Landtag,
27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 78
Landeshauptmann. Nun zur 2. Zusatzfrage: Herr Abg Dipl-Ing Stiftner,
ich bitte darum.
Abg Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Einen schönen guten Morgen, Herr Landeshauptmann.
Ich denke, uns eint die Sorge betreffend dieses Atomkraftwerk, das
offenbar nicht den technischen Anforderungen entspricht, das man aber auch nach
dem modernsten Stand der Technik bauen hätte können.
Die Frau Umweltstadträtin hat sich dazu entschlossen, das ganze Thema
weniger nach ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenz zu behandeln, sondern
dieses stark in Form von Unterschriftenaktionen, die offenbar auch durch
bezahlte Anzeigen in den Medien präsent sind, anzugehen.
Ich gehe davon aus – und habe Sie auch so
kennengelernt, Herr Landeshauptmann –, dass Sie diesbezüglich
viel professioneller sind und vor allem Ihre Kompetenzen nach der Bundes- und
Stadtverfassung auch ausnützen können.
Das ist ein ernstes Thema, das man nicht nur medial, sondern auch
praktisch und vor allem diplomatisch, wie vorher durch Sie ausgeführt wurde,
behandeln muss.
Meine Frage: Welche Allianzen schmieden Sie beziehungsweise welche
Absprachen gibt es mit der Bundesregierung, mit dem Bundeskanzler, mit dem Außenminister
und mit dem Umweltminister, um diesbezüglich wirklich abgestimmt zu sein?
Flechten Sie auch Allianzen mit anderen Bundesländern, um diesem Thema geeint
und schlagkräftig entgegenzutreten?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter!
Ich verstehe diese intensive Kritik an der Vorgangsweise der Frau
Umweltstadträtin überhaupt nicht! Wie soll man eine Bevölkerung mobilisieren,
aktiv an einer UVP teilzunehmen, um ihre Bedenken, Sorgen und Ängste zum
Ausdruck zu bringen, wenn man nicht entsprechend informiert, wo und wann man
dies auch tun kann? – Ich sehe da überhaupt nichts Parteipolitisches oder
sonst irgendetwas dahinter, was Sie offensichtlich vermuten, sondern ich meine,
dass das eine vollkommen berechtigte und richtige Information an die
Bevölkerung ist, die auch der Mobilisierung der Bevölkerung in diesem
Zusammenhang dient.
Ich sage es noch einmal, denn das scheint mir das Wichtigste zu sein:
Selbstverständlich hat man, wenn man die Bevölkerung mobilisiert, anders zu
agieren, als etwa der Außenminister der Republik Österreich. Selbstverständlich
hat der Außenminister zweifellos auch Rücksicht auf die bilateralen Beziehungen
mit einem EU-Nachbarland zu nehmen, und es würde mir nicht im Entferntesten
einfallen, diesbezüglich Kritik zu üben oder öffentliche Aufforderungen an den
Außenminister zu richten. Er erfüllt seinen Job. Bei einer Mobilisierung der
Bevölkerung hat man aber ganz anders vorzugehen, und insbesondere scheint mir
der Diskurs mit der slowakischen Bevölkerung sehr wichtig zu sein.
Natürlich gibt es hier entsprechende Gespräche und eine grundsätzlich
übereinstimmende Meinung, aber natürlich gibt es unterschiedliche
Aufgabenstellungen, die von der jeweiligen Ebene zu bewältigen sind.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr
Landeshauptmann. Die 3. Zusatzfrage stellt Frau Abg Matiasek. Ich ersuche sie
darum.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Wir begrüßen natürlich jede Initiative gegen dieses, wie auch gegen
alle anderen Atomkraftwerke. Das ist bekannt. Die Mobilisierung der Bevölkerung
und eine aktive Bevölkerung sind uns wichtig, und dafür stehen wir auch. Aber
das wird natürlich nichts nützen, oder man vermittelt ja auch eine
Enttäuschung, wenn nicht auf der anderen Seite politisch gehandelt wird. Ihre
Partei ist in dieser Bundesregierung, Ihre Partei stellt den Bundeskanzler, und
Sie haben natürlich auch in Brüssel Ihre Leute.
Ohne konkrete Maßnahmen kann nichts gehen. Ich frage Sie daher: Welche
konkreten Anstrengungen werden Sie auf der Ebene der Bundesregierung
beziehungsweise der EU unternehmen, um den Bau beziehungsweise Ausbau dieses
Kraftwerks zu verhindern?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann,
bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Frau Abgeordnete!
Noch einmal: Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir die Ersten
waren. Im gegenständlichen Fall hat die Frau Umweltstadträtin den EU-Kommissar
darauf aufmerksam gemacht, dass es hier Kritik in Hinblick auf die
Rechtskonformität des slowakischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und
seine Konformität zur entsprechenden EU-Richtlinie gibt, und hat ein
Rechtsprüfungsverfahren angeregt. Ob das nun in der Tat so ist, hat letztlich
die EU zu entscheiden, und das wird auch davon abhängig sein, wie die weitere
Vorgangsweise insbesondere nach Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung
aussehen wird.
Ich sage hier noch einmal, dass wir insbesondere auch darauf drängen
werden, dass man sich anschaut, ob es in der Tat rechtskonform ist, dass ein
Umweltverträglichkeitsprüfungsergebnis in der Folge von den Behörden nicht
beachtet werden muss und es auch kein Rechtsmittel dagegen gibt, dass man also
nicht zu einem ordentlichen Gericht gehen kann. Das scheint mir in höchstem
Ausmaß bedenklich zu sein! Das sollte man sich sicherlich anschauen! Ich bin
kein Jurist, aber ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass das
tatsächlich mit der entsprechenden Richtlinie beziehungsweise, insgesamt
gesehen, mit dem „acquis communautaire“ der Union vereinbar ist. Das wird man
sich anschauen müssen.
Ich sage aber noch einmal: Der Rechtsweg ist lang, und man weiß nie,
wie der Europäische Gerichtshof am Ende des Tages entscheidet. Wir werden uns
all das sehr gut überlegen, alles sehr gut vorbereiten und das eng mit der
Republik, die ja gegenüber der Europäischen Union die handelnde Person ist,
abstimmen.
Diejenige Aufgabe, die wir wahrnehmen können,
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