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Landtag, 29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 79

 

Wahnsinnssituationen des Lebens abdecken zu können. Sie haben jetzt wieder eine ganz schlimme Situation angedeutet, der Frauen ausgesetzt sind und die oft dazu führt - wie wir auch aus diesem Bericht wissen -, dass sie sich zu diesem Kind nicht bekennen können, weil es aus einer für sie entsetzlichen, traumatisierenden Situation entstanden ist; um das so allgemein und möglichst emotionslos zu formulieren.

 

Das heißt, ich glaube, wir können nur eine Vielfalt an Angeboten setzen, die es in dieser Stadt glücklicherweise gibt, und wir sind dabei, sie immer noch weiter auszubauen, unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu schulen und sensibel darüber zu informieren. Das ist ja auch eine unserer Schwierigkeiten - darüber wurde auch in dem Beirat diskutiert -, dass die bisherige Information anders formuliert wurde, korrekterweise und gut; auf der anderen Seite ist wieder die Forderung aufgetaucht, man müsste mehr über die Anonyme Geburt informieren. Wir befinden uns da in einem Kräfteparallelogramm, in dem es nicht einfach ist, den richtigen Punkt zu finden.

 

Aber ich glaube, dass all das, was wir tun, ein sinnvolles Angebot ist. Insofern glaube ich, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, meiner persönlichen Meinung nach alternativlos ist und dass wir mit dieser Vielfalt an Angeboten, die wir haben - bei all dem, was noch verbessert werden kann, verbesserten Schulungen, verbesserten Informationen -, in Wirklichkeit auf dem richtigen Weg sind, und das vor allem dank des wirklichen Engagements der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, überwiegend der Frauen, die in diesem Bereich tätig sind. Man versucht wirklich, den Gebärenden in dieser schwierigen Situation zu helfen, den Schwangeren in dieser schwierigen Situation zu helfen.

 

Bei dieser Gelegenheit, weil wir schon beim Dankeschön-Sagen sind, auch ein Dankeschön an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen! Es sind überwiegend Frauen, die in der konkreten Situation sind und handeln müssen und die das, glaube ich, auf exzellente Art und Weise machen.

 

Präsident Johann Hatzl: Nächste Zusatzfrage: Frau Dr Pilz.

 

Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Danke, Herr Vorsitzender!

 

Ich möchte nun doch noch einmal auf die Überlegung mit der Diskreten Geburt näher eingehen. Natürlich könnten die Frauen theoretisch in den Brief an das Kind alles Mögliche hineinschreiben, das ist dann aber sozusagen nicht diese formelle Information über die Herkunft. Da kann ein Gedicht drinnen sein, oder was immer, das muss also nicht unbedingt eine Information sein, die das Kind später auch für seine Identität verwerten kann. Vielleicht erklärt es etwas von Motiven, das ist schon ein Fortschritt.

 

Frau Stadträtin, ein Beispiel - wir haben es auch diskutiert - ist ja das einer Frau aus einer bosnisch-muslimischen Familie, die ein Kind von einem Afrikaner bekommen hat; die Familie konnte und wollte das nicht dulden, und diese Frau hat anonym geboren. Da frage ich mich schon, Frau Stadträtin, ob dieser Frau nicht die Möglichkeit der Diskreten Geburt geholfen hätte. Ich weiß nicht, ob diese Frau nicht gerne das Kind gehabt hätte, vielleicht mit dem Mann hätte leben wollen; ich weiß es nicht, und Sie wissen es auch nicht, wir wissen es miteinander nicht. Der Umstand, dass vielleicht in 15 Jahren beide verzweifelt sind, das Kind, das sich überlegen muss: Warum wollte man mich nicht, und hat das mit meiner Hautfarbe zu tun? Und die Mutter, die sich vielleicht denkt: War die Behörde nicht auf der falschen Seite, auf der Seite meiner Familie, die diese Beziehung nicht wollte?

 

Die Frage ist, Frau Stadträtin: Wenn Frauen durch gute und intensive Beratung auch auf so eine Möglichkeit der Diskreten Geburt hingewiesen werden - und da haben Sie völlig Recht, unter totaler Sicherstellung der Daten und des Datenschutzes -, sodass die Möglichkeit besteht, dass das Kind später, wenn es volljährig oder zumindest geschäftsfähig ist, sagen kann, ich wende mich an die Behörde, und die Behörde wendet sich an meine Mutter, oder umgekehrt, und dann kann man verhandeln, ob die Anonymität gelüftet wird - was würde dagegen sprechen?

 

Präsident Johann Hatzl: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Frau Dr Pilz!

 

Es dreht sich immer um eine Frage: Wir müssen die Entscheidung der Frau respektieren, auch wenn sie uns nicht passt und auch wenn sie Ihnen nicht passt. (Abg Dr Sigrid Pilz: ...geht es nicht!) Natürlich, die Möglichkeiten gibt es doch alle! Wenn sich diese Frau in dieser schwierigen Situation dazu entscheiden möchte, das Kind trotzdem zu bekommen, hat sie alle Angebote der Stadt. Wenn sie sich dazu entscheiden möchte, das Kind zur Adoption freizugeben, hat sie alle Angebote der Stadt. Wenn sie sich dazu entscheidet, dem Kind bekannt zu geben, wer sie ist und warum sie sich dazu entschieden hat, das Kind in dieser Form zu bekommen und nicht zu behalten, kann sie das auf diesem unbürokratischen Weg tun.

 

Wir drehen uns immer um diesen Punkt, und ich verstehe, dass es vor allem Ihnen als einer, die auch sozusagen beruflich den Kampf für die Rechte der Kinder führt, schwer fällt, dies zu akzeptieren, aber wir müssen es akzeptieren. Wenn sie trotz alledem sagt: Ich schaffe es nicht, ich will nicht!, dann müssen wir das respektieren. Das fällt schwer, wenn man sich vorstellt, dass gerade ein Kind mit einer anderen Hautfarbe hier bei uns aufwächst und natürlich sich dann vermutlich den Gedanken machen wird: War das der Grund, warum ich nicht weiß, wo ich herkomme, und wie gehe ich mit dem um? Ich bekomme jetzt eine Gänsehaut, indem ich Ihnen das beantworte, das ist eine unglaublich schwierige Situation.

 

Aber die Alternative, Frau Kollegin, ist es auch, nämlich entweder diese Frau dazu zu zwingen... (Zwischenruf von Abg Dr Sigrid Pilz.) Das wollen Sie nicht? Ich meine, das ist die theoretische Alternative. Entweder sagen wir, es gibt das nicht, das Kind wächst unter diesen Bedingungen auf - das ist eine Horrorvorstellung -, oder es gibt alle anderen Alternativen, die der Beratung,

 

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