Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 90
Polizeieinsätze die
Situation gebessert, aber vor allem in der Mariahilfer Straße kann man wirklich
noch an vielen Ecken - an jeder, wäre zuviel gesagt - diese Aktivitäten von
Banden beobachten. Die Mariahilfer Straße ist ja die größte Einkaufsstraße
Wiens und mit Problemen durchaus beladen, beginnend mit einer aggressiven
Bettelei sondergleichen, mit aggressiven Werbemethoden von diesen Werbeständen
aus, die auch überhand nehmen, und natürlich auch mit dem Punkerunwesen, das
sich natürlich immer wieder darstellt, verbunden außerdem mit einer Welle von
Dauerdemonstrationen in der schönen Jahreszeit, die für die Geschäftsleute hier
eine echte Belastung darstellen.
Und dazu kommt eben dieses
Hütchenspiel als wirklich bedeutende Gefahrenquelle für die vorbeigehende Bevölkerung
und für einzelne Personen. In einem solchen
Team, meist aus Osteuropa kommend, befinden sich zumeist bis zu
12 Personen, bestehend aus einem Spielleiter, aus Animatoren - es wird mit
getarnten Spielern gearbeitet - und Sperrpersonen, die einen Riegel um diese
ganze Szene bilden und Aufpassern, die schauen, dass die Polizei sie nicht
überrascht.
Der Einsatz mit 50 EUR, finde ich, ist
ungemein hoch und ich finde es immer überraschend, wenn man da vorbeigeht und
sieht, wie groß das Interesse ist, das Geld dort abzuliefern. 50 EUR
Einsatz, der sofort weg ist, und die Verluste der geschädigten Bürger gehen ja
bei Gott in kürzester Zeit, in Minutenschnelle teilweise, in die
Hunderte Euro.
Daher
ist das Verbot der Hütchenspiele, mit der Novelle 2005 eingeleitet, ein
wesentlicher Faktor gewesen, man hat aber natürlich damals die Sache selbst
nicht in den Griff bekommen, das muss man auch dazu sagen. Auch die
Höchststrafe von 7 000 EUR ist offensichtlich angesichts der
Einnahmensituation dieser Banden etwas, was offensichtlich nicht wirklich
abschreckt. Seit diesem Jahr 2005, seit der Novelle, sind 1 060
Anzeigen erstattet worden, zumindest laut einem Bericht des Magazins
“Öffentliche Sicherheit“, das vom Bundesministerium für Inneres herausgegeben wird.
Hier differenziert die Zahl, sie ist etwas höher als die in der Aktenlage
angegebene.
Und der Personenkreis, der
betreten wird, ist aber fast immer der gleiche. Es geht um zirka
140 Personen, die also immer irgendwo aufgegriffen werden und die also
hier hoffentlich in Bälde aus dem Spiel genommen werden können. Das ist also
durchaus erfolgreich gewesen, aber nur ein erster Schritt. Der zweite Schritt -
in der Novelle 2006 ist er ebenfalls ein wichtiger Punkt -, der also vor
allem, was den § 32 Abs 2 1c betrifft, ganz wichtig ist, wo nach
einer zweimaligen rechtskräftigen Verurteilung auch bereits ein Primärarrest
verhängt werden kann, eben eine Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder
Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen.
Es werden daher die Zukunft
und die Rechtsprechungsgestaltung zeigen, welcher Weg dabei begangen wird, ob
die Geldstrafe oder eben der Primärarrest im Mittelpunkt stehen wird. Grundsätzlich ist das positiv.
Ich glaube aber doch, dass
man sagen wird müssen, es wird mit Sicherheit das Problem mildern, aber noch
lange nicht lösen. Die EUR 7 000, das erzählen Polizeibeamte, sind,
wie gesagt, offensichtlich - obwohl das viel Geld ist - kein Betrag, der die
Banden wirklich abschreckt. Die Strafen werden interessanterweise teilweise so
mit der Linken bezahlt, so dass man den Eindruck hat, für diese Banden ist das
vielleicht weniger eine Strafe, zumindest also kein Übel, sondern eine
schlichte Platzgebühr, die, was weiß ich, am Christkindlmarkt von Marktstandeln
auch zu entrichten ist, was aber natürlich in ganz anderem Zusammenhang steht.
Das heißt also, sie haben
keinen abschreckenden Charakter. Die Möglichkeit der Verurteilung wegen einer
gerichtlich strafbaren Handlung nach dem StGB ist ja leider durch ein Wiener Gerichtsurteil
ziemlich verbaut worden, wonach hier der Richter von Geschicklichkeit sprach,
sich das angeschaut und daraufhin attestiert hat, dass das Opfer nicht
vorsätzlich hinters Licht geführt wurde. Die Angeklagten wurden freigesprochen,
ein für mich reichlich unverständliches Urteil. Ein ertappter Trickbetrüger zum
Beispiel, der mit seinem Geld, seinem Geschäft oder seiner Bank agiert, wird
also, glaube ich zumindest, mit Sicherheit nicht mit solchem richterlichen
Wohlwollen zu rechnen haben.
Daher ist die Frage zu stellen - und es wäre
interessant -, welche Möglichkeiten über das Verwaltungsstrafrecht hinaus
gegeben sind, auch wenn die Strafverhängung von sechs Monaten in diesem von mir
zitierten § 1 c vom Strafbezirksgericht bereits verhängt wird.
Es gibt da einige Dinge, die interessant sind: Das
Bundesministerium für Justiz in der Person von Roland Miklau, ich glaube,
Sektionschef ist er, hat den § 168 StGB, das ist organisiertes
verbotenes Glücksspiel, in Erwägung gezogen und sieht darin die Chance einer
Verurteilung dieser Form der organisierten Kriminalität im Rahmen des
Strafgesetzbuches, was wichtig wäre. Und etwas ganz Interessantes: Ein
rechtskräftiges Urteil wurde durch das Amtsgericht Tiergarten in Berlin
verhängt. Es ist rechtskräftig, und die Richterin hat die Begründung
übernommen, die der Auffassung der Polizei entspricht. Sie formuliert, und ich
darf das zitieren: „Ausreichend für die Erfüllung des Tatbestandes des Betruges
ist es bereits, dass der Hütchenspieler dem Opfer eine Gewinnchance
vorspiegelt, die er aber nicht haben wird, weil es der einzige Zweck dieses
Spieles ist, das Opfer um sein Geld zu erleichtern.“ Es gilt also nicht die
Frage Überprüfung der Geschicklichkeit oder sonstiger Umstände, sondern ein
genereller Tatbestand oder ein Tatbestandsmerkmal wird hier angeführt, und das
muss ausreichen, um eine generelle Verurteilung nach dem Strafgesetz wegen
Betruges zu erreichen, was eine hoch interessante Möglichkeit wäre, deutlich
und eindeutig diese Banden von Wien weg zu halten.
Vielleicht ist so etwas im Wiener Prozesswesen auch
möglich. Das hängt natürlich nicht mit dem Landtag zusammen, ich weiß es schon,
aber es wäre ein interessanter Hinweis.
Wie gesagt, ich glaube, mit Verwaltungsstrafverfahren wird
dieses Problem nicht voll in den Griff zu
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