Landtag,
14. Sitzung vom 22.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 55
problematische.
Und so begrüßen wir sehr, dass es zum Beispiel auf
Basis dieses Maßnahmenpakets endlich möglich geworden ist, dass obdachlose
Menschen leichter registriert werden können, und somit auch leichter ihr
Wahlrecht ausüben können. Sehr positiv ist zum Beispiel auch, dass nun
16-jährige Menschen, das heißt, eben genau diese Gruppe, wo wir uns auch vor
allem in Wien seit Jahren bemühen, sie sozusagen im Wahlrecht zu erfassen,
jetzt auch bei Volksabstimmungen und bei Volksbefragungen beispielsweise,
stimmberechtigt sind.
Also, wie gesagt, es enthält auch durchaus sehr gute
Punkte, die man unterschreiben kann. Nichtsdestotrotz ist auch für die Grünen diese Einführung der Briefwahl
sehr, sehr problematisch. Ich verstehe zwar, dass es in unser aller Sinne ist,
sich Gedanken zu machen, wie wir die laufend von Wahl zu Wahl sinkende
Beteiligung verbessern können. Ich rufe in Erinnerung, bei der letzten
Wien-Wahl haben wir bereits nur mehr 60 Prozent Wahlbeteiligung gehabt.
Also, das sind schon sehr alarmierende Zahlen, und es
macht, wie gesagt, durchaus Sinn, hier offen darüber nachzudenken, was kann ich
tun, um immer mehr Menschen den Zugang zu diesen Wahlen zu erleichtern.
Allerdings, ob die Briefwahl der beste Weg ist, sei dahingestellt.
Herr Herzog hat von hier aus bereits einige Bedenken
vorgebracht, die von den Grünen auch
so gesehen und geteilt werden. Ich möchte meinen, dass es hier durchaus einen
besseren Weg gegeben hätte, beispielsweise die vorzeitige Stimmabgabe zu
ermöglichen, und wir haben das auch beantragt. Wir haben beantragt, dass es
durchaus ein Weg hätte sein können, dass man zwei, drei Tage vor der Wahl die
Möglichkeit hat, seine Stimme abzugeben, wie es auch in anderen Ländern möglich
ist. Leider hat diesbezüglich der grüne Vorstoß keine Mehrheit gefunden. Nun
ist er bedauerlicherweise obsolet, denn in dem Moment, wo die Briefwahl
eingeführt wird, werden alle diese Überlegungen klarerweise ad absurdum
geführt.
Und nun ergibt sich folgendes Problem und es ist
durchaus eine sehr, sehr schwierige Abwägungsfrage: Auf der einen Seite habe
ich das Bestreben, möglichst viele Menschen zu den Urnen hinzubewegen
beziehungsweise ihnen, wie gesagt, die Stimmabgabe zu erleichtern, und da
erscheint sozusagen die Briefwahl ein durchaus praktisches, und wenn Sie so
möchten, ein kommodes Mittel. Das ist es sicherlich auch.
Auf der anderen Seite wissen wir aber auch, dass es
in diesem wunderschönen und auch so aufgeklärten Österreich nach wie vor viele
Familien gibt, wo durchaus ein gewisser Druck innerhalb der Familie ausgeübt
wird, meistens auf jüngere Wählerinnen und Wähler - wir haben jetzt gerade
vorhin von der Gruppe der 16-, 17-, 18-Jährigen gesprochen, aber sehr oft
beispielsweise auch auf die Frauen und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass
es mit der Briefwahl nun möglich werden kann, dass der Vater ganz einfach für
die ganze Familie diesbezüglich die Stimmzettel bestellt, ausfüllt, den
Menschen in die Hand drückt und sagt, du gehst wählen. Genau das ist es, was
das Ganze so unglaublich problematisch macht, und tatsächlich ist das oberste
Gut, das höchste Gut der geheimen Wahl, mit dieser Maßnahme gefährdet.
Einmal mehr hatten wir deshalb hier dafür plädiert,
die vorzeitige Stimmabgabe zu ermöglichen. Und genau da stehen wir jetzt auch
mit unserer Abwägung, auch innerhalb der GRÜNEN,
dass wir auf der einen Seite sagen, es muss Maßnahmen geben, es muss ein Weg
gefunden werden, Menschen die Stimmabgabe zu erleichtern und die sinkende
Wahlbeteiligung tatsächlich auch umzukehren, sichtbar, spürbar sozusagen, andererseits
aber muss es auch möglich sein, das Recht auf geheime Wahl zu schützen. Und
somit sind wir wieder einmal bei jenem Punkt angelangt, wo die Abwägung sehr
schwierig ist, wo für die einen das Glas halbvoll ist und für die anderen das
Glas halbleer ist, wie es so schön heißt, und deshalb wird auch heute der Grüne
Klub diesbezüglich nicht einheitlich abstimmen.
Ich möchte sagen, dass ich die Argumente derjenigen
von uns, die die geheime Wahl sehr hoch halten, und die daher schweren Herzens,
aber doch, ihre Zustimmung zu dieser Maßnahme ganz sicher nicht geben können,
auch nachvollziehen kann und ich denke auch, dass sich der Bundesgesetzgeber
dazu viel mehr Gedanken hätte machen müssen und durchaus auch einen klügeren
Weg hätte wählen müssen, anstatt das Ganze so zu beschließen und uns nun
vorzulegen, und auch uns vor ein sehr hohes und sehr schwieriges Dilemma zu
stellen. Denn Wien hat ja in Wahrheit das, was auf Bundesebene beschlossen worden ist, im Großen und Ganzen zu
vollziehen. Also, man hat jetzt auch nicht mehr die Möglichkeit, sich für Wien
alternative Methoden zu überlegen, die vielleicht noch klüger gewesen wären.
Und so möchte ich auch auf die Anträge der ÖVP zu
sprechen kommen, und zwar sowohl auf den Antrag im Zusammenhang mit AuslandsösterreicherInnen,
also mit dem Wahlrecht der AuslandsösterreicherInnen als auch auf den Antrag im
Zusammenhang mit dem Wahlrecht zu dem Zeitpunkt. Erneut haben wir es hier
ebenfalls mit einer schwierigen Abwägung zu tun, denn auf der einen Seite
erscheint es sinnvoll, Menschen zu ermöglichen, überall dort, wo sie einen
Bezug haben, tatsächlich auch wählen zu können. Und ja, es liegt natürlich auf
der Hand, dass AuslandsösterreicherInnen, die vor 5 Jahren, vor
6 Jahren, vielleicht auch vor 7 Jahren weggezogen sind, nach wie vor
einen Bezug zur Bundeshauptstadt haben.
Wie gesagt, ich habe sehr viele Kontakte zu
AuslandsösterreicherInnen und kann das auch bestätigen. Man verfolgt sehr oft
die Entwicklungen im eigenen Land mit, man geht auch sehr oft begeistert bei
Nationalratswahlen wählen, aber man hat nun einmal nicht die Möglichkeit, sich
an Wahlen auf Landesebene zu beteiligen. Man würde sich aber darüber freuen und
sicher würden viele auch Gebrauch davon machen. Das ist die eine Seite der
Medaille.
Die andere Seite der Medaille
allerdings sieht so aus,
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