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Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 69

 

ten Plan, mit ausreichenden Ressourcen, mit Berücksichtigung individueller Aspekte. Und davon sind Sie weit entfernt! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Herzog: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Wurzer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

10.47.07

Abg Mag Martina Wurzer (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich sage gerne etwas zu unserem konkreten Plan, die Bildungspolitik betreffend. Die Grünen stehen für Chancengerechtigkeit statt sozialer Auslese, die Grünen stehen für Lernfreude statt Schulangst, wir stehen für individuelle Förderung, für persönliche Bestleistungen statt Dauerstress und Monotonie! (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das ist sehr konkret!) Das ist sehr konkret. Ich führe es gerne noch weiter aus.

 

Alle Kinder in diesem Land haben das Recht auf bestmögliche Bildung, doch das gegenwärtige Bildungssystem gewährt das leider nicht. Zu viele Begabungen werden nicht erkannt, zu viele Kinder bleiben zurück und auf der Strecke.

 

Dabei ist Bildung, wie wir alle wissen, die wichtigste Ressource für die Entwicklung unserer Gesellschaft, die wichtigste Ressource, auf der wir aufbauen. Daher müssen unbedingt alle Kinder den gleichen Zugang zu den gleichen Rahmenbedingungen haben.

 

Bildung beginnt – und es freut uns sehr, dass es mittlerweile auch die ÖVP so sieht – im Kindergarten. Daher müssen die Startbedingungen für jedes einzelne Kind fair sein. Jedes einzelne Kind hat, unabhängig vom Elternhaus, die gleichen Chancen zu haben.

 

Wir müssen in Österreich allen Kindern dieselben Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen. Es geht um wirksame Frühförderung, die den Eintritt in die Schule erleichtert und allen eine faire Chance bietet. In Österreich ist Bildungsarmut immer noch schändlich erblich!

 

Wir unterstützen das Bildungs-Volksbegehren und rufen alle dazu auf, es zu unterstützen und zu unterschreiben: Weil wir für die gemeinsame Schule aller 6- bis 14-Jährigen stehen, weil wir die flächendeckende Ganztagsschule wollen, weil unsere Universitäten und Fachhochschulen mehr Geld brauchen, wenn wir nicht zum europäischen Nachzügler werden wollen, weil wir wollen, dass mehr Kinder die Möglichkeit haben, einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss zu machen. Dafür müssen wir noch viele Barrieren aus dem Weg räumen und viele Hürden für Kinder aus sozial schwächeren Haushalten beseitigen.

 

Leider sieht das unsere Bundesregierung nicht ganz so dringend. Jedenfalls geht recht wenig recht wenig rasch voran, obwohl wir alle wissen – wir wiederholen das immer wieder –: Unser Bildungssystem bringt sehr wenige sehr gute SchülerInnen hervor, dafür eine umso größere Anzahl von SchülerInnen mit schlechteren Leistungen als in vergleichbaren Ländern. Doch wenn es nach der Bundesregierung geht, soll dieses System der Selektion, das angeblich so erfolgreich ist, für alle Ewigkeit prolongiert werden.

 

Der beste Beweis für die Unwilligkeit, endlich von der Bildungsbremse zu steigen, ist die Farce rund um die modulare Oberstufe, die die Bundesregierung in den letzten Wochen aufgeführt hat. Der Kompromiss besteht für die Bundesregierung offenbar nur noch in Zahlenspielchen. Mit einer qualitativen Debatte hat das nichts mehr zu tun. Es gibt ein unglaubliches, unwürdiges Gefeilsche um die Frage, ob nun zwei, drei oder ein Fünfer besser sind, um in die nächste Schulstufe aufzusteigen. Das Ganze hat dem an sich sehr positiven Reformvorhaben der modularen Oberstufe einen wirklich schweren Dämpfer versetzt.

 

Im Regierungskonzept werden zwei Dinge vermischt, die nichts miteinander zu tun haben. Die Regierung hat es in der Diskussion um die modulare Oberstufe absurderweise geschafft, die Diskussion so zu führen, als ginge es um das Sitzenbleiben. Das ist aber völlig verfehlt, denn im Modulsystem gibt es kein Sitzenbleiben mehr. Was man positiv abschließt, setzt man fort, was negativ ausfällt, wird wiederholt, Kurs für Kurs, Modul für Modul.

 

Dieses System wird bereits an sehr vielen Schulen in vielen Ländern erfolgreich praktiziert. Auch in Österreich – wir haben es gehört – gibt es zahlreiche Schulen, die das schon sehr gelungen durchführen. Unsere Regierung aber schafft das Kunststück, ein leistungsförderndes Modulsystem mit dem leistungsfeindlichen Sitzenbleiben in Verbindung zu bringen. Das ist ein Kunststück, das wirklich staunen lässt, das ich sehr bedauerlich finde, nämlich diesen Kommunikationsschlamassel, den wir alle miteinander ausbaden müssen.

 

Trotz der Erkenntnisse, dass die erste Runde der Ankündigung, worum es in diesem Vorhaben geht, nicht so gut gelaufen ist, wurde leider auch die zweite Chance völlig verpatzt. Mir ist das nicht ganz klar. Die Bundesregierung hat sich leider für einen faulen Kompromiss entschieden, der eine rein administrativ begründete Maßnahme ist und sicher nicht die SchülerInnen im Zentrum hat.

 

An den wesentlichen Fragen des Unterrichts ändert sich sehr wenig. Ich nenne noch einmal die Stichwörter: LehrerInnenwillkür, Frontalunterricht und so weiter. Was an zwei Fünfern jetzt besser sein soll als an drei oder einem, erschließt sich aus pädagogischer Sicht niemandem.

 

Die derzeitige AHS-Struktur – das haben wir hier schon öfter diskutiert – ist viel zu unflexibel, sie blockiert einen modernen und innovativen Unterricht. Daher ist diese Reform der modularen Oberstufe dringend notwendig.

 

Wir finden es prima, wenn wir in Zukunft in unseren Schulen auf vermehrte Eigenständigkeit und Selbstverantwortung der SchülerInnen setzen, wenn wir auf die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie wissenschaftliches Arbeiten, Rhetorik, Präsentationstechniken und so weiter setzen. Wir finden es prima, wenn wird die gesteigerte Flexibilität und unmittelbares Reagieren auf neue Situationen fördern. Wir wollen mehr Begabungsförderung durch anspruchsvolle, vertiefende Angebote, und wir wollen vor allem auf neuen pädagogischen methodisch-didaktischen Unterrichtsformen aufbauen.

 

Der Unterricht wird – das haben mein Kollege Heinz Vettermann und wir ja auch schon öfter erklärt – in ein

 

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