Landtag,
27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 78
eine Sanierung der Gerichtsmedizin in der Sensengasse in Angriff zu
nehmen. Das ist einmal mehr die Bestätigung dessen, wer die Verantwortung dafür
trägt, und vielleicht nimmt er sie jetzt endlich auch einmal wahr!
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die
2. Zusatzfrage wird von Frau Abg Dr Pilz gestellt.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus):
Danke, Frau Stadträtin, für die klare Auseinanderteilung der Aufgaben der
Gerichtsmedizin und der Sanitätsbehörde! Nichtsdestotrotz warten wir noch auf
die Einlösung der Zusage des Rektors, dass in der Gerichtsmedizin etwas
geschehen wird. Schauen wir einmal! Das dauert aber schon ein bisschen lang!
Inzwischen ist es schwierig, und zwar einerseits für die Menschen, die
jetzt sehen, wie ihre verstorbenen Angehörigen – despektierlich gesagt – wie
ein Wanderpokal durch die Spitäler gereicht werden, ohne dass man weiß, wo denn
die sanitätsbehördliche Obduktion gemacht wird. Und die Containerlösung auf dem
Zentralfriedhof entbehrt auch nicht einer makaberen Note!
Aber ich teile Ihre Auffassung, dass die Pathologen können müssen, was
sie können. Sie haben ja einen Job, der sie befähigt, Obduktionen vorzunehmen.
Nichtsdestotrotz brauchen wir in Wien gerichtsmedizinische Kompetenz.
Jetzt ist die Situation in der Sensengasse so, wie sie ist, und die
Gerichtsmediziner und Gerichtsmedizinerinnen, die dort gearbeitet haben, sind
gewissermaßen in alle Winde zerstreut, haben sich selbstständig gemacht,
karenzieren lassen und so weiter. Die ehemals 1 500 Leichname, die dort
obduziert wurden, fehlen jetzt auch in der Ausbildung.
Pathologen haben per se einen anderen Job. Sie haben nicht einen Blick
auf mögliches Fremdverschulden. Das ist ihnen auch nicht zum Vorwurf zu machen.
Ich frage Sie, Frau Stadträtin: Wenn wir davon ausgehen, dass wir
gerichtsmedizinische Kompetenz brauchen, wer soll denn diese vermitteln, wenn
die Gerichtsmedizin als Profession in Wien langsam ausstirbt und die Pathologen
keine entsprechenden Kenntnisse haben? Wie können Sie sicherstellen, dass es
künftig genügend gerichtsmedizinische Ausbildungsmöglichkeiten in Wien gibt?
Präsident Prof Harry Kopietz: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Frau Abgeordnete!
Das kann ich nicht
sicherstellen, und es ist auch nicht meine Zuständigkeit, das sicherzustellen!
Es besteht natürlich ein enger Zusammenhang mit anderen medizinischen Berufen,
aber es wäre von der Systematik genauso, wie wenn Sie mich fragen würden, wie
ich sicherstellen kann, dass es in Zukunft genug Mathematiklehrer gibt! Auch
das kann ich nicht sagen, denn für die Ausbildung der gymnasialen
Mathematiklehrer sind wir nicht zuständig!
Einen Punkt möchte ich doch noch erwähnen, und das ist ja kein
Geheimnis, sondern das steht auch im Rechnungshofbericht: Die
Gerichtsmedizinerinnen und Gerichtsmediziner sind nicht ganz unschuldig an der
Situation des Departments für Gerichtsmedizin. Das Problem war, dass nicht das
Institut für Gerichtsmedizin beauftragt wurde, und diesbezüglich gibt es auch
eine bundesgesetzliche Änderung hinsichtlich der Frage, wer beauftragt werden
kann. In Wahrheit wurden auf diese Weise auch Gelder entzogen.
Ich glaube an das Gute und gehe davon aus, dass der Rektor das tut, was
er gesagt hat und seine Verantwortung letztlich wahrnimmt. Dazu muss man auch
sagen, dass die Universitäten Budgets haben, über die sie selbst zu entscheiden
haben. Es gab 16 Millionen EUR für einen Neubau der Gerichtsmedizin,
die aber anderweitig verwendet wurden. Der Rektor spricht von 1 Million
EUR, die er investieren wird. Dass das ausreichen wird, kann ich mir persönlich
nicht vorstellen, aber das ist jedenfalls einmal ein Anfang. Und ich
wiederhole, was ich immer wieder hier und in allen möglichen Diskussionen
gesagt habe: Man kann Gerichtsmedizinerinnen und Gerichtsmediziner nicht an der
Universität ausbilden, ohne sie praktisch arbeiten zu lassen.
Das heißt, es geht um die Medizinuniversität Wien, und verantwortlich
dafür ist der Wissenschaftsminister. Für eine entsprechende universitäre
Ausbildung ist es unbedingt notwendig, eine Gerichtsmedizin zu haben, und das
Angebot der Stadt – ich wiederhole das –, dann auch die sanitätsbehördlichen
Obduktionen selbstverständlich gegen Entgelt dort vornehmen zu lassen, steht
nach wie vor! Hiebei muss es sich aber – das sage ich jetzt auch
gleich – um eine neue Gerichtsmedizin handeln, deren Renovierung nicht daraus
besteht, dass man die Wand anmalt, und das war es dann. Die Probleme, die im
Rechnungshofbericht sehr unappetitlich, aber sehr wahr dargelegt werden, sind
jedenfalls nicht gelöst.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die
3. Zusatzfrage stellt Frau Abg Korosec. Ich bitte darum.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Frau Landesrätin!
Ich komme wieder zurück zu
den sanitätsbehördlichen Obduktionen, für die Sie zuständig sind. Wir haben
diesbezüglich auf Grund des Rechnungshofberichtes einen einstimmigen Beschluss
gefasst. Faktum ist aber, dass sich dadurch die Zahl der Obduktionen um
ungefähr 50 Prozent verringert hat. Sie haben in einer mündlichen Anfrage
am 2. Oktober 2008 völlig richtig gesagt, dass sanitätsbehördliche Obduktionen
zur Sicherstellung der Gesundheitsfürsorge für die Bevölkerung dienen. Das
bedeutet, dass ein klarer Zusammenhang zwischen der Qualität der Todesstatistik
auf der einen Seite und der Obduktionsrate auf der anderen Seite besteht. Wenn
es wenig Obduktionen gibt, dann ist natürlich auch die Statistik nicht so klar
und kompetent.
Frau Landesrätin! Für Planungen im Gesundheitswesen sind aber ganz
besonders aussagekräftige Werte notwendig. Und meine Frage geht jetzt dahin:
Haben Sie schon etwas unternommen beziehungsweise was werden Sie unternehmen,
dass Sie diese wirklich aussagekräftigen Werte bekommen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Frau
Abgeordnete!
Um hier nicht einen Mythos entstehen zu lassen: Es
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular