Landtag,
23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 40
dass 300 000 Haushalte
weniger als 1 500 EUR zum Leben haben. Darunter sind der größte
Anteil bereits Haushalte, die weniger als 1 200 EUR und weniger als
1 000 EUR zum Leben haben.
Die Ausgaben hingegen
steigen und steigen! Laut Konsumstatistik des Jahres 2005 lagen sie bereits bei
1 700 EUR in den Äquivalenten für genau diese Haushaltsstrukturen.
Dabei ist die Teuerung der letzten Jahre noch nicht mit eingerechnet, und auch
überhaupt nicht die Entwicklung der nächsten Jahre.
Schauen wir uns auch kurz
an, wie die Armutsgrenze aussieht, die wir in Österreich zuletzt definiert
hatten, wobei ich auch hier zu bedenken geben möchte, dass die Zahlen bereits
veraltet sind. Bei Ein-Personen-Haushalten war die Armutsgrenze bei
893 EUR im Monat, also aufgerundet knapp 900 EUR. Bei Zwei-Personen-Haushalten
war sie bei 1 350 EUR im Monat. Bei Haushalten zum Beispiel von zwei
Erwachsenen und einem Kind lag die Armutsschwelle bei 1 650 EUR im
Monat. Das nur, damit Sie sich ungefähr ein Bild davon machen können, wovon wir
sprechen.
40 Prozent der Wiener
Mehrpersonenhaushalte leben momentan knapp oder unter der Armutsschwelle. Das
ist eine Zahl, die eigentlich uns allen zu denken geben müsste. Einmal mehr
möchte ich an dieser Stelle betonen: Die Wirtschaftskrise geht erst los, die
Situation wird noch viel schlimmer werden!
Was tut die Stadt Wien in
diesem Zusammenhang? Ja, es existiert die Sozialhilfe. Ja, es ist gut, dass die
Sozialhilfe existiert, wenn man bedenkt, dass es Länder gibt, in denen nicht
einmal das vorhanden ist. Aber ich glaube, dass es in einer der reichsten
Städte der Welt eigentlich Sinn machen würde, sehr wohl über die Höhe der
Sozialhilfe zu diskutieren.
An dieser Stelle möchte ich
meinen, dass diese Höhe notorisch unter, und zwar weit unter, der Armutsgrenze
liegt. Wir haben in den letzten Jahren heiße Diskussionen gehabt, aber alles,
was wir erreicht haben, ist, dass immer wieder zitzerlweise leichte Erhöhungen
kommen, jedoch immer sozusagen in einem Prozess des Nachhinkens. Zu diesem
Zeitpunkt ist immer die Armutsschwelle schon wieder gestiegen. Inzwischen
errechnet die Europäische Union die Armutsschwelle für einen
Ein-Personen-Haushalt bei 1 000 EUR. Wir liegen einmal mehr weit
darunter, und sämtliche Erhöhungen, die jetzt in Aussicht gestellt werden,
werden schon wieder nicht ausreichen, um auch nur annähernd in die Nähe zu
kommen.
Dazu kommt ein eklatanter
Mangel an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei den Betreuerinnen und Betreuern
im Bereich der Sozialhilfe. Denn ich finde es sehr angenehm, wenn mir heute die
Frau Stadträtin antwortet, es gibt 17 neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
die für das nächste Jahr vorgesehen sind. Nur, wir wissen, wenn sich die Zahl
der EmpfängerInnen seit dem Jahr 2000 verdoppelt hat, hat sich
gleichzeitig die Anzahl des Personals leider nicht verdoppelt. Die 17 neuen
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedeuten jetzt eine leichte Entspannung,
reichen aber bei Weitem nicht aus, um das abzufangen, was in den letzten Jahren
ohnehin schon an Mehrbelastung entstanden ist. Sie werden auch bei Weitem nicht
ausreichen, um das aufzufangen und auszugleichen, was sich in den nächsten
Monaten und im Laufe des nächsten Jahres abzeichnet.
Das heißt, die Höhe der
Sozialhilfe ist zu gering. Es mangelt an Personal, und nebenbei wird es Sie
nicht wundern zu hören, dass im Sozialbereich überhaupt eine sehr hohe
Fluktuation bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vorhanden ist. Ja, bei
sehr vielen gibt es auch Burn-out-Gefahr auf Grund von Überarbeitung. Das
heißt, hier kann man überhaupt nicht davon sprechen, dass die Situation rosig
wäre.
Vielleicht an dieser Stelle
auch noch etwas, was in meinen Augen wesentlich ist: Ja, die neue
Bundesregierung hat im Regierungsübereinkommen, im Regierungsprogramm
angekündigt, dass die Mindestsicherung kommen wird. Ich möchte an dieser Stelle
hoffen, dass die Mindestsicherung tatsächlich kommt. Bekanntlich war sie schon
einmal vorgesehen, nämlich vor zwei Jahren im letzten Regierungsprogramm, und
sie kam nicht! (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Weil die ÖVP nicht ...!)
Es tut mir leid, ich kann an
dieser Stelle nur festhalten: Sie kam nicht. Ich bin nicht von der ÖVP, liebe
Kollegin, ich bin von den GRÜNEN. Ich fordere die Schaffung der Grundsicherung
seit einem Jahrzehnt! (Beifall bei den GRÜNEN. - Amtsf StRin Mag Sonja
Wehsely: Das ist das Problem, das zu verstehen!) Sie war vor zwei Jahren
vorgesehen, sie kam nicht. Mein Vertrauen hält sich in knappen Grenzen, ob sie
jetzt kommen wird, und meine klare Aufforderung an die Stadt Wien ist (Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Lösungswege ...!): So sie nicht kommt,
schaffen wir sie doch endlich selbst in Wien! (Beifall bei den GRÜNEN. -
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Das habe ich bereits vor
vier Jahren gefordert, das habe ich vor fünf Jahren gefordert, und ich
wiederhole diese Forderung: Wenn wir in dieser Stadt eine Sozialpolitik machen
möchten, die den Namen verdient, dann müssen wir die Höhe der Sozialhilfe
entschieden drastisch erhöhen, dann brauchen wir mehr Personal (Abg Godwin
Schuster: Weißt du, wie viele Sozialhilfebezieher arbeiten, arbeiten und
arbeiten und zu wenig verdienen?), und ja, lassen Sie uns gemeinsam die
Grundsicherung verwirklichen! Es sei denn, sie kommt wirklich. Dann freut es
mich, das wäre hübsch; wie gesagt, das Vertrauen fehlt. (Abg Godwin
Schuster: Es ist auch eine Frage des Einkommens! - Amtsf StRin Mag Sonja
Wehsely: Das wollen sie gar nicht wissen! - Abg Godwin Schuster: Das ignorieren
Sie! Soll die Stadt Gehaltszuschüsse zahlen?)
An
dieser Stelle möchte ich noch eine weitere Forderung anknüpfen. Mein Kollege
StR Ellensohn hat ja auch noch einiges im Zusammenhang mit der Schuldnerinnen-
und Schuldnerberatung zu bereden. Lassen Sie mich abschließend noch kurz auf
den Heizkostenzuschuss zu
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