Wiener Landtag 19. Wahlperiode 33. Sitzung vom 26. September 2014 Wörtliches Protokoll Inhaltsverzeichnis 1. Entschuldigte Abgeordnete S. 3 2. Ordnungsruf an Abg Mag Dr Alfred Wansch S. 3 3. Fragestunde 1. Anfrage (FSP - 02761-2014/0001 - KU/LM) S. 3 2. Anfrage (FSP - 02759-2014/0001 - KVP/LM) S. 6 3. Anfrage (FSP - 02757-2014/0001 - KFP/LM) S. 7 4. AST - 02818-2014/0002 - KFP/AL: Aktuel- le Stunde zum Thema "Stopp radikalis- lamistischer Tendenzen in Wien- Missbrauch bei Grundversorgungsleistun- gen und Staatsbürgerschaftsverleihungen beenden!" Rednerinnen bzw Redner: Abg Mag Johann Gudenus, MAIS S. 9 Abg Dr Wolfgang Ulm S. 10 Abg Birgit Hebein S. 11 Abg Safak Akcay S. 12 Abg Dr Wolfgang Aigner S. 13 Abg Mag Barbara Feldmann S. 13 Abg Senol Akkilic S. 14 Abg Mag Wolfgang Jung S. 15 Abg Mag (FH) Tanja Wehsely S. 16 5. Mitteilung des Einlaufs S. 17 6. Umstellung der Tagesordnung S. 17 7. 02594-2014/0001-MDLTG; P 1: Wahl eines Mitgliedes und eines Ersatz- mitgliedes des Bundesrates Abstimmung S. 17 8. Begrüßung des Volksanwaltes Dr Günther Kräuter, der Volksanwältin Dr Gertrude Brinek und des Volksanwaltes Dr Peter Fichtenbauer S. 18 9. 02468-2014/0001-MDLTG, P 2: 35. Bericht der Volksanwaltschaft 2013 Rednerinnen bzw Redner: Abg Ingrid Korosec S. 18 Abg Birgit Hebein S. 19 Abg Dr Helmut Günther S. 21 Abg Mag Sonja Ramskogler S. 22 Volksanwältin Dr Gertrude Brinek S. 24 Volksanwalt Dr Günther Kräuter S. 25 Volksanwalt Dr Peter Fichtenbauer S. 26 Abstimmung S. 27 10. 02585-2014/0001-GGU, P 8: Naturschutzbericht 2013 Berichterstatter Abg Erich Valentin S. 27 Rednerinnen bzw Redner: Abg Mag Karin Holdhaus S. 27 Abg Ingrid Puller S. 29 Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc S. 30 Abg Heinz Hufnagl S. 31 Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc S. 33 Berichterstatter Abg Erich Valentin S. 34 Abstimmung S. 35 11. LG - 02230-2014/0001, P 3: Änderung der Dienstordnung 1994, Besol- dungsordnung 1994, Vertragsbedienste- tenordnung 1995, des Wiener Verwal- tungsgericht-Dienstrechtsgesetzes, Wie- ner Personalvertretungsgesetzes, Wiener Gleichbehandlungsgesetzes, Wiener Bedienstetenschutzgesetzes 1998, Wiener MitarbeiterInnenvorsorgegesetzes und Wiener Landeslehrer und Landeslehrerin- nen-Diensthoheitsgesetzes 1978 (Beilage Nr 18/2014) Berichterstatterin Abg Mag Nicole Berger-Krotsch S. 35 Rednerin: Abg Angela Schütz S. 35 Berichterstatterin Abg Mag Nicole Berger-Krotsch S. 37 Abstimmung S. 37 12. LG - 02683-2014/0001/LAT, P 9: Änderung des Gesetzes über das Verwal- tungsgericht Wien (Beilage Nr 22/2014) Berichterstatterin Abg Mag Nicole Berger-Krotsch S. 37 Abstimmung S. 37 13. LG - 02316-2014/0001, P 4: Änderung des Wiener Kinder- und Ju- gendhilfegesetzes 2013 - WKJHG 2013 (Beilage Nr 19/2014) Berichterstatter Amtsf StR Christian Oxonitsch S. 37 Abstimmung S. 37 14. 02335-2014/0001-MDLTG, P 5: Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG betref- fend Ausbau ganztägiger Schulformen (Beilage Nr 16/2014) Berichterstatter Amtsf StR Christian Oxonitsch S. 38 Rednerin bzw Redner: Abg Ing Isabella Leeb S. 38 Abg David Ellensohn S. 38 Abg Heinz Vettermann S. 39 Abg Dr Wolfgang Aigner S. 40 Abg Dr Helmut Günther S. 41 Abstimmung S. 42 15. 02573-2014/0001-MDLTG, P 6: Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG betref- fend Ausbau des institutionellen Kinderbe- treuungsangebots (Beilage Nr 20/2014) Berichterstatter Amtsf StR Christian Oxonitsch S. 42 Abstimmung S. 42 16. LG – 02497-2014/0001/LAT, P 7: Änderung des Wiener Krankenanstalten- gesetzes 1987 – Wr. KAG (Beilage Nr 17/2014) Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely S. 42 Abstimmung S. 42 17. PGL - 02820-2014/0001 - KVP/MDLF: Dringliche Anfrage von Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger und Abg Dr Wolfgang Ulm be- treffend „faires Wahlrecht JETZT“ Verlesung durch Schriftführer Abg Ing Bernhard Rösch S. 43 Begründung: Abg Dr Wolfgang Ulm S. 43 Beantwortung: Lhptm Dr Michael Häupl S. 45 Redner: StR Mag Manfred Juraczka S. 46 Abg David Ellensohn S. 47 Abg Mag Johann Gudenus, MAIS S. 50 Abg Dr Wolfgang Aigner S. 51 Abg Dipl-Ing Rudi Schicker S. 53 Abg Armin Blind (tatsächliche Berichtigung) S. 54 Abstimmung S. 55 (Beginn um 9 Uhr.) Präsident Prof Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 33. Sitzung des Wiener Landtages. Entschuldigt sind Abg Ekkamp, Abg Mag Kowarik, Abg Kubik, Abg Lindenmayr, Abg Mahdalik, Abg Mag Maresch, Abg Dr Mayer, Abg Nepp, Abg Stark, Abg Dipl-Ing Stiftner, Abg Woller. Frau Abg Dr Kickert ist ab 12 Uhr verhindert und die Dritte Präsidentin, sollte die Sitzung heute länger dauern, was ich nicht annehme, ist ab dem Abend verhin- dert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor wir zur Fragestunde kommen, darf ich noch kurz einleitend in Er- innerung rufen, der letzte Landtag am 30. Juni 2014, der phasenweise doch etwas turbulent verlaufen ist, hat dazu geführt, dass zwei Verlangen nach einem Ordnungsruf gestellt wurden, der eine Ordnungsruf von Dipl-Ing Schicker an Mag Dr Alfred Wansch wegen des Verwendens des Ausdrucks „Zwangsherrschaft“ in seiner Rede, offenbar zur Verstärkung seiner Meinung, der Herr Abg Nepp an Dipl-Ing Schicker wegen seines Einwandes „Sie müssen bei Ihrer Vergangenheit besonders ruhig sein!“ Nach gründlichem Studium des Protokolls kann ich erstens feststellen, und ich bitte, das auch so zur Kenntnis zu nehmen, dass die Ausdrucksweise, die manchmal im Landtag von verschiedensten Abgeordneten gewählt wird, mit Sicherheit für unsere Aufgabenstellung, für die Würde des Amtes, für das wir letztendlich von den Wählerinnen und Wählern gewählt wurden, eigentlich nicht akzeptabel ist. Ich bitte, das wirklich auch in der heutigen Sitzung zu beher- zigen, dass man hier ganz besonders im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Auch wir haben es wechselseitig nicht verdient, in manchen Gesprächen, die hier am Podium geführt werden, sich gegenseitig mit Vorwürfen oder Aus- drucksweisen zu, fast würde ich sagen, belästigen. Nach wirklich reiflicher Überlegung, weil ich nicht der Meinung bin, dass man Ordnungsrufe nach Belieben streuen sollte, aber es doch sehr viele Anhaltspunkte, auch seitens des Parlaments und anderer Einrichtungen gibt, nicht zuletzt auch unter Zuhilfenahme von Duden und anderen, erteile ich Herrn Abg Dr Wansch, der das auch bestätigt hat, für den bei der Sitzung mehrfach gewählten Vorwurf und Ausdruck „Zwangsherrschaft“ einen Ordnungsruf. Für das Verlangen von Herrn Abg Nepp an Herrn Dipl-Ing Schicker, einen Ordnungsruf zu erteilen, ist es mir ei- gentlich unmöglich. - Herr Abg Jung, ich bitte Sie, Sie können das Protokoll durchaus lesen. (Abg Mag Wolfgang Jung. Ich habe ja gar nichts gesagt!) Sie haben zwar nichts gesagt, das ist schon richtig, aber ich habe Sie trotzdem angesprochen. (Heiterkeit bei der FPÖ. - Abg Heinz Hufnagl: Präventiv!) - Wer Politik macht, muss auch fröhlich sein! Das ist gut so! - Für das Verlangen von Herrn Abg Nepp an Herrn Dipl-Ing Schicker einen Ordnungsruf zu erteilen, für den Ausdruck „Sie müssen bei Ihrer Vergangenheit besonders ruhig sein!“, ist es schwierig, für die Erteilung eines Ordnungsrufes hineinzuinterpretieren und herauszulesen, welche Vergangenheit damit unterstellt wird. Es kann durchaus auch gemeint sein, Ihre Vergangenheit Ihres Bildungsweges, dass Sie genau wissen, was Sie damit gesagt haben und dass Sie das erkennen. Aus diesem Grund kann ich den Ordnungsruf nicht erteilen. (Beifall bei der FPÖ. - Abg Mag Dr Alfred Wansch: Ungeheuerlich und sehr objektiv! - Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Können Sie sich noch in den Spiegel schauen?) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf jetzt den Vorsitz an Präsident Herzog übergeben. Präsident Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen und Herren des Wiener Landtages! Ich darf eingangs auch einen guten Morgen wünschen! Ein friedlicher Verlauf der heutigen Sitzung, wie vom Ers- ten Präsidenten erhofft, ist von mir ebenfalls erwünscht. Das darf ich feststellen. Wir kommen nun zur Fragestunde. Die 1. Anfrage (FSP - 02761-2014/0001 - KU/LM) wurde von Herrn Abg Dr Aigner gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport gerichtet. (Die Medien berichte- ten von einem überaus verstörenden Fall von brutaler Tierquälerei im Lainzer Tiergarten. Eine Bande von Kindern und Jugendlichen quälte und tötete Wildschwein-Babys, bedrohte einen Förster mit dem 'Abstechen' und verspürte dabei noch 'Glücksgefühle'. Ein 'Lausbubenstreich' sieht definitiv anders aus. Zeitungsberichten zufolge handelt es sich bei den Tätern unter anderem um Tschetschenen und Türken. 'Glücksgefühle' beim Töten unschuldiger Lebewe- sen, das angedrohte Abstechen eines Menschen lassen vor diesem Hintergrund unweigerlich Assoziationen zu den Gräueltaten diverser Islamisten in vielen Krisenregionen der Welt aufkommen. Die noch strafunmündigen Täter wer- den von der Wiener Jugendwohlfahrt betreut. Da hier offenkundig ein Fall besonderer Verrohung vorliegt und die Gefahr einer islamistischen Radikalisierung nicht ausgeschlossen werden kann, kommt der Arbeit der Jugendwohl- fahrt besonders große Bedeutung zu. Welche Schritte werden seitens des Amtes für Jugend und Familie im konkre- ten Fall gesetzt, um unsere Gesellschaft und wehrlose Tiere vor solchen Personen zu schützen?) Ich ersuche Herrn Stadtrat um die Beantwortung. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Einen wunderschönen guten Morgen! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zu Ihrer Frage möchte ich zunächst einmal darüber informieren, dass trotz der mehrmaligen und mehrfachen Behauptung in Medien betreffend den von Ihnen angesprochenen Vorfall im Lainzer Tiergarten nachweislich kein Förster bedroht wurde. Nichtsdestotrotz ist man immer wieder mit entsprechenden Be- richterstattungen konfrontiert, aber ich möchte das eingangs gleich einmal richtigstellen. Selbstverständlich hat die Wiener Kinder- und Jugendhilfe nach Eintreffen der entsprechenden Polizeiprotokolle und der Meldung durch die Polizei umgehend im Rahmen einer Gefährdungsabklärung Kontakt mit den Familien der betroffenen Personen aufgenommen. Zwei der sechs Personen sind strafmündig, die anderen noch unter 14 Jahre alt. Zwei der sechs Jugendlichen waren der Regionalstelle der MA 11 bereits bekannt, allerdings aus völlig anderen Gründen und nicht im Zusammenhang mit Tierquälerei. Diese Vorfälle werden selbstverständlich, wie immer sämtli- che Vorfälle in diesem Bereich, von der Kinder- und Jugendhilfe sehr ernst genommen, und es wird der familiäre Hintergrund natürlich genau beleuchtet. Das ist auch in diesem Fall passiert, nämlich sowohl durch Gespräche mit den Betroffenen, es wurden im Rahmen dieser Gefährdungsabklärung mit den Tätern bereits Gespräche geführt, aber selbstverständlich auch mit den ent- sprechenden Obsorgeberechtigten. Ich kann darüber informieren, dass in keinem der Gespräche eine religiös moti- vierte Handlung oder ein radikalisierter Hintergrund festgestellt werden konnte, sondern durchaus auch, natürlich in unterschiedlichen Ausprägungen, wie das bei Jugendlichen sehr oft ist, aber auch vor allem seitens der Familien, das Bedauern für diesen Vorfall entsprechend ausgesprochen wurde. Nichtsdestotrotz gibt es seitens der MA 11 hier die entsprechende Unterstützung der Erziehung, die von den Familien auch angenommen wurde. Wir nehmen, und ich glaube, wir haben das auch gestern sehr deutlich machen können, in der Wiener Kinder- und Jugendhilfe das Thema der Radikalisierung junger Menschen sehr ernst. Wir haben gestern das gesamte Maßnah- menpaket besprochen. Es ist allerdings in diesem konkreten Fall kein entsprechender Bezug, sowohl durch den Hin- tergrund der Familie als auch letztendlich durch die Gespräche mit den Täterinnen und Tätern, festgestellt worden. Präsident Johann Herzog: Ich danke Herrn Stadtrat für seine Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage hat Herr Abg Dr Aigner. - Ich ersuche darum. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Vielen Dank für die Beantwortung. Die umgebrachten Tiere haben nichts mehr davon. Aber es ist doch beruhi- gend, dass das so ist. Wie sind denn eigentlich bezugnehmend auf Radikalisierungstendenzen Ihre Erfahrungen in anderen Fällen? Ha- ben Sie sozusagen auf dem Radar der MA 11 schon, können Sie das sozusagen schon nachvollziehen, dass sich in manchen Problemfamilien ein radikalislamischer Hintergrund herausbildet oder kommen diese Entwicklungen bezüg- lich Dschihadismus, von denen wir in den Zeitungen lesen, für das Amt für Jugend und Familie überraschend? Präsident Johann Herzog: Herr Stadtrat. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Herr Abgeordneter! Wie auch gestern schon ausgeführt, sind radikale Tendenzen, in welcher Ausprägung auch immer, für die Ju- gendhilfe selbstverständlich nicht überraschend. Wir alle kennen, und ich will jetzt nicht die gesamte Debatte des gestrigen Tages wiederholen, natürlich in dem Bereich, auch in der Kooperation mit Jugendlichen, in Kooperation mit Familien, immer wieder entsprechende Radika- lisierungen in verschiedensten Ausprägungen, also all jenem, was es unter dem Schlagwort Dschihadismus oder anderen Bereichen geben kann. In dem konkret von Ihnen angesprochenen Fall ist es zumindest so, dass in der fami- liären Struktur bis jetzt noch keine entsprechenden Gefährdungen im überwiegenden Ausmaß festgestellt werden konnten. Aber selbstverständlich, und ich sage das auch immer ganz deutlich, ist die Arbeit mit Jugendlichen im Be- reich von Radikalisierungen unterschiedlichster Ausprägungen leider auch ein Alltag der Wiener Jugendhilfe. Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Stadtrat für die Beantwortung. Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Mag Holdhaus. - Ich ersuche darum. Abg Mag Karin Holdhaus (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Gehen wir einmal davon aus und hoffen wir, dass es sich in diesem Fall um einen Einzelfall handelt, der aus einer bestimmten, wie auch immer gearteten, Konstellation heraus zustande gekommen ist. Es ist natürlich immer wieder schockierend, wenn man sieht, wozu Menschen und Jugendliche fähig sind. Nichtsdestotrotz ist es ein Signal, sind solche Aktionen und solche Vorkommnisse ein Signal, das man ernst nehmen muss, ernst nehmen soll und zum Anlass nehmen soll, um zu prüfen beziehungsweise zu hinterfragen, ob ausreichende Maßnahmen gesetzt werden beziehungsweise wo Verbesserungsbedarf beziehungsweise Handlungsbedarf besteht, vor allem im Bereich der Prävention. Da stellt sich insofern die Frage: Inwieweit gibt es im Rahmen des Pflichtschulunterrichts in Wien vermittelte Lehr- stoffinhalte, die dafür sorgen, dass bei den jungen Menschen so viel Respekt - ich spreche jetzt vor allem aus der Brille der Umwelt- und Tierschutzsprecherin - gegenüber der Natur und den Tieren gefördert wird, dass solche Vor- kommnisse wie im Lainzer Tiergarten möglichst verhindert werden können? Was werden Sie konkret unternehmen, dass verstärkt Inhalte in den Unterricht einfließen, die den Gedanken des Tier- und Naturschutzes als Prävention gegen derartige Übergriffe stärken? Präsident Johann Herzog: Herr Stadtrat, ich ersuche um Beantwortung. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Frau Abgeordnete! Wir haben gerade auch in Kooperation mit vielen NGOs in der Stadt eine Vielzahl von Projekten, gerade auch im Volksschulbereich, bereits laufen. Ich erinnere nur an eine gemeinsame Tierschutzfibel, die wir mit Vier Pfoten für alle Volksschülerinnen und Volksschüler schon vor, glaube ich, etwa zwei Jahren gemeinsam präsentiert haben, gemein- sam auch mit entsprechenden Projekten für die Volksschulen, die die Volksschulen nicht nur anfordern können, son- dern die letztendlich den Volksschulen auch entsprechend zur Verfügung stehen. Wir greifen hier auf die Kooperation von vielen, und es sind bekanntermaßen sehr viele, Organisationen, die im Bereich des Tierschutzes sehr engagiert sind, und auf deren Erfahrungen zurück und binden diese auch ein. Ich erinnere zum Beispiel an ein völlig anderes Projekt im Bereich des Tierschutzes, im Bereich der Bäder, also vor allem im Bereich Donau, Alte und Neue Donau, wo wir ebenfalls gemeinsam mit NGOs entsprechende Projekte für die Badegäste haben, wie der artgerechte Umgang mit zum Beispiel Schwänen und allen Tieren, die Gott sei Dank auch in unseren Bädern zu Hause sind, ist. Also, wir haben eine Vielzahl von Projekten und erkennen auch immer wieder, dass gerade auch, und deshalb setzen wir auch im Volksschulbereich an, das Interesse ein besonders großes ist. Daher denke ich, dass sich in vie- len Bereichen diese Kooperation mit den NGOs bewährt hat und sicher auch fortgesetzt wird. Präsident Johann Herzog: Ich danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Akkilic. - Ich ersuche darum. Abg Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen, Herr Landesrat! Vielen Dank für die sachliche Antwort auf so eine unsachliche Frage, sage ich jetzt einmal. Sie haben gesagt, die MA 11 hat mit den Familien Kontakt aufgenommen und mit ihnen gesprochen. Welche Un- terstützung wird von Seiten der MA 11 den Familien zur Verfügung gestellt? Wie wird da weitergearbeitet? Präsident Johann Herzog: Herr Stadtrat, ich ersuche um Beantwortung. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Herr Abgeordneter! Im Rahmen der ambulanten Angebote der MA 11 ist Unterstützung der Familie ein ganz wesentlicher Bestandteil. Deshalb steht den Familien auch, und die Bereitschaft für diesen Bereich ist auch seitens der Familien gegeben, das ambulante Angebot zur Verfügung, das nicht zuletzt auf Basis der Gespräche und der entsprechenden Gefährdungs- abklärungen immer maßgeschneidert auf die Familien adaptiert wird. Es ist hier in erster Linie natürlich die Kooperati- on aus dem Bereich der Sozialarbeit gegeben, die den Familien zur Verfügung steht, um hier, und das sieht man an diesem Fall durchaus und das ist nicht etwas Neues, sondern vielfach ein Problem, mit dem gerade auch viele Erzie- hungs- oder Obsorgeberechtigte konfrontiert sind, im Bereich Grenzen zu setzen, Grenzen mit Kindern und Jugendli- chen zu vereinbaren. Es ist die entsprechende fachliche Unterstützung der MA 11 für diese Familien auch im Ange- bot. Präsident Johann Herzog: Ich danke für die Beantwortung. Die 4. Zusatzfrage stellt Herr Abg Ing Guggenbichler. - Ich ersuche darum. Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Stadtrat, Herr Landesrat! Ich habe mir die Frage gestern angeschaut und ich muss sagen, wie das medial aufgepoppt ist, war schon mehr als erschütternd. Es würde der Würde des Hauses gar nicht entsprechen, wenn ich das jetzt werten würde, was ich persönlich von solchen Taten halte. Ich habe eine Frage: Es gibt in Wien jetzt vermehrt diese Fälle. Wir hatten das in Lainz. Wir hatten auch einen, von einem angeblichen Riesenfuchs abgebissenen Kopf bei einem Reh. Wir hatten Situationen, die immer wieder, gerade im Bereich mit Menschen mit Migrationshintergrund auftreten. Auf der einen Seite ist es wichtig, weil wir ha- ben gehört, Wien ist eine bunte Stadt, es in Lehrpläne und im Bildungsprogramm zu implementieren, aber auf der anderen Seite gibt es kulturelle Eigenschaften jeder Region dieser Erde. Ich wollte fragen, ob unsere Usancen im Tierschutz vielleicht auch im Integrationsprogramm verstärkt eingebracht werden können und ob Sie das unterstützen würden, wenn das möglich wäre. Präsident Johann Herzog: Herr Stadtrat, ich ersuche um Beantwortung. Amtsf StR Christian Oxonitsch: Herr Abgeordneter! Auf der einen Seite möchte ich schon ein bisschen sprachlich darauf hinweisen, bei dem einen, wenn es um den konkreten Vorbehalt in diesem Fall geht, ist es eine Tatsache, weil es medial berichterstattet wird, auf der anderen Seite, wenn etwas richtiggestellt wird, ist es „angeblich“. Also, entweder nimmt man einmal die Fakten zur Kenntnis, wovor ich warne, denn nicht alles, was medial präsentiert wird, ist ein Faktum, und auf der anderen Seite sollte man nicht relativieren, weil ich glaube, das bietet Unterstellungen Platz und Raum, die man in dem Bereich nicht notwendig hat. Alle, glaube ich, in diesem Haus sind bemüht, selbstverständlich dem Bereich des Tierschutzes, aber auch dem Bereich von Respekt, von Toleranz, von Anerkennung entsprechend Raum zu geben. Da hat man es nicht notwendig, in der Debatte letztendlich in ein solches Fahrwasser zu kommen. Ich möchte auch noch schlicht und ergreifend darauf hinweisen, dass man sich schon auch, und ich verlange im- mer wieder ein wenig diese Verantwortung, überlegen sollte, gerade auch in der medialen Berichterstattung, wie weit man hier entsprechende Fälle in einer Form dramatisiert beziehungsweise nicht dramatisiert, sondern darstellt, ist wahrscheinlich der richtige Ausdruck, da dies letztendlich immer auch im Bereich von Jugendlichen eine Darstellung in sich birgt, wo man sagt, so alltäglich kommt man nicht in Medien und es ist auch das Auftauchen in Medien für viele Jugendliche durchaus ein Animo, sich ein Beispiel zu nehmen. Daher glaube ich, ist ein verantwortungsvoller Um- gang, gerade im Bereich von Jugendlichen, und ich sage das ganz bewusst, gerade zum Beispiel in der Berichterstat- tung, die ein großes Wochenmagazin gebracht hat, wo letztendlich Personen ungepixelt, ohne entsprechender Ano- nymität, sage ich jetzt einmal, in den öffentlichen Diskurs gezogen werden, nicht immer von Vorteil, denn viele neh- men sich auch daran ein Vorbild. Genauso, wie wir für uns in Anspruch nehmen wollen, letztendlich Vorbilder zu sein, sollte man sich auch bewusst sein, nicht nur positive Vorbilder gibt es, es gibt vielfach auch negative. Daher halte ich Persönlichkeitsrechte verletzende Darstellungen im Großen und Ganzen eigentlich für sehr unangebracht. Wie bereits ausgeführt, ich glaube, insgesamt gesehen, dass natürlich diesen gesamten Bereichen, in den unter- schiedlichsten Arbeitsfeldern, entsprechend Platz und Raum gegeben werden muss. Ich lasse Ihnen gerne auch die entsprechenden Unterrichtsmaterialien zukommen, die wir zum Beispiel im Bereich des Tierschutzes für die Volks- schulen, in dem konkreten Fall mit den Vier Pfoten und zwei anderen Einrichtungen, bereits erstellt haben, Unter- richtsunterlagen, die einerseits in der Didaktik des täglichen Volksschulunterrichts entsprechend Einsatz finden kön- nen, aber letztendlich auch für die Kinder selbst ein wesentlicher Bereich sind. Ich verweise auch darauf, dass im Bereich unserer ganzen Stadt-Wien-Angebote, die es gibt, gerade auch den kulturellen Usancen, dem Miteinander, den Gepflogenheiten in Österreich entsprechend Raum gegeben wird und erfreulicherweise, entgegen der einen oder anderen Wortmeldung, werden diese Kurse sehr bereitwillig angenommen und erfreuen sich großen Zuspruches. Ich glaube, dass auch in diesem Bereich der kulturellen Gepflogenheit des Landes entsprechend Raum gegeben wird. Ich halte das auch für gut und richtig. Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Stadtrat für seine Beantwortung. Die 2. Anfrage (FSP - 02759-2014/0001 - KVP/LM) wurde von Abg Dr Ulm gestellt und ist an den Herrn Landes- hauptmann gerichtet. (Welche Reformen der Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung in Richtung Modernisierung der Instrumente der Direkten Demokratie können Sie sich vorstellen?) Ich ersuche den Herrn Landeshauptmann um Beantwortung. Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter! Eingangs muss ich Sie darauf hinweisen, dass eigentlich das Nachdenken darüber, wie man parlamentarische, aber natürlich auch direkte Demokratieinstrumente entsprechend reformieren und verbessern kann, Aufgabe der Legislative und nicht der Exekutive ist. Aber ich nehme mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis, dass Sie offen- sichtlich in meine Kreativität mehr Hoffnung setzen als in die kollektive Kreativität des Wiener Landtages. Ich hoffe sehr, Sie dabei nicht enttäuschen zu müssen, denn das könnte durchaus auch sein. Natürlich ist es keine Frage, dass diese Instrumente, die auch in der Wiener Stadtverfassung vorgesehen sind, immer wieder zu hinterfragen sind und man sich immer wieder anschauen muss, ob sie in der Tat zeitgemäß sind, ob es in der Praxis Abweichungen vom Pfad des Rechts gegeben hat, ohne dass das deswegen böse gewesen wäre, oder Ähnliches. Daher halte ich es schon für gut, wenn man sich damit beschäftigt. Was meine grundsätzliche Meinung dazu ist, ist allgemein bekannt. Ich bin selbstverständlich sehr für einen Aus- bau dieser partizipativen Elemente in der Demokratie, aber ich bin nicht für eine Aushöhlung der parlamentarischen Demokratie. Mit dieser Grundposition weiß ich mich auch eins mit Ihnen. Dass das immer wieder auch ein relativ schmaler Pfad ist, den wir hier zu gehen haben, beweist diverse Literatur, die man sich vergegenwärtigen soll, wo dieser Schritt hinaus zur Aushöhlung der parlamentarischen Demokratie durchaus auch enthalten ist. So gesehen ist das für mich dabei die Grenze. Bei allem, was sich diesseits, also in der Ergänzung der parlamentarischen Demokra- tie, findet, bin ich für sehr viel zu haben. Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage stellt Abg Dr Ulm. - Ich ersuche darum. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann! In der Tat setze ich Hoffnungen in Ihre Kreativität, nicht nur, was die direkte Demokratie betrifft, sondern fast noch mehr in die repräsentative Demokratie und in das Wahlrecht. Da werden wir heute Nachmittag noch die Freude ha- ben, von Ihnen zu erfahren, wie es mit dieser Form der Demokratie weitergehen wird. Das ist sicherlich genauso spannend wie die direkte Demokratie. Meine Frage zielt in Richtung Volksbefragung auf Bezirksebene. Da wäre für mich naheliegend, dass ein Bezirks- vorsteher oder die Bezirksvertretung oder 5 Prozent der Bezirksbevölkerung eine solche anregen können. Wir hatten in der Vergangenheit zwei erfolgreiche Bezirksbefragungen im 13. und im 18. Bezirk mit hoher Wahlbeteiligung zum Thema Parkzonen und Parkpickerl, auch mit einem anderen Ergebnis, als in den Bezirken, in denen die Vorschrift verordnet wurde, nur leider konnten diese Befragungen nicht auf Grund der Stadtverfassung stattfinden, weil nicht vorgesehen. Ich glaube daher, dass das eine sehr lohnende Kerbe wäre, in die man schlagen könnte. Da wäre es natürlich auch nicht uninteressant, ob der Bürgermeister ein solches Unterfangen unterstützen könnte. Präsident Johann Herzog: Herr Landeshauptmann, ich bitte ums Wort. Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter! Es ist sicherlich interessant, was der Bürgermeister dazu sagt. Aber ich würde mir vorher noch die Meinung ver- schiedener ÖVP-Bezirksvorsteher dazu anhören, was sie dazu meinen. Zum Beispiel wäre sicherlich eine Befragung zum Parkpickerl im 8. Bezirk oder im 1. Bezirk hochinteressant. Ich denke, jetzt zu sagen, der Bürgermeister soll in einer Fragestunde sozusagen verordnen, dass die Verfassung ermöglicht, solche Bezirksbefragungen durchzuführen, halte ich für verwegen. Aber ich halte sehr viel davon, dass wir es ernsthaft diskutieren, denn so wie ich jetzt leicht über differierende Meinungen der ÖVP gespöttelt habe, gibt es zu dem Thema sicherlich auch in der Sozialdemokra- tie unterschiedliche Meinungen. (StR Mag Manfred Juraczka: Schau, schau!) - So etwas kommt vor, so etwas gibt es. Bei einer lebendigen Partei gibt es Gott sei Dank so etwas. Das halte ich für super. Das finde ich ganz tadellos. Also, wenn man das ernsthaft will, wird man es in der Fragestunde nicht lösen können, sondern wird man sich ernsthaft damit beschäftigen müssen. Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für die Beantwortung. Die 2. Zusatzfrage stellt Frau Abg Dr Kickert. - Ich ersuche darum. Abg Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann! Als Mitglied der Exekutive, die sich auch mit der Form und den Möglichkeiten der direkten Demokratie beschäftigt, würde mich interessieren: Welche Formen der Meinungsbildung, möglicherweise auch über die parlamentarische Meinungsbildung hinaus, könnten Sie sich vorstellen, um zur Modernisierung solcher Instrumente zu kommen? Präsident Johann Herzog: Herr Landeshauptmann. Lhptm Dr Michael Häupl: Frau Abgeordnete Das ist in der Tat eine zukunftsweisende Frage, denn vor nicht allzu langer Zeit hat der Hauptausschuss des Ös- terreichischen Nationalrates eine Enquetekommission beschlossen, die sich mit diesen Fragen beschäftigt. Ich halte das für eine gute Idee, weil es strukturell die Voraussetzung bietet, sich tatsächlich ernsthaft und nicht nur vom Au- genblick her damit auseinanderzusetzen. Also, wenn das gewünscht wird, würde ich das sehr begrüßen. Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann. Die 3. Zusatzfrage wird gestellt von Abg Dr Ulm. - Ich bitte darum. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann! Ich darf bei der Gelegenheit schon darauf hinweisen, allzu viele Möglichkeiten haben wir nicht zur Besprechung dieser Themen auf Fraktionsebene. Allzu viele Einladungen zu Arbeitssitzungen gibt es nicht. Sie sind bisweilen beim Thema Wahlrecht immer wieder angekündigt worden, haben aber nur sehr spärlich stattgefunden. Deshalb ist es für mich wichtig, ein für uns so wichtiges Thema in der Fragestunde zu thematisieren. Ganz wichtig ist nicht nur, auf welcher Ebene eine solche Volksbefragung stattfinden kann, sondern auch, zu wel- chem Thema man eine solche Volksbefragung stattfinden lassen kann. Es war auch schon für uns bei den 150 000 Unterschriften zur Ausweitung von Parkraumbewirtschaftungsgebieten relevant. Eine sehr sensible Frage ist natürlich: Bin ich bereit, über Steuern, Abgaben, Entgelte, Gebühren eine Abstimmung zuzulassen? Traue ich das der Bevölke- rung zu? Jetzt ist in aller Munde der Gebührenstopp, steht in allen Zeitungen. In der Schweiz wird die Bevölkerung immer wieder auch zu monetären Dingen befragt. Dort traut man das der Bevölkerung zu. Ich glaube, den Wienerinnen und Wienern könnte man es durchaus auch zutrauen. Ich würde mich freuen, wenn es auch eine Initiative in diese Richtung gäbe, dass man die Befragungsgegenstände ausdehnt und dass man sich auch eine Befragung über Entgelte, Steuern und Abgaben vorstellen kann. Präsident Johann Herzog: Herr Landeshauptmann, ich bitte ums Wort. Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter! Ich verstehe, dass Sie gleich auf den schwierigsten Punkt losgehen, denn ich treffe nächste Woche den Herrn Fi- nanzminister. Ich kann diese Frage gerne mit ihm besprechen, inwiefern er befürwortet, dass Volksabstimmungen über Steuern und Gebühren stattfinden. Das werde ich gerne tun. Wenn Sie es geheimhalten wollen, sage ich nicht dazu, dass Sie mich das in der Fragestunde gefragt haben. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich will ja nicht allzu sehr die Diskussionen der ÖVP zu dem Thema dynamisieren. Aber, okay, ich nehme das so einmal zur Kenntnis. Ich meine, es wird sich die Meinung des Finanzministers in dieser Frage nicht von der Meinung der Frau Finanz- stadträtin unterscheiden. Davon bin ich überzeugt. So sind sie sich wenigstens irgendwo einig. Das ist doch auch schon etwas. Es ist schon gut so. Schauen wir einmal, was bei der Diskussion herauskommt. Sie haben auch noch ein zweites schönes Stichwort geliefert, nämlich die Schweiz. Wir kennen vermutlich beide die politologische Literatur, die eine halbe Bibliothek füllen kann, über das Für und Wider dieses Schweizer Systems. Wenn man die Unternehmer, aber natürlich auch die Manager großer Unternehmen befragt, was sie von diesem System halten, dann gehe ich einmal davon aus, dass Ihnen die Antwort so bekannt ist wie mir. Da gibt es nun einmal Für und Wider dazu. Vielleicht sollten wir uns dann damit beschäftigen. Daher wiederhole ich den Vorschlag: Sollte man nun in der Tat zu der Meinung kommen, dass wir eine solche En- quetekommission auch hier einrichten sollten, dann kann man sich fundiert - selbstverständlich unter Beiziehung von Experten, das ist das Wesen von solchen Kommissionen - darüber unterhalten und dann kommt man vermutlich auch zu einem Ergebnis, wenn man es halbwegs im Rahmen belässt, um das freundlich zu sagen. Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für die Beantwortung. Die 3. Anfrage (FSP - 02757-2014/0001 - KFP/LM) wurde von Herrn Abg Seidl gestellt und ist an die Frau amts- führende Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales gerichtet. (Ende 2013 gab es in Wien 153 000 Menschen die Mindestsicherung bezogen. Sowohl die Zahl als auch die Kosten dafür sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Wieviele Mindestsicherungsbezieher gab es mit Stichtag 30.6.2014?) Ich bitte die Frau Stadträtin um die Beantwortung. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Abgeordneter! Die Antwort ist 110 708. (Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Ich danke für die Beantwortung in dieser Kürze. Ich ersuche Herrn Abg Seidl, die 1. Zusatzfrage zu stellen. Abg Wolfgang Seidl (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Herzlichen Dank für die sehr prompte Antwort. 110 708, das heißt, um knapp 40 000 Mindestsicherungsbezieher weniger als Ende 2013. Das ist natürlich erfreulich. Wenn das so weitergeht, würde das bedeuten, dass wir am Ende der Legislaturperiode wahrscheinlich gar keine mehr haben. Jetzt verstehe ich ganz ehrlich nicht, warum Sie diese Zahlen nicht schon lange kommuniziert haben und wir immer wieder nachfragen müssen. Aber Sie werden schon wissen, warum Sie das machen. Deshalb jetzt meine Zusatzfrage: Da das rückläufig ist, und das sehr positiv ist, möchte ich Sie fragen: Mit wie vie- len rechnen Sie denn bis Ende des Jahres, wohlwissend, dass Sie natürlich nicht in die Zukunft schauen können? Präsident Johann Herzog: Frau Stadträtin, ich ersuche um Beantwortung. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Abgeordneter! Jetzt kommen wir halt zur höheren Mathematik. (Abg Mag Wolfgang Jung: Wahrscheinlichkeitsrechnung!) Die Frage ist immer: Sind zwei Zahlen miteinander wirklich vergleichbar oder nicht? Jetzt muss ich doch dazu kommen, Ihre Frage zu verlesen. Diese lautet nämlich: „Ende 2013 gab es in Wien 153 000 Menschen, die Mindestsicherung bezogen. Sowohl die Zahl als auch die Kosten dafür sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Wie viele Mindestsi- cherungsbezieher gab es mit dem Stichtag 30.6.2014?“ - Bei der in Ihrer Anfrage genannten Zahl von 153 000 Men- schen handelt es sich im Gegensatz zur Stichtagsauswertung, die Sie von mir in Ihrer Frage fordern, um die kumulier- te Jahreszahl aus dem Jahr 2013. Das bedeutet, im Jahr 2013 haben, unabhängig vom Zeitraum, insgesamt 153 434 Personen, von denen 50 129 minderjährig waren, mindestens ein Mal eine Leistung aus der Bedarfsorientierten Min- destsicherung erhalten. Am Stichtag 30.6.2014 waren es 110 708. Diese zwei Zahlen sind daher nicht vergleichbar. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Ich danke der Frau Stadträtin. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg Korosec gestellt. - Ich ersuche darum. Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Landesrätin! Ich komme zu einer Frage im Zusammenhang mit der Wohnbeilhilfe. Sie wissen, da gibt es jetzt ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, dass Änderungen notwendig sind. Heute ist es in den Bundesländern völlig unter- schiedlich. Während im Burgenland die Wohnbeihilfe dazugerechnet wird, wird das in Niederösterreich jetzt anders, und so weiter. Auch in Wien ist Handlungsbedarf. Es ist auch schon angekündigt worden. Ich hätte gerne gewusst, welche Art von Veränderungen oder Verschärfungen Sie beim Mindestsicherungsgesetz vor haben. Präsident Johann Herzog: Frau Stadträtin, ich ersuche um Beantwortung. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Frau Abgeordnete! Ich bin gemeinsam mit dem Herrn StR Ludwig dabei, dass wir - diese Information ist keine neue, aber ich möchte es nochmals wiederholen -, ein neues Wohngeld machen, wo wir Leistungen, die historisch gewachsen sind, nämlich die Mietbeihilfe einerseits, die von der MA 40 ausbezahlt wird, und die Wohnbeihilfe andererseits, zusammenführen, es werden weiterhin beide Abteilungen auszahlen, aber hier die Anspruchskriterien kongruent gemacht. Das ist keine einfache Sache. Da muss man auch ganz genau darauf schauen, dass das weiterhin gerecht ist. Dem Grunde nach haben wir eine Situation, wo Menschen Mindestsicherung beziehen und dann darüber hinaus, wenn es für den Wohnbedarf notwendig ist, auch eine Unterstützung fürs Wohnen bekommen. Ich halte das für gut und richtig. Präsident Johann Herzog: Ich danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage hat Herr Abg Seidl gestellt. - Ich er- suche darum. Abg Wolfgang Seidl (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke, sehr geehrte Frau Stadträtin, für die Beantwortung! Ich möchte jetzt noch zu einer Frage kommen, die ebenfalls in Ihren Bereich fällt. Und zwar hat vor drei Tagen der niederösterreichische Landeshauptmann Dr Pröll angekündigt, dass er in der Heizperiode 2014/2015 wieder einen Heizkostenzuschuss in der Höhe von 150 EUR ausbezahlen wird. Das ist zwar nicht der Betrag, den wir uns wün- schen würden, aber es ist zumindest ein Symbol. Meine Frage: Wird es den Heizkostenzuschuss in der Heizperiode 2014/2015 auch in Wien geben? Präsident Johann Herzog: Frau Stadträtin, ich ersuche um Antwort. Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr Abgeordneter! Wir werden in sehr bewährter Weise ein gemeinsames Projekt fortsetzen, wo es darum geht, dass Menschen, die von Energiearmut bedroht sind, unterstützt werden, möglichst präventiv unterstützt werden, weil die Frage, jemandem 150 EUR zu geben und dann das nächste Jahr noch einmal, führt nicht dazu, dass sich dessen Lebenssituation än- dert. Wir haben weiterhin drei Schienen: Die eine Schiene ist, ganz konkret Rechnungen zu begleichen, und zwar das ganze Jahr über, nicht nur im Jän- ner. Das ganze Jahr über ist deshalb so besonders wichtig, weil gerade Nachzahlungen von der Fernwärme oder auch andere Jahresabrechnungen nicht im Jänner kommen, sondern während des Jahres. Es werden deutlich höhere Beträge als 150 EUR bezahlt, aber es werden die Rechnungen beglichen und es wird nicht Bargeld gegeben. Ich halte das für einen wichtigen Punkt. Der zweite Punkt ist die Möglichkeit des Gerätetausches. Der dritte Punkt ist ganz konkrete Beratung. Schwerpunkt sind hier vor allem Familien mit Kindern, wo es darum geht, die Wohnung energiemäßig besser zu machen. Das bedeutet auch Gerätetausch, bedeutet aber auch oft Dich- tungen, bedeutet aber auch Information darüber, wie man energiesparender leben kann. Ganz besonders wichtig dabei, und das ist auch ein besonderes Anliegen, ist, dass wir hier insbesondere auch jene schulen, die viel Kontakt mit Menschen haben, zum Beispiel Heimhilfen. Wir haben konkrete Informationsabende für Menschen, die in der Heimhilfe tätig sind, wo es darum geht, dass sie einen Blick dafür haben, dass in einer Wohnung etwas besser ge- macht werden könnte. Diese Information kann dann an die MA 40 gehen. Dann können Energieberaterinnen und Energieberater hier tätig werden. Das kostet am Ende des Tages mehr, als der Heizkostenzuschuss jemals gekostet hat. Ich sage Ihnen nur, ich halte diese Investition für eine sinnvolle, weil sie nachhaltiger ist. Es entspricht nicht dem, was die Politik manchmal gerne hat und in einem Bundesland, bis dort Landeshauptmann Kaiser Landeshauptmann wurde, sozusagen bis zum Exzess betrieben wurde, dass man Geld als Politiker und Politikerin an die Menschen austeilt und damit sozusagen glaubt, sich etwas erkaufen zu können. Ich halte nachhaltige Politik an sich und insbesondere in dieser Frage, weil es darum geht, die Lebenssituation von Menschen nachhaltig zu verbessern, für die richtige. Daher werden wir miteinan- der auch dabei bleiben! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Ich danke der Frau Stadträtin für die Beantwortung. Die Fragestunde ist somit mit der 3. Anfrage beendet. Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der Klub der Wiener Freiheitlichen hat eine Aktuelle Stunde mit dem The- ma „Stopp radikalislamistischer Tendenzen in Wien - Missbrauch bei Grundversorgungsleistungen und Staatsbürger- schaftsverleihungen beenden!“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungs- gemäß beantragt. Ich ersuche den Erstredner, Herrn Abg Mag Gudenus, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. - Ich bitte darum. Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke sehr, Herr Präsident! Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Titel mögen manche vielleicht etwas eigenartig finden, keine Frage. Der Islamische Staat ist nicht in Wien, er ist nicht in Österreich, aber er ist sehr nahe. Ich weiß schon, da kommen die Unkenrufe von den GRÜNEN, weil ge- nau die grüne Partei war die Partei, die das Phänomen und das Problem des radikalen Islamismus in den letzten Jahren ignoriert, kleingeredet und schöngeredet hat, bis endlich weltweit eine richtige Medienwelle groß und laut geworden ist, was radikaler Islamismus alles aufführen kann und dass es leider auch in Wien Menschen gibt, die hier, und zwar hausgemacht, radikalisiert werden. Das haben Sie kleingeredet, meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, und jetzt sind Sie aufgewacht! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist die Chronologie des wachsenden Phänomens des radikalen Islamismus, des Salafismus, des Wahhabis- mus, gleichzeitig eine Chronologie der Ignoranz, des Kleinredens, des Schönredens, des unter den Teppich Kehrens, auf einer Seite ins rechte Eck Stellens der FPÖ, die das immer aufgezeigt hat. Das ist die einzige bewährte Methode. Aber es sagen auch schon in Wien Staatsschützer, Verfassungsschützer oder auch Soziologen, wie zum Beispiel Herr Politologe Thomas Schmidinger, dass solche Ideen sehr weit verbreitet sind und in den vergangenen Jahren auch hier noch präsenter geworden sind. Salafismus oder Ideen wie die, als Kämpfer nach Syrien zu gehen, sind quasi zu einem Teil der Jugendkultur in Wien, im roten Wien die letzten Jahre und im rot-grünen Wien seit 2010 ge- worden. Davor können Sie nicht die Augen verschließen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Problem, vor dem wir Freiheitliche immer gewarnt haben. Wir haben immer davor gewarnt, dass Wien mittlerweile in den letz- ten Jahren ein Rekrutierungsgebiet des radikalen Islamismus geworden ist. Der Verfassungsschutz hat uns immer recht gegeben. Sie haben nicht einmal auf den eigenen Verfassungsschutz gehört! Diese Ignoranz wird sich leider im Endeffekt bei der nächsten Wahl auch strafbar machen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden die Rechnung vom Wähler präsentiert bekommen, dass Sie das Problem kleingeredet haben, nicht ernst genommen haben und im Endeffekt jetzt die Früchte einer radikalen Tendenz in Wien, die wir alle nicht wollen, ernten müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Es gibt ja zwei Phänomene, die hier ganz klar festgemacht werden vom Verfassungsschutz. Da werden zum ei- nem in Wien und in Österreich junge Burschen als Gotteskrieger für die IS und den Syrienkrieg rekrutiert, auf der anderen Seite aber auch junge Mädchen, junge Frauen als Gespielinnen, als Sexsklavinnen, als, wie zum Beispiel Politologen oder Terrorismusexperten sagen, Babymaschinen für Menschenmaterial für den Dschihad angeworben. Diese jungen Menschen werden hier in Wien angeworben. 140 solcher Kämpfer und Kämpferinnen zählt das Bun- desamt für Verfassungsschutz. Das sollte einem schon zu denken geben. Da sagt zum Beispiel der Vater des aus Wien stammenden Firas, das ist dieser ganz mutige Dschihadist, der aus Wien nach Syrien, also in einen islamischen Staat, oder in den Nordirak, wo auch immer er sein mag, gegangen ist, dass der Staat und die Politik noch immer nicht begriffen haben, wie groß das Problem ist. „Firas hat Tausende, die ihm auf Facebook folgen. Dazu gibt es in Wien eine Terrorzelle, die ein ganzes Netz von radikalen Predigern unter- hält. Stoppt die irgendwer?“, sagt der Vater von Firas. „Man schaut nur auf die Moscheen. Aber diese Leute, die die Gehirnwäsche an meinem Sohn betrieben, können sich überall treffen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine Situation hineinkommen, wie zum Beispiel in Paris, wie in Südschweden oder in anderen Gebieten in Europa, wo mittlerweile schon die Vorstädte brennen. Es wächst eine ganze Generation heran, die diesen Hass aufsaugt.“, sagt der Vater von Firas. Das hat es früher nicht gegeben, und keiner tut etwas! Das ist ein Vorwurf an die Politik in Wien. Das ist ein Vorwurf natürlich auch an die Politik in Österreich! Und das ist ein Vorwurf an die gesamte europäische Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren, die, genauso wie Sie, versagt hat! (Beifall bei der FPÖ.) Das sagt der Vater von Firas. Wir bekommen hier einige Deutungen zu hören, zum Beispiel von Frau Carla-Amina Baghajati, der Sprecherin der islamischen Glaubensgemeinschaft. Warum Leute zu Gewalt tendieren, sich radikalisie- ren lassen, dann vielleicht zu Terroristen werden und auch wirklich Menschen töten, dazu sagt sie, nicht die Religion Islam sei die Ursache dieser Entwicklung, sondern das Ausgrenzen dieser jungen Menschen, die keine Perspektiven für ihr Leben haben und an den Rand gedrängt werden. Da frage ich mich schon. Da wird ein bisschen die Opfer- Täter-Umkehr betrieben und die Ursachenforschung wird völlig beiseite gekehrt. Ich sage schon, das ist eine Selbstausgrenzung der jungen radikalen Muslime, die mit der westlichen Welt, mit der Wertegemeinschaft, auch hier in Österreich, nichts zu tun haben wollen! Sie blicken auf uns herab, sie wollen unsere Verfassung nicht, sie wollen unsere Rechtsordnung nicht. Sie wollen die Scharia. Das wollen sie! Aber solche Men- schen brauchen wir hier in Österreich nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist umso tragischer, wenn wir gestern hören mussten, dass hier Herr Lhptm Häupl plötzlich sagt, es können Asylheime und Asylwerberplätze für 600 Menschen geschaffen werden (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Was soll das?) - Herr Schicker, ich kann Ihnen gleich die Antwort geben -, wo Wien die Quote schon um mehr als 40 Prozent überer- füllt und sich jede Gemeinde mit Hand und Fuß dagegen wehrt, dass Asylzentren auch in kleinen Gemeinden ge- schaffen werden! (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker. Sollen Sie in Österreich im Zelt schlafen?) Nein, Herr Lhptm Häupl sagt, 600 Leute zu uns, als hätten wir nicht schon genug Probleme hier in Wien mit Asylwerbern oder Scheinasylan- ten und Wirtschaftsflüchtlingen! (Abg Birgit Hebein: Das ist Menschlichkeit!) Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt die aktuelle Rechtsordnung ganz klare Möglich- keiten, Dublin II zum Beispiel, sichere Drittstaatenregelung. Herr Lhptm Häupl könnte sagen: „Freunde, bevor wir darüber diskutieren, dass irgendeine Gemeinde oder auch Wien als größte Gemeinde Asylwerber aufnehmen muss, warum wird die Dublin-II-Verordnung nicht endlich einmal exekutiert und umgesetzt?“ (Abg Senol Akkilic: Gehört ab- geschafft!) Wieso nicht? Es müsste kein Asylwerber nach Österreich kommen! Warum wird das von der Politik, wa- rum wird es seitens der Bundesregierung nicht umgesetzt? Das ist Ihr Versäumnis, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da gibt es genug Möglichkeiten! (Beifall bei der FPÖ.) Da wird immer von Menschlichkeit, und so weiter gesprochen. Seien Sie einmal menschlich zu den Wienerinnen und Wienern! Das wäre die Menschlichkeit, die wir erwarten! Das wäre die wahre Nächstenliebe! (Beifall bei der FPÖ.) Ist es menschlich, das Sozialsystem in Wien so zu gestalten, dass wir mittlerweile Weltsozialamt spielen, dass hier Menschen in die Armut getrieben werden, dass aber Menschen aus aller Welt von einem sehr attraktiven Sozialsys- tem angezogen werden, sie eine tausende Kilometer lange Route auf sich nehmen, weil sie glauben, hier fließen Milch und Honig und sie dann vielleicht im Mittelmeer umkommen müssen? (Abg Godwin Schuster: Diese Menschen haben Krieg dort unten!) Ist das menschlich, meine sehr geehrten Damen und Herren? Ist das menschlich? Nein, das ist unmenschlich! (Beifall bei der FPÖ. - Abg Godwin Schuster: Das ist nicht unmenschlich!) Es ist unmenschlich, dass Wien laufend das Weltsozialamt für alle spielen muss! Die Steuerzahler, die Gebühren- zahler haben es satt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Das ist hartherzig, was Sie machen!) Es gäbe genug Möglichkeiten, bei der Grundversorgung (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Hartherzig, sonst nichts!), bei der Aufnahme von Asylwerbern (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Menschenverachtende Hartherzigkeit!), bei der Verleihung von Staatsbürgerschaften strikter vorzugehen. (Abg Godwin Schuster: Da flüchten hunderttausende Menschen, weil sie um ihr Leben Angst haben!) Sehr geehrter Herr Schuster, denken Sie einmal über den Tellerrand! (Abg Godwin Schuster: Das ist unanständig von Ihnen!) Präsident Johann Herzog (unterbrechend): Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ru- he. Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (fortsetzend): Denken Sie einmal über den Tellerrand! (Abg Godwin Schuster: 140 000 Menschen!) - Ich habe leider keine Möglichkeit, auf Ihren Zwischenruf einzugehen! Es wären doch menschenwürdige Asylzentren an den EU-Außengrenzen, von der EU finanziert, besser. (Abg Godwin Schuster: Wo?) - Was heißt, wo? (Abg Godwin Schuster: Diese Leute müssen um ihr Leben fürchten!) Ent- schuldigung, wenn die Krise und der Verfolgungsgrund wegfallen, dann die Menschen einzuladen, in die Heimat zu- rückzukehren und ihre Heimat aufzubauen, wäre der richtige Weg. Das ist menschenwürdig! Das ist Menschlichkeit! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist wahre Menschlichkeit! Es ist auch nicht menschlich, hier zig Vereine im Ausland mit jeweils 20 000 EUR zu subventionieren, wo niemand etwas davon hat. (Abg Godwin Schuster: Das haben wir gestern schon gehört!) Nie- mand hat etwas davon. Das Geld versickert wahrscheinlich in dunkelroten Kanälen und die Wienerinnen und Wiener haben Heizkosten, die sie sich nicht leisten können! Das ist unmenschlich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Mitglieder des Landtages! Das Thema ist natürlich ein sehr stürmisches, keine Frage. Ich ersuche aber dessen ungeachtet, sagen wir ein- mal, die Contenance bei den verbalen Äußerungen zu wahren (Abg Godwin Schuster: Von beiden Seiten, Herr Präsi- dent!), auch bei den Zwischenrufen, wenn möglich, Herr Schuster. Ich sage nicht mehr. Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zum Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächster Redner hat sich Herr Abg Dr Ulm gemeldet. - Ich ersuche darum. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da- men und Herren! In der Tat haben wir es mit einem bisher nie da gewesenen islamistischen Terror in Syrien und im Nordirak zu tun. Deswegen sind wir mit einer Flüchtlingswelle konfrontiert, wie wir sie auch noch nie hatten. Es wurden in den letzten Tagen, Wochen, Monaten hunderttausende Christen, Kurden, Jesiden, andere vertrieben. Hunderttausende sind auf der Flucht, wollen nur ihr Leben retten. Es gibt entsetzliche Bluttaten, entsetzliche Verbrechen durch diese Form des radikalen Islamismus, durch diese Terrororganisation IS. Jetzt stehen 600 Flüchtlinge vor unserer Tür. Ich glaube, wir müssen sie jetzt aufnehmen. Ich finde es daher rich- tig, dass der Bürgermeister die Entscheidung getroffen hat, dass Wien seine Tore öffnet. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Selbstverständlich sind auch die anderen Bundesländer in die Pflicht zu nehmen. Selbstverständlich ist es jetzt einmal eine Soforthilfe auf vier Monate. Selbstverständlich wird man überlegen, wie man die Personen wieder rück- führen kann, wenn das möglich ist. Es gibt eine ganz einhellige politische Meinung zu dieser Form des Terrorismus durch IS. Da sind sich alle einig. Ich gehe davon aus, dass sich alle Parteien in diesem Raum im Prinzip einig sind. Die ganze Welt ist sich einig. Es gibt eine UNO-Konferenz in New York. Der Außenminister hat ein Fünf-Punkte-Programm vorgelegt. Der Bundesprä- sident ist dort. Der Sicherheitsrat hat eine einstimmige Resolution gefasst. Es ist jetzt natürlich eine unglaubliche Bedrohung, die ich für unsere Heimat nicht in irgendeiner Weise kleinreden will, die aber die ganze Welt betrifft. Am größten ist die Bedrohung natürlich für die Betroffenen vor Ort in Syrien und im Nordirak. Wir haben bereits sehr effiziente Antiterrorgesetze. Es wird uns daher nicht schwerfallen, die Resolution des UNO- Sicherheitsrates, die für alle UNO-Mitgliedsländer verbindlich ist, auch umzusetzen. Schon jetzt ist strafbar, wer Mit- glied einer terroristischen Vereinigung ist. Schon jetzt sind terroristische Straftaten mit einer besonders qualifizierten Strafhöhe bedroht. Schon jetzt ist selbstverständlich die Terrorismusfinanzierung verboten. Selbstverständlich ist es auch so, dass unter Strafe gestellt ist, wer im Internet zur Begehung einer terroristischen Straftat aufreizt. Diese Gesetze werden auch vollzogen. Die Polizei macht das auch. Es wird auch in den Medien darüber berichtet. Es wurden erst vor Kurzem acht oder neun mutmaßliche Dschihadisten an der Grenze Burgenland/Kärnten festge- nommen. Es wurde die Untersuchungshaft verhängt. Es wird mit unserem juristischen Instrumentarium reagiert. Selbstverständlich ermittelt die Staatsanwaltschaft und die Innenministerin hat erklärt, in der Tat waren bei diesen mutmaßlichen Dschihadisten, die festgenommen wurden, auch Asylwerber. Das Ergebnis ist, dass man sich das jetzt natürlich ansehen wird, warum dieser Asylstatus vergeben wurde. Und es wurden bereits Aberkennungsverfahren eingeleitet. Diese Asylaberkennungsverfahren gibt es. In der Vergangenheit wurden mehr als 166 durchgeführt, die in 96 Fällen tatsächlich mit der Aberkennung des Asylstatus geendet haben. Auch wenn es Sozialbetrug gibt, und den hat es in diesem Fall wohl auch gegeben, so höre ich das zumindest vom Generaldirektor für die öffentliche Sicher- heit, Konrad Kogler, dass man sich dort Sozialleistungen erschlichen hat, wird diese Form des Sozialbetruges auch verfolgt werden. Das ist selbstverständlich. Man wird natürlich auch in Wien einen Beitrag leisten müssen, diese Form des islamistischen Terrors zu bekämp- fen. Es gibt Überlegungen, nicht nur von ÖVP-Seite, auch vom SPÖ-Justizsprecher Jarolim, das Abzeichengesetz zu verändern. Man will natürlich Abzeichen von Terrororganisationen bei uns nicht in der Öffentlichkeit sehen, nicht auf Fahnen, nicht auf T-Shirts oder sonst irgendwo. Selbstverständlich ist es auch sinnvoll, über einen weiteren Entziehungstatbestand der österreichischen Staats- bürgerschaft nachzudenken, wenn sich jemand an ausländischen Kriegen beteiligt. Selbstverständlich ist es auch sinnvoll, über eine Verschärfung des Verhetzungstatbestandes nachzudenken, um gegen Facebook-Hetzer noch besser vorgehen zu können als in der Vergangenheit. Dazu gehören viele weitere Maßnahmen, die Zusammenarbeit mit der islamischen Glaubensgemeinschaft, die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, die Ausbildung islamischer Religionslehrer und manches mehr. Was es braucht, ist die maximale Zusammenarbeit mit den Betroffenen, mit der Zivilgesellschaft, zwischen den Behörden, unter den Behörden. Ich glaube, dass die gebotene Aufmerksamkeit bei der Politik gegeben ist. Ich glaube, dass die Initiative von StR Oxonitsch, die Kinder- und Jugendanwaltschaft entsprechend einzusetzen, richtig ist. Ich denke, dass diese gebotene Aufmerksamkeit letztlich von allen Magistratseinrichtungen und von allen städtischen Einrich- tungen gegeben sein soll. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Hebein. - Ich ersuche darum. Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Werter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Respekt, Herr Abg Ulm, für die sachlichen Worte. Man kann sich dem großteils anschließen. Natürlich erleben wir alle die letzten Wochen und Monate schockierende Bilder über den Krieg, über die Vertrei- bung, die Ermordung, tausende verschleppte, vergewaltige, verkaufte Frauen. Es ist unfassbar, was hier an der sy- risch-türkischen Grenze passiert. Man hat kaum mehr Luft zum Atmen. Gleichzeitig hat man das Gefühl, es ist jetzt auch bei uns. Jugendliche werden hier diesen militanten, hochgradig radikalisierten, terroristischen Zellen, die den Islam als Rechtfertigung benützen, zugetrieben. Das nehmen wir in Wien sehr ernst. Wir nehmen es nicht erst seit gestern ernst. Wir haben gestern ausführlich darüber gesprochen, dass wir hier schon seit einem Jahr, vor allem in der Jugendarbeit, Radikalisierungstendenzen verstärkt wahrnehmen. Mein Kollege Akkilic wird noch ausführlich über die detaillierten Schritte, die die Stadt Wien hier gesetzt hat, erzählen. Ich möchte nur drei Punkte festhalten, weil ich sie für sehr wichtig finde, warum Verbote, warum Angstpolitik, wa- rum Hetzpolitik, wie sie auch heute wieder von Seiten der FPÖ betrieben wurde, die Situation nicht entschärft, son- dern verschärft und zu noch mehr Radikalisierung führt. Wenn wir nämlich mit Experten und Expertinnen darüber sprechen, dass wir diese neue Erscheinungsform der Radikalisierung jetzt in dieser Form ernst nehmen, dann wissen wir, dass Jugendliche zu isolieren und noch mehr Druck auszuüben, noch mehr Islamophobie zu betreiben, das Gegenteil bewirkt, sie isolieren sich noch mehr, radika- lisieren und sind empfänglicher für solche irren Kriege. Das heißt, im Gegenteil muss man hier konkret ansetzen in Betreuung, in Expertise, und zwar bei allen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Das heißt, diese Verbote, die hier gefordert werden, treiben die Situation nur noch mehr an und verschärfen sie. Das Zweite ist, wenn Ihnen hier jetzt suggeriert wird, passen Sie auf, es kann sein, Flüchtling ist gleich Terrorist, ist das ein Irrsinn, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier sind hunderttausende Menschen auf der Flucht! Hier gibt es Kriege! Und jetzt wird ein tolles Signal der Humanität in dieser Stadt gesetzt, wo man in einem Minischritt sagt, wir beteiligen uns, wir nehmen 600 Menschen auf. Da sage ich, Respekt, das ist gut, richtig und wichtig! Hier dann herzugehen, Hass zu säen und Angstpolitik zu betreiben, nicht in unserer Stadt Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Das ist sehr ernst zu nehmen. Das ist überhaupt keine Frage. Ich unterstütze auch all die Anliegen von Experten und Expertinnen, die sagen, wir brauchen unbedingt eine Einrichtung, eine Anlaufstelle, wir brauchen unbedingt auch diese Hotline des Innenministeriums heraus aus dem Polizeiapparat, wenn man diese Erscheinung verstehen will, was dahintersteht, letzten Endes auch an enorm großer Sozialproblematik, enorm dünner Grenze, die bei Jugendli- chen oft passiert, bei ihrer Identitätsfindung, ihrer Abgrenzung. Alle Generationen haben immer wieder Neues ent- deckt. Hier ist die Grenze, in die Richtung zum Hass abzudriften, enorm gefährlich. Ich gehe aber auch einen Schritt weiter. Ich glaube, dass die übergreifende Kooperation, auch mit der Polizei, dringend notwendig ist. Man muss sich selbstverständlich auch überlegen, den Verfassungsschutz zu reformieren oder zumindest verstärkt Expertise hineinzubringen. Das sind die richtigen, wichtigen Ansätze, das wirklich ernst zu nehmen. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss die Aussage von Herrn Abg Gudenus, wir sind nicht der Weltsozialstaat: Mit diesem Spruch gehen Nazis in Deutschland in den Wahlkampf! Wir brauchen keinen Krieg, Terror, wir brauchen niemanden, der hier auf Kosten von Menschen, auf Kosten von ernsten Situationen politisches Kleingeld lukrieren will. Das ist schäbig. Herr Abg Gudenus, Ihr Auftreten war heute schäbig! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Nochmals, meine Damen und Herren Abgeordnete: Ich würde bitten, dass bei diesem sehr emotionellen Thema der Ton sich möglichst zurückhaltend äußern soll. Ich bitte darum. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wer hat angefangen? Wer hat damit angefangen? - Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) Ich glaube, das ist eine allgemeine Bitte bei so stürmischen ... (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ein bisschen spät! Das hätten Sie gleich sagen können!) Das gilt für alle, Frau Stadträtin, das ist überhaupt keine Frage. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Dann sagen Sie es denen ...) Es ist eine vorbeugende Bemerkung, dass wir uns nicht zu sehr in eine Emotion verlieren. (Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) So, ich darf um Ruhe bitten. Ich wollte damit eigentlich das Gegenteil dessen erreichen, was jetzt entstanden ist. Ich darf nun Frau Abg Akcay das Wort erteilen. - Bitte. Abg Safak Akcay (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss schon beachten, dass ein Großteil der muslimischen Gesellschaft von der zunehmenden Radikalisie- rung nicht betroffen ist. Islamische Radikalisierung folgt im Wesentlichen demselben Muster wie andere Radikalisie- rungs- und Extremismustendenzen, wie etwa bei rechtsradikalen oder neonazistischen Gruppierungen oder okkulten und satanischen Sekten. (Abg Ing Bernhard Rösch: Schwarzer Block!) Wir wollen in erster Linie Kompetenzen aufbauen, um Leute, die in vordersten Reihen sind, fit zu machen. Des- halb bietet ja das Netzwerk auch Schulungen an, um Jugendarbeit oder Pädagogen zu fördern. Denn wenn man präventiv handeln will, dann muss das natürlich vor Ort gesehen und behandelt werden. Es geht anders nicht, wir müssen dort anfangen und ansetzen. Es geht darum zu erkennen: Was ist pubertäres Verhalten oder Provokation, und wo beginnt Extremismus? Warum kommt es überhaupt zur abwertenden Identitätsbildung? Und so weiter. (Abg Ing Bernhard Rösch: ... nur auf die Homepage schauen!) Nur strenge Gesetze allein helfen da nicht. Wir müssen Lösungen finden, wir müssen weiterdenken. Wir müssen überlegen, wie wir auch Rehabilitationsmaßnahmen für Rückkehrer schaffen können. Mein Anliegen wäre auch noch, eine Lösung zu finden für eine Doppelstaatsbürgerschaft, über das nachzudenken, um hier geborene Kinder auch an Österreich zu binden, in ihnen die Zugehörigkeit zu Österreich zu stärken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Bei der Grundversorgung verstehe ich irgendwie nicht, wo hier Missbrauch entstehen kann, wenn es die Voraus- setzung ist, dass man den aufrechten Hauptwohnsitz in Österreich, in Wien haben muss, jetzt auf Wien bezogen. Diese Quartierskontrollen werden regelmäßig gemacht, und um das auch besser kontrollieren zu können, wird ja diese Grundversorgung persönlich ausgezahlt. Also wenn der nicht in Wien lebt, dann bekommt er sie auch nicht, und dann wird alles eingestellt. (Abg Ing Bernhard Rösch: Das ist eine Geschichte!) Das ist keine Geschichte, das ist auch so. Bezüglich Staatsbürgerschaft möchte ich schon noch sagen: Ich bin hier geboren, hier aufgewachsen, und für mich war das damals mit 18 selbstverständlich, dass ich mir die österreichische Staatsbürgerschaft nehme. Es ist gar nicht so leicht, es wird nicht einfach so hergeschenkt. Man muss vorweisen, dass man arbeitet. Man bringt den Aus- zug des Strafregisters. Man muss nachweisen, wo man wohnt, dass man sich das Leben hier in Österreich finanzie- ren kann. Das musste man alles vorweisen, und dann zahlt man auch dafür. Ich habe damals 11 000 Schilling zahlen müssen. Aber es wird immer so hingestellt, wie wenn man die Staatsbürgerschaft einfach so geschenkt bekommt. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Aigner. Ich ersuche darum. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, es ist eine sehr dramatische und gefährliche Situation! Das sind so Dinge, wo man sich ja oft wünscht, dass man nicht recht behält. Wenn Sie daran denken: Wenn man in den vergangenen Jahren vor dem Entstehen von Pa- rallelgesellschaften gewarnt hat, dann ist man als Obskurant dargestellt worden. Heute stehen wir vor dem Phäno- men, dass Menschen, die in Österreich ein vergleichsweise komfortables Leben führen - Staatsbürger oder nicht Staatsbürger, jedenfalls eingebettet in eine Wohlstandsgesellschaft -, hergehen, alles liegen und stehen lassen und in einen der brutalsten Kriege, die man in der Welt je gesehen hat, freiwillig hingehen. Das passiert nicht von heute auf morgen. Hier ist ein Milieu entstanden, auf das wir wenig bis gar keinen Zugriff haben. Hier ist ein Milieu entstanden, das ganz gezielt Parallelstrukturen aufgebaut hat. Das fängt bei den Kindergär- ten an, geht teilweise in den Schulbereich, in den Geschäftsbereich, in das Vereinswesen, wo Integration in vielen Fällen überhaupt nicht stattfindet. Das kommt also nicht von heute auf morgen, und dann braucht es nur einen Kata- lysator. Das sind offenkundig jetzt die Terroristen der IS, die dann sozusagen zeigen, was da wirklich schon unter unseren Augen passiert ist. Ich meine, der IS und alle anderen Terrororganisationen - das muss man schon auch sagen dürfen -, alle heute tä- tigen Terrororganisationen haben einen islamischen Hintergrund, ob Boko Haram, al-Qaida, Hisbollah, Hamas, die Muslimbrüder bis hin zu IS, auf den Philippinen, in Indien, überall. Da einfach zu sagen, das hat mit dem Islam so gar nichts zu tun, und das vergleicht man mit irgendwelchen Rechtsradikalen - die genauso abzulehnen sind, aber das Bedrohungspotenzial ist da schon ein ganz anderes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Als Antwort auf die jetzige Situation zu sagen, gehen wir mit Doppelstaatsbürgerschaften vor - jetzt, ein paar Mo- nate, nachdem Herr Erdogan bei uns Hof gehalten hat, wo wir ohnehin tausende illegale Doppelstaatsbürgerschaften haben, wo wir einfach wegschauen -, dass sozusagen die AKP bei uns noch stärker mitregiert und so weiter: Ob das ein guter Weg ist, das wage ich wirklich zu bezweifeln! (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie sich die traurige Rolle der Türkei ansehen - ein EU-Beitrittskandidat, ein NATO-Staat -, die den Transit ermöglicht, wo die IS-Kämpfer dem Ver- nehmen nach versorgt werden, und so weiter, nur weil man Assad nicht will, so ist ja eigentlich alles völlig grotesk. Da sollte man auch das Verhältnis zur Türkei einer sehr, sehr kritischen Überprüfung unterziehen. Ich frage mich auch, jetzt in Bezug auf die Flüchtlingswelle: Wie viele Flüchtlinge nimmt Saudi-Arabien, nehmen all die steinreichen Ölscheichtümer auf? Die sind dort in der Gegend. Die nehmen niemanden auf! Die finanzieren ein Saudi-Zentrum in Österreich, und wir sind froh, weil wir ein paar Leute unterbringen können, gescheiterte Minister, die dort ein arbeitsloses Einkommen beziehen. Es werden Moscheevereine radikalster Natur finanziert, aber Flüchtlinge nehmen die Saudis nicht, Dubai nicht, Katar nicht, nimmt dort niemand auf! Zum Schein fliegt man jetzt ein bisschen mit den Amis mit, und hinterrücks kriegt die IS das Geld hineingeschoben. (Beifall bei der FPÖ. - Abg Mag (FH) Tanja Wehsely: ... dass Sie der Außenminister im Gemeinderat sind!) Vom Toleranzzentrum, vom Wiener Toleranzzentrum hat man gar nichts gehört, und erst auf heftige Aufforderung distanziert man sich. Ich erinnere mich, wie schnell man eine Demonstration gegen Israel auf die Beine gestellt hat. So schnell hat man gar nicht schauen können, hat man das getan - obwohl ich da auch mit vielem nicht einverstanden bin. Es gibt natürlich auch eine humanitäre Verantwortung, aber man muss schon die Kirche im Dorf lassen. Als der Jugoslawien-Konflikt war, als in Osteuropa das war, da ist Österreich mehr oder weniger im Zentrum gestanden. Aber dass wir jetzt alle Konfliktherde der Welt - und wir müssen uns ehrlich sein: Asylstatus ja oder nein, es ist eine Ein- wanderungswelle. Da geht ja niemand mehr weg! (Beifall bei der FPÖ.) Die Frage ist schon: Warum geht man nicht nach Tschechien, nicht nach Ungarn, nicht nach Polen und solche Länder, warum konzentriert sich das auf Länder wie Deutschland und Österreich? Natürlich, weil es sich herumge- sprochen hat - das ist ja auch irgendwie verständlich -, dass es bei uns besser ist als in vielen anderen EU-Staaten! Da muss man auch die anderen EU-Staaten in die Pflicht nehmen. Wir haben ein Schengen-Abkommen, das aber nur dann funktioniert, wenn die Außengrenzen sicher sind. Dass man die Außengrenzen aufmacht und sagt, ge- schwind weiter, weiter, weiter, und es dürfen sich dann einige wenige Länder sozusagen entsprechend „derstessen“, das hat mit europäischer Solidarität gar nichts zu tun. Also ich glaube, da gibt es sehr, sehr viele Baustellen, aber die einfachen Antworten wird es nicht geben. Ich glaube aber doch, dass die Bedrohung durch den Islamismus das ist, was der Faschismus und der Stalinismus im 20. Jahrhundert waren. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Das ist letztendlich das, womit wir heute leben müssen, und das ist die größte Gefahr für unsere westliche Welt, in der wir gern leben wollen, mitsamt der ganzen Dekadenz, die angekreidet wird. Aber mir ist lieber eine solche Gesellschaft als das, was der IS und andere wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Feldmann. Ich bitte darum. Abg Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr ge- ehrte Damen und Herren! Nein, ich habe auch keine einfachen Antworten, aber vielleicht ein paar Klarstellungen und Fakten und Möglichkei- ten. Grundsätzlich müssen wir es schaffen, eine Trennung zwischen den zwei grundsätzlich unterschiedlichen Dingen von Radikalisierung und Kriegsasylanten zu treffen, auch in der Thematik, und diese Vermischung ist unerträglich! (Demonstrativer Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Beifall bei der ÖVP.) Wenn man einmal gesehen hat oder gehört hat von einem Angehörigen oder vielleicht einmal selber hingefahren ist nach Syrien und sich angesehen hat, was dort geschieht (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Darf man dort hinfah- ren ...) - man kann es sich nicht vorstellen, welche Gräueltaten dort passieren. Es ist für unseren Geist nicht vorstell- bar! Da muss ich sagen: Humanitäre Hilfe ist selbstverständlich. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin ziemlich froh, dass wir Österreicher humanitäre Hilfe gewähren. - Das ist einmal das eine Thema. Das Zweite ist zu den Asylanten: Drei Viertel der Asylanten gehen aus Österreich wieder weg! (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Was?) Sie werden also weder ... (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Wohin? Wie? Und wann? - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie müssen es verlassen, und es werden Integrationsmaßnahmen erst dann angesetzt, wenn es ein gesicherter Aufenthalt ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: Woher haben Sie diese Zahlen?) Aus dem Innenministerium. (Abg Mag Wolfgang Jung: Von wem?) Ich möchte Ihnen jetzt überhaupt ein paar Fakten brin- gen, damit Sie einmal wissen, mit wem Sie auch reden, wenn Sie Ihre Reden halten. 1,6 Millionen Menschen in Österreich haben Migrationshintergrund. Davon gibt es 500 000 Muslime und jährlich zirka 150 000 Zuwanderer aus allen unterschiedlichen Kulturen. Jetzt kann man nicht 1,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund und 500 000 Muslime in Zusammenhang mit terroristischen Schwerverbrechen bringen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.) Aber es gibt aus diesen Religionen - und das wollen wir nicht ableugnen, denn das darf man auch nicht ableugnen - vermehrt diese terroristischen Ansätze. Das heißt, es gilt dort anzusetzen, in den muslimischen Kindergärten, in den Vereinigungen, in den Gruppen, et cetera, um einfach auch die Kinder und die Jugendlichen aufzuklären. Ich spreche jetzt speziell von den muslimischen Jugendlichen. Das heißt, wir müssen den Radikalisierungstendenzen entgegentreten. Das ist eine Aufgabe für den Bildungs- markt, für den Arbeitsmarkt und für die Integrationsbehörden, weil die Jugendlichen, die kein soziales Netz und keine Perspektiven haben, einfach sehr versucht sind, solchen Gruppen beizutreten. Die werden ja nicht sofort damit kon- frontiert, dass sie Kinder aufspießen und Köpfe abhacken, sondern die werden zu einer Familie verführt. Das muss einmal aufgeklärt werden, schon im jüngsten Alter. Wir haben auch in Wien eine große Chance, das in den Schulen zu machen, und das, hoffe ich, nehmen wir wahr. Es gibt diesen Gipfel gegen Hass und Hetze, der von Mikl-Leitner, Brandstetter und Kurz ins Leben gerufen wur- de. Und vielleicht ein paar Punkte, dass wir einmal auch wissen, was für Maßnahmen geschnürt worden sind: Es gibt das bereits von Dr Ulm angesprochene Terror-Symbole-Gesetz, wo diese Symbole zu tragen, verboten ist. Es gibt auch eine Novelle zur Grenzkontrolle, wo man schaut, aus was für einem Grund Jugendliche, Minderjährige über die Grenze dürfen beziehungsweise ob der Obsorgeberechtigte einverstanden ist. Auch heute schon kann die Staatsbürgerschaft entzogen werden, wenn jemand freiwillig in den Militärdienst eines fremden Staates tritt. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Kann! Wird aber nicht!) Allerdings gibt es ein Thema: Für Kämpfer außerhalb eines offiziellen Militärdienstes gilt das nicht. Dafür soll es jetzt eine Novelle zum Staatsbürger- schaftsgesetz geben. Das heißt, man beginnt das bei der Doppelstaatsbürgerschaft. Es ist allerdings jetzt noch ein völkerrechtliches Thema, dass man nicht eine Staatsbürgerschaft allein entziehen kann. (Zwischenruf von Abg Dipl- Ing Omar Al-Rawi.) Aber hier ist das Außenministerium in Diskussionen. Jetzt zum Missbrauch der Grundversorgung: Es gibt seit März 2007 eine Kontrollgruppe zur Überprüfung der Grundversorgung und seit 1. Juli 2010 im Innenministerium die Sonderkommission Grundversorgung. Es wurden seit März 2007 Österreich-weit insgesamt 1 168 fremdenrechtliche Kontrollen durchgeführt und 29 639 Fremde in 17 359 Quartieren einer Kontrolle unterzogen. Es sind durch die Exekutive 344 Festnahmen erfolgt, 5 686 Anzeigen, 90 Auf- enthaltsermittlungen vor Gericht und 1 198 amtliche Abmeldungen. Seit Einrichtung der Kontrollgruppe wurden 61 326 Verständigungen zur Überprüfung des Bezugs für Grundversorgung an die Grundversorgungsstellen übermit- telt. Es ist also nicht so, dass hier nichts geschieht. Das möchte ich auch nicht, dass die Bevölkerung glaubt, dass nichts geschieht, denn Angstmachen ist, glaube ich, die schlimmste Form von Politik! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ganz kurz zur Hotline: Es ist ein Projekt im Innenministerium, das läuft. Man ist in Kontakt mit Deutschland. Man muss es niederschwelliger als bei der Polizei ansetzen. Das ist derzeit im Evaluierungsprozess. Sobald man auch die Spezialisten mit Expertise gefunden hat - da kann ja nicht irgendwer antworten -, wird, allerdings in Zusammenarbeit mit den Jugendzentren, diese Hotline eingerichtet. Ich habe jetzt leider nicht mehr viel Zeit, ich sage nur meinen Abschlussappell an den Wiener Bürgermeister. Ich möchte Ihre Amtszeit auf einer Notenskala nicht beurteilen, aber ich glaube, es waren auch ein paar ganz gute Dinge dabei. Jetzt allerdings, Herr Bürgermeister, haben Sie die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben! Ich hoffe, Sie neh- men das zum Wohl der Wiener Bevölkerung wahr. - Danke. (Beifall bei der ÖVP und von Abg Dr Kurt Stürzenbecher.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Akkilic. Ich ersuche darum. Abg Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen, Herr Präsident, werte KollegInnen! Ich bin sehr erfreut über die Worte von der ÖVP-Seite. Vielen Dank! Ich glaube, das ist der richtige Weg dazu, dass wir gemeinsam eine Haltung entwickeln können, wie wir gegen Terrorismus, terroristische Tendenzen vorgehen können. Denn während wir heute hier reden, sind wahrscheinlich Familien in einer Situation, wo sie sich Sorgen um ihre Kinder machen, Sorgen um ihre Kinder, weil diese Kinder radikalisiert worden sind, weil ihnen IS oder ähnliche Orga- nisationen den Weg zur Verführung geboten haben, dass sie in einen Krieg ziehen, in einen Krieg, der viele Men- schen das Leben kostet und höchstwahrscheinlich auch die Jugendlichen selber, die Menschen selber, die da hinun- ter gehen. Diese Eltern leiden darunter. Diese Eltern leben in Wien, diese Eltern brauchen unsere Unterstützung. Ich bin sel- ber Vater, und ich möchte nicht, dass mein Kind irgendwann einmal in irgendeinen Krieg zieht. Denn ich möchte keine schlaflosen Nächte haben, denn ich möchte mir keine Krankheiten zufügen, weil mein Kind irgendwo ohne Kontakte zu mir verführt worden ist. Ich glaube, diese gesellschaftliche Verantwortung ist nicht nur für uns Politiker gegeben, sondern für alle Men- schen in der Gesellschaft, für uns persönlich auch. Sich hier Gedanken darüber zu machen, wie wir damit umgehen, ist ganz, ganz wichtig, und als Politiker richtige Schritte zu setzen, ist auch der wichtige Weg. Deshalb haben wir das Netzwerk gegen Radikalisierungen in Wien aufgebaut, weil wir der Ansicht sind, dass ein globales Problem, das die gesamte Welt beschäftigt, nicht nur uns, einfach auch in Wien angekommen ist, über Internet, über sonstige Sachen, auch über Menschen, die, sage ich jetzt einmal, sehr wohl politische Absichten verfolgen und Verunsicherungen auch in Europa verbreiten wollen. Natürlich, diese Personen gibt es auch! Deshalb müssen wir ja zusammenhalten: wir, diejenigen, die für die de- mokratischen Rechte stehen, wir, diejenigen, die für Menschenrechte stehen, wir, diejenigen, die für Freiheiten und für Frauenrechte stehen. Daher, glaube ich, ist es ganz wichtig, dass wir auf dem Weg der Auseinandersetzung mit der Radikalisierung sehr wohl darauf schauen müssen, dass wir große Teile der Bevölkerung hinter uns haben und sie nicht verunglimpfen. Islamophobie ist etwas, was sich ISIS und ähnliche Leute wünschen, weil sie auch davon leben! Sie wünschen sich, dass es hier Hardliner gibt, die den Islam angreifen, die alle Leute pauschalisieren und den Islam als die Terro- ridee oder die radikale Idee darstellen wollen. Natürlich haben sehr viele Organisationen einen religiösen Background, in dem Fall jetzt, im konkreten Fall, den Islam. Aber, Herr Aigner - Sie haben Interesse für die Weltpolitik gezeigt -, Sie wissen, dass ISIS auch durch westli- che Unterstützung groß geworden ist. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Vor allem!) Frankreich hat zugegeben, Hollande hat zugegeben, dass ISIS im Kampf gegen Al-Nusra und die anderen dschihadistischen Organisationen von Frankreich Waffen bekommen hat! Diese Zusammenhänge müssen wir verstehen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Danke für die Aufklärung!) Ich habe gestern erzählt, dass ich unten in Erbil, in Kurdistan war. In der Region leben allein 1,7 Millionen Flücht- linge. Im Nordirak! Ich rede nicht vom gesamten Syrien und Irak. In der gesamten Region leben mehr als 6 Millionen Flüchtlinge, wenn man die anderen nicht dazuzählt. Sie waren ja eine Zeit lang jene Kurdenfreunde, die gesagt haben, wir werden die Kurden vor Vertreibung schüt- zen, wir werden sie auch unterstützen, dass sie einen eigenen Staat bekommen. Jetzt kommen kurdische Jesiden, kurdische Christen, kurdische Moslems nach Wien, wo der Bürgermeister die Bereitschaft zeigt, sie aufzunehmen. Da sagen Sie: Bleibt’s dort! Das ist Ihre ernsthafte Ehrlichkeit? Das ist Ihre ernsthafte, ehrliche Politik, wenn es um Soli- darität geht? Ich habe jetzt die Kurden als Beispiel genommen, weil Sie sich immer als Kurdenfreund ausgegeben haben. Ich glaube, in der Relation zu Fluchtbewegungen in der Region stehen wir wirklich nicht gerade sehr gut da, sage ich jetzt einmal. Wir tun unser Bestes, aber die meisten Flüchtlinge sind nach wie vor in der Region, und die werden von den ärmsten Staaten aufgenommen. Ich denke also, hier ist mehr Solidarität angebracht, mehr Zusammenhalt im Kampf, in der Auseinandersetzung mit Radikalisierungen. - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Jung. Ich erteile es. Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vorhin kritisiert worden, dass festgestellt wurde: Wir sind nicht das Weltsozialamt. Jetzt beobachten Sie die- se Geschichte einmal vom rationalen Standpunkt und nicht vom emotionalen, Herr Kollege! Sie werfen uns vor, wir wären zu hart, und so weiter. Von 18 europäischen Staaten nehmen derzeit nur 10 diese ganzen Flüchtlinge auf. In den übrigen Staaten ... (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: 28!) Ah ja, von den 28 nehmen nur 10 die Flüchtlinge auf, 18 nicht. Da gibt es überall sozialdemokratische Parteien. Ja, gehen Sie hin und werfen Sie Ihren Parteien vor, dass sie auch ihren Anteil an diesen Flüchtlingskontingenten nehmen sollen, Herr Kollege! Ma- chen Sie nicht immer uns die Vorwürfe. (Beifall bei der FPÖ.) Es geht ja nur so, dass man schnell und schlaglichtartig beleuchtet, was heute gesagt wurde. Wir kriegen jetzt 600 Flüchtlinge nach Wien. Das sind Kriegsflüchtlinge, keine Frage, sie sind, zum Teil zumindest, sicher traumatisiert. Es haben viele - und das ist das Gefährliche dabei - sicher einen Hass auf ihre Vertreiber. Deswegen werden sie nicht alle Terroristen werden. Aber wenn von 600 2 oder 3 Terroristen werden und der Terror zu uns nach Europa herein- getragen wird, dann schaut die Geschichte schon etwas anders aus. Denn wir brauchen auch keine zwei oder drei Terroristen in Österreich, das kann man Ihnen auch sagen, meine Damen und Herren! Es ist mittlerweile auch vom Kollegen Akkilic und anderen unbestritten, dass in Wiener Moscheen gezielt gehetzt und auch geworben wird für den Terrorismus in diesen Ländern. Kollege Akkilic hat selbst in einem „profil“-Artikel gesagt, er hat hier drei Moscheen im Auge. Wir haben nicht erst seit einem Jahr - wie jetzt gesagt wurde, wie Sie sagen - vorbeugend darauf hingewiesen, wir warnen seit Jahren davor, wie die Entwicklung läuft. Sie haben es kleingeredet. Sie haben uns - wie Sie es auch heu- te noch tun - rechtsradikaler Tendenzen verdächtigt und Ähnliches mehr. Sie kommen immer hintennach! Wenn es zu spät ist, dann erkennen Sie: Es geht nicht mehr, und jetzt müssen wir etwas tun. Aber man tut ohnehin zu wenig und mit halben Mitteln, wie es österreichische Tradition ist. Wenn wir darauf hinweisen - ob es bei der Finanzkrise war, ob es bei der Kriminalität war oder jetzt in diesen Fra- gen -: Sie kommen immer hintennach. Vorher sind Sie großartig im Beschimpfen, und dann brennt der Hut. Aber nicht Sie, sondern die Österreicher, die Bürger müssen die Suppe auslöffeln! Mittlerweile erkennt es sogar ein Herr Thurnher, und er schreibt: „Haben wir uns falsch verhalten? Sind wir zu tole- rant gegenüber Einwanderergesellschaften? Müssen wir nicht härter durchgreifen?“ Auf einmal! Na, wenn das ein Freiheitlicher sagt, um Gottes willen, das wäre das Schlimmste. Dann schreibt er: „Die Ratlosigkeit zum Beispiel gegenüber dem Phänomen des islamistischen Terrors, dass die- se Leute sich nun unter uns befinden, in Kindergärten aufwachsen, wo sie ihre eigene Sprache sprechen, von Ima- men betreut werden, die nicht auf Deutsch predigen, kurz, dass sie eine Parallelgesellschaft bilden, die sich nicht selbst kontrollieren will oder kann - damit umzugehen, überfordert uns offensichtlich.“ Bitte, wenn ich das oder Ähnliches da vor zwei oder eineinhalb Jahren gesagt habe, dann sind Sie über uns her- gefallen! Jetzt schreiben es Ihre linken Kolumnisten. Begreifen Sie einmal, was Sie den Österreichern damit antun, dass Sie viel zu spät reagieren und, statt vorzubeugen, erst im Nachhinein hinterherhoppeln und mit unzureichenden Maßnahmen arbeiten! (Beifall bei der FPÖ.) Dann schreibt der Herr Thurnher weiter: „Wir leben im Zeitalter der Postdemokratie, wo uns wesentliche Entschei- dungen, wie wir“, nämlich die Bürger, „unser politisches Leben gestalten, vorenthalten werden oder uns etwas vorge- logen wird“ - Klammer: „Irak-Krieg." Genau das geschieht nämlich die ganze Zeit, und das ist der Grund, warum Sie auch überall die Wahlen verlieren: Weil die Bürger zunehmend erkennen, dass Sie nicht mehr ihre Interessen vertreten! Wir sehen uns hier als die Ver- treter der österreichischen Interessen und der österreichischen Bürger. Da schaut es halt ein bisschen anders aus als in dieser Welt, vor allem in der Scheinwelt, in der manche von den GRÜNEN leben. Hier wollen wir uns auch nicht in die Richtung drängen lassen, dass man den Österreichern jetzt eine Schuld auf dem Sektor einreden will, meine Damen und Herren, dass wir wegen der falschen Erziehung, und so weiter dafür mitverantwortlich sind, dass die in den Terror gehen. Ja, sie kommen aus einer Schicht von Jugendlichen, die zu einem beträchtlichen Teil arbeitslos ist, weil mangelnde Ausbildung, nicht alphabetisiert und Ähnliches mehr. Das gibt es leider auch bei Österreichern, nur: Von den Österreichern, die davon betroffen sind, habe ich noch nicht gehört, dass man jemandem den Kopf abschneidet oder deswegen jemanden in die Luft sprengt, meine Damen und Herren! Hier haben der Islam, die Sozialisierung dieser Leute und auch die Eltern dieser Leute eine beträchtliche Mit- schuld! Und auch die SPÖ zum Teil, wenn sie radikale Organisationen wie die „Revolutionäre Volksbefreiungsfront“ beim 1. Mai mitmarschieren lässt, Herr Kollege Schuster, die genau von der UNO als Terrororganisationen bezeichnet wird. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Tanja Wehsely. Ich ersuche darum. Abg Mag (FH) Tanja Wehsely (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Das ist immer das Problem mit diesem Selbst- und Fremdbild. Wir haben da natürlich ein paar verkannte Talente sitzen hier bei uns im Wiener Landtag, den Herrn Außenminister Aigner zum Beispiel und den Herrn Heeres- und Polizeiminister Jung. Die haben das alle schon ganz lang gewusst, alles gesehen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Da müssen Sie leider ein bisschen warten!) Leider sind so unfähige Menschen am Ruder wie Obama, Weltenlenker, et cetera. Es ist Rot-Grün in Wien, es ist verschlafen worden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir sind schuld, der Terror geht von uns aus. Das ist sonst nir- gends, es ist kein Weltgeschehen, es ist kein Krieg, sondern es ist einfach hier falsch gemacht worden. Alles wurde übersehen. Hätten wir Aigner und Jung, wäre es anders gekommen. (Abg Ing Bernhard Rösch: Selbsterkenntnis!) Gut, okay. (Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.) Tatsache ist, dass ich mich wirklich sehr, sehr herzlich bedanken möchte bei den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP. Es ist mir ein wirklich aufrichtiges Anliegen: ein großer Dank, wie es auch schon Kollegin Hebein gesagt hat, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen, wo es - auch in Worten bei uns - um die Radikalisierung geht, wo es um Zusammenarbeit geht, wo es darum geht, Maßnahmen zu ergreifen, um Fakten, um Sachlagen, und wir uns da zusammenschließen und auch gegenseitig unterstützen. Ich höre das sehr, sehr gern, dass weiter mit Professionisten auch aus der Jugendarbeit bezüglich der Hotline und Beratungsstelle gesprochen wird. Das ist ein wirklich guter Zug, der uns allen zu Gute kommen wird. Frau Kollegin, wenn Sie gemeint haben, der Bürgermeister wird sozusagen in die Geschichte eingehen, und Sie haben die 600 Flüchtlinge damit gemeint, wie ich annehme - ich weiß es nicht genau, Entschuldigung -, dann kann ich nur sagen: Ja, auch meine, auch unsere vollste Hochachtung und Unterstützung für unseren Bgm Häupl, für dieses Angebot zu dieser Zeit, für diese Zurverfügungstellung und für dieses in die Bresche Springen für Österreich! Das ist nämlich Verantwortung für Österreich, und nicht zu sagen, wer aller anderer sie hätte nehmen sollen und das tun sollte. Es geht nämlich nicht darum, immer mit dem Finger auf die anderen zu zeigen. Es geht darum, dass man selber aktiv wird und sich selber bemüht, dass man selbst Nächstenliebe zeigt (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und ÖVP.), dass man selber Solidarität zeigt. Nicht darum, zu jammern, wer hat wo welches Geld und tut und tut nicht? Das ist natürlich der Punkt, aber das ist sicher auch ein Teil von Parallelgesellschaft, dass man sich in einer Opfer- rolle fühlt. Da frage ich mich: In welcher Parallelgesellschaft kommen Sie daher? Ich glaube nicht, dass Sie die Öster- reicherinnen und Österreicher und Wienerinnen und Wiener vertreten. (Abg Mag Wolfgang Jung: Die Parallelgesell- schaft ist die stärkste von allen, die hier sitzt!) Ich hoffe aber sehr, dass Sie nicht hingehen werden und in Erdberg oder am Alsergrund die Leute rundherum auf- stacheln werden. Ich bitte Sie sehr darum, das nicht zu tun! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir haben jetzt auch schon Straßenumfragen. Es sind viele Menschen dort, die verstehen, dass man Flüchtlingen helfen muss, Kriegsflüchtlinge aufnehmen muss. Es wird nichts bringen, und ich bitte Sie, Abstand davon zu nehmen und auch Ihre Bezirksorganisa- tionen aufzufordern, dort nicht Öl ins Feuer zu gießen (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Machen Sie schon!), son- dern die Leute willkommen zu heißen (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das haben Sie gemacht!) und dort zusam- menzuarbeiten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Leider ist nämlich alles nicht ganz so einfach, wie Sie sich das vorstellen. Es ist nämlich zum Beispiel so, dass die besten Anwerber und Salafisten ein sehr, sehr gutes und geschliffenes Deutsch sprechen. Ja, Deutsch ist die ge- meinsame Sprache, ja, es hilft jedem einzelnen Menschen bei uns in Wien, wenn er oder sie selbst diese Sprache perfekt beherrscht. Aber es soll nicht angenommen werden, dass nicht auch Konvertiten, ganz besonders gut Deutsch sprechende, auch Anwerber sind. Also lösen Sie sich von Ihrem einfachen Weltbild - ganz stringent: Ausländer schuld, Rot-Grün, was weiß ich -, sondern versuchen Sie, ein bisschen differenziert zu denken! Versuchen Sie, da auf einen nationalen Konsens einzu- gehen, der heißt, Deradikalisierung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen besonders herauszustellen, ja, sich auch strafrechtlich Sachen zu überlegen, weiter für Leute, die zurückkehren, „Foreign fighters“ et cetera. Da hat die Kollegin schon geschildert, dass auch im Bund Maßnahmen ergriffen werden, dass am 14. Oktober diese Enquete stattfinden wird zu vielen verschiedenen, wichtigen Themen, die jetzt besprochen werden müssen. Wir werden auch dort vor Ort sein und uns beteiligen mit Entsendungen der Stadt, um auch unsere Erfahrungen einzu- bringen und uns auszutauschen. Bemühen Sie sich bitte, differenziert an diese Sache heranzugehen! Bemühen Sie sich, die Wienerinnen und Wiener zu unterstützen! Bemühen Sie sich, sich ein bisschen zurückzunehmen und nicht Öl ins Feuer zu gießen! Denn Sie werden sich sonst viel vorzuwerfen haben, und ich hoffe, dass Sie das nicht wollen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Die Aktuelle Stunde ist somit beendet. Ich danke den Abgeordneten für die Diskus- sion. Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs 2 in Zusammenhalt mit § 31 Abs 1 der Geschäftsordnung bekannt, dass fünf schriftliche Anfragen von Abgeordneten des ÖVP-Klubs der Bundes- hauptstadt Wien eingelangt sind. Von den Abgen Dkfm Dr Aichinger und Dr Ulm wurde eine Anfrage an den Herrn Landeshauptmann betreffend „faires Wahlrecht JETZT“ gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der notwen- digen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung der Dringlichen Anfrage unterbrochen. Die Abgen Wagner, Deutsch, Klicka, Matzka-Dojder, Mörk, Dr Kickert haben am 25. August 2014 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend die Änderung des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 - Wiener KAG eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Gesundheit und Soziales zugewiesen. Die Abgen Mag Berger-Krotsch, Akcay, Ekkamp, Matzka-Dojder, Schuster, Dr Stürzenbecher, Akkilic, Ellensohn, Mag Kowarik und Dr Ulm haben am 17. September 2014 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem das Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien, LGBl Nr 83/2012, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl Nr 28/2014, geändert wird, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zugewiesen. Die Abgen Valentin, Mag Czernohorszky, Holzmann, Hufnagl, Karner-Kremser, Schubert, Mag Spitzer, Teiber, Dr Kickert und Puller haben am 25. September 2014 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betref- fend Änderung des Wiener Landwirtschafskammergesetzes, LGBl für Wien Nr 28/1957, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl für Wien Nr 34/2013, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Umwelt zugewiesen. Die Abgen Valentin, Mag Czernohorszky, Holzmann, Hufnagl, Karner-Kremser, Schubert, Mag Spitzer, Teiber, Dr Kickert und Puller haben am 25. September 2014 gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betref- fend Änderung des Wiener Weinbaugesetzes 1995, LGBl für Wien Nr 63, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl für Wien Nr 18/2003, eingebracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss Umwelt zugewiesen. Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnum- mern 1, 2, 8, 3, 9, 4, 5, 6, 7 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wurde kein Einwand erhoben. Ich werde daher so vorgehen. Bevor wir die unter Postnummer 1 vorgesehene Wahl vornehmen, ist über die Art der Abstimmung zu entschei- den. Gemäß § 28 Abs 4 der Geschäftsordnung für den Wiener Landtag sind Wahlen mittels Stimmzettel vorzuneh- men, wenn der Landtag nicht mit Zweidrittelmehrheit anderes beschließt. Ich schlage vor, diese Wahl durch Erheben der Hand vorzunehmen. Ich bitte nun jene Damen und Herren des Landtages, die diesem Vorschlag zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke, mein Vorschlag ist einstimmig so angenommen. Das an elfter Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates Abg Mag Josef Taucher und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Abg Friedrich Strobl haben ihr Mandat im Bundesrat am 26. September 2014 zurückgelegt. Die Sozial- demokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates schlägt als neues Mitglied für die elfte Stelle Frau Mag Daniela Gruber-Pruner und als an gleicher Stelle gereihtes Ersatzmitglied Herrn Abg Friedrich Strobl zur Wahl vor. Ich freue mich, dass das zur Wahl stehende neue Wiener Mitglied des Bundesrates, Frau Daniela Gruber-Pruner, auf der Galerie zu uns gekommen ist. Ich möchte sie herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.) Wir kommen nun zur Wahl. Ich möchte jene Damen und Herren, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung ge- ben wollen, um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. - Danke, ich stelle die Einstimmigkeit fest. Damit ist auch die erforderliche Mehrheit gegeben. Ich gratuliere Ihnen, Frau Bundesrätin, im Namen des Wiener Landtages sehr herzlich! Ich wünsche Ihnen viel Freude und viel Erfolg bei der neuen Aufgabe, und ich bin ganz sicher, dass Sie sie sehr gut erfüllen werden. (Allge- meiner Beifall.) Kinder haben ja in unserer Gesellschaft nicht immer die größte Lobby. Sie haben es sich zur Hauptsache ge- macht, vor allem als Kämpferin für die Kinder und Jugendlichen und die Familien im Bundesrat einzutreten. Ich wün- sche Ihnen dazu viel Erfolg! (Beifall bei der SPÖ.) Herzlich danken möchte ich auch Herrn Mag Taucher für sein Engagement während seiner Tätigkeit im Bundes- rat. Ich freue mich, dass er heute seine erste Landtagssitzung bei uns als Landtagsabgeordneter erfüllen kann. (Bei- fall bei SPÖ und GRÜNEN.) Wir kommen nun zur Postnummer 2 der Tagesordnung. Sie betrifft den 35. Bericht der Volksanwaltschaft 2013 an den Wiener Landtag. Ich freue mich, bei uns die Volksanwälte begrüßen zu dürfen. Herr Dr Günther Kräuter, Frau Dr Gertrude Brinek und Herr Dr Peter Fichtenbauer, herzlich willkommen im Wiener Landtag! (Allgemeiner Beifall.) Ich darf die Diskussion und die Beratung dazu eröffnen. Als Erste zum Wort gemeldet hat sich Frau Abg Korosec. Ich erteile ihr das Wort. Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende der Volksanwalt- schaft Dr Brinek! Sehr geehrte Herren Volksanwälte Dr Kräuter und Dr Fichtenbauer! Ja, wie gesagt, wir besprechen heute den 35. Bericht der Volksanwaltschaft. Ich freue mich sehr darüber, denn die Volksanwaltschaft verhilft vielen Bürgern zu ihrem Recht. Es werden Missverständnisse aufgeklärt, Systemfehler aufgezeigt, Anregungen an die Landesverwaltung gemacht, und oft werden - und das möchte ich sehr positiv vermer- ken - Einzelfälle rasch und unbürokratisch gelöst. Systemfehler werden aber sehr oft sehr lange missachtet. Immer wieder wird es gebracht, und die Lösung erfolgt oft überhaupt nicht oder sehr spät. Das Beharrungsvermögen der Landesverwaltung ist bei Systemfehlern eigentlich sehr, sehr groß. Ich darf mich einmal namens meiner Fraktion, aber natürlich auch im eigenen Namen, weil mir die Volksanwalt- schaft persönlich sehr, sehr am Herzen liegt, bei Frau Dr Brinek und bei den beiden Volksanwälten für die wirklich wertvolle Arbeit, die sie für die Bürgerinnen und Bürgern erbringen, ganz, ganz herzlich bedanken! Es ist eine Arbeit, die Sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürgern tun. Der Dank gilt selbstverständlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich weiß, wie engagiert und mit welch enormer Sozialkompetenz diese Arbeit geleistet wird. Meine Damen und Herren! Berichte der Volksanwaltschaft sind Gradmesser für die Art und Weise, wie die Verwal- tung mit den Bürgerinnen und Bürgern umgeht, mit den Bürgern, denen sie dienen soll. Das heißt, daher ist die Vol- kanwaltschaft tatsächlich ein Sprachrohr der Bürger. Damit komme ich zum Bericht. Dieser Bericht hat wie jedes Jahr eine Fülle von Informationen und Empfehlungen, wo die Verwaltungseinheiten des Landes dringend Veränderungen und Verbesserungen setzen müssen. Oft ist man sehr erstaunt und glaubt es kaum, welche Fehler passieren und vor allem - ich habe es schon erwähnt -, wie oft sie vorkommen: teilweise Jahr für Jahr! Übrigens wurde der Volksanwaltschaft in den vergangenen Jahren eine Fülle neuer Aufgaben übertragen. Auch darüber bin ich sehr froh, weil ich weiß: Damit sind diese Aufgaben in den besten Händen! Es ist dies auch ein Zei- chen dafür, dass diese Kontrollinstanz gut funktioniert und auch von den Bürgerinnen und Bürgern sehr, sehr ge- schätzt wird. Vorweg ganz kurz zur Statistik: Das Beschwerdeaufkommen ist sehr hoch. Ich habe mir natürlich auch den Bun- desbericht angesehen, und da sieht man, dass es 2013 fast 20 000 Fälle sind, das heißt, das höchste Beschwerde- aufkommen in der Geschichte. Gegenüber dem Jahr 2012, da waren es 15 600, ist es um 20 Prozent gestiegen. In Wien haben sich im Jahr 2013 die Beschwerden um 15 Prozent auf 1 063 erhöht, besonders die Zahl der Beschwer- den über die Mindestsicherung und Jugendwohlfahrt, diese sind von 255 auf 323 Beschwerden, also um 27 Prozent gestiegen. Meine Damen und Herren! Auch in diesem Bericht kritisiert die Volksanwaltschaft zu Recht, dass nach wie vor nur eine eingeschränkte Kontrolle über große Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge möglich ist, da diese vielfach als ausgegliederte Bereiche und Rechtsträger in einer GesmbH, in einer AG eben nicht von der Volksanwaltschaft überprüft werden können. Das ist eine Sache, die seit 20 Jahren geht, wo immer wieder Vorstöße gemacht werden, von allen Volksanwältinnen und Volksanwälten, aber es geschieht nichts! Es ist für den Bürger einfach nicht einzusehen, wenn man ein Problem mit der Friedhofsverwaltung hat, warum da die Volksanwaltschaft nicht prüfen darf. Also wieder ein Appell: Ich hoffe, dass da etwas weitergeht! Ich weiß, das hängt nicht nur an Wien, das ist ja eine Bundesangelegenheit. Ich kann mich noch gut daran erinnern: Als der Volksanwalt Kostelka noch nicht Volksanwalt, sondern Klubob- mann war, als ich Volksanwältin war und wir Vorstöße gemacht haben, hat er das total abgelehnt; übrigens auch der Klubobmann der ÖVP. Als er dann selber Volksanwalt war, hat er dasselbe Anliegen gehabt, ist aber auch daran gescheitert. Aber ich hoffe - man soll ja immer Optimist bleiben, es wäre wirklich notwendig! Es ist einfach nicht ein- zusehen, dass man dieser Forderung und diesen Wünschen nicht entspricht. Nun ganz kurz zu einigen Bereichen, gerade im Gesundheitsbereich: Da geht es um die Unterbringung junger Menschen mit psychischen Erkrankungen in Geriatriezentren, auch etwas, was immer wieder aufgezeigt wird. Insge- samt geht es um 300 Personen, die 2013 in Pflegeheimen für Senioren untergebracht waren, obwohl sie teilweise weit unter 60 Jahren sind. Von einer selbstbestimmten Wahl der Wohnform für diese Menschen, wie es der Art 19 UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht, die Österreich bereits 2008 - wir haben ja gestern darüber diskutiert - ratifi- ziert hat, sind wir da in Wien noch weit entfernt. Wir reden hier von einer dauernden Unterbringung in Geriatrieeinrichtungen, nicht von vorübergehenden Verle- gungen. Die Wiener Landesregierung schiebt diesen Fehler seit Jahren vor sich her, verfrachtet sie in eine Arbeits- gruppe, von einer in die nächste. Meine Damen und Herren von der Landesverwaltung, das ist eine Schande für die Weltstadt Wien! Der zweite Bereich, auch viel diskutiert: Kritik am Einsatz von Netzbetten in der Psychiatrie. Die Volksanwaltschaft kritisiert das seit Jahren. Ich erinnere an die Untersuchungskommission, wo sich übrigens auch die Grüne Fraktion sehr dafür eingesetzt hat, dass die Netzbetten abgeschafft werden, gemeinsam mit der Opposition. Das war immerhin 2008. Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen. Viele Expertinnen und Experten haben aufgezeigt, dass das nicht mehr State of the Art ist. Aber das Beharrungsvermögen der Wiener Landesverwaltung hat sich hier wieder gezeigt, es ist nach wie vor dabei geblieben. Es wurde immer gesagt, solange man Netzbetten nicht verbietet, werden wir sie ein- setzen. Gott sei Dank, jetzt werden sie verboten! Der Gesundheitsminister hat den Erlass herausgegeben, und mit 1. Juli 2015 werden Netzbetten abgeschafft. Dass eine Psychiatrie ohne Netzbetten natürlich eine andere Planung braucht, die Behandlungsabläufe sich ver- ändern, der Personalschüssel ein anderer sein wird bei Ärztinnen und Ärzten und natürlich auch beim Pflegepersonal, wurde bereits im Rahmen der Untersuchungskommission vor sechs Jahren ausführlichst debattiert. Herr Wagner, Sie wissen, wir waren dabei, wir haben damals sehr, sehr gekämpft. Passiert ist derzeit noch nichts, und auch die Grüne Fraktion, die damals wirklich sehr engagiert durch Frau Dr Pilz hier alles aufgezeigt hat, hat leider mit Eifer bei der Verschleppungstaktik der SPÖ mitgemacht, wie wir ja in jeder Sitzung, ob Landtagssitzung oder Gemeinderatssit- zung, immer wieder erfahren müssen. Aber, Gott sei Dank, mit 1. Juli 2015 sind die Netzbetten Geschichte! Ein Bereich, wo ich es auch nicht verstehe, dass man das nicht ändert, ist die Unterbringung von Kindern und Ju- gendlichen in der Erwachsenenpsychiatrie. Auch dieses Thema ist nicht neu und wurde bereits in der Untersuchungs- kommission diskutiert. Vor allem das Zusammenspiel von Spitälern und Einrichtungen der Jugendwohlfahrt wurde auch von der Volksanwaltschaft als desaströs beschrieben. Auch hier gilt: Es fehlt an qualifiziertem Personal. Die Personalschlüssel müssen überarbeitet werden, sie entsprechen nicht den Tatsachen und den Vorgaben auf dem Papier. Zu Recht kritisiert das die Volksanwaltschaft. Jetzt höre ich schon von der Frau Landesrätin - sie ist im Moment nicht da -, dass es heißen wird: Na ja, wir bauen ja das Krankenhaus Nord, und mit dem Krankenhaus Nord sind dann alle Probleme gelöst. Wann das Krankenhaus Nord kommt, ob 2016, 2017, 2018 oder noch später - aber dann sind die Probleme gelöst, dann bekommen wir die dritte Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit weiteren 30 Betten. Bis dahin müssen sich die jungen Patientinnen und Patienten halt noch gedulden: Pech gehabt für die frühe Ge- burt! Bis zu dieser Zeit müssen sie noch in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht werden. Ich sage Ihnen, dieses Versagen der Wiener Landesverwaltung verursacht Jahr für Jahr unnötiges Leid bei Kindern, bei Jugendlichen, aber auch bei den Angehörigen, bei den Eltern, bei den Geschwistern. Meine Damen und Herren! Es gäbe noch viele Bereiche anzuführen, wie zum Beispiel Fehler beim Vollzug der Mindestsicherung oder Rettungsgebühr für Tote, et cetera, et cetera. Aber jeder Abgeordnete von Ihnen hat ja den Bericht, und ich hoffe sehr, er wird gelesen. Ich würde sagen, es ist eine Pflichtlektüre für jeden Abgeordneten, auf diese Fragen auch einzugehen, weil wir ja dem Bürger zu dienen haben. Gerade dieser Bericht der Volksanwaltschaft zeigt auf, welche Veränderungen wir noch vornehmen müssen, wie man dem Bürger noch besser dienen kann. Somit möchte ich nochmals namens meiner Fraktion den Volksanwälten, den Mitarbeitern für die geleistete Arbeit und für den vorliegenden, wirklich hochwertigen Bericht herzlich danken und hoffe, dass dieser Diskussionsprozess auch zu konkreten und vor allem zu nachhaltigen Verbesserungen in den Verwaltungsabläufen führt, und zwar wieder im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. - Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Präsidentin Marianne Klicka: Frau Abg Hebein hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus): Werte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Dr Brinek! Herr Dr Kräu- ter! Herr Dr Fichtenbauer! Ich möchte Sie auch im Namen meiner Fraktion recht herzlich willkommen heißen, Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich würde aber auch gerne noch Frau Dr Pilz, unsere Patientenanwältin, recht herzlich bei uns be- grüßen. Ich werde mich in einem Punkt an meine Vorrednerin, an Frau Dr Korosec anschließen: Es stimmt und ist unbe- stritten, dass Sie extrem wertvolle Arbeit leisten für unsere Stadt, für unser Land, weil Sie Menschen zu ihren Rechten verhelfen. Im Grunde sind Sie ja ein Gradmesser für uns, für die Politik, für die Verwaltung, wie sehr es funktioniert, wo es Fehlentwicklungen gibt, wo es Schwachstellen gibt. Das heißt, meinen aufrichtigen Dank an Sie und an alle Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Namen meiner Fraktion einmal vorweg! Jetzt muss der Applaus einsetzen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Okay, gut. (StR Mag Manfred Juraczka: Den kann man sich bestellen!) Ja, den kann man sich auch bestellen. Nein, aber es ist sehr ernst zu nehmen, wenn Sie nämlich den Bericht durcharbeiten. Zum ersten Mal, glaube ich, haben Sie jetzt sehr ausführlich festgehalten die neue Aufgabe, die Neuorientierung im Bereich der Präventivarbeit, die Sie jetzt leisten. Ich glaube, 2012 wurde es umstrukturiert. Jetzt haben wir einen ausführlichen Bericht darüber, wie sehr Sie sich dafür einsetzen, dass es zu keinen Verletzungen der Menschenrechte kommt, auch mit dem Schwerpunkt, dass Sie sich für die Rechte der Menschen mit Behinderungen einsetzen. Hier geht es darum, dass Verletzungen verhindert oder zumindest unwahrscheinlich gemacht werden. Das ist ein extrem wichtiger Bereich, ein neuer Bereich. Der zweite Bereich, den ich sehr spannend finde, ist der Menschenrechtsbeirat, dieses System, das Sie sich hier aufgebaut haben, die Unterstützung aus dem NGO-Bereich, die beratenden Tätigkeiten. Meine Kollegin Korosec hat es ja schon benannt: Ihre Arbeit wird nicht weniger. Das kann man nicht unbedingt sagen. Es gibt eine Zunahme an Einzelschicksalen und Fällen, und Ihr Aufgabenbereich wurde erweitert. Ich würde auch gern auf ein paar Punkte eingehen, die mir sehr wichtig erscheinen. Und zwar geht es um die Un- terbringung der Menschen mit Behinderungen, es geht um die Unterbringung von jungen Menschen in Pflegeeinrich- tungen, den psychiatrischen Bereich bei Kindern und Jugendlichen. Frau Dr Korosec, ja, das stimmt: Es ist uns in der Stadt Wien total bewusst, dass wir hier weiter investieren müssen, weiter ausbauen müssen, und es passiert auch. Ich bitte Sie, auch das mitzuerwähnen, dass hier auch der Volksanwalt festgehalten hat, dass die Stadt Wien weitere Investitionen tätigt, vor allem auch im Otto-Wagner-Spital. Wir nehmen das sehr ernst. - Das ist ein Punkt. Zu den Netzbetten darf ich nur in aller Deutlichkeit sagen: Es ist enorm klass, dass diese jetzt abgeschafft werden und Geschichte sind! Wir begrüßen das natürlich außerordentlich. Ein Bereich wurde auch schon im Ausschuss angesprochen, das sind die privaten Sicherheitsdienste in psychiat- rischen Einrichtungen. Hier hat die Frau Stadträtin eindeutigst festgehalten - eindeutigst festgehalten! -, dass die pri- vaten Sicherheitsmenschen in keiner Weise beigezogen werden dürfen zur Betreuung und Behandlung der Men- schen. Ich glaube, das ist ebenfalls eine Geschichte. Ausführlich haben wir uns gestern schon über die behindertengerechten WC-Anlagen auf der Donauinsel unter- halten. Das wiederhole ich heute nicht. Ich nehme noch einen Bereich heraus, der sehr wichtig ist. Wenn Sie nämlich den Österreich-weiten Bericht lesen, merken Sie, dass es in drei Bundesländern noch Heimschulen gibt, das heißt, geschlossene Systeme, die es in Wien - und das sage ich in aller Deutlichkeit - Gott sei Dank nicht mehr gibt, auch im Hinblick auf die Erfahrungen, die wir da in den letzten Jahren, Jahrzehnten 60, 70 gemacht haben, was solche geschlossenen Systeme bedeuten. Das gibt es in Wien nicht. Natürlich sind auch die Schicksale von zwei Opfern des Missbrauchs, die sich an die Volksanwaltschaft gewendet haben und die hier angeführt werden, ernst zu nehmen. – In diesem Zusammenhang ist es mir echt ein Bedürfnis zu sagen: Jedes einzelne Schicksal wird ernst genommen! Ich möchte jedenfalls auch betonen, dass die Stadt Wien mit den Vorwürfen betreffend die Vorkommnisse auf dem Wilhelminenberg wirklich transparent umgegangen ist. Es hat die Dr Helige-Kommission gegeben, in deren Rahmen es transparente Aufklärung gegeben hat, und es gab Entschädigungszahlungen und psychologische Unter- stützung durch den Weissen Ring. – Es ist mir wichtig, das festzuhalten: Wir haben das sehr ernst genommen und sind diesen Schritt gegangen, auch wenn man das Unrecht an sich sowieso nicht mehr gut machen kann. Wichtig erscheint mir auch der Punkt, der ebenfalls festgehalten worden ist, betreffend die Betreuung von unbe- gleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Diesbezüglich hat es auch auf Anregung der Volksanwaltschaft Verbesserun- gen gegeben. Zu tragischem Ruhm haben ja auch die Vorfälle in der Justizanstalt Josefstadt geführt. Sie alle haben das sicher- lich mitbekommen. Es wurde medial ja sehr heftig diskutiert, wie sehr unzureichende Systeme Gewaltvorfälle unter- stützen können. In diesem Zusammenhang gab es auch schon Verbesserungen, die dringendst notwendig waren. Ich komme noch zu einem Punkt, der elementar wichtig ist, nämlich zur Mindestsicherung. Im Hinblick auf die Mindestsicherung hat auch die Volksanwaltschaft festgehalten, dass die Kooperation mit der MA 40 – und das ist wichtig, denn dort arbeiten sehr viele Leute – sehr gut verläuft und dass, wenn Einzelschicksale bekannt werden, sehr rasch unterstützt wird und Fehler behoben werden. Dieser Punkt wurde dezidiert auch bei Ihnen festgehalten. Es ist unbestritten, dass das ein heikler Themenbereich ist. Da geht es um die Abhängigkeit von Menschen hin- sichtlich ihrer Existenz, es geht um Existenzsicherung, und wenn hier Fehler passieren, dann ist das bedrohlich. – Das ist total ernst zu nehmen, und ich glaube, auch Sie, Herr Dr Kräuter, haben das im Ausschuss sehr klar festge- halten. – Das ist die eine Angelegenheit. Halten wir uns aber bitte auch vor Augen, dass bei uns in Wien über 150 000 Menschen Mindestsicherung erhal- ten! – Wir legen großen Wert darauf, dass es einen diesbezüglichen Rechtsanspruch für Menschen gibt, wenn sie in eine Notsituation geraten. Wie wir alle wissen, können immer mehr Menschen von ihrer Arbeit und von ihrem Ein- kommen nicht mehr leben, und daher ist es wichtig, dass die Menschen entsprechende Rechte haben. Insofern möchte ich mich herzlich für Ihre Arbeit bedanken und wünsche Ihnen allen weiterhin viel Kraft und Er- folg! (Allgemeiner Beifall.) Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Günther. Ich erteile es ihm. Abg Dr Helmut Günther (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Frau Volksanwältin! Meine Herren Volksanwälte! Ich kenne die Berichte der Volksanwaltschaft mit Unterbrechungen seit dem Jahr 1991. – Wenn man sich das im Laufe der Zeit ansieht, bemerkt man, dass es hier ständig Steigerungen gegeben hat. Der größte Sprung ist 2012/2013 gelungen, und zwar durch die Zuständigkeit für den Nationalen Aktionsplan Menschenrechte. Ich darf noch einmal zur Statistik zurückgehen: Der Sprung im Jahr 2013 von 15 000 auf 20 000 Fälle ist gravie- rend und zeigt, wie intensiv die Rechtssicherheit unserer Bürger in der Volksanwaltschaft gesucht wird. Interessant ist, dass in den Bereichen, wo Prüfverfahren eingerichtet werden, eine Steigerung von 7 000 auf 8 000 Fälle erfolgte, in den Bereichen, wo keine Prüfverfahren eingerichtet werden, aber um über 2 500 Fälle. – Das zeigt, dass die Volksanwaltschaft ganz deutlich beratend tätig ist, sodass Prüfverfahren gar nicht eingeleitet werden müs- sen. Das ist ein Beweis für die hohe Qualität der Tätigkeit der Volksanwaltschaft, und dafür sage ich herzlichen Dank, denn wenn keine Prüfverfahren eingerichtet werden müssen, dann ist auch die Verwaltung nicht einzubinden, son- dern die Erledigung erfolgt im ersten Schritt. – Herzlichen Dank für diese wertvolle Tätigkeit! Jetzt noch zu dem zweiten Bereich, der eingerichtet wurde: Insgesamt haben die Kommissionen – und es sind nur sechs Kommissionen, die Österreich-weit tätig sind – 530 Fälle behandelt, davon 465 im Zusammenhang mit der Unterbringung von Rechtsbrechern und 65 betreffend Polizeibereiche. – Etwas ist dazu festzustellen: Wenn ich mir Stellungnahmen des Innenministeriums, aber zum Teil auch des Justizministeriums ansehe, dann fällt mir auf, dass in diesen Stellungnahmen sehr häufig betreffend Fälle, hinsichtlich welcher die Volksanwaltschaft Fehler festgestellt hat, gesagt wird: Dazu haben wir keine Dokumentation, das war immer so, das brauchen wir nicht! Teilweise hat sich das durch das Tätigwerden der Kommissionen intensiv verbessert, aber es ist trotzdem traurig, dass eine Dokumentation gerade in diesem Bereich oftmals nicht durchgeführt wird, denn Dokumentation ist einer der wichtigsten Punkte in diesem Zusammenhang, das sehen wir zum Beispiel auch im Bereich des Gesundheitswesens oder im Bereich des Schulwesens. Daher glaube ich, dass Dokumentation gerade betreffend den Bereich der Unter- bringung von Menschen ganz besonders wichtig ist: Wenn wir uns nämlich die Pressemitteilungen der vergangenen Monate anschauen, dann stellen wir fest, dass es immer wieder in Einzelfällen – Gott sei Dank in Einzelfällen! – Feh- ler gegeben hat, die an sich nicht unterlaufen dürfen hätten, wenn eine ordnungsgemäße Dokumentation geführt worden wäre. – Diesbezüglich ist den Kommissionen des Nationalen Aktionsplans Menschenrechte wirklich ein gro- ßes Lob auszusprechen, weil sie ihre Tätigkeit sehr konzentriert und sehr ordentlich durchführen. Ich habe auch noch gehört, dass vorgestern eine große Veranstaltung bei der Volksanwaltschaft stattgefunden hat und die Volksanwaltschaft für Jugendliche und auch für andere Gruppen geöffnet wurde. Es ist sehr erfreulich, dass nun auch Jugendgruppen zum Bereich der Volksanwaltschaft gehören und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihrer entsprechenden Tätigkeit nachgehen, damit man sieht, wo Rechtssicherheit für Österreichs Bürger und Bürgerinnen gewährleistet wird. Ich glaube, nach außen zu gehen, was die Volksanwaltschaft ja auch mit ihren Sprechtagen und Sprechstunden über das ganze Jahr hinweg praktiziert, ist sehr wichtig, um der Bevölkerung zu zeigen, dass es eine Einrichtung gibt, die für die individuelle Rechtssicherheit und das individuelle Rechtsempfinden der Menschen Ver- ständnis hat und die sich in der Verwaltung dafür einsetzt. Meine beiden Vorrednerinnen haben schon auf Einzelfälle aus Wien hingewiesen, ich glaube nicht, dass man die- se wiederholen muss. Erfreulich dabei ist, dass häufig – manchmal mit Zeitverzögerung, aber doch – die Vorschläge der Volksanwaltschaft auch in der Verwaltung aufgenommen werden und zu Änderungen in der Verwaltung führen. Das sollte, wenn es möglich wäre, noch öfter geschehen, aber die Schritte sind im Großen und Ganzen gut. Ich möchte noch hinzufügen: In all den Berichten, die ich kenne, hat die Volksanwaltschaft beklagt, dass sie zum Beispiel die ÖBB nicht prüfen kann und dass sie die Wiener Linien nur manchmal auf freiwilliger Basis prüfen kann, was jedoch auf Grund des Datenschutzes nicht wirklich eine Prüfmöglichkeit eröffnet. Es gibt jetzt bei den ÖBB eine neue Aufsichtsratsvorsitzende, die ehemalige Finanzstadträtin der Stadt Wien, die sich damals auch nicht dafür ein- gesetzt hat, dass die Volksanwaltschaft im Bereich des öffentlichen Verkehrs prüfen kann. Aber vielleicht sieht sie jetzt als Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB eine Möglichkeit, dort etwas zu ändern! Und es gibt dort auch einen Gene- raldirektor, der an seiner Öffentlichkeitsarbeit sehr interessiert ist. – Ich glaube, ein Schritt in Richtung dieser Prüfmög- lichkeit im Interesse der Benützer des öffentlichen Verkehrs beziehungsweise der ÖBB wäre auch für den durchaus erfolgreichen Generaldirektor ein richtiger Schritt in seinem Interesse! Zum Schluss bleibt mir nur noch das, was meine Vorrednerinnen auch schon getan haben: Ich darf mich bei den Damen und Herren und vor allem bei den Mitarbeitern der Volksanwaltschaft, die täglich damit befasst sind – und bei 20 000 Fällen sieht man, wie viel das ist! –, die mit den Bürgern in Kontakt treten und sich der Sorgen der Menschen annehmen und alles dann so weitergeben, dass die Verwaltung tatsächlich darauf einsteigt, recht herzlich bedanken und ihnen wünschen, dass sie mit dieser Kraft und dem gleichen Einsatz für die österreichische Bevölkerung weiter- arbeiten! – Danke. Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abg Mag Ramskogler. – Ich erteile es ihr. Abg Mag Sonja Ramskogler (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Frau Patientenanwältin Sigrid Pilz! Sehr geehrte Landtagsabgeordnete von Wien! Wir besprechen hier heute den Volksanwaltschaftsbericht 2013, der erstmalig mit seinen zusätzlichen Funktionen puncto Menschenrechte und Prävention vor uns liegt. Es ist dies somit der erste Tätigkeitsbericht, mit welchem auch präventive Kontrollen durchgeführt und diese begründet werden. Dieser Prüftätigkeit der Volksanwaltschaft – wir ha- ben es heute schon gehört – sind über 530 Kontrollen gemeinsam mit allen Expertenkommissionen vorausgegangen. Besucht wurden insbesondere öffentliche und private Einrichtungen, und es ist auch neu, dass Letztere geprüft wer- den. Ich möchte vor allem auch den Menschenrechtsbeirat erwähnen, der hier eine bedeutende Funktion ausübt und eine beratende Rolle einnimmt. – Meine Vorredner haben gesagt, dass annähernd 20 000 – genau sind es 19 249 – Beschwerden an die Volksanwaltschaft gingen. Ich halte es aber auch für erwähnenswert und nicht vernachlässigbar, dass rund 4 000 Beschwerden an die Volksanwaltschaft adressiert waren, für die dort keine Zuständigkeit besteht, und dass es daher gut ist, dass wir viele verschiedene Kontrollinstanzen in dieser Stadt haben, etwa die Kontrol- linstanzen des Stadtrechnungshofes und der PatientInnenanwaltschaft, aber auch die Kontrollinstanzen diverser in- terner Revisionen. Ich meine, dass es notwendig ist, nicht nur vereinzelte, sondern viele Kontrollinstanzen zu haben, damit gemeinsam auf vielen Ebenen geprüft wird. Insbesondere muss man auch sagen, dass es eine signifikante Steigerung bei den Beschwerden und Berichten über den Strafvollzug gab, und darauf möchte ich ein bisschen eingehen, weil meine Tätigkeit als Strafvollzugskom- missionsvorsitzende vor dieser Tätigkeit bei der Volksanwaltschaft sehr interessant war. Ich habe gemeinsam mit der ehemaligen FPÖ-Kollegin Frau Frank, aber auch mit Abg Barbara Nowak und Herrn Gemeinderatsvorsitzendem Schuster die einzelnen Strafvollzugsanstalten besucht. Wir haben Monat für Monat mit der Strafvollzugskommission Kontrollen durchgeführt, und wir haben auch protokolliert und festgehalten, und zwar natürlich unter Verschluss und Verschwiegenheit gegenüber der Öffentlichkeit. Wir haben dort im Strafvollzug immer wieder einiges – ich möchte das jetzt vorsichtig ausdrücken – mit gemisch- ten Gefühlen gesehen: Es ist für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kein Leichtes, im Strafvollzug zu arbeiten, zumal dort – das ist ja kein Geheimnis – oft auch eine Überfüllung des Hauses und schwierige Zustände herrschen. Das ist hier ganz in der Nähe! In diesem Zusammenhang möchte ich festhalten, dass wir damals die Schließung des Jugendgerichtshofes abso- lut verneint und gesagt haben, dass das nicht sinnvoll ist, und leider hat sich herausgestellt, dass der Jugendstrafvoll- zug in diesem Rahmen nicht gut ist. Und ich bin sehr dankbar, dass auch die Volksanwaltschaft den gleichen Blick- winkel hat und vielleicht gegenüber dem Justizministerium unterstützend wirken kann, damit der Jugendstrafvollzug in Zukunft wieder um einiges verbessert wird, und zwar für die MitarbeiterInnen, aber auch für die Insassen, also die Jugendlichen, die dort versorgt werden. Auf Grund meiner Tätigkeit möchte ich auch festhalten, dass es seit damals nicht nur das „Straftatbild“ gibt, son- dern auch eine Zunahme der psychischen Zustände der Inhaftierten, und das wird immer mehr, und das müssen wir auch politisch berücksichtigen und aufzeigen. Daher wäre es mein Wunsch auch an die Volksanwaltschaft, dass man ganz genau hinschaut, wenn es um Maßnahmenvollzüge und darum geht, Jugendliche hinter Gitter zu sperren. Diese Jugendlichen sollen ja auch wieder zurückkommen und resozialisiert werden, und wir müssen darauf achten, dass wir diese Jugendlichen im Strafvollzug nicht vernachlässigen. – Das ist eine sehr wichtige Thematik, und ich möchte auch die Volksanwaltschaft diesbezüglich sensibilisieren, die sich aber ohnedies bereits engagiert, und ich möchte mich gleichzeitig bedanken, wenn dort ein Schwerpunkt gesetzt wird. Weiters bin ich auch dankbar für den Hinweis der Volksanwaltschaft, dass es auch hier einen einheitlichen Min- destpflegepersonalschlüssel geben soll, insbesondere weil es unterschiedliche Landesgesetze betreffend die Pflege der Menschen, die hier untergebracht sind, gibt. Es wird notwendig sein, dass wir in erster Linie darauf achten, dass die Menschen dort versorgt und gepflegt wer- den, wo sie die beste Pflege haben. Ich freue mich, dass – obwohl, wie Sie beschrieben haben, nur wenige Zahlen vorliegen – vom KAV in Wien bekannt ist, dass zirka 220 Menschen unter 60 Jahren in Geriatriezentren sowie 79 weitere Personen im Sozialtherapeutischen Zentrum Ybbs leben, und im Hinblick darauf bin ich überzeugt, dass wir es vorantreiben müssen, dass diese Menschen adäquat versorgt werden. Dazu gibt es ein Pilotprojekt des Wiener Krankenanstaltenverbunds mit dem Ziel, Unter-60-Jährige adäquater unterzubringen, und dieses Projekt soll nicht nur in Wien, sondern bundesweit umgesetzt werden. Ich hoffe, dass das rasch vorangeht, da bin ich ganz auf der Seite von Frau Kollegin Korosec: Es soll schnell gehen, damit die Menschen gut versorgt werden! Lassen Sie mich noch einen Hinweis auf die Kommission in Bezug auf die psychischen Erkrankungen, den Aus- bau der Kinder- und Jugendpsychiatrie und das Thema der Psychiatrie generell machen: Betreffend Patienteninten- sivbetten war ich damals schon bei der Untersuchungskommission dabei. Es gibt zu diesem Thema viele Fachexper- ten, wir haben mit Frau Kollegin Pilz in der Untersuchungskommission lange diskutiert, und ich habe das anhand eines Praktikums auf einer Akutstation der Psychiatrie gesehen. Mein persönlicher Zugang dazu ist nach wie vor: Sollte ich persönlich in die Situation kommen, dass ich einen psychotischen Zustand erleide, dann würde ich es als angenehmer empfinden, wenn ich in einem Patientenintensivbett gelagert werde und nicht mit einer Fünfpunktfixie- rung ruhiggestellt werde. Das mag sehr individuell sein, aber ich meine, dass man sich bei einer solchen Fünfpunktfi- xierung überhaupt nicht mehr rühren kann, während das in einem Patientenintensivbett durchaus möglich ist. Daher haben wir das auch immer so vertreten. Gleichzeitig haben wir aber gesagt, dass die Fachleute darüber entscheiden sollen. Es gibt Pro- und Contra- Argumente. Es gab eine Kommission mit Dr Psota, unserem PSD-Chef in Wien, und auch viele meiner Kollegen, Psychologen und Psychotherapeuten, die mit den Patienten arbeiten, sind nach wie vor anderer Meinung. Auch das möchte ich hier festhalten. Nichtsdestotrotz gibt es diesbezüglich eine rechtliche Veränderung, und es ist völlig klar, dass auf Grund dieses Erlasses auch in Wien das Netzbett ab dem Datum des Erlasses nicht mehr eingesetzt werden wird, weil wir uns klarerweise an rechtliche Maßnahmen halten. – So viel möchte ich zum Patientenintensivbett hier erwähnen. Psychiatrie an sich ist ein Thema, welches, wie ich glaube, nicht so viele von Ihnen persönlich – nämlich wirklich vor Ort – kennen. Ich habe immer wieder damit zu tun und möchte daher von dieser Stelle auch einmal ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Psychiatrien der Stadt Wien richten. Sie leisten großarti- ge Arbeit! Vielen Dank für Ihren täglichen Einsatz! Es ist nicht einfach, mit psychiatrischen Patienten umzugehen, und ich möchte daher von dieser Stelle auch einmal Danke sagen, weil in diesem Bereich viel gute Arbeit geleistet wird. (Allgemeiner Beifall.) Es wird darauf hingewiesen, dass für Kinder und Jugendliche psychiatrisch, psychologisch und psychotherapeu- tisch mehr getan werden muss. – Dazu ein klares Ja! Es muss tatsächlich mehr getan werden. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass auch schon in der Vergangenheit viele ambulante Institutionen geschaffen wurden. Dazu gehört auch eine Initiative von mir, die Psychosoziale Plattform in Wien. Es gibt viele Player, die in Wien für die Kin- der- und Jugendpsychiatrie etwas tun, aber wir würden noch mehr brauchen. Ich bin mit allen, die das sagen, einer Meinung: Wir brauchen mehr Therapieplätze und mehr entsprechende Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, und auch ich verfechte die Auffassung: Wenn wir nicht bei den Kindern und Jugendlichen beginnen, dann ist es zu spät, denn diese Erkrankungen beziehungsweise psychischen Störungsbilder reichen oft von der Kindheit bis ins Erwach- senenalter, und wenn sie nicht schon frühzeitig vorbehandelt werden, wird es später umso schlechter. Daher jede Unterstützung in diese Richtung, es kann nie genug sein! Ich bin jedoch davon überzeugt, dass in den letzten Jahren sehr viel getan wurde: Es wurden Einrichtungen unter- stützt und neu eröffnet, und wir sind hier auf einem guten Weg. Es werden nicht nur im Krankenhaus Nord, Frau Kol- legin Korosec, entsprechende Einrichtungen geschaffen, sondern es werden auch viele ambulante Einrichtungen geschaffen. Insbesondere möchte ich anmerken, dass das Ziel eigentlich die Behandlung in ambulanten Einrichtungen sein sollte. Ein Spitalsaufenthalt ist problematisch, und jeder, der Kinder hat, weiß, dass es besser ist, sein Kind bei sich zu Hause in Pflege zu haben, wenn das möglich ist, als es für zu lange Zeit in eine Institution zu geben. Daher sollte meiner Meinung nach ambulante psychische und psychiatrische Betreuung noch viel mehr unterstützt werden und verstärkt stattfinden. – Auch in diesem Zusammenhang danke ich der Volksanwaltschaft, wenn sie auch darauf eine Auge wirft. Ich möchte noch ein Wort zu den Securities verlieren, weil wir darüber auch im Ausschuss gesprochen haben: Ich weiß von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass es – wie ich schon gesagt habe – kein Leichtes ist, insbeson- dere auf einer Psychiatrie zu arbeiten. Oft werden die Patienten samt der Polizei auf die Akutstationen gebracht, das ist also auch nicht ungefährlich. Es kann auch gefährlich werden, und darum bin ich sehr froh, dass wir Securities haben. Ich bin ganz Ihrer Meinung, und es ist für mich selbstverständlich, dass alle Securities auch in diesem Bereich eine ordentliche qualitative Ausbildung haben. Sie dürfen aber auf keinen Fall die Möglichkeit haben, Medikamente zu geben, das steht meiner Ansicht nach nicht zur Debatte. Die Verabreichung von Medikamenten obliegt nicht einmal den Psychologen oder Therapeuten, sondern nur dem Psychiater und dem ärztlichen Personal, und dabei soll es auch bleiben, das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir ein Anliegen, auch noch zu sagen, dass nicht alles auf einmal geprüft werden kann. Auch der Volksanwaltschaft sind Grenzen gesetzt, und zwar nicht nur betreffend das Personal, sondern auch generell. Darum sage ich noch einmal: Es ist wichtig, dass wir viele verschiedene Kontrollinstanzen in dieser Stadt haben. Diesmal hat die Volksanwaltschaft, wie auch der Bericht zeigt, ihre wichtige und wertvolle Tätigkeit den Bereichen des Strafvollzuges gewidmet, sich aber auch mit den Pflegeinstitutionen und anderen Institutionen beschäf- tigt, wenn es um Menschenrechte geht. Dafür möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber natürlich auch den Verantwortlichen, den Volksan- wälten, nochmals ganz herzlich danken. Ich freue mich schon auf konstruktive Kritik im nächsten Jahr durch einen guten Bericht, wie er uns auch jetzt vorliegt. – Herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Danke vielmals für die Wortmeldung. Für das Protokoll möchte ich bekannt geben, dass Herr LAbg Mag Kasal von 11.14 Uhr bis 13 Uhr entschuldigt ist. Ich freue mich, dass wir im Wiener Landtag auch ein Rederecht der Volksanwälte haben, und darf nun die Volks- anwälte um ihre Stellungnahme ersuchen. Zunächst ersuche ich Frau Dr Gertrude Brinek, das Wort zu ergreifen. Volksanwältin Dr Gertrude Brinek: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Lie- be Kollegen Dr Kräuter und Dr Fichtenbauer! Wir empfinden es als sehr sympathisch und als demokratiepolitisch selbstverständlich, dass wir wieder – wie es die Wiener schon beschlossen haben – im Wiener Landtag die Möglichkeit haben, uns mit Ihnen auszutauschen. Wir hatten die Möglichkeit schon im Ausschuss und meinen, dass das ein Gewinn für beide Seiten ist. Ich glaube, an der Fortsetzung dieser Praxis wird nicht gezweifelt! Lassen Sie mich auf ein paar allgemeine Bemerkungen und Argumente und dann skizzenhaft auf das eingehen, was Sie angesprochen haben, Frau Abg Ramskogler, Frau Abg Korosec, Herr Abg Günther und Frau Abg Hebein. Wir hatten bis zum heutigen Tag in ganz Österreich im Rahmen der neuen Aufgaben etwa 1 000 Besuche unter dem Aspekt OPCAT – Nationaler Präventionsmechanismus. Sie selbst haben angesprochen, dass wir uns überlegen müssen, wann wir leistungsmäßig an die Grenzen kommen. Und die Besuche allein sind es ja noch nicht. Unsere Gutachter liefern uns die Besuchsprotokolle, und dann beginnt erst die Arbeit in der Volksanwaltschaft, und wenn wir hier einen Stau erzeugen, ist nichts gewonnen. Die Erkenntnisse, die schon vielfach zitiert wurden, vom Gebrauch der Netzbetten über die Jugendpsychiatrie, sind ein Erfolg, und wenn wir diese Erfolgskurve und die Erfolgserwartung weiterhin so erfüllen, dann sind wir durch- aus zufrieden. Wir haben auch schon erste Rückmeldungen von internationalen Gremien. Delegierte von CPT, The European Committee for the Prevention of Torture, aus Genf waren zu Besuch und werden sich auch im Lande um- sehen, und auch das Subcommittee der UN in Genf, an welches wir Bericht erstatten, hat uns eine durchwegs gute Bestätigung für unsere Arbeit gegeben und Dank für unseren Bericht ausgesprochen. Was will ich damit sagen? – Wir sollen, wie ich auch Ihren Wortmeldungen entnommen habe, solide weiterarbei- ten und weiter prüfen, um zu weiteren guten Ergebnissen zu kommen. Ich darf noch etwas sagen, weil Sie, Frau Mag Ramskogler den Strafvollzug angesprochen haben: Ich war selbst einmal Wiener Landtagsabgeordnete und Mitglied der Strafvollzugskommission, und wir haben auch damals schon Erfolge erreicht, die sich in Schriftstücken, etwa in parlamentarischen Anfragebeantwortungen manifestieren. Und dass es eine Zusage betreffend die Aufstockung von Personal im Strafvollzug, und zwar sowohl beim Wachpersonal als auch beim Fachpersonal, gibt, darüber können wir auch angesichts der budgetär angespannten Zeiten dankbar und froh sein! Unter diesen Zusagen rangiert zum Beispiel der Jugendstrafvollzug ganz vorne, Gerasdorf wird speziell für Jugendliche ausgebaut, und beim Umbau und bei der Adaptierung werden sogar Junge in ein Beschäftigungspro- gramm mit einbezogen. – Es ist an uns und auch an Ihnen, wenn Sie das wollen, und ich lade Sie ein, zu verfolgen, ob die Versprechen und die Pläne auch umgesetzt werden. Das ist ja überhaupt Ihre und unsere gemeinsame Aufga- be. – Das zum Thema Jugendvollzug. Zum Maßnahmenvollzug: Wie Sie wissen, hat sich die Zahl der sogenannten geistig abnormen Rechtsbrecher seit 2000 verdoppelt. Das heißt, wir müssen uns die Frage stellen: Was treibt Menschen in eine psychische Krankheitssi- tuation und dann auch in eine Kriminalitätssituation, und wie gehen wir damit um? – Diesbezüglich sind wir eigentlich am Wechsel zwischen einem Justizspital und nachübernehmenden Einrichtungen. Und es fehlt oft an Nachfolgeein- richtungen wie Wohngemeinschaften, betreuter Versorgung und Sozialversorgung. Oft sind Leute, deren Strafhaft ein, zwei oder drei Jahre ausgemacht hat, weil es keine entsprechenden Möglichkeiten gibt, sie in die Gesellschaft zu integrieren, dann jahrelang in Haft beziehungsweise stehen unter Haftbedingungen, und das ist teuer, das ist sozial und human nicht zutreffend, und das ist in jederlei Hinsicht die unpassende Maßnahme. Damit werden wir uns sicher- lich noch auseinandersetzen müssen. Wien ist ja mit der Justizanstalt Josefstadt, mit Polizeianhaltezentren und so weiter ein Hotspot; das ist halt in Ballungsräumen der Fall. Ich bedanke mich bei Abg Günther: Ich glaube, er hat erwähnt, dass wir ein neues Besucherzentrum eröffnet ha- ben. Ich sage nur so viel: Schauen Sie demnächst auf die Homepage! Der Kontakt mit der Wiener Schulverwaltung ist hergestellt, denn die Zielgruppe sind besonders junge Leute, aber es soll bis 100 gehen. Es sind auch Senioren ebenso wie Jugendgruppen, und so weiter herzlich eingeladen, die Anmeldung kann man unter „besucherzentrum@volksanwaltschaft.gv.at“ vornehmen. Lassen Sie mich skizzenhaft zu ein paar Wiener Verwaltungsthemen Stellung nehmen, die von Frau Hebein und von Frau Korosec auch schon angesprochen wurden. Zur Frage Barrierefreiheit und Behindertengleichstellung: Wir vernehmen von Jahr zu Jahr mehr Nachfragen nach Gemeindewohnungen, die nicht nur barrierefrei, sondern behindertengerecht ausgestattet sind. Ich weiß – und ich respektiere es –, dass man bei Wiener Wohnen sagt, dass man mit den Adaptierungen gar nicht nachkommt. Wir setzen aber nicht nur bei der Kritik an, sondern geben die Empfehlung, doch schon sehr früh mitzudenken und zu überlegen, wie man beim sozialen Wohnbau überhaupt barrierefreie Wohnungen bauen und berücksichtigen kann, dass es diese Nachfrage geben wird. Wir wissen nämlich aus Umfragen bei Jugendlichen bis zu Menschen im Senio- renalter, dass der Wunsch besteht, dass man auch im Alter vorrangig in seiner privaten Atmosphäre verbleiben kann und dass, wenn sich der Lebensbogen zum Ende wendet, Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit wieder The- ma sind. Insofern sollte man Augenmerk darauf richten, dass überhaupt von Anfang an auf Barrierefreiheit im Wohn- bau Rücksicht genommen und Wert darauf gelegt wird. Weiters wurden die WC-Anlagen auf der Donauinsel angesprochen. – Ich muss dazusagen – und eine Debatte darüber ist ja wichtig –, dass diese Adaptierung erst auf Grund der Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft in den Etappenplan aufgenommen wurde. Dieser Punkt ist jetzt darin enthalten, und es werden nun auch die öffentli- chen Anlagen auf der Donauinsel behindertengerecht ausgestattet. Dazu eine Anmerkung: Es erscheint uns eine lange Zeit zu sein, wenn der Etappenplan für die Adaptierung öffent- licher Amtshäuser und öffentlicher Gebäude nach dem Bundes-Behindertengleichbehandlungsgesetz insgesamt bis 2032 angesetzt wird. Wenn hier das Tempo erhöht beziehungsweise der zeitliche Rahmen verkürzt werden könnte, wäre das durchaus im Sinne der Betroffenen! Lassen Sie mich noch einmal kurz zu den Gemeindewohnungen und Wiener Wohnen zurückkehren: Die Zahl je- ner ist groß, die sich melden und sagen, ich warte schon so lange auf eine Wohnung. – „Lange“ ist natürlich eine sehr individuelle und sehr subjektive Erfahrung, denn wenn man eine Wohnung braucht, dann ist ein Monat lang. Und es ist nur ein sehr bedingter Trost, dass man ohnedies auf der Warteliste die Nummer soundso ist und man daher dann und dann drankommt. – Ich darf aber dazusagen, dass es keine Beschwerden über die Vormerkverfahren und über die Vergabeverfahren gibt. Es kommen natürlich auch Alleinerzieherinnen, ältere Personen und Leute, die durch schwierige Lebensumstände gewissermaßen in ein Loch gefallen sind und wirklich mit einem Einkommen von 1 000, 1 200 oder 1 500 EUR – ich rede von netto – dastehen und sagen: Wie soll ich mir in der Zwischenzeit, bis ich drankomme auf dem freien Markt eine Wohnung organisieren? Dazu nun meine Anmerkung: Wir schauen dann nach, mit welchen Mitbewerbern sich diese Person auf der Liste befindet, und finden heraus, dass dort auch Einzelpersonen aufscheinen, die bis zu 3 081 EUR netto im Monat ver- dienen, die aber auch im Wettbewerb mit der alleinerziehenden Person mit einem Kind stehen, die sicherlich ein ge- ringeres Einkommen hat. Wir kritisieren nicht, dass es eine soziale Durchmischung gibt. Das kritisieren wir nicht, denn das ist gut so und das Ziel, weil wir uns in einem bunten Leben befinden und nicht in einem sozusagen auch nach ökonomischen Ver- hältnissen sortierten Leben. Aber es bedarf der Überlegung, wie man zu einer anderen Gewichtung kommt, dass zum Beispiel die Person, die wirklich 3 000 EUR Nettoeinkommen oder mehr im Monat hat, einen anderen Beitrag zu leis- ten hat, wenn sie schon in einer sozial gestützten Wohnung oder Sozialwohnung lebt. – Das rege ich an. Wir in der Volksanwaltschaft sind keine politischen Mandatare, aber wir sind die Seismographen für soziale Wahrnehmungen. Wir sehen und hören Bewegungen und geben das gerne an die politisch Verantwortlichen weiter. Ich denke, damit haben wir Arbeit genug! (Allgemeiner Beifall.) Ich bedanke mich sehr für die Aufmerksamkeit und freue mich auf jede Art von Begegnung im Ausschuss, im Ple- num oder sonst wo. – Danke. (Allgemeiner Beifall.) Präsidentin Marianne Klicka: Herzlichen Dank, Frau Dr Brinek, für Ihre Ausführungen. Ich darf nun Herrn Dr Gün- ther Kräuter um seine Worte bitten. Volksanwalt Dr Günther Kräuter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Landtag! Mir ist es wichtig, dass ich mich wirklich ausdrücklich für die Möglichkeit bedanke, dass wir hier die Berichte der Volksanwaltschaft diskutieren können. Das ist ja in Österreich nicht überall eine Selbstverständlichkeit. Beispielsweise in einem Wiener Nachbarbundesland – ich will den Namen jetzt nicht outen – ist diese demokratiepolitische Selbst- verständlichkeit noch vollkommen unvorstellbar. Ich möchte ein paar Themen, die jetzt angesprochen worden sind und auch im Ausschuss diskutiert wurden, strei- fen. – Zunächst möchte ich mich bei den Verantwortlichen für die Jugendwohlfahrtseinrichtungen bedanken. Unsere Kommissionen hatten eigentlich jeweils einen sehr positiven Eindruck bei ihren Besuchen, die ja unangekündigt statt- finden. Hier wird wirklich das allermeiste sehr gut erledigt. Man muss dazusagen: Defizite in einem so schwierigen Bereich gibt es immer und gibt es natürlich auch in der Jugendpsychiatrie. Beispielsweise fehlt es an Plätzen und fehlt es auch an Expertinnen und Experten, die wirklich in diesem Bereich eine ganz spezielle Expertise haben. Auch im Bereich der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gibt es natürlich immer wieder Schwierigkeiten, bei- spielsweise auch mit der Sprache. Die Jugendlichen sind in den allermeisten Fällen schwer traumatisiert und brau- chen eine Therapie, und für solche Fälle ist zum Beispiel nicht vorgesorgt, dass geeignet gedolmetscht werden kann. – Das zu kritisieren, ist aber ein bisschen unfair, denn in anderen Bundesländern gibt es überhaupt keine ver- gleichbaren Einrichtungen. Dort kugeln – ich sage das jetzt so salopp – die Jugendlichen irgendwo herum. Wien hat hingegen auch in diesem Bereich ein sehr hohes Niveau erreicht, aber trotzdem muss man immer darauf achten, dass man eventuelle Defizite ausgleichen kann. Wirkliches Lob gebührt auch der MA 40. Im Zusammenhang mit der Mindestsicherung wird wirklich sehr gute Ar- beit geleistet. – Im Bundesländervergleich ist die „Non-take-up“-Rate in Wien sehr niedrig. Dabei handelt es sich da- rum, dass Bürgerinnen und Bürger, die an sich Anspruch hätten, aus verschiedenen Gründen gar nicht in den Genuss dieser Einrichtung kommen. Behördenängste spielen da natürlich eine gewisse Rolle, und es gibt auch andere Schwellen. Auch das funktioniert in Wien sehr gut. Trotzdem muss man immer schauen, wo es noch Probleme und Schwierigkeiten gibt, denn die Mindestsicherung ist ja die allerletzte Möglichkeit, um jemanden vor dem sozialen Ab- sturz zu retten. Zu den Netzbetten: Das ist auch noch ein schöner Erfolg meines Vorgängers Peter Kostelka, der sich in dieser Sache auch sehr engagiert hat. Wir erreichen jetzt auch in Wien und in der Steiermark, wo noch Netzbetten im Ein- satz waren, europäische Standards. Der Menschenrechtsbeirat der Volksanwaltschaft hat sich dazu auch einstimmig und sehr überzeugend geäußert. – Nun gibt es den Erlass des Ministeriums, der zur Kenntnis genommen und umge- setzt wird. Trotzdem möchte ich appellieren, dass man versucht, das schon vor dem Datum 2015 umzusetzen. Zu den Private Securities, die die Frau Abgeordnete auch angesprochen hat, möchte ich sagen: Diesbezüglich gibt es auch eine eindeutige Positionierung des Menschenrechtsbeirats und auch des Bundesministeriums für Ge- sundheit, dass nämlich – und ich zitiere jetzt aus einem Schreiben, das alle Landeshauptleute empfangen haben: „Sicherheitspersonal jedwede Tätigkeit, die Ärztinnen und Ärzten oder Angehörigen anderer Gesundheitsberufe vor- behalten ist, nicht durchführen darf“. – Hier kommt es wirklich auf Trennschärfe an. All das sind ehrenwerte Berufe. Jemand, der vorige Woche vor der Diskothek gestanden ist oder Gepäck am Flugplatz kontrolliert hat, kann aber nicht in einem Schnellsiedekurs in einem Krankenhaus lernen, wie er in diesem Zusammenhang bei Patientinnen und Pati- enten tätig sein soll. Das ist völlig ungeregelt, diesbezüglich gibt es überhaupt keine Ausbildungsvorschriften, und ich glaube, wir müssen hier sehr sorgfältig sein, dass unser sehr gut entwickeltes Gesundheitssystem hier nicht unterlau- fen wird. Ich möchte noch ein dunkles Kapitel erwähnen, das man noch nicht schließen kann: In den 60er, 70er und 80er Jahren hat es in Wien Misshandlungen behinderter Kinder gegeben. Es gibt jetzt einen Bericht des Krankenanstalten- verbundes, der einige Fragen offen lässt. Ich habe daher ein amtliches Prüfverfahren eingeleitet. Wir werden uns anschauen, ob in diesem Zusammenhang tatsächlich Persönlichkeitsrechte zu schützen sind, und der Bericht deswe- gen unter Verschluss bleiben muss, und wir müssen uns auch mit der Frage befassen, ob es gewissermaßen State of the Art war, wie man damals die bedauernswerten Kinder behandelt hat. Das werden wir uns sehr genau anschauen! Ich möchte mit etwas sehr Positivem schließen: Dass man sich in Wien sehr intensiv mit der Frage von Men- schenrechten beschäftigt, halte ich für sehr, sehr wichtig. Die Volkshochschule betreibt ein ganz großes Projekt, in dessen Rahmen in regelmäßigen Abständen bei Veranstaltungen hochqualifizierte Leuten aus dem In- und Ausland referieren. – Ich denke, es ist gut, dass Wien diese Impulse setzt: Das ist wichtig für die Stadt als Menschenrechts- stadt Wien, und das bringt auch Impulse für ganz Österreich. