Landtag,
18. Sitzung vom 26.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 49
an sich und grundsätzlich natürlich auch kritisiert
werden dürfen, und es ist überhaupt keine Frage, dass man auch Vorschläge zu
Gesetzesnovellen einbringen kann. Aber was Sie sich heute geleistet haben, das
war - es tut mir leid, dass ich das sagen muss - Politjustiz in Reinkultur, die
Sie hier persönlich geübt haben! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf von StR
David Ellensohn.)
So etwas gibt es normalerweise nur in totalitären
Staaten. Das ist Marke Oberster Sowjet! (Beifall bei der ÖVP.)
Sie sind Mitglied einer Landesregierung, des höchsten
Verwaltungsorgans im Lande Wien, und sind tatsächlich der Meinung, dass Sie
sich die Zuständigkeit einer anderen Behörde anmaßen können? Sie halten
überhaupt nichts von grundlegenden Rechtsprinzipien und Verfassungsprinzipien
unseres Staates, nichts von Gewaltenteilung und vom Rechtsstaat! (Beifall
bei der ÖVP. – Ruf bei den GRÜNEN: Wenn die ständig gebrochen werden! Der
Minister bricht sie ständig!)
Haben Sie schon einmal etwas von Montesquieu gehört,
von der Teilung von Legislative, Exekutive und Judikative? (Abg Dipl-Ing
Martin Margulies: Und dann muss man zuschauen, wenn ein Minister diese
Prinzipien ständig bricht! Wie lange soll man denn ...? – StR David
Ellensohn: Wir wohnen hier nicht in Guantánamo!) Herr Kollege Margulies!
Ich glaube, Sie kennen den eigenen Antrag der GRÜNEN nicht, was da alles
drinnen steht! Ich werde jetzt Punkt für Punkt darauf eingehen; es deckt sich
leider Gottes auch mit dem, was Herr StR Ellensohn gesagt hat.
Sie üben jetzt, hier und heute, Druck aus und
versuchen eine unberechtigte und ungesetzliche Einflussnahme auf das Agieren
von vier unterschiedlichen Behörden. - Bei der Polizei lasse ich mir das noch
am ehesten einreden. Bei der Staatsanwaltschaft kann ich das schon überhaupt
nicht verstehen, noch dazu, wo Sie immer dafür eintreten, dass diese besonders
unabhängig von der Politik sein soll, dass diese gegenüber Regierungsmitgliedern
besonders weisungsfrei gestellt werden soll. Und jetzt sagen Sie uns hier, wie
eine Staatsanwaltschaft reagieren soll?! (Beifall bei der ÖVP.)
Ganz unverständlich ist es, wenn Sie Entscheidungen
des Gerichts nicht akzeptieren, wenn Sie Druck auf Richter ausüben, wie sie
entscheiden sollen, und wenn Sie auch der Meinung sind, sich hier die Kompetenz
des Unabhängigen Verwaltungssenats arrogieren zu müssen; der ist nämlich
zuständig, wenn es Verfehlungen der Polizei gibt, wenn diese unangemessen eingeschritten
sein sollte.
Lassen Sie mich jetzt aber im Detail auf das
eingehen, was da von Ihnen gekommen ist.
Sie sagen allen Ernstes, dass sich da Personen
lediglich auf Grund diffuser Vorwürfe in Untersuchungshaft befinden und dass
die Begründung für diese Untersuchungshaft völlig unzureichend ist. (StR
David Ellensohn: Haben Sie Akteneinsicht? Die Anwälte haben keine!) - Ich
weiß nicht, ob sie gerechtfertigt ist oder nicht. Ich sage Ihnen etwas: Ich
kenne mich nicht besonders gut aus, was den Tierschutz betrifft, aber ich kenne
mich ein bisschen aus, was Strafrecht und was Verfassungsrecht betrifft. Und
selbstverständlich ist es legitim, partiell, punktuell, bei bestimmten
Haftgründen Teile der Akteneinsicht auszunehmen. (StR David Ellensohn: Aber die Beschuldigung wäre ...!) Das
ist eine Selbstverständlichkeit! Mit dem leben die Rechtsanwaltschaft und
dieser Rechtsstaat aus guten Gründen seit vielen Jahrzehnten, und das
exzellent! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Polizei, geschweige denn der Innenminister, die
verfolgen niemanden aus Jux und Tollerei. Hier wird der Rechtsstaat nicht mit
Füßen getreten, sondern dieses Haus, das Innenministerium, und die Polizei
ermitteln und agieren – lesen Sie bitte die neue Strafprozessordnung und auch
die Verfassung! – im Auftrag der Staatsanwaltschaft. (Beifall bei der ÖVP.)
Ohne Staatsanwaltschaft gibt es keine
Untersuchungshaft! Die muss beantragt werden - nicht von der Polizei, sondern
nur im Zusammenspiel von Gericht und Staatsanwaltschaft kann es zu einer
Untersuchungshaft kommen! Das sind die elementaren Dinge, die man in einem
Rechtsstaat und auch als Mitglied der Landesregierung wissen sollte. - Und wenn
Sie es wissen, dann ist es umso schlimmer: Dann akzeptieren Sie nicht diesen
grundlegenden Rechtsgrundsatz der Gewaltenteilung in dieser unserer Republik. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn sich jetzt diese Personen seit fünf Wochen in
Untersuchungshaft befinden, dann wird die letzte Instanz in einem Verfahren
entscheiden, ob das gerechtfertigt war oder nicht. Ich maße mir
selbstverständlich nicht an, wie dieses Verfahren zu führen ist. Ich habe keine
Ahnung, was konkret zugrunde liegt. Ich weiß natürlich auch nicht, wie das
Verfahren in letzter Instanz ausgeht. (StR David Ellensohn: Das weiß
niemand!) Nun, Sie scheinen es zu wissen, denn Sie kritisieren das Gericht
für seine Entscheidungen!
Ich halte fest: Bevor es zu einer Untersuchungshaft
kommt, kommt es zu einer Festnahme durch die Polizei. Zu einer
Untersuchungshaft kann es nur kommen, wenn es einen Staatsanwalt gibt, der den
Antrag stellt, so eine Untersuchungshaft zu verhängen. Es ist dann unmittelbar
darauf vom Gericht diese Untersuchungshaft verhängt worden. Und darüber hinaus:
Wenn die seit fünf Wochen in Untersuchungshaft sitzen, hat es auch schon eine
Haftprüfungsverhandlung durch ein Gericht gegeben (Ruf bei der ÖVP: Genau!), und das Gericht ist zur Erkenntnis
gekommen, dass ein dringender Tatverdacht vorliegt - ob sie wirklich schuldig
sind, kann zu diesem Zeitpunkt noch niemand sagen, aber es reicht ein
dringender Tatverdacht und das Vorliegen eines von drei Haftgründen. Und laut
Ihrem Antrag liegen sogar zwei Gründe vor - Fluchtgefahr offenbar nicht, aber
Verdunkelungsgefahr und Tatbegehungsgefahr. Und daher ist die Verhängung der
Untersuchungshaft möglich. Das hat ein Gericht so entschieden.
Ich frage mich jetzt, was Sie
damit meinen, dass Sie jetzt zu breitem Einspruch gegen die Entscheidung dieser
Behörden aufrufen. (Abg Dr Matthias
Tschirf: Das Justizverständnis der SED!) Sie befinden sich da auf sehr
dünnem Eis, und ich finde es sehr bedauerlich,
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