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Landtag, 24. Sitzung vom 28.01.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 83

 

horrenden Kosten stationär aufgenommen werden müssen. Diese Fehlunterbringung - Krankenhausatmosphäre und -betrieb, ständig wechselnde Bezugs- und Betreuungspersonen, ständig wechselnde MitpatientInnen, starke Medikalisierung bei sozialen Problemen - verstärkt die grundlegende Problematik der Kinder/Jugendlichen durch den hinzugekommenen Hospitalismus noch einmal massiv.

 

1. Welche stationären Wohnmöglichkeiten, vorübergehende beziehungsweise dauerhafte Plätze gibt es für Kinder und Jugendliche?

 

2. Welche Wartezeiten gibt es auf diese Wohnmöglichkeiten? Wie hat sich die Anzahl der Plätze in den letzten fünf Jahren entwickelt?

 

3. Welche stationären Wohnmöglichkeiten gibt es für Kinder und Jugendliche in Krisen?

 

4. Welche Wartezeiten gibt es auf diese Krisenwohnmöglichkeiten? Wie hat sich die Anzahl dieser Plätze in den letzten fünf Jahre entwickelt?

 

5. Welche Wartezeiten gibt es bei Einzeleinweisungen psychisch kranker Kinder in heilpädagogische Einrichtungen, zum Beispiel Bienenhaus, Haus der Musik? Es wird von Wartefristen von bis zu fünf Jahren berichtet. Treffen diese Informationen zu?

 

6. Welche Einrichtungen bieten heilpädagogische Versorgung an? Und wie sieht die Bedarfsdeckung auf diesem Gebiet aus?

 

7. Wie viele Kindergartenplätze für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen beziehungsweise besonderen Bedürfnissen gibt es in Wien? Und entspricht dieses Angebot dem Bedarf?

 

8. Kinder/Jugendliche mit Schulverweigerung, Angststörungen, aggressivem Verhalten et cetera brauchen intensive therapeutische Betreuung. Monatelange Schulabsenzen, Schulsuspendierungen beziehungsweise wiederholte Schulwechsel nehmen zu. Welche Einrichtungen bieten Hilfe in diesem Bereich an? Für welche speziellen Zielgruppen gibt es Wartelisten beziehungsweise Abweichungen?

 

9. Welche Zielgruppen werden aktiv durch aufsuchende Betreuung kontaktiert?

 

10. Welche Angebote im Bereich der Rehabilitation und im Bereich der Autismusbehandlung werden für betroffene Kinder und Jugendliche seitens des Landes Wien erbracht? Und ist das Angebot bedarfsdeckend beziehungsweise gibt es Wartelisten, Aufnahmesperren et cetera?

 

11. Welche speziellen Angebote gibt es für psychisch/psychiatrisch auffällige Kinder, kindliche Jugendliche, MigrantInnen beziehungsweise Flüchtlinge? Und sind diese bedarfsdeckend?

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Für die nun folgende Begründung der Dringlichen Anfrage sieht die Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs 1 eine Redezeit von 20 Minuten vor.

 

Zur Begründung der Dringlichen Anfrage erteile ich Frau Abg Dr Pilz das Wort.

 

Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Der Grund für diese Dringliche Anfrage heute - Sie haben es der Verlesung der Fragen, die wir gestellt haben, entnommen - ist die katastrophale Unterversorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen durch die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt.

 

Wir hätten Sie, Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin, und das war auch geplant, in der Untersuchungskommission dazu befragt. Das ist das geeignete Gremium. Man hat diese Befragung dadurch vereitelt, dass man eine Amtsverschwiegenheit ins Treffen geführt hat. Ich habe nicht geglaubt, dass es eines breiten Rückens des Herrn Landeshauptmanns oder des Magistratsdirektors braucht, hinter den Sie sich in der Begründung zurückziehen müssen, um in der Untersuchungskommission nicht auszusagen. Wir hätten dieser Aussage mit großem Interesse entgegengesehen, weil viele Zeugen und Zeuginnen begründet, ausführlich, alarmierend und alarmiert berichtet haben, welche Mängel es in der Versorgung psychisch kranker Kinder durch die Einrichtungen, für die Sie in der Jugendwohlfahrt zuständig sind, gibt.

 

Warum die Untersuchungskommission? Dafür gibt es auch eine klare Begründung. Die Befragung der StRin Wehsely hat es zu Tage gebracht. Hier in diesem Hohen Haus, im Gemeinderat, im Landtag, werden die Dinge oft so dargestellt, dass man sie zur Kenntnis nehmen muss. Man kann nicht immer nachfragen. Aber da werden manche Dinge unter dem Faktum, dass man eben nicht unter Wahrheitspflicht steht, dann auch einmal frei interpretierte Wahrheit.

 

Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel, das die Frau StRin Wehsely geliefert hat, verdeutlichen: Vor gut einem Jahr habe ich hier im Rahmen einer Dringlichen Anfrage zur Versorgung psychisch Kranker in stationärer Unterbringung die Frau StRin Wehsely gefragt, ob im Rahmen von Fixierungen Menschen zu körperlichen Schädigungen gekommen sind. Die Frage war ganz klar: „Hat jemand einen körperlichen Schaden erlitten?" Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass es Schäden gab. Frau StRin Wehsely hat, nicht unter Wahrheitspflicht stehend, gesagt, dass es aus dem Faktum, dass sich Menschen gegen Fixierungen wehren, und das ist nachvollziehbar, körperliche Beeinträchtigungen gibt. Ich habe sie dann in der Begründung meiner Dringlichen Anfrage und in meiner Erstrede zur Dringlichen Anfrage noch einmal gefragt: „Frau Stadträtin, ist es tatsächlich alles, was Sie hier zu berichten haben, hinsichtlich ‚sind Menschen körperlich zu Schaden gekommen’?" Sie ist nicht mehr herausgekommen, hat nie und in keiner weiteren mündlichen Anfrage dazu Stellung genommen.

 

Letzte Woche war sie in der Untersuchungskommission unter Wahrheitspflicht. Unter Wahrheitspflicht heißt, dass man weiß, dass das, was man sagt, auch allfälligen justiziablen Untersuchungen standhalten muss. Da hat Frau StRin Wehsely plötzlich ganz anders geantwortet. Ich habe sie nämlich daran erinnert, dass sie gesagt hat, körperliche Beeinträchtigungen sind im Rahmen von

 

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