«  1  »

 

Landtag, 25. Sitzung vom 27.03.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 32

 

gebührenfrei an. (Abg Mag Jürgen Wutzlhofer: Wie viele Kinder gibt es in Oberösterreich?) Das war nicht das Thema (Abg Karlheinz Hora: Na, man muss sich das dann schon anschauen!), sondern es ist von null bis sechs. Du hast gesagt, Wien ist das erste Land. Das ist nicht richtig!

 

Ja, die Komplexität dieses Themas abzuhandeln, würde noch eine ganze Weile dauern. Mir geht es hier vor allen Dingen um Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit in der Politik. Auch ich habe diesen ominösen Brief des Herrn Bürgermeisters bekommen, auch mir hat er geschrieben: „Sehr geehrte Frau Riha!", und er schreibt hier: „Für alle Eltern wird ab Herbst 2009 sowohl Krippe als auch Kindergarten beitragsfrei werden", und er schreibt: „Wien ist das erste Bundesland, das den ganzen Tag kostenlos anbietet", und er schreibt weiter: „Ab Herbst 2009 ist der Kindergarten in Wien für alle Kinder von null bis sechs Jahren gebührenfrei."

 

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann - auch wenn Sie nicht da sind -, das war eine sehr ambitionierte Ankündigung, die Sie hier getätigt haben. Wie ambitioniert, das wird einem erst klar, wenn man sich die aktuelle Situation im Bereich der vorschulischen Betreuung ansieht. Was die Formulierung „alle Kinder" betrifft: Bereits zum heutigen Zeitpunkt gibt es keinen Kinderbetreuungsplatz für alle Kinder. Bei den Unter-Drei-Jährigen kommen wir auf maximal 23 Prozent, und bei den Drei- bis Sechsjährigen fehlen uns noch gute 15 Prozent auf die Bedarfsgerechtigkeit.

 

Sie versprechen den ganzen Tag kostenlos. Seit gestern und auch seit heute, wenn wir „Österreich" gelesen haben, wissen wir, dass „ganztägig kostenfrei" einfach so nicht sein wird, denn zum heutigen Zeitpunkt steht fest: Vorrangig wird der gebührenfreie Kindergarten nur für die Drei- bis Sechsjährigen sein, und es wird auch eine Hürde für die Unter-Drei-Jährigen geben. Für die Unter-Drei-Jährigen müssen nämlich die Eltern einen Arbeitsplatz vorweisen. (Abg Heinz Vettermann: Oder im AMS eine Schulung ...!)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ziemlich realitätsfremd, um das ganz bescheiden auszudrücken. Denn: Wer schon einmal als Mutter oder Vater einen Arbeitsplatz gesucht hat, der weiß, dass die erste Frage, die einem gestellt wird, die ist, ob man einen Kindergartenplatz hat oder nicht. Wenn man diesen nicht vorweisen kann, hat man keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Das heißt aber, man muss seinen Kindergartenplatz, bis man einen Job hat, bezahlen, und erst dann bekommt man sozusagen einen Betrag dafür bezahlt.

 

Und, Herr Kollege Wutzlhofer: Die 226 EUR, die von dir immer genannt werden, gelten ja – selbst wenn sie so kommen – nur für einen Ganztagsplatz. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, sehr geehrte Damen und Herren: 39 Stunden Aufenthalt im Kindergarten sind noch kein Ganztagsplatz! - Nun umfasst aber ein Fulltimejob 38 Stunden. Ich weiß daher nicht, warum 39 Stunden Aufenthalt der Kinder im Kindergarten noch kein Ganztagsplatz sein sollen. (Abg Heinz Vettermann: Man kann 40, 30, 20 - also drei Staffeln!)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Um eine Ankündigung umzusetzen, muss es Voraussetzungen geben. Wenn Sie diese Voraussetzungen schaffen wollen, dann sind viele Veränderungen noch notwendig. Es braucht mehr Personal, und um dieses langfristig zu bekommen, braucht es eine intensive Ausbildungsoffensive. Da werden diese 200 Leute nicht reichen, die in zwei Jahren fertig werden. Wir brauchen einen quantitativen Ausbau der Betreuungseinrichtungen. Hamburg investiert in den nächsten vier Jahren 200 Millionen EUR in den Ausbau. Von Wien habe ich das noch nicht gehört.

 

Drittens geht es um eine rechtliche Absicherung: Wenn Sie den gebührenfreien Kindergarten wirklich haben wollen, muss er in der Landesgesetzgebung verankert sein.

 

Und viertens muss es ein faires und praktikables Modell zur Umsetzung geben, um für alle Kinder in dieser Stadt einen gebührenfreien Kindergarten zu sichern, der derzeit nicht gegeben ist.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Die Wienerinnen und Wiener, die betroffenen Eltern, Mütter und Väter erwarten zu Recht eine glaubwürdige und verlässliche Landespolitik. Mit der Ankündigung des gebührenfreien Kindergartens haben Sie große Erwartungen geweckt. Sie sollten diese nicht enttäuschen! - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Jung. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Kollege Wutzlhofer hat uns da vorhin einen bühnenreifen Auftritt geliefert, aber überzeugt hat er damit, glaube ich, niemanden. Sie von der SPÖ wissen ohnehin, dass das Ganze ein aufgelegter Wahlschwindel ist. (Abg Mag Jürgen Wutzlhofer: Wenn ich Sie nicht überzeugt habe ...) Nein, das werden Sie mit diesem theatralischen Auftritt sicher nicht! Ich sage Ihnen auch eines: Wenn Sie von Bildung reden, Herr Kollege, dann suche ich mir lieber den Homer als den Homer. Diese kleinen gelben Monster, die können Sie für sich behalten, aber die passen, glaube ich, wirklich nicht unbedingt zur Kindererziehung. (Abg Mag Jürgen Wutzlhofer: Homer passt voll gut zu ...!)

 

Nun zu den Kindergärten. Sie haben gestern - um bei Ihren vollmundigen Versprechungen zu bleiben - großartig gesagt, das sei die größte Mittelstandsförderung aller Zeiten. Nicht lange zuvor hat Ihr hoch verehrter Herr Bürgermeister gesagt, das sei eine Reichenförderung. Jetzt frage ich Sie: Können Sie mir vielleicht erklären – ans Rednerpult kommen können Sie ja nicht mehr, aber nachher privat –, was diese plötzliche Meinungsänderung innerhalb der SPÖ bewirkt hat, außer es ging darum, den Bürgern etwas vorzumachen?

 

Ich erinnere mich, es ist nicht allzu lange her - oder doch, es ist schon eine Zeit lang her, es liegt die Amtszeit einiger Kanzler dazwischen -, dass Kanzler Vranitzky seinen Pensionistenbrief geschrieben hat. Häupl hat eben gemeint, jetzt hat er auch eine besonders gute Idee

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular