«  1  »

 

Landtag, 31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 93

 

eine wunderbare Arbeitsbeschaffung für Beamte. Diese Go-Go-Dance-Veranstaltungen werden nämlich erst dann steuerpflichtig, wenn dabei primäre oder vielleicht auch sekundäre Geschlechtsmerkmale gezeigt werden, was auch interessant ist und viel freien Raum lässt, aber es wird auch gleich dargestellt, dass Bärte oder Haarwuchs nicht dazu zählen. Also Bärte und Haarwuchs, obwohl das Geschlechtsmerkmale sein können, sind nicht steuerpflichtig.

 

Meine Damen und Herren, wenn man sich diesen Entwurf durchliest, dann sieht man eigentlich, dass die Abgrenzungsprobleme eine reine Arbeitsbeschaffung für Beamte sind. Genauso ist es bei den Konzertveranstaltungen. Auch Kollegin Ringler hat schon erwähnt, die üblichen rhythmischen Bewegungen sind Gott sei Dank steuerfrei. Darunter kann man sich sehr viel vorstellen, was unter den üblichen rhythmischen Bewegungen gemeint ist. In diesem Fall sind die üblichen rhythmischen Bewegungen bei Tanzveranstaltungen gemeint. Das Schunkeln, das ist meines Erachtens nach der große gesellschaftspolitische Durchbruch, den der Magistrat mit diesem Gesetz erzielt hat, ist bei Konzerten in Hinkunft jedenfalls steuerfrei gestellt.

 

Aber, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, wollen wir denn unsere Beamten wirklich dafür einsetzen? Wollen wir unsere Wiener Beamten im 21. Jahrhundert dafür einsetzen zu überprüfen, wie lange Schiffsreisen sind, bei denen vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltungen stattfinden, wie viele Gäste bei Tanzveranstaltungen teilnehmen, ob es unter 200 sind oder ob es mehr als 200 sind, oder wollen wir unsere Beamten dafür einsetzen, die Länge der Sexszenen von Kinofilmen zu messen? Ist es wirklich das, Herr Landeshauptmann, was wir uns alle unter einem modernen Dienstleistungsstaat vorstellen? Ich meine nicht. Ich meine, dass das Gesetz ganz große Chancen einer wirklichen Durchforstung vergibt. Wir werden daher auch aus diesem Grunde dieses neue Gesetz ablehnen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Positiv, meine Damen und Herren, im neuen Gesetz ist die Steuerfreistellung von Flipperspielen, von Dart-spielen. Damit wird eine langjährige freiheitliche Forderung erfüllt. Aber auch dabei zeigt sich wieder die kleinliche Vorgangsweise. Es geht um Steuerbefreiungen für Geräte, die die Jugend üblicherweise in Anspruch nimmt, die aber keine Suchtgefahr hervorrufen. Und da werden andere Apparate, Bildschirmapparate wie Photoplayapparate zum Beispiel weiterhin in der Steuerpflicht belassen, Touchscreenapparate weiterhin steuerpflichtig belassen, obwohl es vielleicht noch 500 solcher Apparate, wie mir Experten sagen, in ganz Wien gibt. Es ist daher so, dass die Verwaltung, die Administration der Steuerpickerl, die Kontrolle durch die Beamten bei diesen Spielautomaten größer als das Steueraufkommen ist. Wir meinen, wir hätten daher auch bei diesen Vergnügungsspielen Nägel mit Köpfen machen und sie insgesamt aus der Steuerpflicht herausnehmen sollen.

 

Meine Damen und Herren, wir bekennen uns aber auch dazu ausdrücklich, Steuerausfälle in diesem Bereich durch die Anhebung der Steuer für Geldspielapparate auszugleichen. Auch die freiheitliche Fraktion in diesem Hause hat sich immer zur Besteuerung dieser Geldspielapparate bekannt. Die Steuererhöhung um 92 EUR, die wir heute beschließen, auf insgesamt 1 400 EUR pro Apparat, ist eigentlich eine Valorisierung, weil nämlich dieser Steuersatz schon viele Jahre nicht mehr erhöht worden ist. Man hätte sich daher eigentlich auch die Mühe ersparen können, diese Valorisierung des Steuersatzes bei den Geldspielapparaten damit zu bemänteln, dass man darauf hinweist, dass damit die Suchtgefahr bekämpft werden soll.

 

Meine Damen und Herren, wir bekennen uns zu dieser Valorisierung, aber, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, wenn man die Suchtgefahr wirklich bekämpfen will, dann muss man in diesem Bereich ganz woanders ansetzen. Wenn man die Suchtgefahr, die vor allem unsere Jugend bedroht, bekämpfen will, dann muss man beim Wildwuchs der vielen Wettbüros in Wien ansetzen. Dieser Wildwuchs verstößt klar gegen die gesetzlichen Regelungen, weil in dem Gesetz steht eindeutig, dass pro Lokal nur zwei Apparate erlaubt sind, also pro Geschäftslokal maximal zwei solcher Geldspielapparate. Aber wie sieht die Realität aus? Wenn wir in Wien schauen, wenn wir die Straßen und Gassen Wiens betrachten, dann sehen wir, dass in diesen Lokalen, die wie Schwammerln aus dem Boden schießen, sechs, acht oder bis zu zehn Apparate aufgestellt sind und dass man dann einfach fünf Eingänge von der Gasse her schafft. (Abg Godwin Schuster: Und fünf WCs!) Fünf Eingänge für zehn Apparate, um damit pro forma diesen Faktor zwei zu erreichen. Das ist eigentlich ein glatter Bruch des Gesetzes.

 

Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, wir wissen es, Sie wissen es, wer eigentlich hinter diesen Wettbüros steckt. Wir wissen, dass eigentlich die großen der Branche dahinterstecken. Wir wissen, dass allen voran die Firma Novomatic hinter diesen Wettbüros steckt. Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, wir wissen auch, dass diese Firma in Wien über allerbeste Kontakte, würde ich sagen, verfügt, dass diese Firma über beste Kontakte in die Reihen der SPÖ und der ÖVP verfügt. Wir wissen, dass diese Firma über beste Kontakte bis ganz hinauf zur Spitze der Wiener ÖVP verfügt. Wir wissen auch, dass etwa der Wirtschaftssprecher Ihrer sozialdemokratischen Fraktion im Aufsichtsrat dieser Gremien (Abg Godwin Schuster: Nicht mehr!) gesessen ist, wie Herr Kollege Schuster jetzt andeutet. Aber bis vor wenigen Monaten war er noch dort, das hat er selbst bestätigt. Vielleicht ist er jetzt nicht mehr im Aufsichtsrat. Es würde mich auch interessieren, vielleicht ein bisschen zur Aufhellung der Hintergründe dieses Gesetzes, seit wann er wirklich nicht mehr in diesem Aufsichtsrat sitzt. (Abg Dr Herbert Madejski: Ich habe mir gestern einen Auszug geholt! Dort steht er noch immer drauf!)

 

Aber, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, ich meine, es kann nicht sein, dass es sich manche in dieser Stadt, und seien es noch so große Firmen, die über beste Kontakte bis hinauf zu den Spitzen der Stadtverwaltung verfügen, es sich einfach immer richten können!

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular