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Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 68

 

gen und sie auch auszuführen. (Heiterkeit bei den GRÜNEN. – Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.)

 

Was Sie damit für ein Problem haben, verstehe ich überhaupt nicht, wenn man sein ganzes Leben lang ohnedies das tun muss, was gerade gesagt wird und man am Schluss in einer Partei landet, die das so ähnlich handhabt, wie es ein Bundesheer auch handhabt!

 

Für mich ist die Europäische Union dann nichts Erstrebenswertes, wenn sie ausschließlich oder in erster Linie Wirtschaftsunion ist, in der man nicht nach dem Motto vorgeht, wenn es der Wirtschaft gut geht, dann geht es allen gut, sondern in der man nur darauf achtet, dass es der Wirtschaft gut geht und fertig, und in der man nur schaut, wie man die ganzen Schäden, die verursacht wurden, irgendwie auf die anderen Staaten abwälzen kann.

 

Was ich brauche, um tatsächlich ein glühender Verfechter der Europäischen Union zu sein, ist eine Sozialunion. Und dafür kämpfen viele, und zwar zum Glück mittlerweile auch vernetzt. Es war nicht so leicht, den ganzen Lobbyisten der Unternehmen beizukommen, aber mittlerweile gibt es auch schon länger europäische Gewerkschaften, die intensiver zusammenarbeiten. Das gibt es nicht nur in Österreich, sondern in vielen Ländern.

 

Wir sind auf dem richtigen Weg, und wir müssen dieses Match gewinnen, weil es keine Alternative dazu gibt. Wir müssen das gemeinsam gewinnen und gemeinsam eine Sozialunion machen, denn wenn das am Ende keine Sozialunion ist, dann gibt es überhaupt keine Europäische Union. In der anderen Europäischen Union, die dann übrig bleibt und in welcher die Demokratie dann tatsächlich zur Disposition steht, worüber man sich allerdings nicht wundern darf, werden wir alle nicht gerne wohnen! Nein! Darum kämpfen alle demokratischen Kräfte, und es sind auch alle eingeladen, die zwischendurch immer wieder glauben, der Wettbewerb ist die Lösung für alles, gemeinsam eine Sozialunion aus dieser Europäischen Union zu machen.

 

Und es hat ja auch schon richtige Schritte im Bereich der Demokratisierung gegeben. Es wird eine europäische Volksabstimmung geben. Ich hoffe, dass dieses Instrument öfters zum Tragen kommt und die einzelnen Entscheidungen dann auch umgesetzt werden.

 

Abschließend möchte ich noch einmal bemerken, dass ich mich freue, dass wir heute damit begonnen haben, auch hier mit Europaabgeordneten gemeinsam zu diskutieren. Vielen Dank noch einmal für die Initiative von Rot und Grün! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Prof Dr Vitouch. Ich erteile es.

 

14.02.59

Abg Prof Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren!

 

Bezug nehmend auf meinen Vorredner möchte ich Winston Churchill zitieren: „Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, aber es gibt keine bessere.“ – Genauso verhält es sich mit der EU.

 

Ich möchte jetzt mit einem kurzen Gedicht beginnen: „Der erscheint mir als der Größte, der zu keiner Fahne schwört, und weil er vom Teil sich löste, nun der ganzen Welt gehört.“ – Sie werden wahrscheinlich nicht wissen, von wem dieser Spruch stammt. Auch ich wusste es nicht. – Er ist immerhin von einem sehr unverdächtigen Mann, nämlich von Rainer Maria Rilke.

 

Rilkes „Duineser Elegien" hat übrigens ein Mann ins Tschechische übersetzt, der gestern – leider posthum – von Frau Bundesministerin Claudia Schmied den Manès-Sperber-Preis verliehen bekommen hat, nämlich Jiří Gruša, der übrigens, wie auch Manès Sperber, zufälligerweise in der Reichspogromnacht – euphemistisch: „Reichskristallnacht“ – 1938 geboren wurde, ein Freund von Vaclav Havel, Schriftsteller, Politiker, internationaler PEN-Präsident, Direktor der Diplomatischen Akademie in Wien. Dieser hat einmal gesagt: „Je weniger man die Nachbarn kennt, umso einfacher ist es, sie nicht zu mögen.“ – Ich finde, das ist sehr treffend!

 

Wien hat zu seinen Nachbarn immer ausgezeichnete Beziehungen gepflegt, und Wiens integrative Rolle als Drehscheibe für Mittel- und Osteuropa haben wir geschickt benützt, um auch das Bewusstsein für unsere gemeinsame europäische Identität zu stärken. Deshalb hat Wien diesen Gemeinderatsausschuss für europäische und internationale Angelegenheiten ins Leben gerufen, und deshalb haben wir auch dieses rot-grüne Vorzeigeprojekt, nämlich ein echtes Rederecht für österreichische Mitglieder des Europaparlaments, implementiert und heute seine Premiere gefeiert. – Ich bedanke mich bei allen Mitgliedern – Evelyn Regner ist noch hier – und natürlich auch bei den GRÜNEN für die gute Zusammenarbeit, die schon in der Europadeklaration 2011 festgeschrieben wurde.

 

Wir hoffen, mit diesem Rederecht, das wir gerne noch öfter exekutieren wollen, eine Aufwertung europapolitischer Debatten auf kommunaler Ebene zu erreichen und – wie es ein berühmter deutscher Philosoph, Jürgen Habermas, kürzlich in seinem Essay zur Verfassung Europas formuliert hat, „das bisher hinter verschlossenen Türen betriebene europäische Projekt endlich auf den hemdsärmeligen Modus eines lärmend argumentierenden Meinungskampfes in der breiten Öffentlichkeit umzupolen“. – Was aber nicht bedeuten soll, dass wir uns jetzt in Hinkunft Schreiduelle in Sachen Europa liefern wollen.

 

„Lasst uns diesen Vertag mit Leben erfüllen und in unserem Sinne nutzen.“ – So hat Lhptm Michael Häupl das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages am 1. Dezember 2009 begrüßt. Er hat damit ein Mehr an Europa und generell ein anderes, ein sozialeres, ein nachhaltigeres Europa eingefordert, dessen Kernziele der territoriale Zusammenhang, die Multilevel Governance und die verstärkte Kooperation von Städten und Regionen sein müssen.

 

Die legitimen Interessen Wiens als Stadt und als Land konnten auch auf Grund der bisherigen europapolitischen Aktivitäten, zum Beispiel der Donauraumstrategie oder der Centrope-Zusammenarbeit optimal vertreten werden. Das unterstreicht unsere führende Rolle als Wirtschafts-, als Wissenschafts- und als Kulturzentrum innerhalb des europäischen Binnenmarkts und bringt

 

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