Landtag,
2. Sitzung vom 15.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 59 von 65
Haus -, dass wir als Wiener Landtag nicht vorübergehen können an bestürzenden und skandalösen Äußerungen des iranischen Präsidenten, der in den letzten Tagen davon gesprochen hat, dass beispielsweise der Holocaust ein Märchen der zionistischen Propagandamaschine ist, und der dem Staat Israel die Berechtigung als Staat abgesprochen hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind
Äußerungen, die wir als eine gesetzgebende Körperschaft in diesem
demokratischen Europa und in Österreich einfach nicht so zur Kenntnis nehmen
können. Dagegen bedarf es unseres klaren und deutlichen Protestes! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf daher
namens der Klubobleute der vier Rathausklubs einen Resolutionsantrag
einbringen, und zwar im eigenen Namen sowie namens Christian Oxonitschs, Maria
Vassilakous und Heinz-Christian Straches, dass die Entgleisungen des
Staatspräsidenten des Iran Mahmud Ahmadinedschad zurückgewiesen werden. Diese
widerlichen antisemitischen Entgleisungen, diese antiisraelischen Entgleisungen
sind gerade auch aus unserer eigenen Geschichte im Bedenk- und Gedenkjahr 2005
mit allem Nachdruck zurückzuweisen.
Daher sagen wir mit diesem Resolutionsantrag, dass
wir die wiederholten Äußerungen des iranischen Staatspräsidenten, der die
historische Tatsache des Holocaust leugnet und die Vertreibung des jüdischen
Volkes aus Israel gefordert und damit das Existenzrecht des israelischen
Staates bestritten hat, als Wiener Landtag missbilligen und aufs Schärfste die
aktuellen Äußerungen des iranischen Staatspräsidenten, die eine Verhöhnung der
Opfer des Holocaust und von deren Nachfahren bedeuten, zurückweisen. Sie sind
geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu gefährden und den
Friedensprozess im Nahen Osten massiv zu beeinträchtigen.
Die gefertigten Abgeordneten haben daher folgenden
Resolutionsantrag hier vorzubringen:
„Der Wiener Landtag wolle beschließen: Der Wiener
Landtag missbilligt aufs Schärfste und weist mit aller Entschiedenheit die
menschenverachtenden Aussagen der letzten Tage des Staatspräsidenten des Iran
Mahmud Ahmadinedschad zurück. Der Wiener Landtag fordert im Interesse der in
Österreich friedlich zusammenlebenden Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher
Herkunft und Religionsbekenntnisse die Bundesregierung auf, mit aller
Deutlichkeit die Missbilligung Wiens auszudrücken.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Frau Präsidentin! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn wir
unsere Aufgabe als Wiener Landtag, als gesetzgebende Körperschaft in einem demokratischen
Österreich ernst nehmen und auch dieses Jahr 2005 ernst nehmen, müssen wir
hier mit aller Entschiedenheit dagegen auftreten. Denn es kann uns nicht
gleichgültig sein, was in dieser Welt geschieht. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich
erteile es ihm.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter
Herr Vizebürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zuerst zum Akt und zu dem, was Herr Kollege Margulies
gesagt hat: Meine Fraktion ist gegen jede Dogmatisierung eines Nulldefizits.
Insbesondere bei einem Konjunktureinbruch ist es natürlich falsch, auf einem Nulldefizit
zu beharren. Grundsätzlich heißt das aber nicht, dass man nicht für eine
stabilitätsorientierte Politik eintritt. Dass das Land Wien sich sicher nicht
von einer sozialen oder ökologischen Politik verabschiedet hat, haben wir am
Montag und am Dienstag beim Budgetvoranschlag deutlich bewiesen. Wir setzen
ganz real und ganz konkret soziale und ökologische Politik in Wien weiter um,
und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Fraktion plädiert aber dafür, die Vereinbarung
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über eine Weiterführung der
stabilitätsorientierten Budgetpolitik - also österreichischen Stabilitätspakt
2005 - zu genehmigen. Dem Bund wird in diesem Pakt ein jährliches Defizit
zugestanden - das Defizit ist also beim Bund -, die Länder erbringen
Überschüsse, produzieren Überschüsse. Unsere Vorgangsweise entspricht unserem
hohen Verantwortungsbewusstsein gegenüber unserer Republik und gegenüber den
BürgerInnen unserer Republik. Die Republik Österreich besteht, wie wir alle
wissen, aus Bund, Ländern und Gemeinden, eine solche gemeinsam betriebene
stabilitätsorientierte Budgetpolitik hat Sinn, und es wäre schlecht, wenn ein
Vertragspartner - das sind Bund, neun Länder, ferner Städtebund und
Gemeindebund - abseits stehen würde.
Schlecht sind Alleingänge. (Abg Dipl Ing Martin
Margulies: ...der Staat!) Leider hat es einen Alleingang, zumindest
kurzfristig oder mittelfristig, von Seiten des Bundes gegeben. Mit dem
Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 wurden vom Bund
einseitig, ohne Einvernehmen mit den anderen Vertragspartnern,
Verschlechterungen für Länder und Gemeinden normiert. Es wurden zum Beispiel
die Prozentsätze für die höchsten zulässigen Defizite des Bundes einseitig
abgeändert und erhöht.
Der Beschluss des Nationalrates entsprach auch nicht
den Ergebnissen der Verhandlungen zum Finanzausgleich 2004. Nachdem aber Bgm
und Lhptm Häupl auf diesen negativen Umstand aufmerksam gemacht hatte, nachdem
er auch den Bundeskanzler aufmerksam gemacht hatte, hat der Finanzminister und hat
der Bund eingelenkt und ausdrücklich erklärt, die im Finanzausgleichs-Paktum
vereinbarten Bundesdefizithöhen tatsächlich einzuhalten. Außerdem hat er
bestätigt, dass es für die Länder diesbezüglich keine Neubegründung von
Verpflichtungen geben wird und dass es zu keiner Ausdehnung des
Geltungsbereiches des österreichischen Stabilitätspaktes komme.
Die schriftlich vorliegenden Zusicherungen und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular