Früherkennung, medizinischer Hilfe
und Beratung – und das halte ich für sehr, sehr wichtig. Deshalb habe ich auch
nicht verstanden, warum man den durchaus guten Vorschlag, den ein
Sozialdemokrat in Europa, nämlich Tony Blair, gemacht hat, gleich
zurückgewiesen hat. Man stellt also auch in England Überlegungen in jene
Richtung an, in die auch wir, schon vor Tony Blair, schon einmal Forderungen
zum Ausdruck gebracht haben, und wir unterstützen Tony Blair durchaus auch
jetzt in dieser Frage und wollen diese Frage deshalb auch offen diskutieren. Es
sollte nicht gleich alles zurückgewiesen werden, sondern wir sollten darüber
inhaltlich diskutieren. Auf diese inhaltliche Diskussion würde ich mich freuen,
denn ich denke, den Betroffenen würde damit geholfen werden, wenn wir in diese
Richtung eine Lösung finden könnten.
Zum Abschluss zur Frage, was zu verändern wäre, um
die es im Bericht auf Seite 80 geht: Da bin ich in fast allen Bereichen
Ihrer Meinung. Das Thema Kinderarmut ist heute schon eingehend behandelt
worden, aber in diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Bundesregierung,
auch wenn das von den Kinder- und Jugendanwälten anders gesehen wird,
beziehungsweise dass wir mit dem Kindergeld ja genau in diesem Bereich einen
Vorstoß gemacht haben, um Kinderarmut im Alter von ein bis drei Jahren abzufedern.
Es wäre ein schöner und guter Ansatz, wenn man sich
jetzt im Sinne der Kinderfreunde auch überlegen würde: Wie können wir auch den
Kindergarten in Wien vom dritten bis zum sechsten Lebensjahr kostenlos machen?
Wie können wir hier den Betroffenen weitere Hilfe angedeihen lassen, damit wir
auch in diesem Bereich Kinderarmut etwas abfedern? (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Römer: Als Nächster
zum Wort gemeldet ist Herr Abg Wutzlhofer. Ich erteile es ihm.
Abg Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Kinder- und
Jugendanwälte! Liebe Damen und Herren!
Ich möchte am Beginn meiner Rede zwei Dinge
anbringen, die, glaube ich, wesentlich für die Debatte an sich, aber auch
wesentlich für die Debatte heute sind:
Erstens einmal ergeht natürlich und ganz
selbstverständlich, so wie jedes Jahr, der Dank von mir und unserer gesamten
Fraktion an die Kinder- und Jugendanwaltschaft, an Toni Schmid, Monika
Pinterits und das ganze Team, für die großartige Arbeit und auch für den
umfassenden Bericht. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweitens möchte ich meine Beglückung
über die Veränderung der Diskussionskultur oder auch des Diskussionsinhalts in
den letzten Jahren zum Ausdruck bringen. Wir können uns alle, wie Kollege
Strache schon erwähnt hat, daran erinnern, wie das so abgelaufen ist; ich ganz
besonders, wenn ich an meine allererste Rede hier im Haus denke, die mit dem
Eklat – ich war daran ja unschuldig, bitte. Insofern möchte ich sagen, dass es
mich sehr freut, dass wir hier im Haus Übereinstimmung darüber erzielen können,
dass das eigentliche Thema der Diskussion, nämlich der Bericht, eine gute und
anerkennenswerte Sache ist. Und es freut mich ganz besonders, dass er im
Ausschuss einstimmig beschlossen wurde und, wie ich annehme, auch heute
einstimmig beschlossen werden kann.
Jetzt aber doch ein paar Worte zum Thema, damit wir,
für alle, die zuhören, den Dank von Seiten unserer Fraktion auch ein bisschen
begründen können.
Es ist - wie alle wissen sollten - das
Selbstverständnis der Kinder- und Jugendanwaltschaft, als weisungsungebundene
Institution, die einen gesetzlich definierten Rahmen hat, Stütze und Hilfe für
Kinder und Jugendliche zu sein, in Not geratene Kinder und Jugendliche, Opfer
sexueller Gewalt. Es ist die Aufgabe und das Selbstverständnis der Kinder- und
Jugendanwaltschaft, Expertise zu bieten - das ist heute auch schon erwähnt
worden - für die Bedürfnisse und das Leben und die Situation von Kindern und
Jugendlichen; und es ist schlussendlich ihre Aufgabe, konsequent für junge
Menschen Partei zu ergreifen. Dieses Selbstverständnis hat sich nicht nur in
Papieren geäußert, sondern in der täglichen Arbeit, und das ist etwas, was positiv
hervorzuheben ist.
Damit bin ich beim eigentlichen Thema des Berichts,
und dazu möchte ich kurz ein paar Punkte erwähnen, nämlich all jene, die ich
vorher als Teil des Selbstverständnisses der Kinder- und Jugendanwaltschaft
aufgezählt habe.
Was die Expertise betrifft, so
wird gerade in den ersten Seiten des Berichts klar, dass die Kinder- und
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