Landtag,
7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 61
Dr Gusenbauer hat, als es um PISA und auch um die Diskussion ging, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache oft zu Hause nicht die nötige Förderung vorfinden beziehungsweise vorfinden können, gesagt: Wir brauchen ganztägige Schulformen.
Das ist richtig! Dem stimme ich voll zu! Nun ist es
aber wieder so, dass bei diesen ganztägigen Schulen zuerst die Kinder an die
Reihe kommen, bei denen beide Elternteile berufstätig sind, und das bedeutet
für viele Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, dass sie an ganztägigen
Schulen keinen Platz finden werden!
Man sieht es ja jetzt schon: Im 20. Bezirk gibt
es eine Schule, die ab dem nächsten Schuljahr ganztägig sein wird, und man
sieht bereits bei der Aufnahme in die erste Klasse, dass dort die Zahl der
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache zurückgeht. – Das heißt, man hat
ein neues Problem geschaffen.
Jetzt können Sie natürlich sagen: Diese Kinder müssen
halt in die Horte gehen! Aber auch das muss man sich im Detail ansehen, um
feststellen zu können, warum der Hort keine gute Lösung ist. Es ist nämlich so,
dass es an den ganztägigen Schulen gegenstandsbezogene Lernzeiten geben wird
und dass in deren Rahmen den Kindern in Bezug auf den Unterricht geholfen
werden soll. Und es ist vom Gesetz her ganz klar vorgegeben, dass das
ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer machen. Diese Stunden dürfen daher auch nur
von LehrerInnen gehalten werden. – Und jetzt frage ich Sie: Haben Sie in
einem Hort schon einmal einen Lehrer oder eine Lehrerin gesichtet? Haben Sie in
einem Hort schon einmal eine gegenstandsbezogene Lernzeit festgestellt? Haben
Sie schon einmal gehört, dass im Hort LehrerInnen den Kindern in jenen
Lernbereichen helfen, wo sie etwas nicht verstanden haben und gefördert werden
müssten? – Genau das, was Gusenbauer fordert, kann also in einem Hort gar
nicht stattfinden! Und es findet auch nicht statt, weil dort HortpädagogInnen
arbeiten. Es arbeiten dort auch ausgebildete PädagogInnen, aber das sind eben
keine LehrerInnen, und daher kann es dort auch keine gegenstandsbezogene
Lernzeit mit Lehrerinnen und Lehrern geben. Das gibt es dort nicht! Das heißt,
das ist eine Benachteiligung der Kinder, die besonders gefördert werden müssen,
weil sie beim Lernen in einem Gegenstand hinten nach sind und Hilfe und
Förderung brauchen, und das werden sie im Hort nicht bekommen.
Individuelle Lernzeit gibt es im Hort natürlich, aber
dazu braucht man keine Lehrer und Lehrerinnen! Das heißt, es wird im
ganztägigen Schulbereich insgesamt sehr große Qualitätsunterschiede geben, und
es wird daher zu einer erneuten Benachteiligung der Kinder kommen.
Ich freue mich sehr darüber, dass Frau StRin Laska
immer wieder sagt, dass vom Pädagogischen her ein ganztägiger Schulbetrieb mit
verschränktem Ablauf das qualitativ Beste ist. – Dieser Meinung bin ich
auch! Das ist das Beste, das wird jedoch am allerwenigsten angeboten! Ich
gratuliere allen Eltern, die so etwas in ihrer Umgebung auftreiben können, aber
das kommt ja in Wien nahezu überhaupt nicht vor. Das qualitativ Beste ist das
absolut Seltenste, und diejenigen, welche die hohe Qualität am meisten
brauchen, bekommen sie am allerwenigsten, weil sie in die Horte abgeschoben
werden, weil sehr häufig gerade ihre Mütter nicht berufstätig sind. Das ist ein
großes Problem, und ich denke, dieses Problem müsste man sich sehr genau
anschauen und überlegen, was man da tut! – Das ist das Hauptproblem, das
ich sehe.
Jetzt führe ich noch einige weitere Punkte an, zu
denen man sich auch etwas denken können hätte. – Im Gesetz heißt es, dass
diese Sprachförderkurse eingerichtet werden können, wenn sie notwendig sind.
Ich meine, man hätte auch sagen können: Sie werden eingerichtet, wenn sie
notwendig sind. Denn so ist es halt eine Kann-Bestimmung. Dann hat man
festgestellt, dass diese Notwendigkeit ab einer Schülerzahl von acht besteht.
Das ist okay. Man hat aber nicht dazu gesagt, wie hoch die maximale Anzahl an
Kindern ist, die an einem solchen Kurs teilnehmen können. Diese
Sprachförderkurse machen nämlich nur dann Sinn, wenn die Gruppe klein
ist. – Hier fehlt also meiner Meinung nach eindeutig die Höchstgrenze.
Ein nächster kleiner Punkt, der aber durchaus
gewichtig ist. Sie wissen, dass in vielen Stellungnahmen, etwa auch der
Arbeiterkammer, festgestellt wird, dass in den Gruppen, die am Nachmittag
betreut werden, mindestens 15 Kinder sein sollen. Okay! D’accord! Die Höchstzahl
wird aber mit 30 angegeben! Meine Damen und Herren! Das ist schierer Wahnsinn!
Das ist unsinnig! Mir würden auch noch ein paar andere Ausdrücke dafür
einfallen! Ich verstehe nicht, wie man so etwas machen kann! Begründet wird das
mit höherer Flexibilität, ich meine aber, dass das eine Nichtbegründung ist.
Man müsste auch da eine Höchstzahl angeben, die praktikabel ist. Die bisherige
Höchstzahl war, glaube ich, 19, und ich halte es für einen Fehler, diese Zahl
derart zu erhöhen! Das halte ich für falsch!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann jetzt
sicherlich zu diesem Gesetz und auch zu dessen Umsetzung noch einiges sagen.
Die Eltern sind beispielsweise nie wirklich darüber befragt worden, ob sie eine
Nachmittagsbetreuung brauchen. Wer wurde gefragt? Wurden wirklich nur die
Eltern der Erstklassler befragt oder alle anderen auch? Wie soll das gehandhabt
werden?
Dazu habe ich einen einzigen schlichten Appell: Halten Sie sich einfach
an die gesetzliche Regelung! Wer zu befragen ist, der muss befragt werden.
Punktum. Dasselbe gilt, wenn eine Schule, die bisher halbtags geführt war, in
eine ganztägige umgewandelt wird. Auch diesfalls sind alle zu befragen! Bei der
Schule im 20. Bezirk, die in eine ganztägige umgewandelt wurde, hatten die
Leute, die angeblich befragt wurden oder befragt werden sollen hätten, keine
Ahnung davon! Fragen Sie die Leute dort einmal, ob sie diesbezüglich befragt
wurden! – Sie wurden nicht gefragt, sondern die Schule wurde ganz einfach
in eine ganztägige umgewandelt! Und auch wenn ich mich prinzipiell freue, wenn
das Angebot an ganztägigen Schulformen wächst, bin ich doch dafür, dass man
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