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Landtag, 9. Sitzung vom 24.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 60

 

09.01.32(Beginn um 9.01 Uhr.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen!

 

Vor Beginn der Sitzung möchte ich ersuchen, zuverlässig die Klingeltöne Ihrer Handys nach der Sitzung wieder einzuschalten.

 

Die 9. Sitzung des Wiener Landtages ist somit eröffnet.

 

09.01.53Entschuldigt sind die Abgen Akkilic, Hatzl, Mörk und Stark. Frau Prof Dr Vitouch befindet sich auf Dienstreise. Abg Haslinger ist bis 11 Uhr, Abg Maresch bis 11 Uhr, Abg Baron bis 12 Uhr, Abg Schinner bis 14 Uhr, Abg Strobl bis 14 Uhr, Abg Stiftner ab 12 Uhr, Abg Mag Neuhuber ab 14 Uhr und Abg Lindenmayr ab 17 Uhr dienstlich verhindert.

 

09.02.28Wir kommen somit zur Fragestunde.

 

9.02.39†Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny - Frage|

Die 1. Anfrage (FSP - 04749-2011/0001 - KSP/LM) wurde vom Abg Heinz Hufnagl gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft gerichtet. (Welche Auswirkungen haben sich durch die Ausweitung der Wiener Restitutionsbestimmungen in der Praxis ergeben?)

 

Ich ersuche um Beantwortung.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Abgeordneter!

 

Du fragst mich, welche Auswirkungen sich durch die Ausweitung der Wiener Restitutionsbestimmungen in der Praxis ergeben.

 

Meine Antwort ist folgende: Der Wiener Gemeinderat hat am 29. April 1999 die Rückgabe von solchen Kunst- und Kulturgegenständen aus den Wiener Museen, Bibliotheken, Archiven und Sammlungen beschlossen, welche auf dem Gebiet des heutigen Österreich während der NS-Zeit, also von 1938 bis 1945, angekauft worden und als bedenklich einzustufen sind, sowie nach 1945 im Zuge eines Rückstellungsverfahrens nach den Bestimmungen des Ausfuhrverbotsgesetzes unentgeltlich in das Eigentum der Stadt Wien übergegangen sind. Der Magistrat wurde ermächtigt, die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolge von Todes wegen festzustellen und die Kunst- und Kulturgegenstände an diese zurückzustellen. Dieser Gemeinderatsbeschluss erfolgte in Entsprechung des Kunstrückgabegesetzes des Bundes vom Dezember 1998, um sowohl eine moralische als auch eine rechtliche Lücke zu füllen.

 

Die Museen der Stadt Wien betreiben seit 1998 Provenienzforschung und haben seither ihre sämtlichen, etwa 23 400 Erwerbungen aus der NS-Zeit systematisch und, soweit dies angesichts der vielfältigen Probleme möglich ist, auch Erwerbungen aus der Zeit nach 1945 auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Stellt sich daher bei der amtswegigen Untersuchung oder auf Grund einer der zahlreich eingelangten Anfragen heraus, dass ein Objekt - unter Anführungszeichen - bedenklich im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses von 1999 ist, wird der Wiener Restitutionskommission von der Provenienzforschung der Museen der Stadt Wien eine zusammenfassende Darstellung des Erwerbsvorganges und der historischen Hintergründe vorgelegt. Die Wiener Restitutionskommission ist ein nach den Bestimmungen des Gemeinderatsbeschlusses gebildetes Expertengremium, das Empfehlungen an den Wiener Kulturstadtrat abgibt, ob ein Gegenstand als restitutionsfähig einzustufen ist beziehungsweise ausgefolgt werden soll. Dem Kulturstadtrat wiederum obliegt die politische Letztentscheidung. Er weist die Museen der Stadt Wien an, einen für restitutionsfähig befundenen Gegenstand auszufolgen. Die Museen der Stadt Wien haben auf diese Weise bereits etwa 3 000 Objekte, ein bisschen mehr, 3 020 Objekte, das ist ein Großteil der zu restituierenden Kunstgegenstände, aus 45 Sammlungen beziehungsweise Sammlungsteilen den ehemaligen Eigentümern beziehungsweise Rechtsnachfolgern zurückgegeben. Provenienzforschung, Erbensuche und Tätigkeit der Restitutionskommission erfolgen in enger Zusammenarbeit mit den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus sowie der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.

 

Im Laufe der Zeit sind beim Bund einige Fälle aufgetaucht, in denen Objekte in die Bundesmuseen gelangt sind, deren Entziehungsort im damaligen Deutschen Reich oder in vom Deutschen Reich besetzten Gebieten lag beziehungsweise deren Entziehungszeitpunkt zwischen dem 30. Jänner 1933, dem Tag der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland, und dem 13. März 1938 lag. Diese Fälle konnten vom Kunstrückgabegesetz bis vor Kurzem nicht erfasst werden. Deswegen hat sich der Bundesgesetzgeber entschlossen, das Kunstrückgabegesetz 1998 abzuändern und auf diese Tatbestandsmerkmale auszudehnen, was am 23. November 2009 geschehen ist.

 

Im Bereich der Provenienzforschung der Museen der Stadt Wien ist bisher ein einziger derartiger Fall aufgetaucht. Das Bild „Pappenheims Tod" von Hans Makart wurde dem Berliner Bankier Herbert M Gutmann von den Nationalsozialisten 1934 in Berlin entzogen und gelangte 1968 über einen dänischen Kunsthändler in die Bestände des Wien Museums. Nach den Bestimmungen des Gemeinderatsbeschlusses 1999 ergab sich somit keine Zuständigkeit der Wiener Restitutionskommission, sodass die Rückgabe des Bildes an die Rechtsnachfolger von Herbert M Gutmann durch einen eigenen, im Juni 2008 gefassten Gemeinderatsbeschluss erfolgte.

 

Ich habe damals zwar immer gesagt, dass es aus der Praxis und aus der Erfahrung heraus keine unmittelbare Notwendigkeit gibt, mit einer gesetzlichen Regelung zu antworten, meine aber, dass wir gut daran getan haben, eine endgültige Rechtssicherheit zu gewährleisten. Deshalb hat sich die Stadt Wien dann entschlossen, den Gemeinderatsbeschluss analog zum Bund auszudehnen, was am 29. April 2011 - Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern - geschehen ist.

 

Bisher haben sich in der Praxis durch diese Ausweitung der Wiener Restitutionsbestimmungen zwei Konsequenzen ergeben:

 

Erstens das Screening aller Erwerbungen von 1933 bis 1938: Die Erwerbungen der damaligen städtischen Sammlungen vom 30. Jänner 1933 bis 13. März 1938 werden nun anhand des Inventarbuches zusätzlich über

 

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