Landtag,
27. Sitzung vom 28.01.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 66
kommentieren, aber ich mache ein paar Anmerkungen
dazu.
Aufhänger unserer Debatte waren ja zwei Dinge: Das eine
ist die aktuelle Diskussion über eine neue österreichische Bundesverfassung,
wovon ja ein Teil auch ein Demokratiepaket sein sollte; und das Zweite ist die
Ankündigung des SPÖ-Bundesvorsitzenden und seines Stellvertreters von Anfang
dieses Jahres, dass dieses Jahr das Jahr der Demokratie sein soll. Und das
Dritte schließlich ist die immer wiederkehrende Erkenntnis, dass Wien anders
ist, und da haben wir uns gedacht: Wien übernimmt eine Vorreiterrolle und geht
mit gutem Beispiel voran. (Lhptm
Dr Michael Häupl: Hat schon! Hat schon!)
Ich habe Ihrer Aussage entnommen, Herr Bürgermeister,
dass Wien tatsächlich anders ist: Es bleibt alles, wie es ist, und es gibt
keine Indikation dafür, dass sich irgendetwas ändert. – So viel (Lhptm Dr Michael Häupl: Dann gäbe es
zum Beispiel kein Minderheitsrecht auf Untersuchungsausschuss! Das gibt es im
Bund bis heute nicht!) zum Thema Demut. Das ist übrigens... (Lhptm Dr Michael Häupl: So viel zur
Demut des Herrn Khol!) Ja, und Sie wissen ja, wie dieses Minderheitsrecht
zustande gekommen ist: Weil sich die ÖVP in der gemeinsamen Regierung in der
letzten Periode sehr dafür eingesetzt hat und euch davon überzeugen konnte,
dass es eine Notwendigkeit war - obwohl wir damals in der Regierung waren! Und
ich stehe nicht an zu sagen, dass dieses praktikable Wiener Modell auch eines
ist, das man auf Bundesebene anwenden kann (Lhptm
Dr Michael Häupl: Ja, aber im Bund gibt es das noch immer nicht!), aber
man soll auch in Erinnerung rufen, wie es zustande gekommen ist (Lhptm Dr Michael Häupl: Ja, genau!
Wahrscheinlich hat sich der Schüssel gegen den Haider nicht durchgesetzt!),
wer es implementiert hat, wer es betrieben hat und wie damals die Umstände waren. (Beifall bei der ÖVP. - Lhptm Dr Michael Häupl: Ja, ja, ja! – Ja,
freilich!)
Also dass
es eine derartige Sperre gegen die Briefwahl gibt! - Ich habe mir das jetzt
alles angehört. Man könnte ja mit dem Lebensfreund Erwin Pröll reden, warum das
in Niederösterreich möglich ist und in Wien nicht. Ich nehme auch zur Kenntnis:
In der Bundesrepublik Deutschland ist es seit 40 Jahren gang und gäbe.
Alle Untersuchungen zeigen, dass auch SPD-Wähler von der Briefwahl Gebrauch
machen. Also sozusagen eine machiavellistische Sorge, dass SPÖ-Wähler nicht an
der Briefwahl teilnehmen (Lhptm Dr Michael Häupl: Ihr habt nicht einmal
zugehört!), sollte man nicht haben. Und über die verfassungsrechtlichen
Bedenken sind die Kronjuristen auch dieses Hauses durchaus unterschiedlicher
Auffassung.
Zum Thema Nebenwohnsitz- oder Zweitwohnsitzregelung:
Ich nehme zur Kenntnis - beziehungsweise wir haben es immer wieder bereits zur
Kenntnis genommen -, dass Sie mit großer Inbrunst das Ausländerwahlrecht
forcieren. Das ist okay, das ist legitim. Ich verstehe nur nicht den
Unterschied, aus dem erklärbar wäre, dass jemand, der in Köln oder in Berlin
einen Hauptwohnsitz hat, als EU-Bürger in Wien wählen darf, aber jemand, der in
Linz oder in Graz seinen Hauptwohnsitz hat, in Wien nicht wählen darf. Aber das
müssen Sie den Österreichern erklären, die vielleicht aus persönlichen
Überlegungen noch ihren Hauptwohnsitz woanders, aber ihren Lebensmittelpunkt de
facto in Wien haben und dennoch nicht zur Wahl gehen können.
Was letztlich die Frage des Wahlrechts, des gerechten
Wahlrechtes anbelangt: Nun, dass wir auf Bundesebene ein Wahlrecht haben, wo
jede Stimme gleich viel wert ist, ist, glaube ich, unbestritten, und ich
glaube, auch darüber, dass es in Österreich regionale Unterschiede gibt, sollte
zwischen uns kein Auffassungsunterschied sein. Und dass es beim Nationalratswahlrecht
drei Ermittlungsverfahren oder -ebenen gibt, steht wahrscheinlich auch außer
Diskussion, und trotzdem ist es möglich, hier ein gerechtes Wahlrecht
herbeizuführen. Und daher, denke ich, sollte das auch in dem relativ
überschaubaren Rahmen des Landes Wien möglich sein.
Ehrlich gesagt, wir haben uns aber auch keine andere
Antwort erwartet. Es war nur wieder wichtig festzustellen, dass es von Seiten
der Wiener SPÖ keine wie immer geartete Bereitschaft gibt, ein gerechtes,
faires Wahlrecht in Wien sicherzustellen. Das wird man den Wählerinnen und
Wählern sagen (Abg Harry Kopietz: Das wird sie interessieren!), und ich
denke, sie werden auch eine entsprechende Antwort geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg Harry Kopietz:
Auf diese Antwort freue ich mich schon! – Ruf bei der ÖVP: Abwarten und Tee
trinken!)
Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr Abg Mag Chorherr
zum Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und
Herren! In aller Kürze - ich danke auch für die Kürze und Präzision meiner
VorrednerInnen:
Gehen wir einmal zum Kern, wo wir diese Frage
selbstverständlich sehr ähnlich beziehungsweise sogar identisch sehen wie die
ÖVP, was das sozusagen gerechte Wahlrecht betrifft.
Zwei Begriffe muss man sich merken: Es gibt eine ganz
kleine Geschichte betreffend die Berechnung der Grundmandate: Wenn wir von
Hagenbach-Bischoff auf Hare umstellen, das ist Demut, Herr Bürgermeister! Dann
würde nämlich schon ein kleines minus 1 in der Rechnung der Erstellung der
Grundmandate weggehen. Dann würden alle, die Grundmandate kriegen, weniger
Grundmandate kriegen (Abg Christian Oxonitsch: Das ist eine Zielsetzung? –
Heiterkeit der amtsf StRin Mag Sonja Wehsely), es würde mehr Restmandate
geben, und es würde sich tendenziell einem proportionalen Wahlrecht annähern.
Damit man das einfach machen kann,
haben wir einen Antrag, der den hier im Haus schon länger Gedienten bekannt
ist, mit einem ganz exakten Gesetzesvorschlag - wofür wir uns nicht den
Nobelpreis in Rechnerei erwarten, sondern den man sich in anderen Ländern
abschauen kann. Ich gebe zu, nicht in anderen
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