Landtag,
5. Sitzung vom 29.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 84
Landtags, die dem Antrag der Abgen Strache und Stefan beitreten können, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist nur die freiheitlich Fraktion und sohin eine klare Minderheit.
Der Antrag ist damit abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zum Verlangen, das die
Abgen Dr Sigrid Pilz und Mag Waltraud Antonov eingebracht haben, nämlich
zu der an den Landeshauptmann gerichteten Dringlichen Anfrage betreffend ein
Gesetz zur Errichtung einer Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft.
Es erfolgt eine mündliche Begründung durch die
Anfragestellerin, und hierauf wird eine Debatte über den Gegenstand
stattfinden.
Auf die Verlesung wurde verzichtet, sodass ich
nunmehr um die Begründung der Dringlichen Anfrage durch Abg Dr Pilz bitte,
wofür im Sinne der Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs 1 eine Redezeit
von 20 Minuten vorgesehen ist.
Abg Dr Sigrid Pilz
(Grüner Klub im Rathaus): Herr
Vorsitzender! Herr Landeshauptmann!
Ihren Äußerungen vor der Untersuchungskommission im
Mai 2004 verdanke ich die Erkenntnis, was eine Ephemeride ist. Habe ich das
jetzt richtig ausgesprochen? Ich habe damals gefragt: Was ist denn das, Herr
Bürgermeister? – Jetzt weiß ich es: Eine Ephemeride ist eine
Eintagsfliege. Der Herr Bürgermeister ist Biologe, und er weiß das noch. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Er hat
etwas Gescheites gelernt!) Er hat etwas Gescheites gelernt, bevor er in die
Politik, also auch zu etwas Gescheitem, gewechselt ist. – Das war jetzt
ein Einwand von der Frau Stadträtin, damit das auch im Protokoll vermerkt wird.
Herr Bürgermeister! Herr Landeshauptmann! Meine Sorge
war, dass man den Herrn Pflegeombudsmann Dr Vogt möglicherweise
strukturell nicht verankert und ihm keine rechtliche Grundlage gibt, und Sie
haben mir geantwortet – und ich lese Ihnen das vor: „Wie Sie wissen, kenne
ich Herrn Dr Vogt seit geraumer Zeit. Wir haben auch guten Kontakt im
Hinblick auf seine Arbeit, und ich halte seine Arbeit für ganz ausgezeichnet.
Ich stelle ihm das beste Zeugnis aus. Ich habe nicht das geringste Interesse
daran, ihn zu einer Ephemeride werden zu lassen." – Diese
Eintagsfliege wollten wir nicht und wollten Sie nicht, und Sie haben dann auf
mein Insistieren, dass Sie das auch tatsächlich umsetzen, geantwortet: „Ich
kann Ihnen zusagen, dass wir selbstverständlich den Pflegeombudsmann weiter
auch bei uns haben werden und ihn dann auch rechtlich verankern wollen. Für den
Fall, dass es auf der Bundesebene einen entsprechenden Pflegeanwalt geben
sollte, werde ich Herrn Dr Vogt für diese Funktion vorschlagen.“
Herr Bürgermeister! Sie haben sich mit dieser Äußerung auf das
Heimaufenthaltsgesetz bezogen, in dem vorgesehen ist, dass es
BewohnerInnenvertreter gibt, die aber im Wesentlichen Anwälte und Sachwalter
sind, deren Aufgabe im engeren Sinn darin besteht, die Umsetzung des
Heimaufenthaltsgesetzes einzufordern. Da geht es im Wesentlichen um
Freiheitsbeschränkungen. Diese Aufgabe ist höchstens ein Teilbereich dessen,
was sich Herr Dr Vogt im Rahmen seiner Pflegeombudsstelle in Wien
vorgenommen hat, und es war auch nicht sein Auftrag, sich nur auf diesen
Bereich zu spezialisieren.
Es ist also mit Recht nichts aus der Verankerung auf Bundesebene
geworden. Also habe ich – und nicht nur ich, sondern viele Menschen in der
Stadt, die finden und gefunden haben und nach wie vor finden, dass Dr Vogt
und sein Team hervorragende Arbeit machen – darauf gehofft und gewartet,
dass Sie Ihre Zusage einhalten und die rechtliche Verankerung verordnen.
Im Moment halten wir bei Juni 2006, und wenn man ein Jahr symbolisch als
einen Tag sieht, haben wir jetzt keine Eintagsfliege, sondern quasi eine Zweieinhalbtagesfliege,
und jetzt soll es aus sein. Und ich bitte wirklich, sich sozusagen nicht darauf
auszureden, dass der Umstand, dass es eine gemeinsame gesetzliche Grundlage von
Patienten- und Pflegeanwaltschaft geben soll, jetzt die rechtliche Verankerung
darstellen soll, von der Sie, Herr Bürgermeister, gesprochen haben. Die
Menschen empfinden das nicht so. Dr Vogt empfindet das nicht so. Und die
Fachleute, die das kommentieren, was hier jetzt geschehen ist, empfinden das
ebenfalls nicht so.
Herr Bürgermeister! Ich möchte bei den betroffenen Bewohnern und
Bewohnerinnen beginnen, die sich an Sie gewendet haben, aber unter anderem auch
an den Grünen Klub im Rathaus. Bewohner und Bewohnerinnen des Hauses
“Schlosspark Fortuna“ auf dem Khleslplatz haben einen Brief geschrieben, den
ich Ihnen jetzt vorlese: „Betrifft: Wiener Pflegeombudsmann. Die Bewohner des
Hauses ’Schlosspark Fortuna’ protestieren auf das Schärfste gegen die
Zusammenlegung der Stellung des Pflegeombudsmanns mit der des
Patientenanwaltes. Diese angebliche Reform dient unserer Meinung nur der
Entfernung des Herrn Dr Vogt, der der Gemeinde Wien offenbar zu lästig
geworden ist. Herr Dr Vogt hat uns alten Menschen durch seine Kompetenz,
Durchsetzungsfähigkeit und durch seine Beratung vielfach geholfen. Eine
Zusammenlegung der beiden Funktionen von Pflegeombudsmann und Patientenanwalt
halten wir schon aus Gründen des großen Umfangs der Aufgaben nicht für
sinnvoll. Wir werden auch die anderen Häuser von unserem Protest informieren
und nicht zögern, uns auch an die Medien zu wenden.“
Dieses Schreiben ist nicht etwa von zwei, drei Querulanten aus dem Haus
’Fortuna’ unterschrieben, sondern von knapp 100 Menschen mit zum Teil zittriger
Schrift. Es sind dies alte Menschen, die sagen: Jetzt nimmt man uns die Person
und die Institution weg, die uns vertritt! – Ich denke, es müsste
eigentlich für Sie die wichtigste Stimme in diesem Konzert sein, wenn die
Menschen sagen: Wir wollen jemanden, der unsere Anliegen kompetent vertritt!
Es ist aber nicht so, dass nur die
Betroffenen selbst protestieren. Ich bringe Ihnen eine weitere Stellungnahme
zur Kenntnis, diesmal von der Patientenanwaltschaft, die eine Stellungnahme zum
Gesetz betreffend die Zusammenlegung betrifft. Sie schreiben, dass sie den
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