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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 49

 

Wenn man sich anschaut, welche Politiker und Politikerinnen es waren, die in den letzten Jahren vor allem so agiert haben - es tut mir leid, das waren größtenteils Politiker und Politikerinnen der ÖVP! Ich würde Sie ernsthaft ersuchen: Wenn Sie Interesse daran haben, dass die Euroskepsis in Österreich abnimmt, dann kehren Sie in der Auseinandersetzung mit der Europäischen Union zu einer ernsthaften Politik zurück. Loben Sie sich nicht im eigenen Land, und setzen Sie auf europäischer Ebene nicht das durch, was Sie in Wirklichkeit sich in Österreich niemals trauen würden zu fordern. Helfen Sie den Transitgegnern, helfen Sie mit im Kampf gegen die Armut, und machen Sie nicht das genaue Gegenteil!

 

Jetzt komme ich zur Sozialdemokratie. Es ist natürlich manchmal so, und ich gestehe es jedem wirklich gerne zu, seine Meinung zu ändern. Ich verhehle auch nicht, dass wir Wiener Grüne uns innerhalb der Gesamt-Grünen Österreich-weit mit unserer Position nicht durchgesetzt haben. Dennoch hätte es mich erheblich mehr gefreut, hätte dieser Meinungsschwenk innerhalb der SPÖ vielleicht ein Jahr früher und vor allem nicht im Zusammenhang mit der „Kronen Zeitung" stattgefunden! Denn die Form, in welcher ein Meinungsschwenk vermittelt wird, spielt natürlich eine zentrale Rolle. Es macht einen Unterschied, ob man das Gefühl bekommt, dass sich die Sozialdemokratie der „Kronen Zeitung" ausliefert, und das ist ja auch in anderen Bereichen durchaus nachvollziehbar und erkennbar!

 

Ich kann mich daran erinnern, dass Werner Faymann, als er noch bei uns in Wien gesessen ist, mit ein Verfechter des kommunalen Wahlrechts für Ausländer und Ausländerinnen war. Kaum wird er im „profil" als designierter Parteichef befragt, hört sich das schon anders an. Da hört es sich plötzlich so an: Die Wiener haben das auf regionaler Ebene beschlossen, ich möchte den Wienern keine Zurufe machen; in der SPÖ ist das noch nicht ausdiskutiert, schon gar nicht in der Regierung. - War das der Wunsch der „Kronen Zeitung", dass Kollege Faymann das kommunale AusländerInnenwahlrecht, kaum ist er der designierte Parteichef, sofort wieder ad acta legt? Denn etwas anderes ist es nicht. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Was soll denn das jetzt?)

 

Das ist das Bedauerliche an der Geschichte, dass man in Wirklichkeit (Abg Christian Oxonitsch: Aber ob die Wähler etwas mittragen ...!), fasst man mehrere Punkte zusammen, auf eines draufkommt: Durch die Zusammenarbeit und die jahrelange Kooperation - ich traue mich, das hier zu sagen - von Werner Faymann nicht nur mit Hans Dichand, sondern auch mit Fellner - Sie wissen es, mit „NEWS" et cetera - in unzähligen Inseratenbeilagen bekommt man den Eindruck, dass zukünftig nicht die SPÖ die Politik macht, sondern dass zukünftig Herren wie Dichand oder die Fellners Politik machen.

 

Erinnern wir uns: Gute Freunde - im Sww-Gebiet im Wienerwald hat vor ungefähr zwei oder drei Jahren Herr Fellner ein Grundstück bekommen. Niemand anderer hätte dieses Grundstück bekommen, aber es ist durch den Wohnausschuss durchgegangen. Ich habe mir jetzt nicht angesehen, ob dort mittlerweile Villen draufstehen oder ob es tatsächlich unverbaut ist und brachliegt. Aber Freundschaften müssen erhalten bleiben, und das kommt selbstverständlich retour!

 

Nichtsdestoweniger wünsche ich mir persönlich auch zukünftig, dass wir die Europäische Union in Richtung einer Sozialunion weiterentwickeln und dass wir uns nicht querlegen. Wir Österreicher, damals vertreten durch Finanzminister Grasser, als es um die europäischen Zinsrichtlinien ging - wer hat eine Ausnahme, damit das Geld weiterhin in Österreich anonym veranlagt werden kann? (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das ist abgeschafft!) Nein, nein, es ist immer noch so. Wir haben jetzt eine langsam steigende Kapitalertragssteuer, die ans Ausland überwiesen wird, aber wir haben nicht die Verpflichtung - so wie es, glaube ich, bis auf drei andere Länder alle in der Europäischen Union gemacht haben - zur direkten Meldung der Veranlagung an die Steuerbehörden. Österreich ist, was das betrifft, nach wie vor ein Steuerparadies.

 

Den Menschen fällt es auf, dass die Reichen immer reicher werden, und den Menschen fällt es auf, dass die Europäische Union nichts dagegen unternimmt. Aber den Menschen fällt leider nicht auf, dass es die nationalen Regierungen sind, die Steuer-Dumping betreiben und eine koordinierte Aktion verhindern, dass man die Armut tatsächlich sinnvoll bekämpfen kann. Denn da ist dann die EU schuld - aber in Wirklichkeit ist es die Politik, die unter anderem auch von der ÖVP in Österreich gemacht wird! (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Margulies fordert Steuern!)

 

Ich würde mir daher Folgendes wünschen, wenn wir gemeinsam an einem demokratischen und sozialen Europa weiterarbeiten wollen:

 

Erstens: Akzeptieren wir einmal - wie es auch Johannes Voggenhuber und Sascha Van der Bellen gesagt haben - Ergebnisse, die da sind! Irland hat bei der Volksabstimmung Nein gesagt, das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Lösen wir diejenigen Teile heraus, die aus Sicht der Bevölkerung unstrittig sind, nämlich mehr Rechte oder eine Sozialcharta. Dagegen wird niemand irgendetwas sagen, darüber werden sich die Leute freuen, dass es so etwas auf Ebene der Europäischen Union gibt, dass es etwas gibt, was tatsächlich eine Art Verfassungsstatus hat.

 

Zweitens: Diskutieren wir neu genau die Probleme, vor denen die Menschen auch Angst haben. Im Bereich eines gemeinsamen Verfassungsentwurfes müssen Ziele verankert werden, nicht Mittel. Es geht nicht darum, als ein Mittel der Verkehrspolitik Autobahnen, transeuropäische Netze et cetera zu verankern, sondern es geht um das Ziel der nachhaltigen Verkehrspolitik. Es geht um das Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaftsförderung, einer nachhaltigen Landwirtschaft, und dann muss man sich überlegen, welche Mittel man diesbezüglich einsetzen muss. Es geht eben nicht darum festzuschreiben, welche Förderung genau auf welcher Ebene gewährt werden muss.

 

Ein ganz wesentlicher Punkt gerade für Länder wie Österreich, aber auch für viele andere ist die

 

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