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Landtag, 33. Sitzung vom 26.09.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 55

 

Demokratie besteht ja nicht nur aus dem Wahlrecht, da kommen viele andere Dinge dazu: das Interpellationsrecht, die Frage der Kontrolle von ausgegliederten Einrichtungen, und so weiter, und so fort. Also ich glaube, die Fairness drückt sich auch irgendwo im Procedere aus.

 

Und ich würde eigentlich, so wie der Herr Landeshauptmann, auch sagen: Ob das Wiener Wahlrecht jetzt unfair ist, das ist auch teilweise Geschmackssache. Ich meine, wenn man sich die unterschiedlichsten Wahlsysteme anschaut, so gibt es da eben verschiedene Schwerpunktsetzungen. Beim Mehrheitswahlrecht möchte man bei den Einer-Wahlkreisen eine starke Personalisierung, man möchte einen engen Kontakt zwischen Mandataren und Wählern, einen geringeren Einfluss der Parteien, und man setzt eben auf relativ stabile, regierungsfähige Mehrheiten. Zu sagen, dass das unfair ist? Das ist eben ein anderes System.

 

Unfair wird es dann, wenn man die Wahlkreise ändert, wenn man sozusagen dann in das System eingreift und sagt, ich ziehe die Wahlkreise anders, womit halt gewisse Ziele verfolgt werden. (Abg Heinz Hufnagl: Das hat der Herr Orban jetzt gemacht!) Na ja, so etwas ist dann in diesem System unfair. Aber zu sagen, das Mehrheitswahlrecht ist per se unfair? Es hat eben einen anderen Schwerpunkt.

 

Wir haben - ich glaube, aus guten Gründen - das Verhältnissystem. Nur, das Verhältnissystem ist ja auch nicht zur Gänze umgesetzt, weil man auch andere Gesichtspunkte verfolgt. Ich meine, wir könnten ja in Wien hergehen und sagen, wir haben genau 100 Mandate, daher wird durch 100 dividiert, und mit 1 Prozent hat man ein Mandat. Man hat gute Gründe gefunden, eine Mindesthürde zu haben. Aber ist das jetzt unfair? Nein, es ist einfach praktisch, es verhindert eine Zersplitterung. Auch das hat schon mehrheitsfördernde Elemente. Und wenn bei einer konkreten Wahl 3 Parteien knapp an der 4-Prozent-Hürde scheitern, dann freuen sich auch die anderen. Da kann man sagen, knapp vorbei ist auch daneben. Aber zu sagen, eine Hürde ist unfair, so weit würde ich nicht gehen. Es ist halt ein Kompromiss aus unterschiedlichen Gesichtspunkten.

 

Und letztendlich verändert sich ja auch die Parteienlandschaft mehr oder weniger rasch. Wenn man denkt, vor ein paar Jahren hat es auf Bundesebene Parteien gegeben, die bei 50 Prozent gelegen sind, jetzt ist man mit 26 oder 27 Prozent schon sozusagen der Erste. Das heißt, es ist das System auch unabhängig vom Wahlrecht im Fluss.

 

Also so einfach zu pauschalieren und zu sagen, das System ist so unfair? Es haben ja auch andere Parteien die Möglichkeit, von den mehrheitsfördernden Elementen zu profitieren, die es ja auch überall anderswo gibt, wenn man nur an Grundmandate, Restmandate denkt, und so weiter. Es gibt da die unterschiedlichsten Dinge. Wichtig ist, dass man die Missbrauchsmöglichkeiten, die die Nachfrist bei der Briefwahl bietet, mehr oder weniger auch beseitigt, weil das wirklich etwas ist, was sehr problematisch ist. Es kommt ja, historisch gesehen - weil wir heute auch schon über die Geschichte gesprochen haben -, aus jener Zeit, als nur die Auslandsösterreicher briefwahlberechtigt waren, und wenn man da zum Beispiel aus den USA die Wahlkarte abgeschickt hat, dann hat das gedauert. Das ist sicher etwas, was auf jeden Fall geändert gehört.

 

Grundsätzlich sollte man ein größeres Demokratiepaket schnüren. Auch wenn hier im Landtag die Anfragen so wenig werden - nicht weil den Abgeordneten keine Fragen einfallen, sondern weil immer wieder gesagt wird, das geht aus rechtlichen Gründen nicht, und so weiter im ausgelagerten Bereich -, da kann man sich Dinge überlegen. Ich glaube, das wäre eine Aufgabe. Das wird sich wahrscheinlich in dieser Periode nicht mehr ganz ausgehen, aber man kann ja sozusagen auch ein bisschen Arbeit liegen lassen. Dass jetzt noch auf die Schnelle ein neues Wahlrecht, das nur von zwei Parteien ausgehandelt wird, durchgepeitscht wird, davon würde ich auch eher abraten.

 

Jetzt ein paar Worte auch noch zu den GRÜNEN. Es ist natürlich verlockend, jetzt den GRÜNEN immer wieder den Notariatsakt vorzuhalten - das ist ganz klar, dass das geschieht -, aber wenn man sich das politische Geschäft ein bisschen anschaut: Wie soll denn das eigentlich funktionieren? Man geht in eine Koalition und sagt: So, aber am Anfang fangen wir nicht gleich zu arbeiten an, jetzt ändern wir noch schnell die Spielregeln, mittendrin und am Schluss. - Ich meine, so ganz einfach ist das im Procedere nicht. Und wie schnell der Standort auch den Standpunkt bestimmt, hat man ja heute auch bei der ÖVP gesehen. Wenn ich nicht selbst dabei gewesen wäre, wüsste ich es nicht, aber das Amt des Vizepräsidenten des Stadtschulrates war ein sehr begehrtes Amt, und es ist ein G‘riss um die Kollegiumsmitglieder, und so weiter. Jetzt, wo man relativ weit entfernt ist von den Ämtern, da sagt es sich dann ganz leicht: Ja, schaffen wir das Ganze ab!

 

Ich glaube, das, was auf der einen Seite möglich ist, muss man auch den GRÜNEN zugestehen: dass sich halt in der politischen Realität manche Vorsätze nicht so leicht umsetzen lassen. Dass sich die GRÜNEN nicht um ein neues Wahlrecht bemühen, wird man auch schwer sagen können. Also ich glaube, da sollte man die Kirche im Dorf lassen. Wir alle wissen, wie der politische Prozess ist, dass man eben in einer Koalition bei wichtigen Fragen nicht so mir nichts, dir nichts einander überstimmen kann.

 

Was das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige betrifft, so muss ich schon sagen, dass es da um eine grundsätzliche Problematik geht. Es geht um die Frage: Welche Bedeutung hat die Staatsbürgerschaft? Wir leben eigentlich in einer Zeit, wo wir sehen, es haben viele Menschen die Staatsbürgerschaft, weil sie gewisse Formalkriterien erfüllt haben, aber die innere Empathie zum neuen Heimatland ist vielleicht nicht im gleichen Ausmaß gegeben. Jetzt zu sagen, erweitern wir das Wahlrecht auch auf Nichtstaatsbürger - also, ganz ehrlich, davor kann ich nur warnen, weil das die Staatsbürgerschaft insgesamt aushöhlen würde. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und so ähnlich wie man vielleicht der SPÖ unterstellen kann, dass sie an dem jetzigen Wahlrecht festhält,

 

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