Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 75
betonen, dass dieser Antrag nicht zulässig ist und nicht zur Abstimmung kommt.
Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Al-Rawi. - Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Präsident! Frau Landeshauptmann-Stellvertreter! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen vom Europäischen Parlament!
Ich gehöre zu jenen, die sich sehr freuen, dass es dieses Rederecht gegeben hat, weil es endlich einen gemeinsamen Austausch zwischen uns geben kann und wird. Ich möchte auch in meiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender einer der größten Firmen in Wien vielleicht auch die Sorgen, die unsere Kolleginnen und Kollegen hier haben, sehr gern an Sie weitergeben, um auch sie im Europäischen Parlament zu vertreten.
Wo immer man in der Welt herumgeht, werden wir immer sehr beneidet über die Europäische Union, über das größte Friedensprojekt. Wenn ich selber in den arabischen Raum gehe, freuen sich alle, wie es möglich ist, dass ein Kontinent Frieden geschaffen hat trotz ethnischer, religiöser Vielfalt. Und man beneidet uns um unsere sozialen Standards und um den Sozialstaat, den wir aufgebaut haben.
Es ist klar - und das sollen wir uns immer vor Augen führen -, dass ein Frieden, ein Friedensprojekt nie funktionieren kann ohne sozialen Frieden, eine funktionierende soziale Kohäsion, gerechte Verteilung des Vermögens, des Einkommens und die Zukunft und Vision für unsere Jugend. Meine Damen und Herren, was sehr wichtig für uns ist, ist hier immer wieder zu betonen: Erfolg und Wohlstand darf kein Privileg für immer weniger und Sicherheit kein der Elite vorbehaltener Luxus sein!
Die letzten veröffentlichten Zahlen zur Arbeitslosigkeit, die auch Österreich nicht verschont, erfüllen uns mit sehr großer Sorge. Österreich glänzt zwar im Vergleich mit den restlichen europäischen Ländern, aber trotzdem: 27 Millionen Arbeitslose laut Eurostat sind nicht wenig! Davon sind 19 Millionen allein in der Eurozone. Wenn man dann noch die Jugendarbeitslosigkeit in manchen Ländern anschaut, wie Spanien mit 52 Prozent und Griechenland mit 62 Prozent, so ist das wirklich eine sehr schreckliche und schlimme Entwicklung.
Hannes Swoboda, den ich da sehr gerne zitiere, sagt mit Recht, dass wir heute vor großen Herausforderungen stehen und uns in einer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krise befinden, und zwar nicht nur in Europa, sondern auch weltweit. Die strikten Maßnahmen, die Europa und Staaten weltweit im Rahmen der strikten Sparpolitik auferlegt werden, haben zerstörerische Wirkung, und es zeigt sich, dass wir auf dem falschen Weg sind. Stattdessen müssen wir in Wachstum, Arbeitsplätze und Bildung investieren!
Sogar der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und andere internationale Institutionen sowie renommierte Akademiker sind sich einig, dass es Zeit ist, den Menschen wieder das Vertrauen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. Statt Austerität brauchen wir Wachstum und Arbeitsplätze. Erfreulich sind für uns die Erkenntnis und Wende in der Überlegung der Europäischen Union/Kommission, den Ländern mehr Zeit zu geben, um die Sparziele zu erfüllen. Das ist immerhin ein erster Schritt.
Wir brauchen in der Arbeitswelt wieder produktivitätsorientierte Löhne und mehr Mitbestimmung, meine Damen und Herren! Wir sind der Überzeugung, dass der Sozialstaat, wie wir ihn heute kennen, die wichtigste zivilisatorische Leistung im letzten Jahrhundert war. Gerechtigkeit, Solidarität und gesellschaftlicher Konsens gehören zu den wichtigsten Zielen von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.
Ich zitiere an dieser Stelle sehr gern den Yves Salesse, der einmal sinngemäß sagte, die Gründungsväter der Europäischen Union sahen den Markt als ein Instrument der europäischen Einigung und Integration. - Nur ist es mittlerweile leider umgekehrt geworden: Die Europäische Union ist ein Instrument des Marktes geworden. Das kann, meine Damen und Herren, nicht unser Ziel sein!
Es kann auch nicht sein - wie gestern auch Martin Schulz in der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt hat -, dass die EU 700 Milliarden für die Rettung der Banken mobilisieren kann, aber nur 6 Milliarden für arbeitssuchende Jugendliche bereitstellt. Es muss uns auch klar sein, dass verloren gegangene Arbeitsplätze nicht so leicht wieder zurückkommen.
Heute diskutieren wir zu Recht über Konjunkturpakete, nicht zuletzt auch durch die Insolvenz des zweitgrößten Baukonzerns in Österreich, der Alpine. Im Übrigen lese ich gerade in den Medien, dass Alpine interessanterweise in einer Offshore-Leaks-Datei auch noch aufgetaucht ist. Ich hoffe, dass diese Spekulationen nicht dazu beigetragen haben.
Aber wir sollen nicht vergessen, dass die Schulden, die uns vorgehalten werden, ja investiert worden sind in den Bau von Straßen, in Autobahnen, in Tunnel, in Schulen, in öffentliche Verkehrsmittel, in U-Bahnen, in Spitäler, in die Kanalisation, in Kläranlagen, in Infrastruktur aller Art. Daher sollten wir hier klar und deutlich sagen, dass Österreich und Wien trotz der Schuldenlast reich sind! Kein Großkonzern der Welt würde auf die Idee kommen, nur seine Schulden und nicht auch sein Vermögen zu veröffentlichen.
Meine Damen und Herren! Solidarität und Zusammenhalt muss es über alle Grenzen hinweg geben, und darauf müssen wir setzen. Ich möchte hier auch solidarisch damit beginnen, indem ich meine Redezeit nicht zu sehr in die Länge ziehe, damit Sie auch die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu beziehen. - Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Abgeordneter. - Ich konnte in der Zwischenzeit das Protokoll studieren.
Herr Abg Ellensohn! Ich darf Ihnen, ja ich muss Ihnen für „dieses blöde Geschwätz“ einen Ordnungsruf erteilen.
Als Nächster zum Wort gemeldet - und ich erteile es mit großer Freude - ist Herr Abg Mag Karas. - Bitte, Herr Abgeordneter.
EP-Abg Othmar Karas, MBL (ÖVP): Ich hätte gerne
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