Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 69
de bringt nur eines: dass wir die Nummer 1 sind, und zwar – da sind wir wirklich weit vorne – bei der Reproduktion alter Eliten. Nirgendwo werden Bildungs- und Aufstiegschancen so stark vererbt wie in Österreich. Gratuliere! Da haben wir eine Vorreiterrolle.
Sogar die CDU hat jetzt in Deutschland die gemeinsame Schule beschlossen. Jetzt ist es uns wirklich gelungen, ganz alleine zu sein in Europa. Da haben wir wirklich eine Vorreiterrolle, allerdings eine, von der ich wegkommen möchte.
Ein weiterer wichtiger Punkt neben dieser modularen Oberstufe und dieser gemeinsamen Schule besteht darin, eine neue Lehrerausbildung zu installieren. Auch da gibt es Ansätze innerhalb der Regierung, nämlich ein Grundmodul zu schaffen, KindergartenpädagogInnen, FreizeitbetreuerInnen und Lehrer über alle Schulstufen hinweg gemeinsam auszubilden. Dadurch wird man sie auch gemeinsam einsetzen können, dann werden sie wechselweise unterrichten können.
Das ist in Polen einer der Hauptfaktoren, nämlich eine neue Lernkultur, eine neue Prüfungskultur. Auch in Polen waren die Lehrer und Lehrerinnen am Anfang sehr skeptisch, jetzt sind sie aber dafür, weil sie eben merken, es gibt eine neue Lernkultur, und es unterrichtet sich auch leichter mit motivierten Schülerinnen und Schülern.
Was die dauernden Appelle an die Eltern betrifft: Ich appelliere auch, dagegen habe ich prinzipiell nichts, allerdings ist die Antwort unterschiedlich. Ich bin dafür, dass sich Eltern und Erziehungsberechtigte kümmern, aber da gibt es zwei Gruppen: erstens die, die nicht können, und zweitens die, die nicht wollen.
Appellativ kommt man nur an die heran, die nicht wollen. Bei denen, die nicht können, weil sie entweder arbeiten müssen und derart unter Druck stehen, dass sie das nicht schaffen, oder weil sie eben selbst keine entsprechende Ausbildung haben und ihren Kindern in der Schule nicht helfen können, weil sie den Stoff selbst nicht verstehen, bei denen verhallt der Appell.
Da könnte man also sagen: Okay, deine Eltern können es nicht. Pech gehabt! Wir haben es ohnehin drei Mal gesagt, daher wirst du nie hinaufkommen. Unsere Antwort darauf ist die ganztägige Betreuung, die individualisierte Förderung. Wenn man den ganzen Tag da ist, kann man eben auch gemeinsam lernen. Das bietet zum Beispiel die Neue Mittelschule, die auch eine individualisierte Form der Förderung anbietet und diese frühe Trennung entsprechend hintanhält.
Das heißt, wir haben jetzt im Sommer – da wird ja immer für Nachprüfungen gelernt – von Regierungsseite die Chance, diese Ideen, die es zur neuen Lehrerausbildung gibt, voranzubringen, nämlich die Neue Mittelschule auszubauen, die modulare Oberstufe gesetzlich zu verankern und da noch die ganztägigen Angebote auszubauen, um eben Chancengleichheit herzustellen.
Eine Möglichkeit, die jede und jeder haben, und die es jetzt über den Sommer gibt und dann im Herbst – es gibt ja immer zwei Momente, wo man besonders viel über die Schule diskutiert, einerseits beim Schulschluss, wo es die Noten gibt und man merkt, hoppala, da könnte man vielleicht etwas diskutieren und verändern, andererseits beim Schulbeginn, auch da gibt es immer erhöhte Aufmerksamkeit –, eine Möglichkeit also, die es zu diesem Zeitpunkt geben wird, ist auch das Bildungs-Volksbegehren, das man unterstützen kann. Es ist zwar nicht genau so, wie ich es schreiben würde, aber es ist ja eine überparteiliche Initiative, die von vielen Kräften, auch von vielen katholischen Verbänden, unterstützt wird und jetzt auch von der steirischen ÖVP durchaus positiv gesehen wird.
Es gibt ja eine Reihe von Diskussion dazu. Ich habe mir nur zwei Zitate von Christopher Drexler, dem Klubobmann der ÖVP-Steiermark, notiert: Er meint, dieses Bildungs-Volksbegehren sei, bildungsmäßig betrachtet, die Antwort auf die Inhaltsleere der ÖVP, denn: „Aus dem Wiederholen eingelernter Kalauer wird noch kein politisches Programm." – Das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben. So ist es!
Dementsprechend müssen wir jetzt schauen, dass wir im neuen Schuljahr die Bildungsreform voranbringen. Jetzt muss es gelingen, konservative Blockaden zu überwinden und die Schulreform voranzubringen. Die SchülerInnen werden es uns danken! – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Johann Herzog: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Marek zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg Christine Marek (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Das war eine faszinierende Rede und eigentlich sehr typisch für Sie, meine Damen und Herren: Sie haben kein einziges Wort darüber verloren, wofür Sie in Wien zuständig sind, sondern haben ausschließlich über Bundeskompetenz geredet. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg Heinz Vettermann: Das Protokoll nachlesen!)
Wo es um Verantwortung geht, wo Sie selber zuständig sind, darüber verlieren Sie kein Wort. Aber ich verstehe es. Sie haben bildungspolitisch so viele Baustellen in Wien, dass Sie darüber nicht sprechen wollen.
Ich unterstreiche die Aussage in dem Titel der Aktuellen Stunde, wenn es um Chancen der Kinder und Jugendlichen geht. Die wollen auch wir bestmöglich fördern und unterstützen. Aber für Sie ist das allein Heilmachende die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen, das ist offensichtlich das Einzige, was alle Probleme lösen soll.
Meine Damen und Herren! Fangen wir einmal beim Kindergarten an, dort ist Wien zuständig. Der Kindergarten ist eine wesentliche Bildungseinrichtung, ein Fundament, und ich habe gelernt, dass man beim Fundament, bei der Basis zu bauen anfängt.
Herr Bildungsstadtrat, Sie werden das unterstreichen, da fehlen Ressourcen in Wien (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Wer hat am meisten Kindergärten gebaut in Österreich?), es fehlen 600 KindergartenpädagogInnen. Wenn die Ressourcen nicht da sind, dann tut man sich relativ schwer beim Bauen. Das ist nun mal so! (Amtsf
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