Landtag,
5. Sitzung vom 29.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 84
beruflichen Integration. In Belgien beträgt – um
ein krasses Gegenstück dazu zu nennen – die Mindestaufenthaltsdauer für
die Beantragung der Staatsbürgerschaft drei Jahre – ich wiederhole: Drei
Jahre. In Irland beträgt diese Mindestaufenthaltsdauer als Bedingung für die
Beantragung der Staatsbürgerschaft vier Jahre, in Luxemburg, Frankreich, den
Niederlanden, Schweden und Großbritannien jeweils fünf Jahre und in Norwegen
sieben Jahre. Und selbst in Deutschland, das jahrzehntelang eines der
restriktivsten Staatsbürgerschaftsrechte in Europa gehabt hat, beträgt die
Mindestaufenthaltsdauer, um eine Staatsbürgerschaft zu beantragen, lediglich
acht Jahre. Ganz zu schweigen von den klassischen Einwanderungsländern, wo man,
wenn man legal im Land ist, schon nach zwei Jahren die Staatsbürgerschaft
beantragen kann, das ist beispielsweise der Fall in Australien, in Kanada sind
es drei Jahre, und in den USA sind es fünf Jahre.
Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass in
Österreich, wie Sie wissen, im Regelfall auch die Doppelstaatsbürgerschaft
nicht zulässig ist. Letztere wird nur in ganz wenigen Fällen zugelassen. Auch
diesbezüglich lohnt sich ein Blick über den Tellerrand, also über die nationale
Grenze, wie es in anderen Ländern ausschaut: Während in Österreich die
Doppelstaatsbürgerschaft verboten ist, ist sie in der Schweiz, in Italien, in
Frankreich, in Belgien, in Schweden, in Großbritannien, in Portugal, in Irland,
in Australien, in Kanada und in den USA zugelassen.
Ich meine, diese Beispiele zeigen recht deutlich,
dass das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht eines der restriktivsten
weltweit ist; es ist sicherlich keine Übertreibung, das so zu
formulieren. – Nichtsdestotrotz sagen wir: Wenn es Regeln gibt, dann haben
sich alle an diese Regeln zu halten, und die Stadt Wien muss das auch so
vollziehen.
Abschließend möchte ich noch einmal betonten: Ich
hoffe, dass die Wiener Sozialdemokratie begriffen hat, dass es vor allem im
Interesse der Stadt Wien und auch im Interesse der Wiener SPÖ liegt, dass
dieser Fall bis ins letzte Detail aufgeklärt wird und dass die Verantwortlichen
beziehungsweise die Schuldigen, so es welche gibt, auch wirklich zur
Verantwortung gezogen werden. Dass das teilweise beziehungsweise großteils
Aufgabe der Justiz ist, liegt auf der Hand. Wir sind sehr gespannt auf die
Ergebnisse der Kontrollamtsüberprüfung und auch auf die Ergebnisse der
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. – Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist
Abg Dr Ulm. Auch für ihn gilt die 20-minütige Redezeit. – Ich
erteile ihm das Wort.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Bürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich gleich zu
Anfang an Herrn Kollegen Strache wenden, weil er uns seine Fraktion in diesem
Rahmen quasi als die Superopposition dargestellt und den anderen
Oppositionsparteien irgendwie ihre Oppositionsrolle abgesprochen und diese als
Mehrheitsbeschaffer bezeichnet hat: Es dürfte Ihnen wohl nicht wirklich entgangen
sein, dass die SPÖ hier mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet ist!
Aber dort, wo es wirklich um Mehrheitsbeschaffung
geht, wenn man nämlich ein Verfassungsgesetz beschließen muss, was in Wien
selten genug vorkommt, dann ist es ja Ihre Partei, die diesen
Mehrheitsbeschaffer spielt! Ich erinnere an das Disziplinarrecht im UVS und an
das doch etwas zwiespältige und schwierige Verhältnis zwischen Magistrat und
UVS: Es ist dort zu einer Verschärfung des Disziplinarrechtes gekommen, weil
Sie die notwendige Zweidrittelmehrheit beschafft haben! (Abg Heinz-Christian
Strache: Das ist doch inhaltlich und sachlich gut!)
Ich möchte jetzt gar nicht auf die höchst
hinterfragungswürdigen Dotationen an den Bohmann und Compress Verlag zu
sprechen kommen, sondern möchte nur auf Ihren Generalsekretär Vilimsky
aufmerksam machen: Es ist das schon ein einzigartiger Fall, dass ein
Generalsekretär einer Oppositionspartei von der Stadt Wien, um nicht zu sagen,
vom Bürgermeister, bezahlt wird! (Beifall bei der ÖVP. – Abg Heinz-Christian
Strache: Was Sie da sagen, ist unrichtig!)
Um auf die Sache zurückzukommen. Der Inhalt ihrer
Dringlichen Anfrage beschäftigt sich mit Sachverhalten, die in der Tat möglicherweise
von Strafgerichten zu prüfen sein werden. Ein Strafverfahren gibt es, dieses
wurde unterbrochen, und ob es ein weiteres geben wird, wird man sehen.
Jedenfalls wird aber aus dieser Diskussion betreffend die strafrechtliche
Beurteilung wahrscheinlich kein sehr großer Nutzen zu ziehen sein. Wichtig ist
aber allemal, dass es den Bericht der Volksanwaltschaft gibt, und wichtig ist
auch, dass das Kontrollamt die Angelegenheit überprüfen wird.
Weniger wichtig und weniger sinnvoll ist Ihr Antrag,
Zigtausende Staatsbürgerschaftsverfahren zu überprüfen. Sie haben uns die
genaue Zahl nicht genannt. Da es aber in drei Jahren österreichweit ungefähr
120 000 Einbürgerungen gibt, kann man sich in etwa den Anteil von
Wien ausrechnen: Einige Zigtausend werden es wohl sein, und ich frage mich, in
welcher Art und Weise und von wem das geprüft werden und wie darüber berichtet
werden soll. All das bleibt in diesem nebulosen Antrag völlig offen, und wir
werden diesem daher nicht zustimmen.
Wir freuen uns aber auf die Untersuchung durch das
Kontrollamt, das dann ja auch einen entsprechenden Bericht für die Gemeinderäte
liefern wird.
Wichtig ist der Bericht der
Volksanwaltschaft auch deshalb, weil die Stadträtin auf aufgezeigte Missstände
reagieren konnte. Es ist nun festgehalten, dass Dokumente vollständig und
rechtzeitig vorliegen müssen und dass die Akten in einer Art und Weise geordnet
sein müssen, dass jederzeit die Nachvollziehbarkeit gegeben ist. Wichtig ist
auch, dass ab sofort Auskünfte von Sicherheitsbehörden und Finanzämtern nur
noch eine Gültigkeitsdauer von sechs Monaten haben sollen. Für ganz wichtig
halte ich auch die Ansätze, wie man in Hinkunft sowohl mit dem
Finanzministerium als auch mit
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