Landtag,
10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 98
Protokoll für Dienstleistungen von öffentlichem
Interesse.
Die Rolle der Regionen und Kommunen wird eindeutig
gestärkt, und es trägt auch wesentlich zur politischen Akzeptanz bei, wenn die Städte
als entscheidende Zentren für Forschung und Innovation stärker in die
Gestaltung der EU-Politik eingebunden sind. Der Herr Bürgermeister hat auch
erwähnt die Analyse der Lisbon Monitoring Plattform Initiative des Ausschusses
der Regionen, der das ebenfalls bestätigt.
Schauen wir uns die Eurobarometer-Daten an. Da zeigen
sich im Durchschnitt der letzten Jahre rund zwei Drittel der Österreicher mit
dem Funktionieren der Demokratie im eigenen Land zufrieden. Im Hinblick auf das
Funktionieren der Demokratie in der EU überwiegt allerdings nach wie vor das
Misstrauen. Bei allem grundlegenden Pragmatismus kann man das Verhältnis der
Österreicher zur EU am ehesten als kühle Distanz mit mürrischen Untertönen
charakterisieren, wie es Meinungsforscher Ulram tut. Die zeitweise Verbesserung
des Meinungsbildes 2006 war aber eine Folge der erfolgreichen
österreichischen Ratspräsidentschaft. Dennoch werden die Entscheidungsprozesse
der EU zum einen als asymmetrisch wahrgenommen - also man vermutet zum Beispiel
eine Bevorzugung der größeren Mitgliedsländer, selbst wenn dabei gemeinsame
Spielregeln verletzt werden - sowie eine Dominanz von mächtigen
Wirtschaftsinteressen. Und zum anderen existieren auch beträchtliche Zweifel an
der Rationalität der Entscheidungsabläufe der EU überhaupt.
Auch die vom Herrn Bürgermeister angesprochene
Asymmetrie, die durch neoliberale Politik einerseits und die daraus
resultierenden Probleme andererseits entsteht, schreit geradezu nach einer
Europäisierung der Sozialpolitik, nach der Sozialunion als Eckpfeiler dieser
EU. Und daher freut es mich, dass ich als Vertreterin Wiens beim letzten
Ausschuss der Regionen am 6. und 7. Juni in Brüssel eine totale
Liberalisierung der Postdienste mit verhindern konnte.
Auch beim Treffen der EUROCITIES im Vorfeld der
Leipzig Charta Ende Mai konnten wir die Anliegen der Städte betreffend soziale
Kohäsion nachdrücklich platzieren. Mein Kollege Karl Dampier wird dazu einen
gemeinsamen rot-grün-schwarzen Antrag zur Beteiligung am Global Marshall Plan
einbringen.
Schließlich hat der Herr Landeshauptmann ja schon
erwähnt, dass es eine intensive Zusammenarbeit Wiens mit dem Umland, der Vienna
Region, und im CENTROPE, dass es also eine intensive Zusammenarbeit mit diesen
16 Partnern, Städten und Regionen aus dem Vierländereck Tschechien,
Slowakei, Ungarn und Österreich gibt. Diese Arbeit wird auch bei einer
politischen Konferenz im November, CENTROPE 2008 plus, der
Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf das
transeuropäische Verkehrsnetz-Projekt TEN 17 hinweisen, das ab 2015 die
Strecke Paris-Bratislava in nur 8 Stunden – bisher waren es
14 Stunden – bewältigbar macht. In dieser Magistrale für Europa sind
33 Städte, Verbände und Kommunen entlang der Strecke vertreten, ein
Fünftel der Gesamtstrecke von 1 500 km liegt in Österreich. Von Wien
nach Salzburg kommt man dann in gut zwei Stunden. Ich denke, die Zeitersparnis
im Vergleich zu Flugreisen, ein- und auschecken und vor allem der Umweltaspekt,
sind gewaltig.
Hier kann dann auch der eingeforderte Dialog über die
Sinnhaftigkeit der bestehenden administrativen Grenzen ansetzen, nämlich, um
Standorte im internationalen Wettbewerb besser absichern zu können, wie es
heute auch Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger beim 19. Bürgermeistertag
in Wieselburg angeregt hat. Die Steuerungsinstrumente müssen allerdings in
konkreten Pilotprojekten unter Einbindung aller Sozialpartner erprobt werden.
Wir nehmen da das CENTROPE-Leitmotiv „Wir wachsen zusammen - zusammen wachsen
wir“. Und das Ganze ist immer mehr als Summe seiner Teile. (Beifall bei der
SPÖ.)
Der Herr Landeshauptmann hat schon erwähnt, dass die
Verwaltung der grenzüberschreitenden Programme Österreichs mit Tschechien, mit
der Slowakei, mit Ungarn, vom Bund an die Länder übertragen wurde, und dass
Wien hier sein internationales Know-how einbringen kann.
Ich darf hier auf die heute im Anschluss an den
Landtag stattfindende Wiener Vorlesung hinweisen und auf den stattfindenden
Empfang des Herrn Bürgermeisters für die drei Nobelpreisträger Sir Richard
Timothy Hunt für Physiologie oder Medizin im Jahr 2001, für Richard John
Roberts 1993 Physik oder Medizin und Roger Kornberg, Nobelpreis 2006 für
Chemie, und möchte hier auch einen Spruch des Dalai Lama zitieren: „Im
Zeitalter der Biogenetik hat sich eine Kluft zwischen dem moralischen Denken
und den technischen Möglichkeiten aufgetan. Die Frage lautet nicht mehr, sollen
wir mehr Wissen erwerben und seine technologischen Potenziale erkunden,
mittlerweile stellt sich vielmehr die Frage, wie sollen wir das Wissen und die
Macht, die es uns verleiht, in einer sinnvollen und ethisch verantwortlichen
Weise einsetzen.“
Ich denke, das passt auch sehr gut zu unserer
heutigen Diskussion und möchte noch auf ein besonderes Programm hinweisen, nämlich
auf Central Europe, das strategische Projekte im Vorfeld zukünftiger
Investitionspolitik fördert. Es ist das das zweitgrößte transnationale
Kooperationsprojekt mit einem Fördervolumen von 300 Millionen EUR,
einem Verwaltungsbudget von 16 Millionen EUR und es veranstaltet sein
Kick-Off-Forum am 2. und 3. Juli im Wiener Rathaus. Mehr
als 500 nationale und regionale Teilnehmer aus Deutschland, Polen, Tschechien,
Slowakei, Ungarn, Slowenien, Italien, natürlich Österreich und einigen Ländern
Südosteuropas sind hier akkreditiert. Vertreter aus der EU-Kommission und dem
EU-Parlament werden dann an der Diskussion zum Thema „Regional Policy for
Central Europe, Heritage and Future“ teilnehmen.
Wien kann auch dank der
kompetenten Beamten des Wiener Magistrats und der polyglotten Mitarbeiter des
Wien-Hauses in Brüssel seine Vorreiterrolle im Herzen Zentraleuropas voll
ausspielen. Wir haben ja eine große
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