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Landtag, 8. Sitzung vom 26.01.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 59

 

Der Landesschulrat, der in Wien gemäß Art 81a Abs 2 Bundes-Verfassungsgesetz die Bezeichnung „Stadtschulrat für Wien“ führt, ist eine Schulbehörde des Bundes. Seine Tätigkeit ist daher rein rechtlich nicht der Verwaltung des Landes Wien zuzurechnen.

 

Die Tatsache wird im Besonderen dadurch unterstrichen, dass infolge Art 81a Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Verwaltung des Bundes auf dem Gebiet des Schulwesens vom zuständigen Bundesminister und von den dem Bundesministerium unterstehenden Schulbehörden des Bundes zu besorgen sind.

 

Hinzu gesellt sich der Umstand, dass für den Stadtschulrat für Wien eine amtsführende Präsidentin bestellt wurde. Zufolge Art 81a Abs 3 lit d Bundes-Verfassungsgesetz führt dieser Umstand ex lege dazu, dass diese amtsführende Präsidentin – wohlgemerkt als Bundesorgan – in allen einschlägigen Angelegenheiten, die ich mir nicht selbst vorbehalten habe, an meine Stelle tritt. Mangels eines derartigen Vorbehaltes meinerseits liegt auch aus diesem Grund keine der Verwaltung des Landes Wien zurechenbare Tätigkeit vor.

 

Auch aus dem bloßen Zitat des § 3 des Bundesschulaufsichtsgesetzes lässt sich für Ihre Position als Anfragesteller nicht wirklich etwas gewinnen, liegt doch die besondere Tücke von legistischen Werken darin, dass die zum Teil umfangreichen Bestimmungen nicht solitär betrachtet respektive zitiert werden dürfen.

 

Bei der Berücksichtung und beim Studium der §§ 1, 2, 3, 4, 6, 20 und 25 des Bundesschulaufsichtsgesetzes – dieses Gesetz heißt im Übrigen ja nicht von ungefähr Bundesschulaufsichtsgesetz – hätten Ihnen als im Staats- und Verwaltungsaufbau Österreichs versiertem Anfragesteller schwerwiegende Bedenken, und zwar hinsichtlich der Zuständigkeit des Funktionsträgers Landeshauptmann von Wien und damit konsequenterweise auch der Zulässigkeit dieser Dringlichen Anfrage kommen müssen.

 

Ich möchte daher auch an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das Bundesschulaufsichtsgesetz an der Rechtstatsache, dass der Stadtschulrat für Wien eine Schulbehörde des Bundes ist, keinerlei Zweifel aufkommen lässt. Seine Tätigkeit ist daher nicht der Verwaltung des Landes zuzurechnen.

 

Hinsichtlich der Zitierung und in weiterer Folge Anwendbarkeit des Islamgesetzes im vorliegenden Sachverhaltskonglomerat dürfte ein grundsätzliches, jedoch offenbar absichtliches Missverständnis vorliegen. Art 1 des noch aus den Zeiten der Österreich-Ungarischen Monarchie stammenden Islamgesetzes normiert unmissverständlich, dass den Anhängern des Islam in den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern die Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, insbesondere des Art 15 desselben, nach Maßgabe der dann folgenden Bestimmungen gewährt wird.

 

Diese allgemeinen Normen – und zwar weder der Art 15 des zitierten Staatsgrundgesetzes noch das Islamgesetz aus dem Jahre 1912 – enthalten keine Bestimmungen hinsichtlich eines einschlägigen Religionsunterrichtes. Das Islamgesetz fällt darüber hinaus ebenfalls Bundesbehörden zum Vollzug zu.

 

Eine Affinität zum Schulrecht beziehungsweise Schulunterricht – insbesondere, was den von Ihnen angezogenen § 4 des Islamgesetzes betrifft – ist für keinen Juristen nachvollziehbar. Weder ich als Landeshauptmann noch die Bundesbehörde Wiener Stadtschulrat haben das Islamgesetz im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten anzuwenden.

 

Ich würde Sie daher bitten, auch im Sinne breiter Passagen Ihrer Rede, dass Sie den Kollegen Strache ersuchen, dieselbe Anfrage im Nationalrat einzubringen, denn zweifelsfrei ist dort die rechtliche Zuständigkeit zumindest danach gegeben, aber mit Sicherheit nicht hier im Wiener Landtag.

 

Ich darf Sie bei dieser Gelegenheit auch davon informieren, dass weder an mich selbst noch an die Wiener Schulbehörden oder an andere einschlägige Institutionen der Stadtverwaltung auch nur irgendeine Information des österreichischen Innenministeriums oder seitens der österreichischen Polizei über Tatbestände vorliegt, die eine Anwendung des § 4 des Islamgesetzes notwendig machen müssten seitens der Bundesbehörde.

 

Ich möchte darüber hinaus aber auch noch Ihr Interesse auf den § 2 Abs 1 des Religionsunterrichtsgesetzes lenken. Dieser Bestimmung zufolge wird durch die betreffende gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft der Religionsunterricht besorgt, geleitet und unmittelbar beaufsichtigt. Dem Bund steht das Recht zu, seine Schulaufsichtsorgane hinsichtlich der Beaufsichtigung des Religionsunterrichts in organisatorischer und schuldisziplinärer Hinsicht zu verhalten, keineswegs in inhaltlicher. Es steht daher auch den Bundesschulaufsichtsorganen nicht zu, Religionsbücher zu zensurieren, egal, welche, auch nicht katholische, auch nicht evangelische. Es ist sohin natürlich auch in diesem Fall keine der Verwaltung des Landes Wien zurechenbare Tätigkeit zu erkennen.

 

Ich nehme zur Kenntnis, sehr geehrter Herr Abgeordneter, dass diese Dringliche Anfrage hier im Haus zugelassen wurde. Es wird gute Gründe geben. Der Herr Präsident hat selbst heute darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Zulassung um einen Grenzbereich handelt.

 

Ich selbst sehe durch die Fragen, die Sie hier gestellt haben, unsere Bestimmungen, die Fragen der Dringlichen Anfrage, Dringlichen Anträge und Ähnliches betreffen, als keineswegs und in keiner Weise vorausgesetzt.

 

Es ändert dies nichts an der Tatsache, dass natürlich in inhaltlicher Hinsicht Diskussionen hier stattzufinden haben oder wo immer. Und ich sage Ihnen auch hier: Niemand, zweifelsohne niemand hat das Recht, so wie Sie sich das hier herausgenommen haben, an meiner grundsätzlichen Haltung gegen Extremismus, wodurch immer er ausgelöst wird, und an meiner grundsätzlichen Ablehnung desselben zu zweifeln, weil ich mit Sicherheit niemals in meinem Leben einen Zweifel daran gelassen habe. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Dieses Bekenntnis zu Rechtsstaat und Demokratie

 

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