Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 90
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr
Dr Dohr! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Vielen Dank, Herr Dr Dohr, für den ausführlichen
Bericht! Bitte geben Sie auch Ihrem gesamten Team den Dank meiner Fraktion
weiter! Herzlichen Dank! Ich denke, die Vielfalt der Beschwerden, die im
Bericht angeführt sind, zeigt die Wichtigkeit dieser Patientenanwaltschaft, die
eine unabhängige Anlaufstelle für die Patienten und Patientinnen in dieser
Stadt ist.
Meine Damen und Herren! Ich möchte den Bericht zum
Anlass nehmen, wieder einmal darauf hinzuweisen, dass die Mühlen im Wiener
Gesundheitssystem leider oft sehr langsam mahlen. Ich möchte das anhand zweier
Themenbereiche, die im Bericht angeführt sind, darlegen: Einerseits geht es um
die viel zitierten und oft angesprochenen Wartezeiten auf Operationstermine und
andererseits um die Befund-Urgenzen wegen zu langer Wartezeit auf Befundungen.
Ich möchte zunächst ein Beispiel aus dem Bericht
anführen, welches die Dramatik um die Wartezeiten im Operationsbereich
aufzeigt: Ein Patient brauchte einen Operationstermin für einen
neurochirurgischen Eingriff. Auf Grund von Akutfällen konnte diese Operation
nicht sofort durchgeführt werden, und der Patient wurde gebeten, in den
folgenden Wochen jeden Tag anzurufen und nach einem möglichen Operationstermin
zu fragen. Seitens des Spitals wurde die Vorgehensweise gegenüber der Patientenanwaltschaft
damit begründet, dass die vorhandenen Operationskapazitäten zu gering seien und
zu wenig Intensivbetten für eine mögliche nachoperative Betreuung zur Verfügung
stehen. – Die Wiener Patientenanwaltschaft hat schon mehrfach auf die zu
geringe Kapazität im Bereich der Neurochirurgie hingewiesen und festgestellt,
dass es dadurch für viele Patienten zu einer sehr belastenden Situation kommt.
An dieser belastenden Situation für die Patienten hat sich aber leider nichts
geändert. Wörtlich heißt es im Bericht: „Dieser Fall beweist einmal mehr, dass
Operationen mehrfach aus Kapazitätsgründen verschoben werden müssen.“
Meine Damen und Herren! Bereits seit 2002 wurde auf
den Engpass bei Herzoperationen hingewiesen und dringend empfohlen, diese
langen Wartezeiten auf Herzoperationen zu verkürzen. Die Patientenanwaltschaft
stellt auch für diesen Bereich fest, dass dieser Empfehlung noch nicht
ausreichend entsprochen wurde und diese daher aufrecht bleibt.
Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist, dass diese
unzumutbaren Wartezeiten auf Operationen in Wiener Spitälern sowohl der
zuständigen StRin Brauner als auch dem Herrn Bürgermeister völlig neu zu sein
scheinen und großes Erstaunen ausgelöst haben. PatientInnen, die eine
Zusatzversicherung haben, können am selben Tag ein Spitalsbett bekommen, und
auch ein allfälliger Operationstermin wird sofort in Aussicht gestellt. All das
hat die Wiener Stadtregierung angeblich noch nicht gehört! Dazu meine ich:
Entweder werden die Berichte der Patientenanwaltschaft nicht sorgfältig und zur
Gänze gelesen, wie wir Oppositionsparteien das tun, oder die Berichte werden
nicht ernst genommen. Anders kann man dieses Erstaunen leider nicht deuten! (Beifall bei der ÖVP.)
Weiters sind im vorliegenden Bericht
Grundsatzprobleme angesprochen, die bereits im letzten Bericht 2004
festgestellt wurden und leider noch immer bestehen. Im Bericht 2004 hieß es zum
Thema Jugendpsychiatrie: „Die Behandlung jugendlicher psychiatrischer Patienten
in Wien ist nach wie vor ein großes Problem. Die räumlichen Bedingungen der
Jugendpsychiatrie, insbesondere im AKH, entsprechen weiterhin weder den
tatsächlichen Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten noch den Vorgaben des
Unterbringungsgesetzes."
Meine Damen und Herren! Ich denke, die Zunahme der
psychiatrischen Erkrankungen bei Jugendlichen erfordert den sofortigen Ausbau
der stationären und ambulanten jugendpsychiatrischen Einrichtungen in Wien. Ich
bitte Sie, dieses Thema entsprechend ernst zu nehmen und rasch Abhilfe im Sinne
der Betroffenen zu schaffen! (Beifall bei
der ÖVP.)
An dieser Stelle möchte ich noch auf einen tragischen
Fall, der im Patientenbericht angeführt ist, und auf die damit im Zusammenhang
stehende unzureichende Personalausstattung der Wiener Spitäler hinweisen. Es
geht um die Sterbebegleitung und im vorliegenden Fall um nicht ausreichende
Schmerzmedikamentation für einen sterbenden Patienten. – Ein Krebspatient
lag in einer chirurgischen Abteilung eines städtischen Spitals am Wochenende im
Sterben. Die Angehörigen waren bei ihm. Trotz mehrmaligen Ersuchens der
Angehörigen und Interventionen des Pflegepersonals kam stundenlang kein Arzt
zum sterbenden Patienten, der an starken Schmerzen litt. Telefonisch konnte
nach langem Warten die ärztliche Anordnung zur Erhöhung der Opiatdosis erreicht
werden. Als endlich ein Arzt zum Patienten kam, konnte dieser nur mehr den Tod
feststellen.
Das Krankenhaus wies in der Stellungnahme darauf hin,
dass eine Turnusärztin zum Dienst eingeteilt war, aber in einer Nachbarstation
mit der Aufnahme eines anderen Patienten beschäftigt war und somit nicht
rechtzeitig erreicht werden konnte. Das Krankenhaus gab das als
Entschuldigungsgrund an, dass kein Arzt beim sterbenden Patienten sein konnte.
Die Wiener Patientenanwaltschaft konnte sich dieser Sichtweise aber nicht
anschließen. Eine Turnusärztin in Ausbildung zum Arzt der Allgemeinmedizin ist
nach Ansicht der Wiener Patientenanwaltschaft mit der Entscheidung über eine
hohe Schmerzmedikamentation in der Sterbephase überfordert. Ein Facharzt der
Abteilung hätte den Patienten und den Angehörigen rasch zur Verfügung stehen
müssen. Die Wiener Patientenanwaltschaft hat daher angeregt, die ärztliche
Personalausstattung aus operativen Fächern insbesondere am Wochenende zu
überdenken. Denn das Recht des Patienten auf möglichst schmerzarme Behandlung,
würdevolles Sterben und Sterbebegleitung wiegt mehr als die Bedachtnahme auf
die Kosten für Personal.
Angeregt wird auch, in jenen Krankenhäusern, die keine
Palliativstation aufweisen, ein Palliativkernteam zu
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