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Landtag, 10. Sitzung vom 15.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 24

 

Reihenfolgen essen zu müssen, mit diesem Zwang, in durchnässten Betten schlafen zu müssen, mit dieser Demütigung, permanent angeschrien zu werden, permanent eingeschüchtert zu werden und zu wissen, dass man in dieser Situation alleine ist.

 

Diese Kinder und Jugendlichen waren völlig stigmatisiert, waren auch in der Gesellschaft stigmatisiert, und wir müssen hergehen – das ist vielleicht ein Appell oder ein Auftrag an uns alle – und uns genau anschauen: Was passiert heute mit Kindern und Jugendlichen am Rande der Gesellschaft? Das sehe ich auch als wichtigen politischen Auftrag, dass wir hergehen und schauen: Was passiert denn konkret heute? Wie gehen wir heute damit um?

 

Und da kann ich die FPÖ nicht aus der Verantwortung nehmen, weil ich es höchst gefährlich finde, in welche Richtung die FPÖ hier geht. Ich habe es schon einmal hier gesagt, und ich werde es immer und immer wieder sagen, auch wenn die FPÖ sich dann nach mir hierherstellt wie das letzte Mal und es abstreitet: Sie von der FPÖ fordern Straf-Camps, Sie fordern Schnupperhaft, Sie fordern Aufhebung der Strafuntergrenzen für Jugendliche, Urkunden für Zuwanderer.

 

Aber im gleichen Atemzug, wo Sie so ein Bekenntnis thematisieren, im gleichen Augenblick, wo Sie diese Aussendung machen, nämlich Sie, Herr Abg Gudenus, am 23.9.2008, streuen Sie zwischendurch noch irgendeine Untersuchung, irgendeine Studie hinein, wo dann drinnensteht, ach, übrigens, 80 Prozent dieser Jugendtäter sind natürlich Migranten und natürlich hauptsächlich Türken und Araber. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Schauen Sie sich die Statistiken an!)

 

Das heißt, diese Art der Politik machen Sie. Das hat System. Da geht es um Kinder und Jugendliche, die jetzt am Rande der Gesellschaft stehen. Sie diskutieren nicht darüber: Was sind die Ursachen? Wie sind die Familienverhältnisse? Was heißt Verwahrlosung? Wie können wir diese Familien unterstützen? Wie können wir diese Kinder und Jugendlichen unterstützen? (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Uns geht es um die Missbrauchsopfer!) Sie gehen her und fordern noch mehr Autorität und Disziplin, Straf-Camps und Schnupperhaft. Das sind gefährliche Tendenzen. Hier sind wir alle gefordert, dagegen aufzutreten. Diese Stigmatisierung müssen wir durchbrechen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Wir haben jetzt hier in diesem Haus öfter über den Wilhelminenberg diskutiert, über die massiven Vorwürfe, die im Raum stehen. Ich habe Ihnen erzählt – und zwar schon öfter, ebenso wie auch Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ –, was hier konkret getan wird, wo wir hier konkret Verantwortung übernehmen. Was aber heute bei diesem Sonderlandtag der FPÖ deutlicher wird – und das muss ich betonen –, ist Folgendes: Die Qualität der miesen Unterstellungen der FPÖ steigert sich. Man glaubt es kaum. Man glaubt immer, es ist irgendein Punkt erreicht, aber dann gibt es noch ein Punkt. Und das ist der einzige Wert, den Sie hier beitragen zur Aufklärung und zum Übernehmen von Verantwortung gegenüber den Opfern. Das ist der einzige Wert, und ich werde es an einem konkreten Beispiel noch aufzeigen.

 

Grundsätzlich stellen Sie sich in allen Aussendungen und Broschüren, die Sie in den letzten Wochen verbreitet haben, her und sagen, Barbara Helige ist in Verbindung mit der Pädophilieszene. Einen ORF-Mitarbeiter bezeichnen Sie als Peiniger und Sadisten. In einer Aussendung – das haben Sie heute auch wieder betont – sagen Sie, „Gutmenschin" Ute Bock misshandelte Zöglinge. Sie gehen auch her und diffamieren mit einzelnen aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen Rotraud Perner und auch gleich ihren Sohn, ihre Familie und Jesionek. Das ist das, was Sie machen.

 

Ich möchte jetzt nur an einem Punkt klarstellen und symbolisch aufzeigen, wie tief diese Untergriffe sind, wie mies diese Unterstellungen der FPÖ sind, und zwar am Beispiel des Rechtskomitees LAMDA. Der größte Erfolg des Rechtskomitees war, den § 209 aufzuheben. Die österreichische Lesben- und Schwulenbewegung hat diesen massiv bekämpft. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Anti-Homosexuellparagraphen 2003 aufgehoben, und einige Monate zuvor hat der Nationalrat einstimmig beschlossen, das rechtzeitig aufzuheben.

 

2006 ist etwas passiert, was weltweit das erste Mal war, nämlich eine Ehrung einer Lesben-Schwulen-Transgender-Organisation in einem nationalen Parlament. Damals ist das Rechtskomitee LAMDA von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in den Sitzungssaal des Nationalrates eingeladen und geehrt worden. Diesem Netzwerk, das Sie hier in einem leichten Verfolgungsirrtum angegriffen haben, hat auch Ihre damalige FPÖ-Justizministerin Gastinger angehört. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ehemalige FPÖ! Ehemalig!) Auch sie hat gratuliert. Es waren 500 Leute dabei, die können Sie jetzt alle in die Pädophilieszene hineindrängen. Bundespräsident Fischer hat eine Grußbotschaft gesendet. Es war der Generalsekretär für Öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, dabei. Ist der jetzt auch in der Pädophilieszene? Es waren auch der Generalsekretär von Amnesty International und der UN-Sonderberichterstatter dabei. Es waren auch Vertreter der schwedischen Regierung dabei. Ist die gesamte schwedische Regierung jetzt auch im Pädophilieeck? Es war ein Richter des Obersten Gerichtshofes der Republik Südafrika dabei.

 

Sind das jetzt alle Personen, denen Sie sagen, das ist das Eck der Pädophilie? Das ist das, was Sie machen. Zeigen Sie doch die 500 Personen an! Zeigen Sie alle an. Machen Sie einen Prozess gegen Südafrika, machen Sie einen Prozess auch gegen Deutschland, denn die deutsche Justizministerin ist gleichzeitig mit dem Rechtskomitee LAMDA ausgezeichnet worden. Zeigen Sie auch Deutschland an. Alles Pädophile!

 

Das ist das Niveau, auf dem Sie diskutieren, und das im Namen von Opfern. Ihnen sind die Opfer so was von egal! Das einzige Interesse, das Sie haben, ist, aus einem hochemotionalen, sensiblen Thema politisches Kleingeld zu schlagen, und Sie scheuen sich nicht davor, zu diffamieren und mit Dreck zu werfen. Das sind die Mittel Ihrer Politik, und das ist striktest abzulehnen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Ein sehr matter Applaus!)

 

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