Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 79
Mandat
zurückzulegen, und ersuchen deshalb auch darum, in diesem Bereich und gerade
bei so einem ernsthaften Thema nicht mit parteipolitischer Agitation an das
Thema heranzugehen. Das ist zu ernst, das muss man mit Würde behandeln, und da
bitte ich darum, eben nicht so vorzugehen, wie das heute ansatzweise der Fall
war.
Ich habe
in meiner Funktion alles in meiner Macht Stehende versucht und unternommen,
mehr war nicht möglich. Sie wissen, dass nicht einmal der Antrag, den wir heute
gemeinsam zum Ausdruck bringen - das sind unsere Möglichkeiten, die wir
haben,... Mehr war und ist nicht möglich. Aber unsere Möglichkeiten und auch
meine Möglichkeiten habe ich ausgeschöpft. Ich kann daher nur noch den Appell
an ihn richten, diesen Schritt zu setzen, damit in dieser Situation, die er
durch seine Aussage auch angerichtet hat, dem Land und uns allen nicht weiterer
Schaden entsteht.
Ich glaube
auch, dass es unsere Aufgabe ist, dafür Sorge zu tragen, dass wir uns nicht nur
im heurigen Gedenkjahr dem Gedenken und Bedenken widmen, sondern dass wir auch
darüber nachdenken sollen, wie wir konkrete Schritte setzen können, mit
Studentenaustauschprogrammen, mit Schüleraustauschprogrammen, wodurch wir die
Jugend heranführen, um hier auch aufeinander zuzugehen, hier die Gegenwart und
Zukunft auch im Auge zu haben, damit nie wieder so etwas passieren kann, was
passiert ist.
Da müssen
wir alle auch den Mut und die Zivilcourage aufbringen, dort aufzuzeigen, wo es
heute international Situationen gibt, in denen auch totalitäre Regime oder
Systeme oder Formen von Menschenrechtsverletzungen der Fall sind, die in
Richtung Massentötung gehen. Wir müssen wachsam sein. Leider ist dies ein
Thema, das uns auch in der Gegenwart noch beschäftigt, und da sind wir alle
aufgerufen, eben auch unsere Stimme zu erheben, wenn international etwas
passiert, das in Richtung Menschenrechtsverletzung weiterhin möglich ist.
Leider ist es möglich, dass es das in unserer Zeit noch gibt und Systeme
vorhanden sind, die die Massentötungen auch nach 1945 möglich gemacht haben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Barnet.
Abg Günther Barnet (Bündnis Zukunft
Wien - die Stadtpartei): Frau Präsidentin! Damen und Herren des Hohen
Landtages!
Grundsätzlich eignet sich nichts so wenig für die
Politik, für die Werthaltungen, wie die Betrachtungen der Geschichte. Nicht
weil man natürlich aus der Geschichte lernen muss, aus der subjektiv
erfahrenen, aus der allgemeinen des kollektiven Geistes, sondern wegen der
Frage, ob wir individuell in der Lage sind, die Komplexität und Vielfältigkeit
von Geschichte - insbesondere von erlebter Zeitgeschichte, und die bezieht sich
nicht nur auf die, die sie tatsächlich selbst erlebt haben, sondern oftmals bis
in die dritte Generation hinein - zu erfassen.
Trotzdem haben wir die Verantwortung und
Verpflichtung, in unseren täglichen Handlungen Werthaltungen zum Ausdruck zu
bringen, vielleicht auch andere zu bewerten und manchmal über sie zu richten,
zumindest politisch. In diesem Sinne sind die Aussagen von Bundesrat Gudenus in
jeder Hinsicht inakzeptabel und ist der heutige Antrag darauf die richtige
Antwort. Bundesrat Gudenus ist kein verblendeter Jugendlicher, dem wir es zwar
nicht nachsehen könnten, aber auf den wir noch belehrend einwirken könnten. Das
ist er nicht.
Ich bin mir - und ich bitte Sie jetzt wirklich, mich
diesen Satz genau ausführen zu lassen - wegen seiner Skurrilität nicht einmal
ganz bewusst, Kollege Oxonitsch, ob er wirklich weiß, was er sagt, und ob er tatsächlich
den Nationalsozialismus verharmlosen will. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Das
exkulpiert ihn nicht von dem, was er gesagt hat, aber ich bin mir nicht einmal
ganz sicher, ob er wirklich weiß, was er sagt. (Abg Susanne Jerusalem: Der
Herr Gudenus weiß es!) Jetzt nicht ihn verteidigend, sondern ihn kennend -
und das ist vielleicht noch schlimmer, das macht ihn noch weniger berechtigt,
politischer Vertreter dieses Landes zu sein.
Ich verschweige mich auch nicht zu den Aussagen des
Bundesrates - oder ehemaligen Bundesrates, weil er ja das Amt zurückgelegt hat
- Kampl, damit man mir das nicht vorwerfen kann. Ich habe in den letzten Tagen
da-zu oft gesagt, dass ich als Klubdirektor des freiheitlichen Parlamentsklubs
weder dem einen noch dem anderen öffentlich ausrichte, was ich von ihren
Werthaltungen denke. Nachdem beide die entsprechenden Schritte gesetzt haben
und es mir daher möglich machen zu sagen, was ich denke, kann ich das jetzt
hiermit tun.
Seine Aussagen sind politisch falsch in der aktuellen
Debatte um die Deserteursfrage im Zweiten Weltkrieg, weil die Debatte heute wie
auch sonst um die Gewissensfreiheit gehen muss, um die Gewissenfreiheit, sich
dafür zu entscheiden, nicht einer bewaffneten Macht anzugehören, noch dazu in
einem Staat, den wir rechtsphilosophisch - die Frau Stadträtin hat das heute
angesprochen - nicht als Rechtsstaat, sondern nur als Gesetzesstaat bezeichnen
müssen. Daher ist die Frage der inneren Loyalität zwischen Bürger und Staat zu
stellen. Es ist daher das Recht, nicht an der bewaffneten Macht teilzunehmen,
selbst wenn es die Gesetze so vorsehen. Man nimmt dabei natürlich die
individuellen Schädigungen auf der einen wie auf der anderen Seite in Kauf, und
das ist der Ausdruck dieser Gewissensfreiheit.
Anders liegt die Sache natürlich, wenn dabei andere
Straftaten begangen wurden, die auch heute strafbar wären. Ein Beispiel: Wenn
jemand in den letzten Kriegstagen noch den einen oder anderen seiner Kameraden
erschießt, um sich selbst zum Widerstandskämpfer zu machen, dann hat das die
Justiz der Zweiten Republik auch unter allen Justizministern so gesehen. Nur:
So hat es Bundesrat Kampl nicht gesagt, und daher war es politisch und
persönlich falsch. Es war auch unrichtig.
Ich rechne ihm seine persönliche
Betroffenheit an, aber sie exkulpiert ihn jedenfalls nicht. Daher bin ich ihm
auch persönlich dankbar dafür, dass er diesen Schritt gesetzt hat, sein Mandat
zurückzulegen, weil er die Einsicht hatte, dass er zwar für sich immer noch an
das glaubt, was er gesagt hat, aber damit in der allgemeinen
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