Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 76
irgendwelche Weltverschwörungstheorien. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir
sind uns, wie gesagt, in der Analyse einig. Jede Form von Sucht bringt Leid.
Für den Süchtigen selbst und für die Betroffenen ist es schlimm. Es zieht
menschliche Tragödien nach sich und führt letztlich auch zu
Beschaffungskriminalität. Man soll aber auch nicht mit zweierlei Maß messen! Es
gibt verschiedene Suchtarten, das Glücksspiel ist nicht die einzige Sucht. Wenn
es vielleicht wieder einmal um die Liberalisierung etwa von Marihuana gehen
sollte, dann bin ich neugierig, welche flammende Rede Sie dagegen halten
werden, dass nicht Beschaffungskriminalität im Zusammenhang mit weichen Drogen
aufkommen könnte. – Man soll da also nicht mit zweierlei Maß messen! (Beifall
bei der ÖVP.)
Für mich ist Sucht immer gleich schlimm. Es hat vor
einiger Zeit eine Enquete im Zusammenhang mit der Änderung des
Glücksspielgesetzes in Wien gegeben. Soweit ich mich daran erinnere, haben wir
zu diesem Anlass erfahren, dass das Kleine Glücksspiel selbst gar nicht die
Einstiegsdroge ist, sondern dass das noch weiter zurückgeht. Das wissen viele
gar nicht. Die meisten glauben, der Automat stellt die erste Berührung mit dem
Glücksspiel dar. Uns haben damals Experten gesagt, dass das Erste, womit
bereits Kinder in diesem Zusammenhang in Berührung kommen, die Brieflose sind.
Davon gibt es einstweilen viele Formen. Das ist heute der erste Berührungspunkt
mit Glücksspielen, und wir dürfen, wenn wir uns mit diesem Thema ernsthaft
auseinandersetzen wollen, auch das Internet nicht vergessen.
Jedenfalls wird die Zahl der Glücksspiele, ob im
Internet, ob in Form von Wetten, sicherlich immer mehr steigen. Ich glaube,
dass nicht nur beim Kleinen Glücksspiel in Wien die Umsatzzahlen gestiegen
sind, wie Sie referiert haben, sondern ich glaube, dass es allgemein beim
Glücksspiel exponentielle Steigerungen gibt. Und darauf wird man als
Gesetzgeber sehr wohl reagieren müssen. Aber wir sind ja nur Landesgesetzgeber.
Wie Sie angesprochen haben, gibt es derzeit aber auch Überlegungen auf
bundesstaatlicher Ebene, in diesem Bereich Änderungen vorzunehmen.
Ich glaube, wir sollten jetzt nicht nur, weil heute
diese Diskussion losgegangen ist, irgendetwas beschließen, um dann in
Wirklichkeit vom Bundesgesetzgeber überholt zu werden! Ich glaube, wir sollten
uns in den nächsten Monaten ganz genau anschauen, was der Bundesgesetzgeber zu
diesem Thema zu sagen hat, und dann darauf reagieren. Wenn keine Neuregelung
des Kleinen Glücksspiels auf bundesgesetzlicher Ebene kommt und das weiterhin
bei den Ländern bleibt, dann sollte man sich meiner Meinung nach sehr wohl
echte Änderungen beim Kleinen Glücksspiel in Wien überlegen.
Sie haben Stichwörter wie Jugendschutz und
Zutrittskontrollen genannt. Das liegt tatsächlich im Argen. Hier ist, wenn es
überhaupt beim Kleinen Glücksspiel bleibt, sicherlich eine Konzentration in
Betracht zu ziehen. Eine Zutrittskontrolle soll es auf jeden Fall geben.
Missbrauch bei den Spielautomaten gibt es. Das
haben wir erst vor wenigen Wochen einem Kontrollamtsbericht entnommen.
Diesfalls würde aber die herrschende Gesetzeslage auch schon reichen, wenn es
wirklich Kontrollen im Sinne des Gesetzgebers gäbe. In diesem Zusammenhang ist
auch der Magistrat aufgerufen, aktiv zu sein und dort, wo Spielautomaten nicht
dem Gesetz entsprechen, die Konzession zu entziehen. Dafür brauchen wir gar
nichts zu ändern! Das wäre auch derzeit möglich.
Es stimmt aber: Natürlich ist dort von 50 Cent
zu 20 EUR keine Rede mehr. Das geht heute viel schneller. Es geht ja nicht
nur um den Einwurf, sondern auch um die Multiplikationsmöglichkeiten innerhalb
des Spiels.
Der einzige Punkt, in dem ich mit Ihnen nicht einer Meinung bin, ist
das Thema völlige Abschaffung. Ich bin an sich leidenschaftslos. Das ist für
mich eine reine Sachfrage, und ich weiß für mich selbst nicht, ob die
Abschaffung wirklich das Heilsbringende ist. Ich kann mich noch gut erinnern,
dass uns bei dieser Enquete vor allem auch die Polizei gesagt hat, dass sie gegen
eine völlige Abschaffung sind, weil sie fürchten, dass es dann ein Abdriften
ins illegale Glücksspiel geben würde.
Das heißt, es ist nicht nur alles immer weiß und schwarz, sondern es
gibt sehr wohl auch einen Bereich dazwischen, den man beachten muss, und das
ist auch beim Glücksspiel so. Es gibt sehr wohl Verbesserungsnotwendigkeiten,
aber ich wage heute von hier aus nicht zu sagen, ob man es wirklich abschaffen
soll. Ich glaube, wir sollten uns mit dieser Thematik in den nächsten Monaten
noch intensiver und im Detail auseinandersetzen.
Ein konstruktiver Weg ist angezeigt, um Suchtprävention zu betreiben
beziehungsweise den Süchtigen zu helfen, um Jugendliche vom Spiel abzuhalten
und um den Missbrauch zu verhindern.
In diesem Sinne bringe ich mit den Kollegen Tschirf, Lindenmayr und
Valentin heute einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein. Ich darf Ihnen den
Text der Ordnung halber kurz näher bringen:
„Der Wiener Landtag spricht sich für eine Neuordnung
der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Kleine Glücksspiel in Wien aus.
Anzustreben ist dabei eine bundesstaatliche Regelung. Sollte sich eine
Bundesregelung bis Mitte des kommenden Jahres nicht abzeichnen, so werden die
zuständigen Mitglieder der Wiener Landesregierung aufgefordert, rechtzeitig
eine Novelle des Wiener Veranstaltungsgesetzes vorzubereiten und dem Wiener
Landtag vorzulegen, sodass eine neue Regelung dieser Gesetzesmaterie bis
Jahresmitte 2010 auf Landesebene möglich ist. In diese Vorbereitungen sollen
die zuständigen Stellen des Magistrats interne und externe ExpertInnen,
VertreterInnen von Süchtigen mit Glücksspielabhängigkeit, mit der Betreuung,
Hilfe und Rehabilitation von spielsüchtigen Menschen beschäftigte Vereine,
VertreterInnen der Wirtschaft sowie der Polizei beiziehen. Zusätzlich soll man
sich auch dem Aspekt der Internetglücksspiele widmen. Im Mittelpunkt der
Gesetzesnovelle sollen die Aspekte Spielerschutz, Jugendschutz, die
Verhinderung von Missbräuchen wie die Umgehung der vorgesehenen Einsatzlimits
und
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