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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 49

 

Wenn man zum Beispiel Zeitungen in anderen Ländern liest - das kann ich Ihnen auch aus der eigenen Erfahrung bestätigen -, so ist es durchaus üblich, dass eine bis zwei Seiten standardmäßig allein der EU-Berichterstattung gewidmet sind. Nichts von alldem in Österreich! In Wahrheit ist Österreich der EU beigetreten und danach hat man das einfach zur Kenntnis genommen. Man ist zur Tagesordnung übergegangen und außerhalb der EU-Wahlkämpfe gibt es, wie gesagt, keinerlei oder kaum eine politische Erörterung. Ja und es wundert mich nicht, dass de facto die Skepsis in Österreich inzwischen am höchsten ist. Das Eurobarometer zeigt das eindrucksvoll.

 

Ja und vor allem in einem Land, das innerhalb der EU Nettozahler ist, hätte man umso mehr und umso systematischer in den letzten Jahren darauf Bedacht haben sollen, den Menschen beizubringen, was sie an der EU und von der EU haben und nicht nur, was sie vermeintlich sozusagen selber leisten und selbst bezahlen. Das hat man nicht getan. Man hat es verabsäumt und so hat man schlussendlich ja auch nach dem irischen Nein – und ja, die Skepsis gegen die Europäische Union ist nicht in Österreich erfunden worden, sie wird von vielen Ländern geteilt und sie wird auch in vielen Ländern innerhalb der Union sowohl von rechtspopulistischen als auch von linkspopulistischen Strömungen durchaus geschürt. Somit ist die EU bedauerlicherweise in vielen europäischen Ländern, so auch in Österreich, zu einem Spielball nationaler Politik und wirklich äußerst kurzsichtiger Kalküle geworden. Und wir haben es nun mit einer Situation zu tun, wo der Vertrag von Lissabon, der durchaus etliche Aspekte beinhaltet, denen wir GRÜNE sehr kritisch, auch sehr skeptisch gegenüberstehen, der aber darüber hinaus eine Vielzahl von äußerst positiven Aspekten und Besserungen enthält, nun nach dem irischen Nein – bedauerlicherweise, sagen wir - scheitern musste und wir eigentlich überlegen müssten: Was tun wir jetzt, was ist ab jetzt zu tun? Nach Nizza will niemand zurück. Zumindest die positiven Aspekte, die darin enthalten waren, sollte man retten und man sollte schauen, dass zumindest diese in Kraft treten können.

 

Nichtsdestotrotz und genau mitten in dieser Situation - und ich hätte mir erhofft, dass spätestens jetzt eine fruchtbare Debatte darüber in Österreich entsteht, was jetzt zu tun ist und wie es in der europäischen Politik einen Schritt weitergehen kann - vollzieht die SPÖ bedauerlicherweise einen Schwenk. Und da ist es relativ egal, wie viele schöne Worte sich heute hier finden werden, um uns zu erklären, was das alles ist und wo es herkommt und wie man die Sorgen und die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen wollte und warum man das alles nicht gemacht hat. Ich weiß, in der Politik hat man immer sehr viele blumige Worte, um jede Entscheidung zu erklären, die man getroffen hat.

 

Nichtsdestotrotz bleibt bei euch der schale Nachgeschmack von EU-Feindlichkeit, von Populismus und vom Einschwenken auf einen neuen Kurs übrig, weil man im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen offensichtlich viel zu viel Angst nicht vor der „Kronen Zeitung", sondern vor der FPÖ gehabt hat (Abg Christian Oxonitsch: Einen Beleg dafür! Einen Beleg bitte!), die sehr wohl in diesem Land tagein, tagaus seit Jahren die EU-Feindlichkeit schürt und die es sehr wohl versteht, EU-Ressentiments zu nutzen und damit Politik zu machen, die von der SPÖ offensichtlich insofern als Konkurrenz sehr ernst genommen worden ist, als man gesagt hat, gut, dann müssen wir halt in letzter Minute schauen, dass wir hier halt retten, was zu retten ist, und daher (Abg Christian Oxonitsch: Einen Beleg dafür bitte!), wie gesagt, dieser äußerst beeindruckende Schwenk mehr oder weniger über Nacht.

 

Ich kann Ihnen sagen, ich finde das sehr bedauerlich, denn mit diesem Schwenk wird ganz sicher eines nicht erreicht werden und niemand von Ihnen wird hoffentlich versuchen, es uns heute weiszumachen: Es wird nicht erreicht werden, dass dadurch in Österreich die EU-Skepsis geringer wird. Es wird dadurch nicht erreicht werden, dass sich die Bevölkerung ernster genommen fühlt. Es wird nicht erreicht werden, dass der nicht stattgefundene Dialog, den es in den letzten Jahren immer wieder und bei verschiedenen Anlässen hätte geben müssen, jetzt aufgeholt werden kann. Das heißt, Sie erreichen damit nicht, dass die Bevölkerung hier in Wien oder in Österreich hinterher euphorischer und offener der EU gegenüber eingestellt sein wird, sondern ganz im Gegenteil, Sie bestätigen damit auch noch diese Ressentiments, Sie verstärken sie, ja, Sie sind bedauerlicherweise jetzt eigentlich auf den fahrenden Zug der Europafeindlichkeit aufgesprungen.

 

Wir finden, dass das ein Fehler war, ein Fehler auch inhaltlich und wir meinen auch, dass es immer Sinn macht, den Dialog zu suchen. Ja, es macht sehr viel Sinn, ernsthaft mit der Bevölkerung zu diskutieren. Es macht sehr viel Sinn, den Menschen einiges zu erklären, sie aber auch mitreden zu lassen und es hätte sehr viel Sinn gemacht, wenn Sie sich mit aller Kraft für ein europaweites Referendum eingesetzt hätten, etwas, was von den europäischen Grünen vehement eingefordert worden ist, aber leider nicht verwirklicht wurde. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Und wenn im Übrigen schon die Frage war - und ich weiß nicht, wie viele von Ihnen damals die Diskussion auf europäischer Ebene nachvollzogen haben und sich daran erinnern können -, macht es oder macht es nicht Sinn, die Bürgerinnen und Bürger Europas zu Wort kommen zu lassen, sie ernst zu nehmen und zu befragen, die europäische Antwort darauf war - nicht die eingeschachtelte, nationalstaatliche Sicht der Dinge, nicht die nationalstaatliche Antwort, sondern wirklich die europäische Antwort –, ja, es macht Sinn, es ist dringend erforderlich, das sollte man immer wieder tun, aber wenn, dann mit einem europaweiten Referendum. Man sollte den Bürgerinnen und Bürgern Europas europaweit am selben Tag die Möglichkeit geben, zu wichtigen EU-Fragen zu Wort zu kommen. Solange dieses Referendum noch nicht existiert, solange es noch nicht vorgesehen ist sollte man, wenn man schon nationalstaatliche Volksabstimmungen organisieren muss, diese zumindest

 

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