Landtag, 3. Sitzung vom 27.01.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 43
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter!
Sie können ganz sicher sein, dass auch wir das breit diskutieren werden. Ich kann Ihnen heute nur eines versichern: Wir werden keinen Vorschlag unterbreiten, der so ausschaut wie das niederösterreichische Landeswahlrecht, außer Sie wollen das unbedingt. Dann bin ich bereit, darüber zu diskutieren und zu verhandeln.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Ellensohn. Bitte.
Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Landeshauptmann!
Ich glaube, die grüne Basis könnte dem Vorschlag des Klubobmanns der Freiheitlichen: Jedem Wiener/jeder Wienerin immer eine Stimme, Basisdemokratie pur!, sogar etwas abgewinnen. Ich weiß nur nicht, wie wir das technisch abwickeln. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Ein Mandat!) – Ja, das kommt auf das Gleiche: ein Mandat, jedes Mal ein Stimmrecht! Das wäre jetzt einmal ausnahmsweise eine Gemeinsamkeit, außer es war ein Versprecher, aber das will ich nicht unterstellen.
Ich bin kein großer Anhänger der Briefwahl – ich sage das ganz offen –, weil ich das geheime Wahlrecht für das wichtigste Prinzip halte, sehe aber auch, dass dieses Wahlrecht von vielen genützt wird.
Was mir sehr gut gefallen hat, war die Möglichkeit in der Steiermark: ein zweiter Wahltag, ein entsprechender Zeitraum vor dem eigentlichen Wahlsonntag. Der ist in der Steiermark von fast 10 Prozent der Wählerinnen und Wähler genützt worden.
Können Sie sich vorstellen, finden Sie das eine gute Idee, einen zweiten Wahltag in Wien einzuführen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Zunächst einmal: Es ist ohnedies erstaunlich, dass man das am Beginn des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts noch tun muss, dass man heute darauf hinweisen muss, dass das geheime Wahlrecht ein ganz, ganz hoch einzuschätzendes Gut ist, das es verdient, um nahezu jeden Preis beschützt zu werden.
Ich sage das deswegen, weil wir natürlich sehr viel hören und auch diskutiert haben und durchaus auch abseits üblicher Parteizuordnungen von Diskussionen in den Parteien beispielsweise über das E-Voting diskutiert haben. Das klingt alles modern und fortschrittlich, steht aber in Wirklichkeit heute im kompletten Widerspruch zum geheimen Wahlrecht. Daher erwähne ich das Selbstverständliche, weil manches in den ganzen Diskussion so selbstverständlich nicht mehr ist. Also, da stimmen wir absolutest überein: Das ist zu schützen.
Alles andere, was die Wahlbeteiligung hebt, was immer an Organisation, an Information möglich ist, begrüße ich. Daher habe ich auch ein positives Verhältnis zu einer vernünftigen Briefwahl, weil ganz unbestreitbar ja auch bei der letzten Gemeinderatswahl in Wien zu sehen war, dass dies dazu beigetragen hat, dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist.
Selbstverständlich kann ich mich auch mit Vorstellungen eines zweiten Wahltages wie in der Steiermark anfreunden, denn auch das würde es unter Wahrung der wirklich wichtigen Grundsätze unserer Wahl ermöglichen, dass sich mehr Menschen davon überzeugen lassen, dass es in einer parlamentarischen Demokratie Sinn macht, tatsächlich auch zur Wahl hinzugehen. Ich kann mich mit so einer Idee durchaus anfreunden.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 4. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Gudenus. Ich ersuche darum.
Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Ich bin ja sehr erfreut und überrascht, dass die GRÜNEN sich doch zu Wort melden dürfen, trotz Maulkorbs. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Geh bitte!) Vor einigen Monaten haben ja die Meldungen der Grünen Partei noch etwas anders geklungen.
Ich darf kurz zitieren, was hier von den GRÜNEN gesagt wurde: „Auf Wiener Märkten werden MigrantInnen von der SPÖ angesprochen, um eine Vollmacht für Wahlkarten zu erhalten, in Geriatriezentren werden ohne Wissen der Betroffenen Wahlkarten bestellt." (Abg Mag Rüdiger Maresch: Soll ich vorlesen, was die ... über euch schreibt?)
Da sieht man, wie schnell die Wandlung der GRÜNEN sich vollzogen hat. Das hätte ja Klubobmann Ellensohn in seiner Frage auch ansprechen können, wie mit solchen Missständen dann umgegangen wird.
Zu meiner eigentlichen Frage: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, im Regierungsübereinkommen steht festgeschrieben, dass Sie sich auch darauf geeinigt haben und planen, das Ausländerwahlrecht für Drittstaatsangehörige in Wien wieder einzuführen, das der Bundesverfassungsgerichtshof ja vor einigen Jahren gekippt hat! Angenommen, die Schranken der Bundesverfassung würden nicht existieren: Wie weit würden Sie in Wien, aber auch rein persönlich, rein nach Ihrem Geschmack gehen, österreichweit Ausländern das Wahlrecht einzuräumen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Klubobmann!
Über Geschmack ließe sich ja nun trefflich streiten. Allein an Ihrer vorsichtigen Wortwahl ist ja zu erkennen, dass Sie sich selbst da nicht sicher sind. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen: Wenn-Sätze sind nicht nur in der deutschen Grammatik würdelos, sondern gelegentlich auch inhaltlich. Daher sehe ich das total pragmatisch.
Wir haben hier vor geraumer Zeit einen Beschluss auf Einführung des Ausländerwahlrechtes gefasst. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für nicht verfassungsrechtlich zulässig erkannt. Im Gegensatz zu anderen in der Republik anerkenne ich Urteile des Verfassungsgerichtshofes. Ob sie jetzt meinem Geschmack entsprechen oder nicht, ist völlig belanglos.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann.
†Amtsf StR Christian Oxonitsch - Frage
Wir kommen damit zur 2. Anfrage (FSP – 00344-2011/0001 – KVP/LM), die von Herrn Abg Sebastian Kurz an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport
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