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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 98

 

Meine Damen und Herren, Österreich und Europa ist zu wichtig, als an diesem Rednerpult oder bei anderen Redegelegenheiten zum Spielball populistischer Ideen zu werden! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich halte es für ausgesprochen notwendig, dass wir dieses Thema weiterentwickeln und dass wir es gemeinsam weiterentwickeln. So freue ich mich auch, dass die beiden großen Parteien in diesem Lande versuchen, diese Wege gemeinsam zu beschreiten. Ich halte es für notwendig im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sowie im Interesse der Wienerinnen und Wiener. Ich möchte, dass wir bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Werthaltung eine Form der Diskussion in diesem Land finden, die uns, was Europa betrifft, nicht auf die populistische Ebene zurückführt. Ich halte es für wichtig, dass wir die Ausrichtung diskutieren.

 

Das, was der Landeshauptmann in seiner Mitteilung hier zum Ausdruck gebracht hat, wird wahrscheinlich nicht in allen Bereichen die Zustimmung der Österreichischen Volkspartei finden. Das einseitige Festhalten und das einseitige Diskutieren über eine Abschaffung eines freien Markts wird wahrscheinlich nicht die ausschließlich richtige Situation sein. Aber darüber zu diskutieren, wo die Grenzen des freien Markts sind, wird sehr wohl notwendig sein.

 

Auf der anderen Seite zu sagen, wir brauchen eine Sozialunion, kann wahrscheinlich dem Grund nach auch unterschrieben werden. Aber wie und in welcher Form das ausgestaltet wird, denke ich mir, da wird es auch Unterschiede zwischen SPÖ und ÖVP geben. Aber es ist wichtig, dass der Diskurs dafür eröffnet wird, der Diskurs, den ich in Wirklichkeit von Bundeskanzler Gusenbauer in dieser Form etwas vermisst habe, dass wir den Diskurs über die Weiterentwicklung der Europäischen Union führen. Daher bin ich dankbar dafür, dass der Landeshauptmann diesen Diskurs nun aufgenommen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich halte es für wichtig, dass wir auch über die Fortführung der europäischen Erweiterung im Bereich des Westbalkans diskutieren. Warum ist das so wichtig? Wir haben nun in Wirklichkeit im europäischen Zentralraum bereits alle Staaten innerhalb der Europäischen Union. Es gibt einen Flecken, der offen ist. Das ist der Balkan. Wir haben in diesem Bereich eine erhöhte Form von Kriminalität, die dort einerseits als Transitland und andererseits als Ursprungsland die Europäische Union bedroht. Nur eine Form der Zusammenarbeit mit diesen Ländern macht es möglich. Die Stadt Wien hat in einigen Ländern des Westbalkans bereits einige Büros errichtet, aber noch nicht in allen. Ich würde vorschlagen, dass wir in allen Staaten des Westbalkans und nicht nur in bestimmten Staaten für verstärkte Kooperation sorgen.

 

Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn der Landeshauptmann hier gesagt hat, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses, vor allem die Angestellten der Gemeinde Wien, viel dazu beitragen, dass hier vieles geleistet wird, dann unterschreiben wir das. Aber wir möchten danach auch ein kritisches Wort richten, was die Auslagerung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Erweiterung in Richtung der Verbindungsbüros in manchen Staaten betrifft, die aus unserer Sicht mit viel Geld und wenig Kontrolle nur von einem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen durchgeführt werden. Die Verträge, die wir hier abgeschlossen haben, wurden vom Kontrollamt entsprechend kritisiert. 146 Millionen EUR für die Compress-Büros ohne entsprechendes Controlling zur Verfügung zu stellen, ist nicht das, was wir uns von innerstaatlicher Kontrolle eigentlich erwarten.

 

Aber ich möchte auch die Arbeit der Beamten in dem Bereich der Erweiterung der EU dazu heranziehen, dass wir über die Mittel, die der Landeshauptmann nun erwähnt hat, nämlich 26 Millionen EUR, die in Zukunft durch die Strukturfondsmittel Wien von 2007 bis 2013 zur Verfügung stehen werden, einen entsprechenden Diskurs eröffnen. Das erwarte ich mir, Frau Kollegin Vitouch, von einer Europakommission, dass wir auch darüber diesen Diskurs eröffnen und dass wir die Vergabe und den Einsatz dieser Mittel nicht nur auf Beamtenebene belassen, sondern dass wir das auch in die politische Diskussion hineinführen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der Landeshauptmann hat gesagt, es ist wichtig, dass wir auch administrative Grenzen überwinden müssen. Ich glaube, wenn er das auf europäischer Ebene gesagt hat, unterschreiben wir das. Aber ich glaube, wir müssen das auch auf die österreichische Ebene herunterdrücken und auf der österreichischen Ebene für sicher annehmen, dass es noch immer viele Infrastrukturprobleme zwischen Wien und Niederösterreich gibt, weil es eine Landesgrenze gibt. Das sollte auch überholt werden. Ein interregionaler Finanzausgleich, der über dieser Verwaltungsgrenze steht, wäre zum Wohl der Wienerinnen und Wiener und der Menschen, die im Umland leben, längst an der Zeit.

 

Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Gusenbauer hat vor der Wahl sehr kritische Worte zur EU gefunden. Wir freuen uns, dass sein Regierungsamt nun dazu führt, dass er heute die Verhandlungen, die knapp vor dem letzten Wochenende stattgefunden haben, unterstützt. Wir freuen uns, dass er in dieser Hinsicht nun etwas gelernt hat. Wir freuen uns, wenn er diesen Lernprozess öffentlich noch stärker thematisiert. Aber wir sagen auch, er soll sich von Dingen distanzieren, die er in der Vergangenheit, vielleicht aus einem Übermut in der Wahlkampfführung, gesagt hat, die aber heute nicht mehr notwendig sind, vor allem, weil sie falsch waren.

 

Eines hat er bereits zugegeben: Vor der Wahl sprach er von einem Steuerdumping, das auf EU-Ebene beendet werden müsste. Heute fährt er nach Deutschland und darf gegenüber der Bundeskanzlerin und derzeitigen Ratsvorsitzenden Merkel festhalten, wie gut es ist, dass die österreichische Bundesregierung in der Vergangenheit die Steuern nach unten geschraubt hat. Das nun als Richtung für die anderen Länder zu nehmen und darin etwas Positives zu erkennen, ist, glaube ich, notwendig, so notwendig, dass der Herr Bundeskanzler nunmehr bereits erfreut ist, dass er als Gesprächspartner am Gipfel des Öfteren genannt worden ist, wie er den

 

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