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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 98

 

Es ist gut so, dass auch die Politik ein Gespür dafür bekommen hat, was sehr vielen Eltern wichtig ist: Dass eine hervorragende Ausbildung für ihre Kinder höchste Priorität hat und dass einiges an unserem Schulwesen grundlegend zu verändern ist.

 

Was sehr viele anzipft, ist diese – und das wurde ja auch hier wieder manifest – Bunkerposition des Politischen, anstatt – noch einmal etwas Positives – das aufzugreifen, was dank der Erziehungswissenschaft und internationaler Vergleiche – da hat Pisa uns wirklich weitergebracht – auf dem Tisch liegt und was eigentlich von vernünftigen, der Sache wohlmeinend gegenüberstehenden Menschen umgesetzt werden könnte.

 

Was kann man sofort tun? Ich komme dann gegen Ende erst zur Gesamtschule, weil das so umstritten ist. Denn die Gesamtschuldebatte soll nicht die gesamten notwendigen Veränderungen überdecken, so wichtig sie ist, sage ich auch als starker Vertreter der Gesamtschule aus Gerechtigkeitsgründen. Das kann man sofort tun. Selbst wenn wir sie in einigen Jahren flächendeckend einführen, sind jetzt Kinder in Volksschulen, in Hauptschulen, wo wir durch die PISA-Ergebnisse wahrnehmen mussten, dass 15 bis 20 Prozent nach Absolvierung der Schulpflicht nicht lesen und schreiben können. Das ist keine unglaubliche Hexerei, hier relativ rasch wirksam etwas zu tun!

 

Wenn Sie mit Menschen reden - und das halte ich für eines der dringendsten Probleme eines jeglichen Jahrgangs: Jeder, der nach neun Jahren hinausgeht und nicht lesen, nicht schreiben und nicht rechnen kann, ist ein Fixstarter für Arbeitslosigkeit, ist ein Fixstarter, vielleicht in die Kriminalität abzudriften. Da haben wir als Stadt eine Verantwortung.

 

Das sagen ganz viele Lehrerinnen und Lehrer: Uns fehlen hier die Diagnosemöglichkeiten. Das kann doch nicht so schwer sein - und wird auch bereits testweise im Wiener Schulsystem gemacht -, herauszuanalysieren: Wer sind denn die, die hier Unterstützung brauchen? Du weißt bereits bei einem Neun-/Zehnjährigen, wo wirkliche Leseschwächen gegeben sind und hier individualisiert tatsächlich etwas zu tun ist.

 

Das fehlt, meine Damen und Herren - das sage ich speziell in Richtung Sozialdemokratie -, das kann man sofort anfangen. Ich glaube auch, dass es überhaupt keinen Einwand einer anderen Partei dagegen gäbe, die Ressourcen bereitzustellen. Also bei dieser Individualisierung speziell mit jenen, die es brauchen, die nicht lesen und schreiben können, und da geht es, das sage ich jetzt auch, nicht nur um - unter Anführungszeichen - Migrantinnen und Migranten, im Gegenteil, kann man sofort etwas tun. - Erstens.

 

Zweitens: modulare Oberstufe. Ich glaube, das ist auch eine Linie, wo es hingehen muss. Auch hier kann man sofort etwas tun. Wenn man jedes Jahr Abstimmungen im Lehrkörper veranstalten lässt mit all den Schwierigkeiten, kann es nicht gut funktionieren. Hier geht es um einige kleine Reformen, um diesen großen Schritt in der Oberstufe weiterzugehen.

 

Dann noch ein großes Anliegen von mir, das, glaube ich, unstrittig ist: Dass wir ganztägige Schulformen anbieten; und das gar nicht einfache Problem: Wie schauen manche Schulen im innerstädtischen Bereich aus? Ich kenne einige als Wahllokale im 6. Bezirk, da will ich aber so geschwind wieder hinaus und bin froh, dass ich nur mein Zetterl hineingeben muss! Aber wenn ich mir vorstelle, ich müsste dort - die sind teilweise neu renoviert - meine Kinder den ganzen Tag haben: Die sind in keinster Weise geeignet!

 

Noch einmal: Das ist auch nicht ganz einfach, weil die Platzverhältnisse nicht einfach sind. Aber das fände ich eine hervorragende Aufgabe, Frau LhptmStin Laska, meine Damen und Herren, hier Geld in die Hand zu nehmen, Architekten an die Hand zu nehmen und wirklich sicherzustellen, dass alle Schulen so rasch wie möglich zu erweitern und umzubauen sind, um wirklich ein angenehmer Ort zu sein. Bei Neubauten wird das gemacht, dafür gibt es auch schöne Beispiele, nicht aber hier im innerstädtischen Bereich. Ich gehe da gar nicht auf die baulichen Mängel ein, ich gehe davon aus, zu sagen: Wie schaut eine Schule aus, dass sich ein junger Mensch, aber auch ein Lehrer, eine Lehrerin wirklich wohl fühlt?

 

Abschließend zur gemeinsamen Schule: Ich spare mir die Begründung, warum ich sie für vernünftig finde, möchte aber genau bei dem Aber der Frau Jerusalem anknüpfen.

 

Du musst das gut vorbereiten, du musst die Voraussetzungen schaffen, und du musst auch Überzeugungsarbeit leisten, gegen den Widerstand eines Großteils der Lehrerschaft. Noch einmal, damit Sie mich nicht missverstehen: Ich bin dafür, unbedingt, aber du musst hier überzeugen. Da gibt es Einwände und Befürchtungen, die nicht einfach vom Tisch zu wischen sind.

 

Wenn ich mir dann anschaue, dass einerseits gesagt wird, ganz Wien wird nächstes Jahr schon eine Modellregion sein, und Herr Gusenbauer vor zwei Tagen gesagt hat, die Einführung dauert mindestens zwölf Jahre, glaube ich, dass da auch in der Kommunikation einiges verpasst wurde. Ich harre jetzt des Vorschlags: Wie schaut die Wiener Modellregion aus? Was tut man da, um Lehrer, Lehrerinnen, Eltern einzubeziehen?

 

Hoffentlich tut man nicht auf ein bestehendes schlechtes Modell ein neues Taferl drauf. Das Schlimmste wäre - und das sage ich jetzt in Ihre Richtung -, die Gesamtschule so schlecht einzuführen, dass alle die, die heute sagen, das kann nie funktionieren, nachher sagen: Wir haben es ja immer schon gesagt. Da warne ich dringend davor, als glühender Befürworter aus Gerechtigkeitsgründen, aber auch …

 

Präsident Heinz Hufnagl (unterbrechend): Bitte zum Schluss kommen.

 

Abg Mag Christoph Chorherr (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. - Aber auch aus Leistungsgründen! Ich bin ein großer Anhänger dessen, dass Schule Leistung bringen muss - junge Menschen wollen auch Leistung bringen, nicht unter Druck und nicht unter Zwang, sondern weil sie das wollen -, aber bitte machen Sie das sorgfältig vorbereitet! Es kann uns nichts Schlimmeres

 

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