Landtag,
23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 40
Bundesverfassung in Art 15b Bundes-Verfassungsgesetz das Vergaberecht nahezu ausschließlich auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes verweist. Lediglich der Vergaberechtsschutz kann durch das Land Wien selbst geregelt werden, wobei auch hier umfangreiche Vorgaben, sowohl durch das Gemeinschaftsrecht als auch durch das Verfassungsrecht, bestehen.
Ein wesentlicher Aspekt, der die Kompetenz Wiens
deckt, ist somit die Gewährleistung einer hohen Qualität des
Vergaberechtsschutzes. Wien hat mit dem Vergabekontrollsenat eine auch vom
Europäischen Gerichtshof als unabhängiges Tribunal anerkannte Instanz
eingerichtet, die aus Experten des Vergabewesens in rechtlicher,
wirtschaftlicher und technischer Hinsicht besteht. Gerade dadurch, dass der
Vergabekontrollsenat sowohl von Experten der Stadt Wien aus unterschiedlichsten
Fachbereichen als auch von Experten, welche die Wirtschaftskammer, die Kammer
für Arbeiter und Angestellte, die Kammer für Architekten und
Ingenieurskonsulenten namhaft machen, beschickt wird, verfügt dieser über ein
besonders breites und tiefes Fachwissen.
Diese hohe Qualifikation soll mit der Novelle zum
Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2007, die heute auf der Tagesordnung des
Landtages steht, weiter ausgebaut werden, indem für die Mitglieder dieser
Kontrolleinrichtung eine einschlägige akademische Ausbildung verlangt wird.
Ich verwehre mich dagegen, dass ein Bild einer
Verwaltung gezeichnet wird, das die Verstöße gegen das geltende Vergaberecht in
den Vordergrund stellt. Die Stadt Wien führt jährlich rund 6 000 bis
6 500 formalisierte Vergabeverfahren durch, wobei hervorzuheben ist, dass
der Vergabekontrollsenat im Jahr 2007 mit nur 85 Nachprüfungsanträgen
befasst und in 57 Prozent der Fälle, das sind rund 48 Realfälle von etwa
6 500 Vergaben, die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers bestätigt
wurde. Schließlich ist die hohe Qualität der Vergabeverfahren in Wien auf
umfangreiche Schulungen, den Einsatz von speziell qualifizierten
Vergabereferenten und Vergabereferentinnen in den Dienststellen, die EDV-mäßige
Unterstützung mittels des in Wien genutzten Systems Vergabe-Guide und die
verschiedenen Evaluierungskontrollmechanismen, Bauablauf-Controlling, interne
Baurevision, Vergabekontrollsenat und Controllern, um nur einige zu nennen,
zurückzuführen.
Ich halte fest, dass von rund 6 500 Vergabefällen
rund 37 beanstandet wurden. Da kann man mit Sicherheit nicht von einem System
sprechen!
Präsident Prof Harry Kopietz: Die 1. Zusatzfrage wird von
Herrn Abg Kenesei gestellt. Ich ersuche darum.
Abg Günter Kenesei
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Ich könnte jetzt weit ausholen, dass es da ein
offensichtliches Missverständnis gibt, denn diese 34 Fälle, die Sie
angesprochen haben, sind Fälle, wo nach einer Vergabe ein nicht zum Zug
gekommener Kontrahent sich beschwert hat und es dann eine Nachprüfung gegeben
hat. Allein im letzten Jahr haben wir im Kontrollamt wesentlich mehr als
34 Aktenstücke gehabt, wo immer wieder auf Fehler in der Vergabe
hingewiesen wurde und wo es offensichtlich keine Beschwerde beim Vergabekontrollsenat
gegeben hat.
Mir geht es hauptsächlich um die Qualität der
Vergaben, die im Haus durchgeführt werden, wo es offensichtlich kein
Vier-Augen-Prinzip gibt, wo offensichtlich nicht die von Ihnen angesprochenen
qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Werke sind, sondern bei
Vergaben, wie wir sie gestern am Beispiel Prater-Vorplatz ausführlich
diskutiert haben.
Daher frage ich Sie als Landeshauptmann: Werden Sie
bei den Dienststellen, die immer wieder auffällig werden, und es sind laut
Kontrollamtsberichten diese leicht festzumachen, vermehrt auf diese Schulungen
beziehungsweise bei wesentlichen und wichtigen Vergaben auf das nicht
unwesentliche Vier-Augen-Prinzip hinweisen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr
Abgeordneter!
Die Frage ist leicht zu beantworten:
Selbstverständlich!
Aber ich werde zuallererst etwas tun, nämlich die
Feststellung zu falsifizieren, dass wesentlich mehr Fälle im Kontrollausschuss oder
vom Kontrollamt beanstandet wurden, denn mich würde schon interessieren, wieso
beispielsweise vom Kontrollamt Feststellungen auf eine Verletzung des
Vergaberechts getroffen werden, es aber niemanden stört, auch nicht die
beteiligten Firmen. Eine sehr interessante Fragestellung, könnte ich mir
vorstellen, und ich werde mich der Aufklärung dieser Fragestellung mit einem
gewissen Vergnügen widmen.
Selbstverständlich werde ich darauf achten, dass
Gesetze, die bestehen, egal, ob sie Gemeinschaftsrecht oder ob sie
österreichisches Recht sind, auch eingehalten werden. Das passiert auch schon.
Da darf ich daher darauf aufmerksam machen, dass dort, wo besondere
Auffälligkeiten sind, besonders nachgeschaut wird, dass dies eingehalten wird.
Rechtliche Veränderungen daran sind eine andere
Sache. Es ist der Chef der Wirtschaftskammer aus dem Handelsbereich nicht
anwesend, aber ich führe mit großem Vergnügen mit der Wirtschaftskammer darüber
Gespräche, was am Vergaberecht zu ändern wäre. Ich fürchte nur, die Wünsche,
die dort bestehen, werden in eine völlig andere Richtung gehen als das, was wir
jetzt hier diskutieren.
Präsident Prof Harry Kopietz: Die 2. Zusatzfrage wird von
Herrn Abg Mag Kowarik gestellt. Ich ersuche darum.
Abg Mag Dietbert Kowarik
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Herr Landeshauptmann!
Meine Frage richtet sich auf einen
anderen Bereich, wo legistischer Reformbedarf vorhanden ist. Wir haben schon
öfters darüber gesprochen, und zwar meine ich die Reform der Bestimmungen in
Bezug auf das
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