«  1  »

 

Landtag, 29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 79

 

die eigene Identität nicht auf immer und ewig ein nicht mehr gewinnbares Wissen.

 

Frau Stadträtin, ich frage Sie in dem Zusammenhang: Würden Sie sich im Lichte dieser Erfahrungen mit der Anonymen Geburt aus dem Bericht dafür einsetzen wollen, dass man auf Bundesebene überlegt, eine Diskrete Geburt als eine weichere Form der Anonymen Geburt zu installieren?

 

Präsident Johann Hatzl: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Ich fühle mich jetzt ein bisschen verpflichtet, meine Vorgängerin zu verteidigen. Denn aus der Tatsache, dass man hofft, mit allen Mitteln und mit jeder Faser seines Herzens Menschenleben zu retten, würde ich nicht - vor allem nicht jemandem, der mit Leib und Seele Ärztin ist wie die Frau Primaria - einen Vorwurf machen. Ich glaube, dass sie sich sehr, sehr bemüht hat, und natürlich hoffe ich es auch, ich sage es Ihnen ganz ehrlich. Wir wissen ja auch nicht, welche Dinge wir verhindert haben. Das ist immer so bei Maßnahmen, die gesetzt werden, dass man nicht weiß, was gewesen wäre, wenn es diese Maßnahme, in dem Fall die Anonyme Geburt, nicht gäbe. So gesehen bekenne ich mich, auch eine Hoffende zu sein. Ich hoffe schon auch, dass wir vielleicht die eine oder andere Wahnsinnssituation verhindern konnten.

 

Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen - und insofern bin ich völlig bei Ihnen -, dass es nicht gelingt, alle Fälle dieses Lebens zu erreichen und alle Probleme dieses Lebens zu lösen. Noch dazu haben wir ja - ich möchte sie hier nicht wiederholen, weil es wirklich zu persönliche und intime Dinge sind - im Frauengesundheitsbeirat auch ein paar Fälle durchdiskutiert, die so tragisch sind und so einen unglaublichen Druck auf die Frauen widerspiegeln, dass es wahrscheinlich wirklich sehr, sehr schwierig ist, sie zu erreichen. Was nicht heißt, dass wir es auch nur ansatzweise aufgeben dürfen.

 

Zu dieser Frage: Gibt es eine Möglichkeit, oder kann man eine Möglichkeit schaffen, dass die Frauen auf diskrete Art und Weise doch ihre Identität bekannt geben können? Meines Wissens gibt es dieses Angebot, aber ich gehe dem sehr gerne im Detail noch einmal nach, weil Sie offensichtlich der Meinung sind, dass es das nicht gibt. Das muss man prüfen, ob ich da nicht einer Fehlinformation aufgesessen bin, aber meines Wissens gibt es sehr wohl das Angebot des Jugendamtes, dass die Frauen ihre Identität dort sozusagen hinterlegen können.

 

Ich sehe, Sie wollen mir jetzt mit Ihrer nonverbalen Kommunikation sagen, dass das etwas anderes ist, als ich meine. Das weiß ich, und ich schaue mir auch gerne dieses andere Beispiel im Detail an. Aber glauben Sie mir, ich kenne die juristischen Mechanismen auch unseres Hauses, und wenn einmal offiziell in den Annalen dieses Hauses Daten vorhanden sind, dann ist es, glaube ich, sehr viel schwieriger, flexibel, sensibel und so, dass ausschließlich das Wohl der Frau und des Kindes, aber nicht der Vollzug des Gesetzes im Mittelpunkt steht, diese Dinge zu "handlen". Nicht, weil unsere Beamten nicht bereit sind, es zu machen, sondern weil sie an Gesetze gebunden sind.

 

Deswegen glaube ich, dass dieser Weg vorhanden ist, aber wie gesagt, ich schaue es mir gerne noch einmal an. Denn es ist dies ein so ernsthaftes Thema, dass man sich alle Varianten sicherheitshalber dreimal anschaut, vielleicht gibt es doch noch eine bessere Möglichkeit. Deswegen finde ich diese Variante für eine relativ unbürokratische, die es sozusagen jenseits der gesetzlichen Möglichkeiten - nicht unkorrekt, aber ohne damit sozusagen in die Prinzipien des Gesetzes hineinzukommen - erlaubt, dass eben die Frauen ihre Identität beim Jugendamt hinterlassen können. Das ist praktisch ein Brief an das Kind, der dem Kind, wenn es dies wünscht, später ausgehändigt wird. Das ist, glaube ich, ein guter Weg, um das zu erreichen, was Sie wollen, nämlich dass das Kind später die Chance hat, seine Identität, seine Geschichte, seine Wurzeln festzustellen.

 

Auch dazu kann aber die Frau - und das möchte ich noch einmal sagen - nicht gezwungen werden. Das Letzte, was ich will, ist, dass die Frauen in dieser schwierigen Situation auch von uns unter Druck gesetzt werden. Das will ich keinesfalls, und das macht eben die Sache sehr, sehr schwierig für uns alle.

 

Präsident Johann Hatzl: Zusatzfrage: Frau Abg Lakatha.

 

Abg Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin!

 

Ich muss zugeben, dass ich mich aufgrund der Anfrage der Kollegin Pilz wirklich redlich bemüht habe, eine für mich noch offene Frage zu finden. Aufgrund des ausgezeichneten Abschlussberichtes der Arbeitsgruppe Anonyme Geburt und aufgrund der Diskussion in diesem Arbeitskreis, wo sämtliche Fragen, die wir gestellt hatten, beantwortet wurden, und jetzt auch aufgrund Ihrer Antwort, die ich vollinhaltlich akzeptiere, muss ich gestehen, dass ich keine weitere Anfrage an Sie habe. (Heiterkeit.)

 

Präsident Johann Hatzl: Danke. - Ich nehme an, die Frau Stadträtin hat auch keine Antwort dazu, und damit sind wir bei der Frage von Herrn Mag Kowarik.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Doch! (Heiterkeit.) Auf positive Sachen habe ich immer eine Antwort.

 

Präsident Johann Hatzl: Also doch. - Bitte.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: So ist es. Ich werde dieses Kompliment - weil ich das als Kompliment empfinde - an den Frauengesundheitsbeirat und an die Kolleginnen und Kollegen, die den Bericht erstellt haben, weiterleiten. Denn das kommt ohnehin selten genug vor, dass unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für ihre gute Arbeit entsprechend gelobt werden. Ich finde, das soll man auch weitergeben, und das werde ich machen. – Danke.

 

Präsident Johann Hatzl: Also hat es doch eine Antwort gegeben.

 

Nächste Zusatzfrage: Herr Abg Kowarik.

 

Abg Mag Helmut Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke. - Ich habe den Bericht auch sehr aufmerksam gelesen und werde mir doch erlauben, dann eine Anfrage zu stellen. Ich möchte aber eingangs grundsätzlich festhalten, dass es doch erfreulich war,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular