Landtag,
17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 70
haben aus unterschiedlichen Gründen ihren Protest angekündigt. In nahezu allen Fällen, die Sie aufgezählt haben, mit Ausnahme des Kärntner Landeshauptmanns, ging es überhaupt nicht um die Frage der Kostenverlagerung, sondern um die Strukturreform, also um diese so genannten Machtfragen, ob zum Beispiel die Arbeitnehmervertreter oder die Arbeitgebervertreter jetzt im Kontrollausschuss überstimmt oder nicht überstimmt werden können oder wie weit die Weisungsrechte des Kontrollausschusses gehen, ob es da nur um ein Benchmarking oder eine Empfehlung geht oder tatsächlich Anordnungen getroffen werden können. In Salzburg hat man beispielsweise verkündet, dass in Zukunft die Entscheidung, ob die Putzfrau in der Gebietskrankenkasse angestellt wird, von der Zustimmung des Kontrollausschusses abhängig ist. – Das ist vollkommener Unsinn! Das liegt in der Nähe der Schildlausargumentation der FPÖ anlässlich des EU-Beitrittes.
Es gibt also viele Motivationen, und man hat offenbar
nahezu wissentlich Argumente verwendet, von denen man weiß, dass sie falsch
sind, um in dieser Auseinandersetzung halt auch irgendwo öffentlich punkten zu
können, zumeist angeregt durch die jeweiligen Obleute der Gebietskrankenkasse
in den jeweiligen Ländern. – Das ist die Wahrheit.
Ein einfaches Wort zum Konsultationsmechanismus: Der
Konsultationsmechanismus kann dann ausgelöst werden, wenn eine Gesetzesvorlage
dem Ministerrat vorgelegt wird, bei der eine klare Benachteiligung für die
Länder herauskommt. Diesfalls sind die drei Konsultationsmechanismen zu einem
Zeitpunkt ausgelöst worden, zu dem es noch gar keinen Gesetzesentwurf gegeben
hat. Im Hinblick darauf frage ich mich, wogegen dieser Konsultationsmechanismus
eigentlich ausgelöst wurde!
Und der Herr Landeshauptmann von Kärnten hat noch
eins draufgesetzt, indem er gemeint hat, dass damit diese Reform gestoppt ist. – Der Konsultationsmechanismus kann
keine Reform und kein Gesetzesvorhaben stoppen! Der Konsultationsmechanismus
kann lediglich eine Verhandlungsnotwendigkeit zwischen dem Bund und den Ländern
über die finanziellen Auswirkungen, die es in diesem Zusammenhang gibt,
signalisieren.
Es geht also überhaupt nicht
darum, ob ich irgendjemandem die Mauer gemacht habe. Vielmehr habe ich meinen
scharfen Blick auf die Interessen der Wiener Patienten und Patientinnen in Wien
fokussiert und habe gemäß ihren Interessen gehandelt.
Präsident Johann Hatzl: Frau Abg Pilz
stellt die nächste Zusatzfrage. –
Bitte.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub
im Rathaus): Herr Landeshauptmann!
Alle namhaften Experten und Expertinnen sind sich
einig, dass man, wenn man von einer nachhaltigen Gesundheitsreform sprechen
möchte, auch die Länder und die Spitalserhalter mit einbeziehen muss.
Mein Eindruck war, das man sich von Länderseite und
auch in Wien diese doch sehr heftig geführte Debatte zwischen den verschiedenen
Playern betreffend die eigenen Reformnotwendigkeiten quasi ein bisschen aus der
ersten Reihe fußfrei angeschaut hat.
Würde man das ernst nehmen und Nägel mit Köpfen
machen, dann müsste man doch sagen, dass eine Finanzierung aus einer Hand und
eine zentrale Steuerung genau das bewirken würde, was Sie selbst jetzt als
Kritikpunkt formuliert haben, nämlich dass die Patientenströme vom
niedergelassenen Bereich in die Ambulanzen umgeleitet werden. Wenn man all das
nicht möchte, sondern wenn man möchte, dass es die beste Versorgung für alle
gibt, dann müssten die Länder das ihrige tun.
Herr Landeshauptmann! Ich frage Sie: Sind Sie bereit,
die Budgetmittel für die Spitalsfinanzierung in eine zentrale Steuerungsorganisation
einzubringen, damit man den niedergelassenen Bereich und den Spitalsbereich aus
einer Hand steuern kann?
Präsident Johann Hatzl: Bitte, Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte
Frau Landtagsabgeordnete! Nur wenn man mich politisch entmündigt, würde ich das
tun! Würde ich befürworten, rund 2 Milliarden EUR in einen
bundesweiten Topf einzuzahlen und nachher nicht das Geringste mitentscheiden
und mitbestimmen zu können, was die Spitalsversorgung betrifft, dann müsste ich,
mit Verlaub gesagt – man soll
im Landtag immer schön sprechen, deshalb suche ich jetzt so dringend ein Wort – voll meschugge sein!
Der Vorschlag, der schon im Frühling gekommen ist,
hat einen relativ einfachen Hintergrund, und dieser heißt: Verbundlichung – „Verstaatlichung“ kann man ja nicht sagen – des
gesamten Gesundheitswesens. Über den Vorschlag, dass es nur mehr eine
Gebietskrankenkassa in Österreich gibt und die Länder-Gebietskrankenkassen
aufgelöst werden, kann man zweifelsohne diskutieren. Alle Spitäler würden dann
Staatsspitäler werden, und die Länder sollen dazu zahlen. – Darüber kann man diskutieren. Das
ist aber absolut nicht mein Vorschlag und Konzept. So stelle ich mir das mit
Sicherheit nicht vor!
Nichtsdestotrotz werden die Länder mit dem Bund über
die Frage der Spitalsfinanzierung, die einen anderen Teil des
Gesundheitsfinanzierungskonzeptes darstellt, natürlich reden müssen. Das tun
sie auch, denn wie Sie sicherlich wissen, ist im Finanzausgleichspaktum
natürlich nicht nur der Finanzausgleich im engeren Sinn, also die Verteilung
der gemeinschaftlichen Bundesmittel, enthalten, sondern es geht dabei auch um
andere Fragen wie etwa um die Wohnbauförderung, um die Spitalsfinanzierung, um
die Schule, die wir hier oft genug diskutiert haben, und insbesondere auch um
die Lehrerstellen und so weiter. Es wird hier in einem Paket diskutiert, und
nur so sind diese Dinge auch zu lösen.
Auch beim letzten Finanzausgleich
war die Frage der Spitalsfinanzierung ein wesentlicher Verhandlungsgegenstand. Der
Finanzausgleich ist mit Jahresanfang in Kraft getreten, und die Diskussion, die
zur Frage der nachhaltigen Sicherung der Gesundheitsfinanzierung geführt wird,
läuft darauf hinaus, dass man vier oder fünf Monate später das gesamten
Finanzausgleichspaktum wieder aufschnüren soll. Das halte ich nicht für gut.
Man
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