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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 49

 

großen Informationsprozess - richtig sein kann und da sein soll. Dazu bekennen wir uns auch.

 

Man muss ja - auch das hat der Landeshauptmann schon anklingen lassen - an die Volksabstimmung 1994 zurückdenken. Da war es auch so, dass ein, zwei Jahre vorher - und das war durchaus auch bei uns in der SPÖ so, in der Bevölkerung so, bei mir in Hernals so - die Leute alle oder sehr viele gesagt haben: Ein Wahnsinn, die Volksabstimmung gewinnen wir nie! Die Leute haben ja so viele Vorurteile, die kennen sich nicht aus - angeblich -, die wollen an der EU das nicht und das nicht und das nicht.

 

Dann haben wir einen Kraftakt gemacht, durchaus SPÖ und ÖVP gemeinsam, haben intensivst informiert, haben ein Jahr lang und mehr politisch versucht, die Menschen zu überzeugen. Die GRÜNEN haben damals - das sei nur historisch erwähnt, das ist kein Vorwurf - noch eindeutig, auch mit ziemlich wilden Szenarien, gegen die EU argumentiert; die Freiheitlichen waren sowieso dagegen. Es ist nach dieser intensiven Kampagne, auf dieser großen Überzeugungswelle, herausgekommen, dass 66 Prozent für die Europäische Union waren!

 

Ich glaube, der positive Ansatz unseres neuen Weges ist, dass wir uns dessen bewusst sein müssen, dass man in einer Phase der Volksabstimmung die Leute natürlich noch mehr mobilisiert, viel mehr mobilisiert, als das sonst der Fall ist, und dass man dadurch quasi zur Information gezwungen ist. Das sage ich zum Beispiel auch dem Matthias Tschirf: Er hätte wahrscheinlich auch, wenn er nicht Prüfungen in Jus gehabt hätte, sondern nur gelernt hätte, wenn es besonders spannend war - und bei mir war es auch so -, das Jusstudium wahrscheinlich nie abgeschlossen. Aber wenn man eine Prüfung hat, dann lernt man, und dann kommt man auch durch. Bei Jus ist es so; bei den kreativen humanistischen Studien ist es vielleicht anders. (Abg Dr Franz Ferdinand Wolf: Das ist eine Prüfung, was die SPÖ macht!)

 

Ein bisschen ist es dann vielleicht auch bei der Europapolitik so: Wenn eine Volksabstimmung da ist, dann strengen sich alle gesellschaftlichen Kräfte mehr an; sonst haben sie sich nicht angestrengt. Da haben wir uns nicht ausgenommen. Wir haben zwar gesagt, Burgenland, Niederösterreich und Wien sind immer noch besser als die sechs anderen Länder, aber die zuständigen Organe, vor allem die erstzuständige Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, hat schwer ausgelassen! Das muss man einfach sagen, da bleibt nichts anderes übrig. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es ist immer schön, wenn man sagt: mea culpa. Auch wir hätten mehr machen müssen, das stimmt schon, aber die Hauptzuständige hat besonders ausgelassen. Das muss man dazusagen, und deshalb sind wir in dieser Situation. Wir wollen eben die Bürger wieder in diesen europäischen Prozess hineinbringen, und wir sehen auch die Erfolge. Das ist pro-europäisch, und deshalb sind wir stolz auf diesen adaptierten Kurs! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich sage immer, Meinungsumfragen sind für mich nicht Beweise, aber schwerwiegende Indizien. Wenn 67 Prozent der Österreicher für diesen Volksabstimmungskurs und nur 22 Prozent dagegen sind, dann ist das schon ein schwerwiegendes Indiz. 49 Prozent der ÖVP-Anhänger sind übrigens auch dafür, nur 29 Prozent dagegen. Bei den GRÜNEN sind 69 Prozent für den Volksabstimmungskurs, 22 Prozent dagegen. So falsch kann es also nicht sein.

 

Es ist ja auch nicht so, dass man irgendeinen Grundsatz unserer Ideengeschichte verraten würde, wenn man für eine Volksabstimmung ist. Das ist es ja auch nicht, sondern in ganz spezifischen Sachen - nicht bei jeder Kleinigkeit, wie es teilweise in der Schweiz ist, aber in ganz spezifischen europapolitischen Angelegenheiten, wo es Ratifizierungspflicht gibt - soll eine Volksabstimmung stattfinden. Das ist ein durchaus sehr positiver und vertretbarer Standpunkt.

 

Ich glaube auch, es ist wichtig, noch einmal hervorzuheben, dass nicht jeder, der irgendetwas an der EU kritisiert - in das haben wir uns leider auch ein bisschen „hineintheatern" lassen -, schon Europa-feindlich ist. Genau so, wie ja niemand Österreich-feindlich ist, wenn er die österreichische Bundesregierung irgendwo sachlich kritisiert, ist auch niemand Europa-feindlich, wenn er gewisse Erscheinungsformen der Europäischen Union kritisiert.

 

Da denke ich daran zurück, wie wir, alle vier Fraktionen, voriges Jahr in Brüssel waren und dort zu Ownership Unbundling einen jungen Vertreter aus der dritten Kategorie der Europäischen Kommission erlebt haben, bei diesem Projekt, das die Daseinsvorsorge einschränken würde, quasi das Eigentum an der Daseinsvorsorge für Strom einschränken würde. Da waren wir eigentlich in allen vier Fraktionen dagegen, aber er hat in seiner Antwort mehr oder weniger gesagt: Im Prinzip ist es ziemlich wurscht, was die politischen Vertreter meinen - und das heißt ja auch: was die Bevölkerung meint -, weil ohnehin das geschieht, was die Europäische Kommission will. (StR Johann Herzog: Unglaublich!)

 

Das ist etwas, was wir gemeinsam verändern müssten! Da stellt sich dann vielleicht wirklich die Frage: Gibt es die ökosoziale Europäische Union oder ist sie geprägt vom Neoliberalismus? - Darüber entscheiden im Endeffekt die Wählerinnen und Wähler in allen 27 Ländern.

 

In diesen Gesamtkontext haben wir auch unsere Politik und unsere Forderungen eingebaut. Auf der Bundesebene gibt es das im Internet nachzulesen. Wir haben ein 12-Punkte-Programm, das eindeutig klarstellt, wie europafreundlich und für dieses Friedensprojekt einstehend die SPÖ ist. Und dann wird eben herausgearbeitet, unter welchen spezifischen Umständen man demokratiepolitisch für eine Volksabstimmung ist.

 

Von ähnlich fortschrittlichem Geist getragen, bringe ich den Beschluss- und Resolutionsantrag der Landtagsabgeordneten Oxonitsch, Vitouch, Stürzenbecher, Baxant, Martina Ludwig, Stubenvoll und GenossInnen betreffend den europäischen Integrationsprozess im Rahmen der EU, eingebracht in der Sitzung des Wiener

 

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