Landtag, 9. Sitzung vom 24.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 60
haben, diese Einzelfälle heraussuchen.
Ich kann Ihnen nur sagen, sobald wir da genauere Daten haben, werde ich selbstverständlich an dieser Stelle gerne wieder darüber berichten.
Präsident Prof Harry Kopietz: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg Univ-Prof Dr Eisenstein. Ich bitte darum.
Abg Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein (Klub der Wiener Freiheitlichen): Schönen guten Morgen, Herr Stadtrat!
Ich werde meine zwei Minuten sicher nicht in Anspruch nehmen. Ich möchte nur vor meiner Frage darauf hinweisen, dass die in diesem Haus häufig sehr geschmähte schwarz-blaue Regierung hier sehr wohl seinerzeit ihre Verantwortung hinsichtlich der Restitution übernommen hat.
Jetzt meine Frage an Sie, Herr Stadtrat: Sie haben das sehr ausführlich dargestellt, auch die Wiener Provenienzforschung, auch zur Wiener Restitutionskommission. Jetzt ist aber in der Vergangenheit gelegentlich, das Wort Vorwurf ist zu viel, aber behauptet worden, dass Wien halt nicht von selbst aktiv wäre - ich glaube, Sie kennen diese Meinungen auch - und dass man in Wien sozusagen nur auf Aufforderung oder Antrag und so weiter etwas hinsichtlich der Restitution unternehmen würde.
Jetzt wollte ich Sie fragen: Können Sie bestätigen, dass Wien sehr wohl seine aktive Rolle in der Restitution spielt?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Offen gestanden, diese Meinung, die Sie hier zitieren, ist mir nicht zu Ohren gekommen. Ganz im Gegenteil, ich habe eigentlich sowohl in der Fachwelt als auch bei den Betroffenen immer den Eindruck gewonnen, dass gerade Wien da sehr - ich kann es nicht anders nennen - gewissenhaft und skrupulös seinen Aufgaben nachkommt, sie geradezu in exemplarischer Weise voranschreitet, weil wir auch, wie gesagt, diese Form der aktiven Erbensuche unternehmen. Generell ist es so, dass die zweifelhaften oder restitutionsfähigen Fälle sozusagen ins Internet gestellt oder sonst auf eine Weise bekannt gegeben werden. Wenn sich dann jemand rührt, geht man dem nach. Wir gehen einen Schritt weiter, ich meine, mit voller Berechtigung und Notwendigkeit. Wir gehen einen Schritt weiter und versuchen in einem sehr aufwändigen Verfahren selbst zu recherchieren, wer denn da überhaupt in Frage käme. Sie müssen sich vorstellen, man findet eine Schachtel mit Postkarten, die vielleicht objektiv keinen besonderen Wert haben, wo wir aber wissen, sie sind im besagten Zeitraum in den Besitz des Museums gekommen und es besteht unter Umständen der Verdacht, dass sie zwangsenteignet wurden, dass sie geraubt wurden. Wenn dieser Verdacht besteht, machen sich unsere Experten auf den Weg und versuchen von sich aus, zu recherchieren, welchen Weg dieses Konvolut von Postkarten genommen hat, bis hin zu dem Punkt, dass es dann oftmals sehr weite Verzweigungen gibt, was die Erbengemeinschaften anbelangt. Auch da versuchen wir, in einzelnen Schritten dem nachzugehen und zu überprüfen, wer jetzt eigentlich der tatsächlich Anspruchsberechtigte sein könnte. Das ist eine, wie gesagt, und wie Sie sich leicht vorstellen können, sehr zeitintensive Arbeit, die oftmals über Kontinente hinweg geht. Da sind wir eigentlich sehr aktiv.
Also Ihre Frage, die Sie eigentlich gestellt haben, kann ich mit Ja beantworten. Ja, ich glaube, die Stadt Wien ist sehr aktiv und versucht alles, um überhaupt keinen Zweifel über die Rechtmäßigkeit des Eigentums von zahlreichen Objekten aufkommen zu lassen.
Nein, diese Meinung, die Sie geäußert haben, ist mir nicht zu Ohren gekommen. Ganz im Gegenteil, ich habe den Eindruck, dass eigentlich alle der Meinung sind, wir sind als Stadt hier sehr gewissenhaft unterwegs.
Präsident Prof Harry Kopietz: Für die letzte Zusatzfrage erteile ich Herrn Abg Hufnagl das Wort.
Abg Heinz Hufnagl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Restitution ist bekanntlich der Versuch, zumindest im kleinen Bereich einen Teil des Unrechts und des Zwanges, der von einem Terrorregime verübt wurde, auszugleichen. Ich frage Sie daher: Damit Restitution möglichst ganzheitlich passieren kann, wie verhält sich die Restitutionspraxis bei privaten Sammlungen und Museen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Abgeordneter!
Unterschiedlich. Sowohl die bundes- als auch die landesgesetzlichen Bestimmungen gelten natürlich für Einrichtungen, die im öffentlichen Eigentum stehen. Auf nichtöffentliche Museen und auf Privatstiftungen finden diese Regelungen keine Anwendung.
Ich weiß allerdings aus meinen guten Kontakten, auch mit der Sammlung und Stiftung Leopold, die das vornehmlich betrifft - ich war dort selbst langjährig im Stiftungsvorstand -, dass sich die Stiftung dort im Unterschied zu früher sehr ernsthaft bemüht, dem Inhalt der Bestimmungen der gesetzlichen Regelungen des Bundes und auch der Stadt nachzukommen. Also ich glaube, es hat sich dort durchaus auch ein Wandel in der Wahrnehmung ergeben, sodass ich der Meinung bin, dass eigentlich alle diesbezüglich relevanten Stiftungen und nichtöffentliche Museen jedenfalls dem Inhalt der bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen nachkommen. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass in dem einen oder anderen Privatmuseum, das es in der Stadt gibt - allzu viele sind es ja nicht, es sind eher kleine, eher themenspezifische -, sich tatsächlich noch Objekte befinden.
Aber, um das abzuschließen, ich meine, dass wir mit diesen Regelungen, die wir jetzt auch geographisch und zeitlich noch ausgeweitet haben, eigentlich eine ziemlich gute, um nicht zu sagen, flächendeckende Rückgabepraxis entwickeln können, die den Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben, durchaus entspricht.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Stadtrat.
Wir kommen damit zur 2. Anfrage (FSP - 04754-
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