Landtag, 27. Sitzung vom 25.09.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 63
nicht hergehen und sagen, skandalisieren wir jetzt nicht herum! Denn Faktum ist, wir haben 3 300 Sexarbeiterinnen angemeldet. Wir wissen alle, es gibt noch einmal so viele illegalisierte Frauen. Das heißt, wir haben 6 000 bis 7 000 Frauen in Wien.
Hier und heute - ich will Ihnen nur die Relationen vor Augen halten -, hier und heute reden wir über 15 Frauen auf der Brunner Straße - über 15! (Abg Mag Wolfgang Jung: 40 jetzt, und dann kommen ...) Über 15 Frauen. Laut dem ... (Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist wirklich eine Realitätsverweigerung!) Hören Sie auf, Herr Jung! (Abg Mag Wolfgang Jung: Ja, fragen Sie die Polizei! Fragen Sie ...) Plärren Sie nicht blöd herum! Ich sage es Ihnen noch einmal (Zwischenrufe bei der FPÖ.): Laut LEFÖ, laut SOPHIE, laut dem STD Ambulatorium und laut der Polizei wird es gezählt, es sind durchschnittlich 15 Frauen. Das ist die aktuelle Zahl aus dem Steuerungsteam.
Ich weiß eh, Sie können jetzt alles abstreiten. Ich selber war vier Mal dort. Ich war vier Mal vor Ort, und es ist schlichtweg - wie es das Gesetz vorsieht - nicht in einem Wohngebiet, sondern in einem Industriegebiet. (Abg Mag Wolfgang Jung: Wir können es einmal gemeinsam abwandern, Frau Kollegin!) Schauen Sie, ich war vier Mal mit StreetworkerInnen dort. Ich weiß nicht, was Sie mir erzählen wollen.
Es ist ja ganz klar, es gibt Anrainer/Anrainerinnen, die sagen, ja, es gibt Prostitution, Hauptsache, sie ist sicher genug. Es gibt Anrainer/Anrainerinnen, die sagen, das Hauptproblem, das wir gehabt haben, war der Lärm. Ja, auch das ist ernst genommen worden. Dann gibt es Anrainer und Anrainerinnen, die für ein Verbot eintreten. Und da sagen wir: Nein, Rot-Grün ist für kein Verbot der Straßenprostitution zu haben! Es wird kein Straßenverbots... (Abg Mag Wolfgang Jung: Dann haben wir ein Thema bis zu den Gemeinderatswahlen!)
Ja, eh, das glaube ich Ihnen! Fällt Ihnen noch ein anderes Thema ein? (Abg Mag Wolfgang Jung: O ja! Die AVZ ... - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Oh, tatsächlich, stimmt - mir fällt gerade keines von der FPÖ ein (Abg Mag Wolfgang Jung: Wir haben viele Themen!), wo man so klass emotionalisieren kann.
Auch diese Doppelmoral ist einfach völlig daneben! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie von der FPÖ - keine Ahnung, wer da gestanden ist - gehen wirklich her und fragen die Frau Stadträtin: Wann sorgen Sie dafür, dass mehr Menschen bei der Kriminalabteilung für Menschenhandel arbeiten? Ich darf Ihnen schon sagen, dass das dem Innenministerium unterstellt ist, und vielleicht richten Sie die Frage eher in Richtung ÖVP. (Abg Armin Blind: Das machen wir eh! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wir haben ganz klar gesagt - ich habe mich mit den sechs Kollegen/Kolleginnen der Abteilung öfters zusammengesetzt und mache es nach wie vor -, es ist eine Zumutung. Nicht nur, dass sechs Personen für Menschenhandel zuständig sind - das ist einfach notorisch unterbesetzt -, auch wenn Sie sich die Arbeitsbedingungen vor Ort anschauen, ist es völlig untragbar. Also da wenden Sie sich bitte ans Innenministerium! Sie haben hier unsere Unterstützung, überhaupt keine Frage. (Abg Mag Wolfgang Jung: Also ist es doch untragbar! Die Stadträtin sagt, es ist alles in Ordnung!)
Die zweite Geschichte, die Sie jetzt permanent vermischen und wo Sie vor allem auf Kosten der Frauen die Diskussion führen - das Thema der Sexarbeit ist dermaßen stigmatisiert! Sie haben im Grunde überhaupt keine Ahnung, welches Doppelleben viele der Frauen führen, führen müssen, weil sie permanent gedemütigt werden, auch von Menschen wie Ihnen. Das muss man schon feststellen, ob Sie es wollen oder nicht. Ich kenne unterschiedlichste SexarbeiterInnen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Finden Sie diese Arbeitsbedingungen richtig oder nicht?) Da gibt es ManagerInnen, da gibt es Studierende, da gibt es Hausfrauen, quer durch. Das ist die Realität. Mit Realitätsverweigerung und dem Schreien von Verbot, Verbot! kommen wir keinen Millimeter weiter. Das ist einfach, behaupte ich, für alle Beteiligten untragbar.
Ich will es aber nicht schönreden. Ich war vor ein paar Tagen wieder unterwegs. Die Situation ist in Bereichen nicht ungefährlich für die Frauen, weil der Raum so beengt ist, überhaupt keine Frage. (Abg Mag Wolfgang Jung: Was glauben Sie, wie eng ...) Wir haben jetzt gerade wieder eine Frau, die schwer misshandelt worden ist. Es gibt hier nichts zum Schönreden. Auf der anderen Seite haben wir immer mehr SexarbeiterInnen, die auch auf Grund von Armut diesem Gewerbe nachgehen. Das muss man auch nicht schönreden.
Dann reden wir einmal konkret, ruhig und sachlich über Armut und die Auswirkungen der Armut, wir sind sofort dabei! Aber was wir sicher nicht machen werden, ist, ein Verbot einzuführen, und dann werden wir anfangen, uns zu überlegen, welche Alternativen es gäbe. Sicher nicht mit Rot-Grün, sicher nicht mit dieser Skandalisierung, die Sie hier betreiben, und mit dieser Doppelmoral!
Eines finde ich auch extrem schade, hier hat die Bundesregierung sehr ausgelassen. Es hat letztes Jahr ein OGH-Urteil gegeben, wo endlich die Sittenwidrigkeit aufgehoben worden ist. Es war ein guter Schritt, den man da gegangen ist, nur fehlen eben jetzt die gesetzlichen Adaptierungen im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Das ist schade, hier hätte man noch einen Schritt machen können für mehr Sicherheit der Frauen, für mehr Selbstständigkeit, dass sie auch unselbstständig arbeiten können. Aber nein, aber nein, wir reden ja von Sexarbeit/Prostitution! Das interessiert ja im Grunde niemanden, da kann man nichts gewinnen, da greifen wir - vor allem, wenn es die ÖVP ist - nicht hin.
Insofern noch einmal: Rot-Grün hat Ziele, hat sich Ziele gesetzt. Die Entlastung des Wohngebiets ist im Verhältnis zu vorher ein gutes Stück weit gelungen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, sichere Bedingungen zu schaffen. Indoor geht es ein Stück weit in Richtung Studios, außen haben wir noch zu wenige Plätze für die Straßenprostitution. Und ja, nicht ungefährliche Situationen, da sind wir dran, das auch ernst zu nehmen.
Nur, machen wir uns nichts vor! Ich mache mir auch als Grüne nichts vor und sage ganz offen, mit dem Prostitutionsgesetz allein werden wir es nicht schaffen, die
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