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Landtag, 3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 78

 

besonderer Weise verbunden. Dazu ein Beispiel:

 

In Wien studieren derzeit mehr als 2 000 Studentinnen und Studenten aus der Slowakei, aus Ungarn und aus der Tschechischen Republik. Die meisten dieser Studenten, die ein wirtschaftswissenschaftliches Studium absolvieren, geben an, dass sie Wien als Reisedestination empfehlen. Aber was viel entscheidender ist: Die Absicht der Studenten, in Zukunft ein Unternehmen zu gründen, eventuell sogar in Wien, diese Absicht ist gleich hoch wie die der Studierenden aus Österreich.

 

Meine Damen und Herren! Wir dürfen das Potential von hoch qualifizierten Arbeitskräften, die ihr Wissen in Österreich einsetzen wollen, nicht ungenutzt brach liegen lassen. Dazu kommt, dass mein Beispiel eine zweite wichtige Ebene das Zusammenwachsen von Regionen verdeutlicht. Es entsteht vielfach unbemerkt eine Verbindung innerhalb der Region, die die Zukunft dieser Stadt erheblich beeinflusst und weiter beeinflussen wird. Aus diesem Grund wird die Zusammenarbeit in dieser Region, eben weil Europa immer mehr zu einem Europa der Regionen wird, auch in Zukunft verstärkt werden.

 

Während der letzten österreichischen Präsidentschaft 1998 wurde das damals 5. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung unterzeichnet. Es ist der Präsidentschaft zu wünschen, Ähnliches zu Stande zu bringen, schließlich wartet Europa auf den Startschuss für das nunmehr 7. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung.

 

Ein weiteres Beispiel der Aktivitäten Wiens in Richtung einer zentraleuropäischen Forschungshauptstadt bieten die Fachhochschulen. Mit der neuen Fachhochschulförderung für die Jahre 2005 bis 2009 in der Höhe von 15 Millionen EUR ist es gelungen, ein Instrument zu schaffen, welches zielgenau auf den innovativen Förderbedarf der Wiener Fachhochschulträger abstellt und zugleich dazu beiträgt, zunehmende Chancengleichheit für die zirka 7 000 Wiener Fachhochschulstudierenden zu verwirklichen. Und diese Unterstützung von der Stadt Wien erfolgt, obwohl für die Genehmigung und Basisförderung der Fachhochschulen in Österreich der Bund zuständig ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen allein ist zu wenig, Wissen muss in Innovation umgesetzt werden. Es ist einem Städtebündnis gelungen, die Kommission davon zu überzeugen, dass in Zukunft nicht nur technologische Innovationen, sondern auch nichttechnologische Innovationen im Rahmen des Beihilfenrechts der EU gefördert werden können. Das ist ein beachtlicher Fortschritt, der dem Wirtschaftsstandort Wien, der Europaregion CENTROPE, sprich ganz Europa in Zukunft zu Gute kommen wird. Als Beispiel haben wir den für Wien wichtigen Bereich Creative Industries herangezogen. Die kreativen schöpferischen Prozesse und deren wirtschaftliche Umsetzung - zum Beispiel im Design oder in der Musikbranche - können wertvolle Innovationen darstellen. Wien verfolgt mit seiner gezielten Innovations- und Technologiepolitik etwa in den Bereichen Life Sciences, der Krebsforschung oder Creative Industries eine klare Strategie und liefert seinen Beitrag zur Erreichung der Lissabon-Ziele. Schon heute weist Wien eine Forschungsquote jenseits der drei Prozent aus.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits in meiner Regierungserklärung habe ich darauf hingewiesen, dass, wer heute in Wien für sich oder andere Entscheidungen trifft, mehr denn je seinen Blick über die Stadtgrenzen hinaus zu richten hat. Nur so kann rechtzeitig auf absehbare Entwicklungen reagiert werden.

 

Lassen Sie mich dies an Hand des Arbeitsmarkts veranschaulichen. Wie ist die Situation heute? Wien bildet gemeinsam mit den Bezirken Neusiedl am See, Baden, Bruck an der Leitha, Gänserndorf, Hollabrunn, Korneuburg, Mistelbach, Mödling, Tulln und Wien-Umgebung eine funktionale Arbeitsmarktregion. 82 Prozent aller Erwerbstätigen, die nicht in ihrem Wohnbezirk beschäftigt sind, pendeln innerhalb dieser Arbeitsmarktregion zu ihrer Arbeitsstätte. Täglich kommen etwa 210 000 Personen nach Wien zur Arbeit, etwa 85 000 Wienerinnen und Wiener arbeiten im Wiener Umland. Dies ist Normalität.

 

In der organisatorischen Struktur des Arbeitsmarktservices, für das ebenso wie für die Arbeitsmarktpolitik insgesamt bekanntlich der Bund zuständig ist, hat dies leider noch keinen Niederschlag gefunden. Wie wird es in drei, spätestens fünf Jahren am Ende der Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt ausschauen? Gemeinsam mit Bratislava wird Wien dann eine funktionale Arbeitsmarktregion bilden. Davon können wir ausgehen. Auf das Ob hat die Politik keinen Einfluss mehr, nur mehr auf das Wann, aber noch viel wichtiger auf das Wie. Beim Verhalten des Bundes in dieser Frage kann man sich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass er nicht genügend auf diese Situation vorbereitet ist, wie das kürzlich auch in einer Fernsehdiskussion festgestellt wurde. Die Existenz der Übergangsfristen und ihre allfällige zweijährige Verlängerung macht nur dann wirklich Sinn, wenn sie zur Entwicklung von Steuerungsinstrumenten für die zukünftige Arbeitsmarktregion genutzt wird.

 

Wien versucht dies zum Beispiel in dem Projekt „Überregionale Beschäftigungsstrategien Wien-Bratislava“. Besonders wichtig sind mir dabei die konkreten Pilotprojekte. Mit ihnen werden mögliche Maßnahmen für die Politikgestaltung getestet. Letzten Frühling erfolgte ein erster Lehrlingsaustausch zwischen den beiden Städten, heuer wird es einen zweiten geben. Im Dezember kam es zu einem Ausbildneraustausch, Ausbildner der Firma MAN besuchten Bratislava und wollen nun Elemente der slowakischen Lehrausbildung übernehmen. Zwei Berufsschulen des Automotive-Bereichs bereiten einen Lehrlingsaustausch vor und stellen ihre Lehrmittel zur Verfügung.

 

Diese kleinen Projekte tragen wesentlich zum Abbau beiderseitiger Ängste bei. Als erste kleine Schritte bereiten sie auf die europäische Normalität von morgen vor, sowohl die Bevölkerung als auch uns Politiker. Deshalb werden wir zur gegebenen Zeit diese Kooperation auch auf andere Städte der CENTROPE-Region ausweiten.

 

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