Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 74
Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Ramskogler. Ich erteile es ihr.
Abg Mag Sonja Ramskogler (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Sehr geschätzte Patienten- und PatientinnenanwältInnen! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen!
Wir diskutieren heute – damit das jetzt auch alle wissen (Heiterkeit bei der SPÖ.) – den Bericht über das Jahr 2011, der an sich zur Gänze unter der Präsidentschaft des Patientenanwalt Dr Brustbauer stand, wobei ich mich bei dieser Gelegenheit seitens meiner Fraktion natürlich für deine wirkliche gute Arbeit bedanken möchte. Die Sozialdemokratische Fraktion wusste immer, dass du dich für die Menschen und ihre Anliegen wirklich gut und menschlich einsetzt. Herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und von Abg Ingrid Korosec.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Es liegt uns dieser Bericht vor. Die PatientInnenanwaltschaft und Pflegeanwaltschaft gibt es seit 20 Jahren. In diesen 20 Jahren hat sich sehr viel getan. 2006 gab es die große Veränderung, denn damals ist auch die Pflege hinzugekommen, sodass PatientInnenanwälte dann auch für die Pflege und somit für einen großen Aufgabenbereich zuständig waren.
Auch damals, als es zu dem Thema kam, ob die Pflege in dieser Anwaltschaft gesetzlich verankert werden soll, waren nicht alle Parteien dafür. Das muss man hier auch einmal festhalten. Ich kann mich noch gut an die Auseinandersetzungen erinnern, ob die Pflege auch in diesen Bereich hineinkommen soll. Also ich bin froh, dass wir heute diese gute Institution haben, so wie sie vor uns steht.
Der Aufgabenbereich, insbesondere der Pflege, nimmt qualitativ und quantitativ sehr zu. Ich möchte hier schon ganz explizit auf den Bericht eingehen und einen Fall erwähnen. Ich möchte auch allen Abgeordneten empfehlen, den Bericht tatsächlich einmal durchzulesen und zumindest einige Fälle herauszunehmen, denn wenn es Sie selbst betrifft, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, oder in Ihrer Familie jemanden betrifft – dass es zum Beispiel einen Fehler gibt, dass man ein Instrument vergisst bei einer Operation oder dass bei einer Diagnose bei einer Untersuchung, etwa bei einer Brustkrebsvorsorgeuntersuchung, leider übersehen wird, dass hier tatsächlich eine Erkrankung vorliegt; solche Fehler kommen vor –, ist es halt eigentlich umso schmerzhafter. Wir sprechen hier, das weiß ich schon, über Fälle, die anonym sind und wo man jetzt keinen persönlichen Bezug hat, aber ich meine, dass man sich das schon einmal auch vorstellen soll, worum es geht.
Es geht zum Beispiel um eine Mutter, die einen Sohn hat, der eine psychische Erkrankung hat, und die noch eine jüngere Tochter und noch einen zweiten Sohn hat und nicht mehr ein und aus weiß, weil sie nicht weiß, wie sie mit ihrem kranken Sohn umgehen soll, wie sie ihn versorgen soll. Er ist aggressiv, er ist aggressiv gegenüber der kleinen Tochter, er ist aggressiv gegenüber der Mutter, und sie weiß nicht ein und aus, was sie mit diesem psychisch kranken Sohn machen soll.
Hier in Wien haben wir die Möglichkeit, den Fonds Soziales Wien, aber auch den Psychosozialen Dienst und die Patienten- und Pflegeanwaltschaft aufzusuchen, dorthin zu gehen und zu sagen: Helfen Sie mir!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass eine Ursache für die Erhöhung der Anzahl der Menschen, die die Patientenanwaltschaft in Anspruch nehmen, auch der ist, dass die Menschen dazu neigen, immer mehr Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es hat eine Zeit gegeben, wo man sich versteckt hat und keine Hilfe in Anspruch genommen hat. Denn was bedeutet es, wenn man Hilfe in Anspruch nimmt? Das bedeutete an und für sich Schwäche. Und wer von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, ist denn gerne schwach? Oder wer gibt es denn zu, schwach zu sein? Niemand! Wir sind hier alle sehr stark, super locker und lässig. Aber Schwäche zuzugeben, bedeutete unter anderem auch, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und ich glaube, dass auch deshalb viele Menschen vermehrt die Wiener Patienten- und Patientinnenanwaltschaft in Anspruch nehmen. Und das ist auch gut so. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ich freue mich umso mehr, dass in der Vergangenheit durch Ihre Leistungen, durch die Leistungen Ihres Teams sehr vielen Menschen geholfen wurde, Herr Dr Brustbauer. Und das ist sicherlich ganz notwendig, egal, ob es Sachwalterschaftsfragen sind, ob es Vermittlungen sind zwischen Heimträgern und dort Tätigen oder BewohnerInnen und deren Angehörigen sind, oder ob es einfach nur darum geht, sich mit den Menschen zusammenzusetzen, um ihnen, wenn sie krank sind, einfach nur ihre Befindlichkeit zu erklären. Denn wie wir wissen, ist Zeit in unserem Gesundheitssystem etwas ganz, ganz Seltenes. Zeit ist eigentlich im Gesundheitssystem sehr wenig vorhanden. Leider, muss man sagen, denn man würde mehr Zeit brauchen. Aber hier muss man der PatientInnenanwaltschaft wirklich sagen: Sie nehmen sich die Zeit, Sie setzen sich mit den Menschen zusammen. Daher kommt auch dieser große Anstieg.
Eines, was meine Kollegin Kickert schon erwähnt hat und worauf ich auch noch eingehen möchte, ist die Fehlerkultur. Ich sehe es ähnlich wie Sie, Frau Kollegin, dass es auch hier notwendig ist, und ich habe es vorhin erwähnt, was Schwäche betrifft. Da geht es um eine Fehlerkultur. Da geht es darum, dass es oft nicht so ist, dass Ärzte gerne Fehler zugeben – ich würde jetzt sagen, das betrifft nicht nur Ärzte, sondern es gibt keiner gerne Fehler zu –, aber es müssen halt auch die Rahmenbedingungen so sein, dass man eine Fehlerkultur aufbauen kann. Und diese Rahmenbedingungen, denke ich mir, sind noch weiter auszubauen, damit alle Ärzte auch die Möglichkeit haben, eine Fehlerkultur aufzubauen und diese auch entsprechend umzusetzen.
Ich möchte auch der Kollegin Korosec und der Kollegin Kickert recht geben, was den Entschädigungsfonds anlangt. Auch ich meine, dass es ganz, ganz dringend ist, dass auch der niedergelassene Bereich dem Entschädigungsfonds sozusagen unterliegt. Da bin ich wieder bei einem persönlichen Beispiel. Stellen Sie sich vor, ihre Frau geht zum niedergelassenen Arzt, und es pas
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