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Landtag, 2. Sitzung vom 16.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 48

 

(Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Als nächster Redner ist Herr Mag Ebinger gemeldet. Ich bitte darum.

 

10.41.22

Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren!

 

Die Gründe, warum wir bislang oder zum jetzigen Zeitpunkt dieser Form der Mindestsicherung nicht folgen konnten, sind vielfältige.

 

Erstens einmal stehen wir auf dem Standpunkt, dass es ein Abenteuer war, weil es von SPÖ und ÖVP keine seriösen statistischen aktuellen Daten gegeben hat.

 

Zweitens einmal ist die Armutsgefährdungsgrenze der EU bei 900 EUR (Abg David Ellensohn: 950!) oder bei 950 EUR, habe ich jetzt gerade gehört, also deutlich höher. Also das Armutsproblem wird dadurch allein noch nicht bekämpft.

 

Dann sind wir der Meinung, dass das AMS jetzt schon an der Kapazitätsgrenze steht und dass es mit der Administration der Wiener Mindestsicherung überfordert sein wird. Auch haben wir immer klar gesagt, es muss die Mindestsicherung so sein, dass man sich hier nicht zurückzieht, sondern dass das eine Überbrückung für eine soziale Notlage ist oder eben für Menschen, die wirklich nicht mehr in den Arbeitsprozess können. Alle anderen haben umgehend aktiv wieder eingegliedert zu werden. Dazu gehört natürlich auch, dass man attraktive Angebote wie eine Mindestlohnforderung aufstellt, weil sich das Arbeiten trotzdem lohnen muss.

 

Was ich über AlleinerzieherInnen sagen wollte und das ist nicht nur unsere Meinung, sondern da habe ich einen Pressedienst von „Aktive Arbeitslose“, die schreiben: „Besondere Lebenslagen werden nicht berücksichtigt.“ Stellen Sie sich vor, eine Alleinerzieherin, die durchaus arbeitswillig ist, aber einen Job nicht annehmen kann, weil sie ein Kind in diesem Bezirk im Kindergarten hat und ein anderes Kind in einem anderen Bezirk in die Schule führen muss, und das ist nicht unsere Idee, das sind tatsächlich auch festgestellte Dinge, der wird dann die Mindestsicherung gekürzt oder gestrichen. Das kann nicht sein! Wenn ein anderer arbeitswillig ist, aber leider in all den Jahren nicht Deutsch gelernt hat und ihn keiner verwenden kann, dann kriegt er die Mindestsicherung. Ich meine, ich sage das jetzt: Die AlleinerzieherInnen werden unserer Meinung nach hier schlecht behandelt.

 

Diese Geschichte mit der Transparenzdatenbank. Natürlich muss man, wenn man eine Sozialleistung auszahlt, auch einen Überblick darüber haben, was für eine Sozialleistung dieser Mensch schon bekommt. Da gehören ländliche Sozialleistungen dazu, da gehören städtische Sozialleistungen dazu, da gehören aber auch ausländische Sozialleistungen dazu, weil die Mindestsicherung ja nicht nur für österreichische Staatsbürger gilt, sondern sie gilt auch für Drittstaatenangehörige, also Nicht-EU-Bürger, die mindestens fünf Jahre ihren ständigen Aufenthalt haben, was korrekt ist, weil die leben ja da. Aber auch hier muss ich ja ermitteln, was hat er für Sozialleistungen, was kriegt er vielleicht noch von woanders?

 

Ein großer Kritikpunkt von uns ist, dass sie natürlich an alle EU-Bürger ausgezahlt wird und die sind nicht mehr unterschieden zu den Inländern. Da brauchen wir keinen fünfjährigen ständigen Aufenthalt hier, sondern die kriegen das mehr oder weniger nach vier Monaten, glaube ich, das steht im Wiener Mindestsicherungsgesetz, bei EU-Bürgern steht das so drinnen, sehr geehrte Frau Landesrätin. Das ist unser großes Bedenken, dass das mit der Eröffnung des Arbeitsmarktes mit 1. Mai 2011 dann völlig unkontrolliert wird. Meine Damen und Herren, ohne Kontrolle kann es auch keine Steuerung geben und ohne beides keine soziale Gerechtigkeit.

 

Lassen Sie mich erwähnen, was bei der Arbeiterkammer steht. Das wurde bis jetzt nie so genau gesagt. Bevor man die Mindestsicherung bekommt, muss das eigene Vermögen bis auf nur mehr 3 720 EUR pro Bedarfseinheit aufgebraucht werden. Also nicht nur pro Person, sondern wenn sie eine Familie sind auch. Außer man hat eine Eigentumswohnung, die man zum Wohnungsbedarf braucht, dann darf man das schon. Ich glaube, da wird wieder dieser Grundbetrag gekürzt, aber wie auch immer, 3 720 EUR.

 

Wie stelle ich fest, bitte, ob jemand, der hier Mindestsicherung bezieht und meinetwegen aus Ungarn kommt, aus der Tschechei kommt, ob der sein ganzes Vermögen aufgebraucht hat. Das ist ja überhaupt nicht möglich, das ist eine soziale Ungerechtigkeit, das ist eine Inländerdiskriminierung. Und das ist mithin einer der von mir genannten Gründe, warum wir im derzeitigen Zeitpunkt dieser Form der Mindestsicherung nicht zustimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Als nächster Redner ist Herr Abg Kurz gemeldet. Ich bitte darum.

 

10.46.29

Abg Sebastian Kurz (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Das Thema der Aktuellen Stunde ist heute Sozialhauptstadt Wien. Ich glaube, bei all der Freude über den ideologischen Erfolg bei der Mindestsicherung habe ich teilweise das Gefühl, dass das fast ein bisserl ein zynischer Titel ist, wenn man sich anschaut, was gerade in den letzten Tagen die Medien über die wirkliche Armut in dieser Stadt schreiben. Wenn man sich zum Beispiel „wien@orf.at“ anschaut, dann steht da: „Wetter löst Ansturm auf Notschlafstellen aus.“ Und es wird von einem noch nie dagewesenen Ansturm auf Notschlafstellen und Obdachlosenheime gesprochen. Das ist die wirkliche Armut, die es in Wien auch gibt. Das ist etwas, wo sich die Stadt Wien ständig nur auf Hilfsorganisationen und auch Einrichtungen wie die Caritas verlässt, da sehr wenig tut und aus all der Freude über die Mindestsicherung, die jetzt zweifelsohne ein ideologischer Erfolg für Sie ist, ganz darauf vergisst, wo es da teilweise wirkliche Armut in Wien gibt und dass es da eine große Zahl an Menschen auch gibt, die von einer Mindestsicherung alles andere als erfasst sind, weil sie nicht einmal im System erfasst sind. Das ist etwas, wo es auch genug zu tun gibt und was man bei all Ihrer Freude über die Mindestsicherung, glaube ich, nicht vergessen darf. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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