Landtag, 16. Sitzung vom 03.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 40
(Beginn um 9.02 Uhr)
Präsident Prof Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen!
Die 16. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.
Entschuldigungen haben eingebracht die Frau Amtsf StRin Sonja Wehsely, Herr Abg Dipl-Ing Al-Rawi, Abg Seidl, Abg Mag Dr Wansch, Frau Abg Hatzl ist bis 11 Uhr entschuldigt, Frau Abg Novak bis 11 Uhr und Herr Abg Peschek zwischen 11.30 Uhr und 14 Uhr.
Die 1. Frage (FSP - 03325-2012/0001 - KSP/LM) wurde von Frau Abg Silvia Rubik gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport gerichtet. (Wie reagiert Wien, nachdem die Verhandlungen rund um ein neues Bundes Kinder- und Jugendhilfegesetz immer noch zu keinem Ergebnis geführt haben?)
Bitte.
Amtsf StR Christian Oxonitsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete!
Wie Sie wissen, setze ich mich und setzt sich erfreulicherweise auch in großer Einhelligkeit der Wiener Landtag seit vielen Jahren für eine Vereinheitlichung der Standards im Bereich des Kinderschutzes und im Bereich der Jugendwohlfahrt in Österreich ein. Wir haben hier einhellige gemeinsame Beschlüsse dafür und das ist von Anbeginn eine ganz wesentliche Willenskundgebung natürlich des Wiener Landtages gewesen.
Tatsache ist, dass der Bund seit 2008 an einem Entwurf zu einem neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz arbeitet, in welchem in wichtigen Bereichen die Expertise der Wiener Jugendwohlfahrt, die Standards der Wiener Jugendwohlfahrt auch eingeflossen sind. Bedauerlicherweise ist es bis heute nicht gelungen, den Kinderschutz und die wichtige Verbesserung des Kinderschutzes und der Kinderrechte zu einem entsprechenden Abschluss zu bringen. Wenn seitens des Bundes, wie ich meine, zu Recht gemeint wird, die Standards im Kinderschutz auch entsprechend anheben zu wollen, dann muss er den Ländern dafür natürlich auch entsprechende zusätzliche Budgetmittel zur Verfügung stellen. Das betrifft insbesondere tatsächlich einige Bundesländer, die diese ja auch aus fachlicher Sicht international klar anerkannten Standards noch nicht entsprechend umsetzen. Daher ist natürlich auch der finanzielle Aspekt nicht von Seiten Wiens, aber für viele Bundesländer ein nicht unwesentlicher.
Der Entwurf beziehungsweise der mittlerweile vierte Entwurf zum Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz – und wir haben uns bereits seit dem ersten Entwurf immer positiv zu den entsprechenden Entwürfen geäußert – ist nach wie vor, wie ich denke, eine ganz wichtige und wesentliche Weiterentwicklung des österreichischen Kinderschutzrechtes. Ich möchte dabei insbesondere natürlich ein paar Aspekte hervorheben: Einerseits die Einführung des Vier-Augen-Prinzips als wichtiger sozialpädagogischer und sozialarbeiterischer Standard im Bereich der Gefährdungsabklärung, der Hilfeplanung, aber auch der Auswahl der Pflege- und Adoptiveltern. Das Gefährdungsabklärungsverfahren selbst ist eines der wichtigsten Kinderschutzinstrumente überhaupt. In diesem Verfahren geht es darum, festzustellen, ob Kinder gefährdet sind und welcher Kinderschutzmaßnahmen sie bedürfen. Dieses Verfahren ist derzeit gesetzlich nur sehr rudimentär geregelt und wir drängen daher sehr intensiv auch auf klare Standards im Bereich dieser Gefährdungsabklärung. Der Hilfeplan stellt ein wichtiges Hilfeinstrumentarium in der Jugendwohlfahrt dar und er hat damit auch natürlich entsprechende sozialpädagogische Qualitätssicherungsinstrumente als Grundlage. Und ich denke, dass es auch in diesem Hilfeverfahren zwingend notwendig ist, dass dieses Hilfeverfahren natürlich auch in ganz Österreich nach einheitlichen Standards läuft.
Die Stärkung der Kinderrechte und insbesondere der Partizipationsrechte war von Seiten Wiens immer ein ganz wesentlicher Punkt, den wir in diesem Jugendhilfegesetz auch entsprechend implementiert haben wollen. Das derzeit geltende Jugendwohlfahrtsgesetz ist aus dem Jahr 1989 und sieht Kinder in erster Linie lediglich als schutzbedürftige Wesen, und der Zugang zu den Kinderrechten und die entsprechende Verankerung der Kinderrechte war in diesem Gesetz natürlich noch nicht entsprechender Standard. Ich denke, dass gerade auch Partizipationsmöglichkeiten, Mitsprachemöglichkeiten von Kindern in diesem Bereich eine ganz wesentliche und wichtige Grundlage darstellen.
Die Wiener Jugendwohlfahrt versteht sich eben heute nicht allein als Kinderschutzorganisation, sondern in einem modernen Verständnis auch als Kinderrechteorganisation. Daher hat die Wiener Jugendwohlfahrt ja auch in diesem Jahr einen eigenen Kinderrechtebeauftragten im Bereich der Wiener Jugendwohlfahrt installiert, der vor allem Kinder stärken soll, ihre Rechte auch entsprechend in den Einrichtungen einzufordern. Das ist was anderes als der unabhängige Ombudsmann für die Jugendwohlfahrt. Wir haben hier ganz besonders diesen Bereich der Kinderrechte in diesem laufenden Jahr ganz stark auch in die Praxis der Wiener Kinder- und Jugendwohlfahrt verankert. Insbesondere dort, wo zum Schutz der Kinder und Jugendlichen in das Familienleben eingegriffen werden muss wie im Abklärungsverfahren oder bei den Hilfen zur Erziehung. Hier sind auch wirksame Partizipationsmöglichkeiten entsprechend zu installieren, Partizipationsmöglichkeiten eben auch für Kinder und Jugendliche. Auch die Einsicht- und Informationsrechte der Kinder, Jugendlichen, aber auch der Eltern sind meines Erachtens im Sinne eines transparenten Kinderschutzes und einer modernen Jugendwohlfahrt gesetzlich entsprechend abzusichern.
All das waren für uns ganz wesentliche Punkte, wo wir immer der Meinung waren, es bedarf hier in diesem sensiblen Bereich klarerweise einheitlicher Standards, und einmal mehr haben wir in Wien all diese Entwürfe auch entsprechend begrüßt. Leider ist das nicht in allen Bundesländern der Fall und daher ist es dem Bund
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