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsidentin Marianne Klicka: Herzlichen Dank für Ihre Stellungnahme, Herr Dr Kräuter. Bevor ich zu weiteren Wortmeldungen komme, möchte ich die Journalistinnen und Journalisten aus Dänemark auf der Galerie begrüßen. Es freut uns sehr, dass sie nicht nur Interesse am Gebäude haben, sondern auch die Land- tagssitzung verfolgen wollen. Herzlich willkommen in Wien! (Allgemeiner Beifall.) Jetzt darf ich noch Herrn Dr Peter Fichtenbauer um seine Stellungnahme bitten. Volksanwalt Dr Peter Fichtenbauer: Danke vielmals. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag! Es ist natürlich besonders erfreulich, dass wir eine Besuchergruppe aus dem Raum Skandinavien bei uns haben, da die Einrichtung der Ombudsmannschaft – in Österreich „Volksanwaltschaft“ genannt – evidentermaßen skandina- vischen Ursprungs ist, sodass damit unsere heutige Diskussion natürlich äußerst bereichert wird. Zu dem, was Kollege Kräuter gesagt hat, dass wir uns sehr freuen und es auch rechtsstaatlich hoch schätzen, dass wir den Bericht der Volksanwaltschaft im Landtag debattieren können, ein kleiner Ausflug in die Nachbarschaft: In dem großen Nachbarland Wiens besteht diese Möglichkeit nicht. Wir haben aber natürlich auch dort einen Bericht der Volksanwaltschaft verfasst, der ungefähr gleicher Gravität wie der Wiener Bericht ist. Mangels Möglichkeit, diesen Bericht dort im Landtag zu debattieren, haben wir zu dem einfachen Mittel gegriffen, eine Pressekonferenz auszurich- ten, die sehr, sehr stark besucht war. Daraufhin hat der Präsident des dortigen Landtages, in dem wir nicht sprechen dürfen, eine öffentliche APA-Meldung gemacht und hat gesagt, dass er jetzt aber böse auf die Volksanwaltschaft ist, wenn wir das mit der Presse besprechen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) So unterscheidet sich eben die Landschaft Öster- reichs. Im Hinblick darauf gibt es noch einiges zu tun, um eine gleiche Ebene in den Ländern herbeizuführen, und Wien ist natürlich Best Practice, um es einmal so ausdrücken. Ich bin sehr dankbar für die Ausführungen von Frau Abg Korosec und von Herrn Abg Günther betreffend die not- wendige verfassungsrechtliche Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft im Zusammenhang mit den ausgegliederten Rechtsträgern. Als die Volksanwaltschaft 1976 eingerichtet wurde, war von ausgegliederten Rechtsträgern eigentlich noch keine Spur, das hat sich erst im Lauf der Zeit entwickelt. Das ist eine politische Entscheidung, über die nichts zu sagen ist, aber die Konsequenz ist natürlich eine Flucht aus der Kontrolle. An dieser Stelle darf ich daran erinnern, dass die Volksanwaltschaft Teil der parlamentarischen Kontrolle der Voll- ziehung des Landes ist. Das darf man nie aus den Augen verlieren! Im Rahmen der Bundesvollziehung sind ausge- gliederte Rechtsträger, an denen der Bund zu 50 Prozent beteiligt ist, auch der Kontrolle des Rechnungshofes zu unterziehen, und wir halten es konsequenterweise für angebracht, dass das auch für die Volksanwaltschaft zu gelten hat. Im Parlament gibt es diesbezüglich bei allen Parteien zustimmende Stimmen, und es gibt auch einen Initiativan- trag, von dem wir hoffen, dass er auf breiteste Mehrheit stoßen wird, sodass wir diese Kontrolllücke auf Bundesebene doch schließen können, und das Gleiche wäre natürlich auch auf Länderebene sehr, sehr angebracht. – Stichwort Wiener Linien, Friedhöfe – jetzt auch ausgegliedert – oder Wiener Wohnen: Es wäre nur zu wünschen und im Sinne dieses Hauses, dass der Volksanwaltschaft diese Kontrollkompetenz zugewiesen wird. Von all den Details, die Sie nachlesen können und – wenn ich hinzufügen darf – sollten, gibt es natürlich auch ganz besonders wichtige. Ich möchte jetzt ein Schlaglicht auf eine im Schatten stehende Einrichtung werfen, die aber trotzdem von rechtsstaatlicher Bedeutung ist, weil das eine Art Wiedergänger in Bezug auf die Misshelligkeiten, die wir im Rahmen der Vollziehung feststellen können, ist. Es gibt das Wiener Sportstättenschutzgesetz. Dieses stammt aus den 70er Jahren, den ganz genauen Zeitpunkt weiß ich jetzt nicht. Dieses Gesetz war rechtspolitisch im Sinne der Ausdehnung des Breitensportes erwünscht und ist eigentlich bis heute unbestritten. Wir müssen aber feststellen, dass das Element der Vollziehung der gesetzlichen Anordnung eigentlich konsequent missachtet wird: Die Magistratsabteilung 51 wendet das Gesetz konsequent nicht an. Die Auflassung einer Sportstätte ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft, es kommt aber durchwegs zu konsenslosen Auflassungen und es werden keine gesetzlichen Maßnahmen getroffen, indem etwa die Strafbescheide erlassen werden, die zu erlassen wären. In Anbetracht dessen nehmen wir mit grimmiger Miene zur Kenntnis, dass es ein gewisses Rechtsgebiet gibt, das ignoriert wird. Im Hinblick darauf sind wir der nicht bestreitbaren Auffassung, dass der Rechtsstaat sich nicht selber aushebeln darf. Der Rechtsstaat bedarf des vollziehenden Elementes und der vollziehenden Kraft, und daher appel- liere ich an den Wiener Landtag, entweder dieses Wiener Sportstättenschutzgesetz völlig aufzuheben, damit die MA 51 tun kann, was sie will – was sie bisher schon tut –, oder es zu adaptieren. Man könnte sich ja gewissen Über- legungen hingeben, ob und inwieweit dieses Gesetz adaptierungsbedürftig wäre, aber eine bestehende Rechtsmate- rie konsequent immer wieder nicht anzuwenden, ist des Rechtsstaates nicht würdig! In diesem Sinn danke ich sehr, sehr herzlich, dass Sie mir zugehört haben, und danke auch vielmals, dass Sie den volksanwaltschaftlichen Anliegen Ihr Gehör leihen. (Allgemeiner Beifall.) Präsidentin Marianne Klicka: Ich möchte mich seitens des Landtages nochmals für die engagierte Tätigkeit bei den Volksanwälten bedanken und auch ersuchen, unseren herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu übermitteln. Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich ersuche jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Bericht der Vol- kanwaltschaft zur Kenntnis nehmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Somit ist die Kenntnisnahme beschlossen. Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt: Postnummer 8 der Tagesordnung betrifft den Naturschutzbe- richt 2013. Da Frau Landesrätin Mag Sima für heute entschuldigt ist, ersuche ich ihren Vertreter, Herrn Abg Valentin, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Abg Erich Valentin: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Kenntnis- nahme des dem Hohen Landtag vorliegenden Naturschutzberichtes. Präsidentin Marianne Klicka: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Frau Abg Mag Holdhaus zu Wort gemel- det. Ich erteile es ihr. Abg Mag Karin Holdhaus (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst sehr herzlich bei Frau Dr Karin Büchl-Krammerstätter und ihrem Team für die gute Arbeit und für den Naturschutzbericht bedanken. – Ich erinnere mich noch gut an den Tag der offenen Tür der MA 22 im vorigen Jahr: Da konnte man die gute Atmosphäre und das gute Klima in dieser Abteilung wirklich erleben und auch spüren, und ich glaube, dass die MA 22 diesbezüglich Vorbild für viele andere Magistratsabteilungen sein sollte, denn leider Gottes ist die Stimmung nicht in allen Magistratsabteilungen so gut wie in der MA 22, wie wir in letzter Zeit hö- ren und lesen mussten. So scheint es zum Beispiel in der Magistratsabteilung 48 nicht so harmonisch zuzugehen. Ganz im Gegenteil: Dort scheint es ziemlich im Argen zu liegen. Leider muss ich wieder, wie auch letztes Mal, Kritik hinsichtlich eines Umwelt-Masterplans anbringen, den ich vermisse. Dieser könnte oder sollte nämlich der Umwelt in der heutigen Zeit die Wichtigkeit geben, welche die Um- weltpolitik braucht, damit sie ressortübergreifend in jedem Ressort entsprechend prioritär behandelt wird. Das vermis- sen wir seit Jahren und vermissen wir jetzt noch immer. Selbst wenn hier immer wieder von „Smart City“ gesprochen wird, haben wir inzwischen schon mitbekommen, dass nicht überall, wo „smart“ draufsteht, auch „smart“ drinnen ist. Gerade der Naturschutz erfordert eine kontinuierliche Umweltarbeit, die – wie gesagt – hier und da zu wünschen übrig lässt, und darauf werde ich näher eingehen. Gehen wir zunächst einmal auf das Kapitel Artenschutz anhand unseres beliebten Themas der Ziesel ein. (Beifall von Abg Mag Wolfgang Jung.) Das diesbezügliche Problem liegt darin, dass einfach zu lange gewartet und erst reagiert wurde, als sich Anraine- rinnen und Anrainer erbost zu Wort gemeldet haben und es dann quasi einen Aufschrei gab. Zu kritisieren ist in die- sem Zusammenhang vor allem, dass die Frau Stadträtin in vielen Bereichen eine klare Linie vermissen lässt. Es wird oft eher nur abgewartet und dann reagiert, während in diesem Bereich die Verfolgung einer klaren Linie vonnöten wäre. Gerade in den Stadterweiterungsgebieten müssten im Vorhinein Erhebungen durchgeführt werden und dürfte nicht so vorgegangen werden wie zum Beispiel bei dieser Potenzialerhebung betreffend die Ziesel, die jetzt erst reak- tiv erfolgt ist. Dann würde man sich nämlich, wie gesagt, gerade in den Stadterweiterungsgebieten ein solches er- bärmliches Ping-Pong-Spiel, wie es rund um die Ziesel-Population in der Anton-Schall-Gasse stattgefunden hat, er- sparen können. Eine Lücke in der Naturschutzpolitik sehe ich auch darin, dass bei den Themen der Flächenwidmung zum Beispiel speziell am Stadtrand keine wirkliche Akkordierung mit den Anliegen des Naturschutzes beziehungsweise der Land- wirtschaft erfolgt. Auch diesbezüglich wird eher reagiert als konstruktiv und aktiv geplant, um einen vernünftigen Aus- gleich zwischen dringend erforderlichen Wohnbauprojekten und der Notwendigkeit zur Erhaltung des Grüngürtels und der landwirtschaftlichen Flächen zu schaffen. Es wäre also höchst an der Zeit, gemeinsam mit der für die Flächen- widmung in dieser Stadt zuständigen grünen Planungsstadträtin und natürlich auch, wenn es um Wohnprojekte geht, mit StR Ludwig für einen sinnvollen Interessenausgleich zu sorgen. Ein gutes Beispiel, wie Naturschutz und menschliche Eingriffe in die Natur einander nicht ausschließen, liefert die Wiener Landwirtschaft. Besonders der Vertragsnaturschutz mit der Wiener Landwirtschaft schafft die Grundlage für eine Harmonie zwischen landwirtschaftlicher Tätigkeit und Naturschutz. In diesem Bereich gibt es gute Projekte und eine gute Zusammenarbeit. Aber leider ist immer wieder zu hören, dass der bürokratische Aufwand hiefür oft den Rahmen sprengt und viele Entscheidungen dann hintanstehen. Doch zurück zum Artenschutz: Auch die Taubenproblematik in Wien ist ein Beispiel, das immer wieder zeigt, dass eher reagiert als aktiv agiert wird und man versucht, die Probleme durch Abwarten und Untertauchen zu lösen. In diesem Zusammenhang gab es heuer eine Kampagne. All das ist recht und schön, aber das Problem selbst wird nicht in Angriff genommen. Ich erinnere an das leidige Beispiel „Meidlinger Taubenschlag“: Seit 2010 läuft das diesbezügliche Pilotprojekt. Wir warten seit drei Jahren – beziehungsweise sind es in der Zwischenzeit schon vier Jahre – auf das Ergebnis der ent- sprechenden Evaluation. Aber vielleicht, Herr Valentin, gibt es in der Zwischenzeit Ergebnisse?! – Wenn ja, dann wäre ich sehr daran interessiert, diese eventuell heute zu hören! Nicht unberechtigterweise verweist der Naturschutzbericht auf 3 neue Blutbuchen, die zusätzlich zu den 15 bereits geschützten unter Schutz gestellt wurden. Aber auch in diesem Zusammenhang muss man sagen: Es ist natürlich wichtig und unerlässlich, Raritäten zu schützen! Gleichzeitig mussten wir aber auch heuer wieder kritisieren, dass zum Beispiel auf der Ringstraße extrem viele Fällungen bemerkbar waren und dass gerade den Kollegen von den GRÜNEN offenbar der Baumschutz in der Zwischenzeit weniger wichtig ist als die Fahrradwege. Hier ist eine Unver- hältnismäßigkeit zu erkennen. Das Gleiche gilt auch für Parkanlagen: Ich will nicht absprechen, dass diesbezüglich viel getan wird, aber wenn sich ein Problem zeigt, dann muss man doch dafür sorgen, dass man möglichst schnell eine Lösung findet. Es gibt zwar den Kataster, in welchem man wunderbar sehen kann, wo Bäume gefällt und wo wieder Bäume gepflanzt wer- den. Aber einen Baumsanierungsplan in dem Sinne, dass man nachhaltig sehen kann, was geschieht, kenne ich jedenfalls nicht, und einen solchen vermissen wir. Gerade in Wiens dicht verbauten Gebieten sind Bäume, wie gesagt, ein rares Gut und sollten daher geschützt werden. Und es ist auch schön und gut, wenn die MA 42 sich in ihrem Berichtsteil der Pflege der Bienenkulturen rühmt – all das ist wichtig und wunderbar, das wissen wir! – und auf die Artenvielfalt in ihren Schaugärten wie etwa jenem in Hirschstetten und auch auf die dortige Zooeinrichtung verweist. Aber gerade dieser Verweis führt wieder zurück zum Thema Arten- und Tierschutz, der auch bei Naturschutz einen hohen Stellenwert genießt. Artenschutz beginnt vor der eigenen Haustüre, und daher erlaube ich mir an dieser Stelle, noch einmal an den Kontrollamtsbericht über die interne Tierhaltung in der Stadt Wien zu sprechen, in der auch der Hirschstettener Zoo eine Rolle gespielt hat. – Zur Erinnerung: Der Landesrechnungshof hat Kritik an der unkoordinierten Tierhaltung in- nerhalb der Magistratsabteilungen geübt. Wir haben eine Koordinationsstelle gefordert. Jetzt wurde ein Koordinator installiert, allerdings leider ohne Pouvoir. Ich möchte Herrn Senatsrat Dr Walter Reisp für diese neue Rolle natürlich alles Gute wünschen, aber ich hoffe, dass er hier sozusagen nicht untergeht! Im Erlass steht nämlich: „Die Dienststel- len werden eingeladen, den Tierhaltekoordinator bei der Erfüllung seiner Aufgaben bestmöglich zu unterstützen und ihn von Maßnahmen, die sein Aufgabengebiet berühren, unverzüglich in Kenntnis zu setzen.“ – Dazu möchte ich bemerken: All das ist ja recht und schön, aber wenn man das Thema ernst nimmt, müsste man wirklich eine etwas griffigere Koordinationsstelle schaffen. Eine solche würde ich mir wünschen! (Beifall bei der ÖVP.) Einer alten Bekannten unter den Wiener Umweltthemen, der Problematik der Dotation der Donau-Nebenarme, begegnen wir in dem Teil, der sich mit der MA 45 beschäftigt. Auch hier gibt es wiederum die bekannten Projektver- suche, ohne dass man endlich Lösungen dafür gefunden hätte, die Wasserqualität der Alten Donau, der Neuen Do- nau und aller anderen im Zusammenhang mit der Donau stehenden Gewässer so zu garantieren, wie es notwendig wäre. Das wäre aber vonnöten, um etwa das Algenwachstum in der Alten Donau schon beim Entstehen zu verhin- dern. Ich habe mir das selbst angeschaut. Die Gewässer waren in den letzten Monaten massiv von Algen durchwach- sen, und wenn ich daran denke, welche Farce wir um die millionenteure Anschaffung von Mähbooten, und so weiter erlebt haben, dann kann man meiner Meinung nach nicht sagen, dass die Stadträtin und das Ressort diesbezüglich alles im Griff haben! Nebenbei: Wenn man sich die Donauinsel mit den Gastronomiebetrieben anschaut, so ist auch das eine ewiglan- ge, ungelöste Geschichte. Das wird hin und her geschoben, und weiterhin kann man dort nicht wirklich von einer schönen Gastronomiemeile sprechen, wie Wien sie verdient hätte. Bei einem Thema sind wir uns allerdings Gott sei Dank alle einig, nämlich in der Antiatompolitik. Ich freue mich daher sehr – aber darauf werden Sie dann, Herr Valentin, noch näher eingehen, nehme ich einmal an –, dass wir heute gemeinsam mit der SPÖ und den GRÜNEN einen Initiativantrag einbringen. Worum geht es? – Soll ich darauf eingehen oder wollen Sie (an den Berichterstatter Abg Erich Valentin gewendet) dann darauf eingehen? (Abg Heinz Hufnagl: Ich werde den Antrag einbringen und auch begründen!) Wunderbar! Dann gehen Sie näher darauf ein. Das ist bisschen kompliziert, aber Sie werden das dann schon schaffen. Dann erspare ich mir das jedenfalls jetzt. (Abg Heinz Hufnagl: Danke für den Vorschuss!) Bitte. Jedenfalls begrüße ich es sehr, dass wir hier als Stadt Wien konkrete Signale, konkrete Initiativen setzen. Natür- lich ist es wichtig, gerade in so einer Situation keine Hektik und Panik zu verbreiten und in erster Linie einmal Trans- parenz zu schaffen. Unser Bekenntnis – nur so viel möchte ich dazu schon sagen – für ein atomfreies Europa und für die Förderung erneuerbarer Energie und eben nicht Atomenergie macht es notwendig, alle möglichen und nötigen Maßnahmen sowohl auf Landes- wie auch Bundes- und EU-Ebene zu setzen und zu unterstützen. Und deshalb, wie gesagt, freue ich mich, dass wir heute diesen Initiativantrag einbringen. Nach diesem Schwenk in die Antiatompolitik lassen Sie mich noch einmal meine Kritik an der Umweltschutzpolitik dieser Stadt am Beispiel des Naturschutzberichtes zusammenfassen. Es fehlt in dieser Stadtregierung die Veranke- rung einer entsprechenden ressortübergreifenden Umweltschutzpolitik, die auch dem Naturschutz dienlich wäre. Der Frau Stadträtin ist es leider nicht gelungen, hier in der Stadtregierung eine entsprechende Linie zu verankern. Statt- dessen ersetzt PR-Politik die meisten umweltpolitischen Maßnahmen, die mehr auf Prestige abzielen, aber nicht auf die nachhaltige Sicherung der Umwelt. Alle Kapitel zeigen, dass viele fleißige Mitarbeiter am Werk sind, um die Lebensqualität in dieser Stadt weiter zu gewährleisten. Dafür gebührt unser Dank, und wir werden diesem Bericht deshalb auch zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Puller. Bitte, Frau Abgeordne- te. Abg Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich sage es gleich: Ich möchte jetzt meinen Joker als Erstrednerin verwenden und ein bisschen meine Eindrücke, die ich als Mitglied der neuen Stadtregierung in den eineinhalb Tagen gewonnen habe, hier festhalten. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Oh ja, es passt eigentlich im Laufe meiner Rede schon auch zu diesem Thema. Zuerst möchte ich mich bedanken für die herzliche Begrüßung von allen Fraktionen. Viele kennen mich ja von der vorherigen Periode. Ich habe Sie natürlich auch kennen gelernt, und wir kennen uns ja vielleicht auch schon von frü- her, weil unsere Kinder gemeinsam in den Kindergarten gegangen sind oder in derselben Schule waren. Gestern haben mich einige gefragt, wie es mir eigentlich so gegangen ist oder wie es mir jetzt so geht. Also ich kann darauf antworten: Wie es mir 2010 nach der letzten Periode ergangen ist, war nicht lustig. Ich ging nach Gemeinderat oder Abgeordnete als Mitglied der Stadtregierung nahtlos zurück an den Fahrerplatz. Die Arbeit ist eine schwere Arbeit, denn man muss acht Stunden, neun Stunden konzentriert inmitten der Bevölkerung, im Verkehr, und so weiter seine Arbeit verrichten. Aber – und das ist mein großer Vorteil, meine Damen und Herren – das hat mich am Boden bleiben lassen, und ich denke, diese Bodenständigkeit ist genau das, was dieses Haus braucht. (Allgemeiner Beifall.) Gut, dass Sie jetzt geklatscht haben, denn jetzt kommt ein anderer Satz. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Das ist es nämlich, was einigen von den Abgeordneten hier abgeht und was mir auch bei ihnen abgeht: die Bodenständigkeit. Kritisieren und schimpfen von der Oppositionsbank, wie ich es jetzt erlebt habe, ist wirklich ganz, ganz einfach, und noch einfa- cher ist es meiner Meinung nach, zu kritisieren und zu schimpfen und Großteils keine Lösungen parat zu haben oder vorzubereiten. (Abg Mag Karin Holdhaus: Das habe ich gerade gemacht!) Ich habe jetzt nur Kritik gehört. Tut mir leid. (Abg Mag Karin Holdhaus: Dann haben Sie nicht zugehört!) Darüber hinaus möchte ich vielleicht ein Beispiel nennen, was mir gestern aufgefallen ist und worüber ich noch lange nachgedacht habe am Abend. Das war im Zuge der Dringlichen, da hat ein Abgeordneter – besser gesagt, ein Gemeinderat gestern – über eine Situation im Spital seine Kritiken losgelassen und ein Szenario aufgebaut, weil es nur Aufzüge gibt. Da sollte man sich was anderes einfallen lassen. Ich habe mir gedacht, okay, was kann man sich außer Aufzügen vorstellen, was ist die Alternative, was ist die Lösung. Mir ist nur ein Flaschenzug eingefallen, also mechanisch, oder beamen. Aber beamen, das gibt es leider nicht. Wir wollen das Szenario nicht haben, aber in gro- ßen Spitälern gibt es ja mehrere Aufzüge. Also das als Kritik einfach nur stehen zu lassen und keine Lösungen anzu- bieten, das ist leicht. (Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc: Es gibt schon Lösungen!) Ich kann mich nicht erinnern, dass wir GRÜNEN in der Opposition jemals eine Kritik losgelassen haben und nicht gleichzeitig auch eine Lösung vorge- schlagen haben. Also das geht mir ab. (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Daraus erkenne ich auch, dass Sie das, worauf sich Ihre Kritik und Schimpfereien beziehen, nicht hautnah erle- ben, sondern über fünf Ecken erfahren. Und was ist, wenn man etwas über fünf Ecken erfährt? Dann bauscht man das auf, dann macht man das ganz groß, damit man politisches Kleingeld daraus schlagen kann für einen Fünfzeiler, mit dem man die rot-grüne Regierung schlecht machen will. (Ruf: Stille Post!) Ja, genau, das erinnert mich an die Stille Post. Das kennen Sie alle, das haben wir als Kinder schon gespielt. Einer sagt dem anderen was ins Ohr, und bis es dann beim Letzten ankommt, kommt der größte Blödsinn heraus, worüber wir aber sehr herzlich gelacht haben. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe vier Jahre Abstand gehabt von der Stadtregierung und war eben drei Jahre und fünf Tage täglich auf der Straße als Fahrerin bei den Wiener Linien und habe gesehen und sehe noch immer, dass die rot-grüne Stadtregierung das Beste ist, was Wien passieren hätte können. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg Heinz Hufnagl.) So und jetzt komme ich zum eigentlichen Tagesordnungspunkt und werde –Entschuldigung! – auch gleich vorweg meinen Nachrednern den Wind aus den Segeln nehmen. Wir bedanken uns jetzt natürlich für den Naturschutzbericht, wie das Herr Maresch oder in weiterer Folge die GRÜNEN natürlich jedes Jahr gemacht haben, sei es jetzt in der Opposition oder auch in der Regierungsbeteiligung. Ich möchte mich seitens der GRÜNEN beziehungsweise in Stell- vertretung von Herrn Maresch für die Erstellung des Naturschutzberichtes bei der MA 22 bedanken. Der Naturschutz- bericht zeigt sehr umfassend, welche Aktivitäten in Wien für den Naturschutz gesetzt werden. Zu Recht ist der jährli- che Wiener Naturschutzbericht eine Erfolgsbilanz unzähliger Maßnahmen für den Grünraum-, Biotop- und Arten- schutz. Gleichzeitig soll er aber auch Ansporn dafür sein, auch zukünftig dem Naturschutz in Wien den notwendigen Stellenwert zu geben und ihn auch mit den notwendigen Ressourcen dafür auszustatten. Ich denke, Herr Hufnagl wird noch näher auf den Naturschutzbericht eingehen. Ich bedanke mich, sehr geehrte Damen und Herren, für Ihr Zuhören, auch bei meinen Ausschweifungen, und freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit bis zum Ende der Legislaturperiode für unser Wien. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Ing Guggenbichler. Bitte, Herr Abge- ordneter. Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Da- men und Herren! Ich bin überrascht, dass es die GRÜNEN doch geschafft haben, im Rahmen dieser Diskussion 15 Sekunden über den Naturschutzbericht zu sprechen, und ich wüsste jetzt nicht, was von dem, was in diesen 15 Sekunden gekommen ist, uns so groß den Wind aus den Segeln genommen hat. Aber Sie haben vollkommen recht, wir bedanken uns auch bei den Mitarbeitern der MA 22 für die Erstellung die- ses Berichtes. Wir bedanken uns wirklich für die Erstellung dieses Berichtes, weil es auch wichtig ist, Mitarbeiter zu haben, die eben unter dieser Stadtregierung, unter Ulli Sima, unter Erich Valentin, unter dem Herrn Maresch, den man in letzter Zeit nur mehr sehr wenig sieht, gute Arbeit leisten können, weil es dort nicht sehr einfach ist. Ein bisschen dreist finde ich die Seite 13 – die Kollegin Holdhaus hat es ja auch schon angesprochen –, dass da sehr lobend erwähnt wird, dass Maßnahmen zur Erhaltung der Ziesel getroffen werden. Wenn man sich die Abstim- mungen anschaut – und ich werde mir das in Zukunft auch anschauen, wie Sie abstimmen werden, was den Erhalt dieser Population betrifft –, dann hat Rot-Grün jeden artenerhaltenden Antrag abgelehnt in den letzten drei Jahren. Ich werde nächstes Mal auch einen Antrag im Ausschuss einbringen, und da ersuche ich auch die GRÜNEN, gut nachzudenken, wie sie sich diesbezüglich verhalten werden. Da geht es nämlich um die Mahd der gemeindeeigenen Flächen. Wir wissen alle, Ziesel sind Steppentiere, und es geht jetzt gar nicht mehr um die Flächen der Bauträger, sondern um diese Flächen, die der Gemeinde gehören, dass hier die Mahd umgesetzt wird. In Floridsdorf haben sie ja schon dazugelernt. Jetzt werden wir schauen, ob wir das da in diesem Haus auch schaffen, denn dieser Antrag wurde gestern auch in der Floridsdorfer Bezirksvertretung eingebracht und ist einstimmig durchgegangen. Jetzt wer- den wir schauen, ob diese Erkenntnis, die wir in Floridsdorf hingebracht haben, es auch bis ins Rathaus schafft. Das werden wir ja sehen, denn das wird als eigenständiger Antrag im Ausschuss behandelt werden, und ich ersuche jetzt schon den Ausschussvorsitzenden, diesem Antrag eine maximale Priorität zu geben und ihn auch möglichst schnell in die Verhandlungen im Ausschuss einzubringen. – Gut. Eine Situation, die ich noch ansprechen will im Naturschutz, ist eine Situation, wo die Frau StRin Sima bis heute eine bemerkenswerte Ahnungslosigkeit gezeigt hat. Eine bemerkenswerte Ahnungslosigkeit hat sie gezeigt beim Neustifter Umweltfriedhof. Ich habe das ein bisschen recherchiert, ich habe mir das ein bisschen angeschaut. Sie hat im Jahr 2010 diesen Umweltfriedhof eröffnet, es gibt ein wunderschönes Video auf W24, es gibt auf der Seite des Magistrats der Gemeinde Wien einen wunderschönen Artikel mit einem wunderschönen Foto der Frau Stadträtin, und bei Friedhöfe Wien gibt es auch noch einen Artikel, wo auch ein Kommentar der Stadträtin drinnensteht, wie toll sie das findet, was dort im Jahr 2010 einmalig in Wien gegründet wurde. Jetzt haben wir im letzten Umweltausschuss die Situation gehabt, dass hier geplant ist, eine andere Flächenwid- mung zu machen, nämlich eine Bauwidmung für Bauklasse II – zuerst war es nur I im Jänner, jetzt ist es Bauklasse II –, und ich habe die Frau Stadträtin gefragt, wie sie so zu einem Umweltfriedhof steht, den sie selber proklamiert hat, den sie selber beworben hat. Dort ist ein Biotop, und wie man hört, hat man sich da vor Kurzem noch über Enten gefreut, dann hat man Steine in das Biotop gelegt, damit die Kaulquappen nicht von den Enten gefressen werden. Das heißt, da hat sich die Umweltabteilung wirklich damit beschäftigt, und ich war schon sehr überrascht, dass die Frau Stadträtin gesagt hat, fragen Sie bitte den, der zuständig ist. Da gibt es jetzt eh eine Anfrage, und ich bin schon neugierig, wie sie die beantworten wird, denn im Ausschuss hat sie mir nämlich nicht gesagt, wer zuständig ist, aber wenn eine Umweltstadträtin für einen Umweltfriedhof nicht mehr zuständig ist, dann bin ich schon sehr überrascht, muss ich sagen. Es hat mich auch sehr enttäuscht, dass diese Haltung eingenommen wurde, aber diese Haltung wurde nur aus einem Grund eingenommen: Damit man sich einer Antwort entschlagen kann. Wir haben ja konkrete Fragen gestellt, und mit der Aussage der Nichtzuständigkeit hat sie einfach nicht die Notwendigkeit gesehen, diese konkreten Fragen zu beantworten. Wir haben in diese Legislaturperiode auch eine Gesetzesänderung beschlossen. Es war bis jetzt ja an sich ein sehr gutes System, das wir in der Stadt hatten, dass Naturwacheorgane sich ehrenamtlich eingesetzt haben, um eben auf die Natur zu schauen, Anzeigen zu machen, wenn Umweltdenkmäler beschädigt werden, wenn illegale Ablagen sind. Um all das haben sie sich gekümmert, sie haben aber auch Bauüberwachungen gemacht, haben Ziesel- Habitate geschützt. Irgendwann einmal ist die Gemeinde Wien beziehungsweise diese rot-grüne Stadtregierung auf die Idee gekommen – Sie waren damals nicht dabei, ich hoffe, Sie hätten nicht mitgestimmt –, Naturwacheorgane zu installieren, was an sich eine gute Geschichte ist, aber damit auch eines zu machen, nämlich den Naturschutz mehr oder weniger zu verstadtlichen, weil in dem Gesetz natürlich drinnensteht, dass ein Naturwacheorgan nur jemand sein darf, der Mitarbeiter des Magistrats ist. Das ist einmalig in Österreich. Es gibt Österreich-weit überall einen guten Mix zwischen amtlichen Landesbeamten, Stadtbeamten und Ehrenamtlichen, die diese Tätigkeit ausüben dürfen. Ich bin vollkommen bei Ihnen und dem, was Sie auch damals gesagt haben: Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, dass auch eine Ausbildung und eine Weiterbildung erfolgen. Wir bringen daher heute einen Antrag ein, worin wir die StRin Sima einfach auffordern, wieder die Möglichkeit zu geben, ehrenamtlich – unter Anführungszeichen; beeidet, amtlich – für den Naturschutz in Wien zu arbeiten, denn es kann nicht sein, dass der Naturschutz in Wien mit den Amtszeiten endet. Auch am Wochenende muss in Wien Naturschutz möglich sein. Ich bitte auch wirklich darum, in sich zu gehen, denn ich glaube, es kann nur eine Bereicherung sein. Es soll aber keine Kritik an den Naturwacheorganen sein, die jetzt tätig sind, sondern es soll eher eine Ergänzung sein, und dem kann ja eigentlich nichts im Wege stehen. Wie auch immer die dann heißen, ist wurscht, aber ich glaube, jeder unbe- scholtene Mann und jede unbescholtene Frau in Österreich müssen die Möglichkeit haben, sich um den Umwelt- und Naturschutz zu kümmern. Da bin ich neugierig, wie die GRÜNEN dazu stehen, ob sie weiterhin, wie schon damals, als sie das ganz massiv unterstützt haben, die Ehrenamtlichkeit aus dem Naturschutz ausschließen. Ein kleines Bonmot noch: Im „Jahr der Ehrenamtlichkeit“ wurden die ehrenamtlichen Organe von Rot-Grün gesetzlich abge- schafft. – Gut. Dann noch ein kleiner Exkurs, weil die Kollegin gesagt hat, man muss auch Vorschläge bringen bezüglich dieser Fluchtwegsituation und der Lifte. Ich empfehle Ihnen eine Lektüre, die heißt „Arbeitsstättenverordnung“. Darin sind Fluchtwege geregelt und wie das am besten sein muss. Das ist eine gesetzliche Vorschrift. Wir haben ja gestern schon darüber diskutiert, dass wir gerade im Bereich der Barrierefreiheit alle daran arbeiten sollten, gesetzliche Vor- schriften auch umzusetzen. Der Spielraum ist nicht mehr groß, und das ist eine moralische Verpflichtung. Also, nicht hergehen und sagen, die Freiheitlichen machen keine Vorschläge. Lesen Sie selbst die Gesetze – es gibt genug Regelungen dafür; kleiner Tipp: ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Arbeitsstättenverordnung –, dann werden Sie ganz genau alle Lösungen finden, die Sie von uns in irgendeiner Art und Weise auch erwartet haben in diesem Bereich. Abschließend: Danke noch einmal an alle Mitarbeiter für die Erstellung dieses Berichtes. Wir wissen, dass es nicht einfach ist, unter Rot-Grün für den Naturschutz zu sorgen. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Hufnagl. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Heinz Hufnagl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Berichterstatter und Ausschussvorsitzender! Hoher Landtag! Meine sehr verehrten Da- men und Herren! Wie schon in zwei vorangegangenen Wortmeldungen angekündigt, gibt es situationsbezogen eine fraktionsüber- greifende Initiative, die sich heute in Form eines Beschluss- und Resolutionsantrages hier im Wiener Landtag wider- spiegeln wird, und ich darf zusammen mit dem Herrn Ausschussvorsitzenden Valentin, dem Kollegen Holzmann, der Kollegin Barbara Teiber, dem Kollegen Jürgen Czernohorszky, Gerhard Spitzer – und ich sage das bewusst, unter zeitlicher Vereinfachung die Titel weglassend –, Jennifer Kickert, Ingrid Puller, Karner-Kremser, Karin Holdhaus, Norbert Walter zu den Ereignissen, die sich hier im Zusammenhang mit der Ankündigung der Errichtung eines engli- schen Kernkraftwerks darstellen, wie folgt einen Antrag einbringen. Es wurde diese Woche bekannt, dass die scheidende Europäische Kommission signalisiert hat, ein neues briti- sches Kernkraftwerk mit großzügigen Mitteln aus der Europäischen Union zu unterstützen. Es wäre nicht nur eine Präjudizierung der jetzt neu bestellten Kommission nach Barroso, hier Fakten zu schaffen, es bedeutete auch, keine Lehren zu ziehen aus Fukushima und vorangegangenen fatalen Störfällen bis Katastrophen bei Kernkraftwerken, vor allem wäre es ein Konterkarieren jener Position des Wiener Gemeinderates und Landtages, aber auch der Wiener Stadtregierung, wonach Wien bemüht ist, europaweit Städte und Regionen zu vernetzen, die sich als kernkraftfreie Regionen und Städte definieren. Daher lautet der Text dieses Beschluss- und Resolutionsantrages: „Der Wiener Landtag spricht sich klar gegen die Milliarden-Subventionen für das neu angedachte britische Kern- kraftwerk Hinkley Point C aus und fordert die EU-Kommission auf, staatliche Beihilfen für Atomkraftwerke als illegale Form der staatlichen Unterstützung zu verhindern. Darüber hinaus unterstützt der Wiener Landtag die Bundesregierung in ihrem Bemühen, alle Mittel dagegen aus- zuschöpfen und gegebenenfalls auch das Rechtsmittel der Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof zu er- greifen. In formeller Hinsicht fordern die einbringenden Abgeordneten des Wiener Landtages die sofortige Abstimmung.“ Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nun mit dem sachlichen Inhalt dieses Wiener Natur- schutzberichtes befassen und danach zu Äußerungen und Haltungen der beiden Oppositionsparteien Stellung neh- men. Der 46 Seiten umfassende Wiener Naturschutzbericht 2013 erscheint, wie man es hier leicht erblicken kann, in ei- nem neuen, ansprechenden Format, bleibt aber bei der bisherigen Gliederung, dass wesentliche Kapitel wie Arten- schutz, Objektschutz, Gebietsschutz gesondert dargestellt werden, vertieft jedoch jedes dieser Kapitel mit einzelnen signifikanten Beispielen. Die Verständlichkeit wird durch zahlreiche Links zu Homepages und QR-Codes gestärkt und die Lesbarkeit dieses Berichtes durch gelungene Fotos, vor allem des Wiener Naturkenners und Fotografen Adolf Schatten, zusätzlich bereichert. Im ersten Kapitel „Naturschutz mit Recht“ berichtet die MA 22 von neuerlich verbesserten Wildschutzmaßnahmen durch restriktive Vorgaben bei jagdlichen und fischereirechtlichen Managementplänen im Nationalpark Donau-Auen. Als Naturschutzbehörde hat sie eine Novelle zum Wiener Naturschutzgesetz entwickelt, worin die Parteienstellung von Beschwerdeführern dadurch verbessert wird, dass man das bisherige aufwändige Instrument von Berufungen durch das wesentlich einfachere Rechtsmittel einer Beschwerde ersetzen kann. Gibt es allerdings illegale Eingriffe in Natur- und Freiräume dieser Stadt, dann hat die MA 22 auch im vorigen Jahr zahlreiche Wiederherstellungsverfahren eingeleitet. Oft genügt schon die Einleitung eines solchen Verfahrens, um das angepeilte Resultat zu erreichen, ge- nügt es nicht, scheut natürlich auch die MA 22 nicht davor zurück, entsprechende Erlässe und Bescheide in der Sa- che einzubringen. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Wiener Stadtgebiet ist, auch wenn wir es nicht täglich in aller Intensität wahrnehmen, ein unglaublich breiter Lebensraum für vielfältigste Tier- und Pflanzenarten. Diese große Artenvielfalt basiert auf unterschiedlichsten Biotop- und Grünraumtypen wie Trockenrasen, Feuchtgebieten – das ist in dem Fall sicherlich kein Buchtitel –, sie basiert auf Gewässern, Wäldern, pannonischen Brachlandschaften bis zu innerstädti- schen Gartenanlagen und Parks. Wie breit gestreut und detailreich in diversesten Handlungsfeldern daher auch der Natur- und Artenschutz in Wien sein muss und auch gelebt wird, mit welcher Liebe fürs Detail die Aktivitäten erbracht werden, von Amphibienschutz, Orchideenförderung, Beobachtung von Altholzkäfern bis zum Monitoring diversester Fledermausarten in Wien, von neuen Artenkartierungen bis zum Objektschutz bei Naturdenkmälern, darüber geben die Seiten 11 bis 17 in dem Bericht ausführlich Auskunft. Lassen Sie mich an dieser Stelle den beruflich so intensiv naturverbundenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der schon angesprochenen MA 22 für deren Arbeiten als ganz normale Magistratsabteilung, aber besonders für ihre Tä- tigkeit als behördliche Naturschützer und als Träger des Arten- und Lebensraumschutzprogramms „Netzwerk Natur“ die Anerkennung und den Dank des Wiener Landtages ausdrücken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Im zweiten Teil des Berichtes werden die Beiträge Wiens zum internationalen Naturschutz wie dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen oder der Berner Konvention glaubhaft und detailreich ausgeführt. Danach beweisen in traditioneller Form im Wiener Naturschutzbericht auch die Stadtgärtner der MA 42, die Gewässerschützer der MA 45, die Mitarbeiter des Forstamtes, also der MA 49, dass sie in kongenialer Zusammenarbeit mit der MA 22, wenn Sie so wollen, im ideellen Gleichschritt, die ihnen übertragenen Areale so pflegen und so betreuen, dass auch sie einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung unserer natürlichen Lebensräume leisten. Wobei das Forstamt – und das sei nicht unerwähnt, auch wenn es heute um keinen Wasserbericht geht – mit der besonderen Pflege und Behütung unserer Quellschutzwälder in den steirisch-niederösterreichischen Kalkalpen und als größter Biobauer Österreichs mit dem biologischen Landbau in Wien zusätzlich Assets auch in die Bilanz des Naturschutzes einbringen können. Im tabellarischen Teil erfahren wir schlussendlich – das wurde kurz auch schon von der Kollegin Holdhaus er- wähnt –, dass durch weitere Unterschutzstellung von drei Blutbuchen und einer Schwarzkiefer – das ist jetzt nicht parteipolitisch punziert zu verstehen – mittlerweile insgesamt 438 Naturdenkmäler über das Wiener Stadtgebiet hin verstreut sind. Und wenn man sich der Tatsache besinnt, dass 29 Prozent des gesamten Wiener Stadtgebietes, also jener 414 km², besonderen Flächenschutz genießen, vom weltweit einmaligen Nationalpark in einer Millionenstadt, den Nationalpark Donau-Auen, über den Biosphärenpark, über das Landschaftsschutzgebiet Lainzer Tiergarten, über das Landschaftsschutzgebiet Wienerberg, Prater bis zu vielen geschützten Landschaftsteilen in immerhin 11 der 23 Wiener Bezirke, so rundet das alles den Bericht, wie es um den Naturschutz in Wien bestellt ist, doch sehr nachhaltig ab. Ein besonderes Highlight aus dem Vorjahr möchte ich hier nicht unerwähnt lassen. Nach langen, manchmal etwas aufreibenden Gesprächen mit der Bundesimmobiliengesellschaft ist es gelungen, in Währing – jetzt schaue ich den Kollegen Strobl an – fünf Hektar Naturwald, Naturerlebnis, nämlich den Sternwartepark, der in der Vergangenheit Wiens schon einmal für politische Turbulenzen und den Abgang eines Bürgermeisters gesorgt hat, an allen Werkta- gen erlebbar zu machen und den Menschen dieser Stadt und unseren Besuchern zuzuführen. Für das gute Ergebnis dieser Verhandlungen möchte ich der heute krankheitsbedingt abwesenden StRin Ulli Sima herzlichst gratulieren und mit guten Genesungswünschen auch ein Dankeschön für den Sternwartepark für alle Wienerinnen und Wiener und die Gäste unserer Stadt sagen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und nun, meine Damen und Herren, einige Gedanken und Feststellungen zur Opposition dieses Hauses, insbe- sondere zur FPÖ. Der gegenständliche Naturschutzbericht 2013 wurde am 28. Mai dieses Jahres im Umwelt- und Naturschutzbeirat, zu dem ordnungsgemäß eingeladen war, behandelt und beschlossen. Auf der Tagesordnung standen nicht nur dieser Bericht, sondern auch Verordnungsentwürfe für Landschaftsschutzgebiete im 10., 21. und 22. Bezirk. Obwohl die Sitzungen dieses Beirats nur zwei Mal jährlich stattfinden und die Einladung am 28. April für den Termin 28. Mai wohl zeitgerecht genug ergangen ist, glänzten beide Oppositionsparteien durch Abwesenheit. Dabei wäre es gerade viel- leicht für den selbsternannten Oberschützer der Wiener Ziesel, den Kollegen Guggenbichler durchaus nützlich gewe- sen, aus erstem Munde zu erfragen und zu erfahren, was eben bei diesem Umwelt- und Naturschutzbeirat über die tatsächlichen Schutzmaßnahmen in Wien für Ziesel, nämlich den Ziesel-Aktionsplan Wien, kurz ZAP genannt, und die Kartierung aller Ziesel-Vorkommen in unserer Stadt zu erfahren gewesen wäre. Für säumige Oppositionsabgeordnete darf ich daher empfehlen, die Seiten 9 und 13 des Naturschutzberichtes nachzulesen. Ich resümiere: Weder die Beratung- und Beschlussfassung des Naturschutzbeirates und die Behandlung von Landschaftsschutzgebieten in den 3 flächengrößten Bezirken Wiens, die immerhin 60 Prozent des Stadtgebiets aus- machen, war der Opposition eine Sitzungsteilnahme und eine aktive Mitarbeit wert. Dies zeugt von einer unglaubli- chen Geringschätzung des Natur- und Landschaftsschutzes in Wien und kann auch durch die beiden Wortspenden, die heute von der Opposition erfolgt sind, nicht annähernd ausgeglichen werden. Noch ein offenes Wort an den Kollegen Guggenbichler zum Thema Lenkungsmaßnahmen zweier Wohnbauträger zur möglichen Umsiedlung von Zieseln und Feldhamstern gemäß eines Bescheides der MA 22 für ein Wohnbaupro- jekt nördlich vom Heeresspital Stammersdorf. Kollege Guggenbichler – das ist auch gestern thematisiert worden –, spätestens als Sie in der letzten Umweltausschusssitzung unter „Allfälliges“ – Ihre Frage wäre besser unter „Abfälli- ges“ zu platzieren zu gewesen – die Frau Stadträtin gefragt haben, was sie, nämlich die Frau Mag Sima, zu tun ge- denke gegen einen der beiden Wohnbauträger, der sich nun – aus Ihrer Sicht so dargestellt – mit einem Grundstück- seigentümer im Rechtsstreit befindet – ich sage dazu, Klammer auf, klarerweise nichts, weil die Stadt Wien bei die- sem Streit keine Parteienstellung hat, Klammer zu –, war ganz klar: Ihnen und der FPÖ geht es in Wirklichkeit gar nicht um das Schicksal der Ziesel – die Ziesel sind übrigens für Sie ein putziger unverdächtiger Vorwand für Ihre Ab- sichten, und diese können sich gegen die Vereinnahmung durch die FPÖ nicht wehren –, Ihnen, meine Damen und Herren, geht es darum, prinzipiell gegen diesen Wohnbau zu sein, so wie es Ihnen bei allen neu angedachten Wohn- hausanlagen in Wien darum geht, dagegen zu sein, so wie Sie in der Stadtentwicklungskommission stereotyp sämtli- che Stadtentwicklungsprojekte und sämtliche neuen Wohnhausanlagen und die notwendigen Flächenwidmungspläne ablehnen. Und ich sage Ihnen auch, warum. Vorher kriegen Sie von mir allerdings noch ein weiteres signifikantes Beispiel für Ihre Geisteshaltung. Ich komme zurück zum Naturschutz in Wien. In jedem Naturschutzbericht der letzten Jahre, auch im heute zu be- handelnden, wird ganz klar darauf Bezug genommen, wie wichtig es ist, dass sich die Menschen mit der Natur kon- struktiv auseinandersetzen, dass Tiere und Pflanzen wertgeschätzt werden, dass Nachhaltigkeit herrscht. Und ich glaube, wir sind eines Sinnes, diese Intentionen können nicht früh genug beginnen, nämlich im Kindesalter. Genau auf diese Möglichkeiten abzielend, gab es in der Sitzung des Umweltausschusses vor nunmehr elf Monaten, das war der 28. Oktober 2013, einen Antrag vom Verein Wiener Kinderfreunde aktiv. Da ging es um eine wahrlich nicht gewal- tige Subvention von 12 000 EUR, die diesen Kinderfreunden für folgendes Projekt gewährt werden sollte. Im An- tragstext hieß es unter anderem: Bei Aktionstagen soll es Kindern und Jugendlichen unter fachlicher Anleitung mög- lich sein, am Abenteuerspielplatz Robinson Insel, das ist im 19. Bezirk in der Greinergasse 7, selbst aktiv mitzugestal- ten und die dort reichlich vorhandene ansässige Pflanzen- und Tierwelt zu beobachten und spielerisch zu erfassen. Dabei werden Nistplätze, Höhlenbaue und Unterschlüpfe entdeckt und verschiedenste Tierarten erforscht. Es werden von den jungen Menschen auch Pflanzen gesetzt und danach auch weiter persönlich betreut. Man kann sagen, auf den Punkt gebracht: Naturschutzerziehung pur. Allein die Freiheitlichen registrieren: Österreichische Kinderfreunde, Gedankenstich SPÖ-Nähe, Gedankenstrich Pfui Teufel, und daher wird ohne Angabe einer Begründung diese Sub- vention durch die Blauen einfach abgelehnt. Ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren! Mehr ist zu Ihrem Verhal- ten nicht zu sagen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Ein wachsendes Wien, eine weltoffene Stadt, positive Neuerungen, Wien auf bestem Weg zu einer wirklichen Weltmetropole, all das ist Ihnen von den Blauen ein Gräuel, weil es nicht in Ihren kleinen ideologischen Horizont hin- einpasst. Sie können und wollen es einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass Wien mit seiner unverwechselbaren Qualität, mit seinen Lebensformen, mit seinen Angeboten für viele Menschen im In- und Ausland attraktiv ist und anziehend wirkt. Und beim Naturschutz wie in der Stadtpolitik gilt: Die FPÖ in diesem Haus ist die Partei des Klein- geistes, ein Hort teutonischer Engstirnigkeit, im Zweifelsfall immer rückwärtsgewandt. Eine Rolle, auf die sich die Blauen im Wiener Rathaus wahrlich nichts einzubilden brauchen. Und noch etwas sei gesagt zum Ansinnen des Kollegen Guggenbichler im Zusammenhang mit Wacheorganen beim Naturschutz. Wir haben hier wohlüberlegt eine Änderung vorgenommen und beamtete bestausgebildete Mitar- beiter mit dieser Wachetätigkeit beauftragt. Diese genießen auch das Ansehen eines offiziellen Vertreters der Stadt, die haben eine Dienstlegitimierung, die auch bei zuwiderhandelnden Bürgern ernst genommen wird, und ich sehe keine Veranlassung, diese damals getroffene Entscheidung zu revidieren. Schlussendlich, meine Damen und Herren, können wir feststellen: Der Naturschutzbericht 2013 ist nicht nur ein anschauliches Spiegelbild der Fauna und Flora dieser Stadt, er ist auch ein Beweis gelungener Naturschutzpolitik, und ich darf daher dem Wiener Landtag die dringende Empfehlung weitergeben, diesen Bericht zustimmend zur Kenntnis zu nehmen, und Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit herzlichst danken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Nochmals zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg Ing Guggenbichler. Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Keine Sorge, es wird nicht lange dauern. Ganz kurz nur, weil der Herr Kollege Hufnagl über das gemeinsame An- sinnen im Naturschutz gesprochen hat. Aber es dauert ja keine zwei Minuten, ehe Sie sich dann schon selbst überho- len und Ihren Aussagen selbst widersprechen. Wir haben heute einen Antrag, dem wir natürlich zustimmen würden. Ich habe mit dem Kollegen Czernohorszky einmal darüber geredet, und ich glaube, es gibt gewisse elementare Ge- schichten, wo wir einfach gemeinsam an einem Strang ziehen sollten: Das ist der Erhalt des Wassers, das ist die Antiatompolitik in Österreich. Das wissen Sie ganz genau, da sind wir immer gemeinsam, da sind wir auch immer dabei. Sie schaffen es in Ihrem kleinkrämerischen Geist nicht, auf die Idee eines gemeinsamen Antrages zu kommen. Wenn ich – das will ich ganz offen sagen – Vorsitzender des Umweltausschusses bin, versuche ich, eine breite Basis zu bekommen, um einen Antiatomantrag zu formulieren. Der Ausschussvorsitzende Valentin hat darauf verzichtet und hat die Oppositionspartei FPÖ von der gemeinsamen Antragstellung ausgeschlossen und hat uns nicht einmal von dem Antrag informiert. Das ist kleinkrämerische Politik, die Sie hier betreiben. Sie glauben, eine Oppositionspartei von gemeinsamen Ini- tiativen ausschließen zu können. Das heißt, dass Sie es nicht ernst meinen. Sie spielen in der parteipolitischen Sand- kiste, und das bei der Antiatompolitik. Das ist aus meiner Sicht eine Schande. Übrigens darf ich noch sagen, ich habe ja vorhin über einen Antrag gesprochen, die Naturwacht betreffend. Der gehört natürlich auch eingebracht, und das tue ich hiermit. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Berichter- statter hat das Schlusswort. Bitte, Herr Berichterstatter. Berichterstatter Abg Erich Valentin: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg möchte ich auch der Magistratsabteilung 22 für die Erstellung des Berichtes danken, aber eine zweite Komponente, die aus dem Bericht hervorkommt, ist mindestens genauso wertvoll und genauso wichtig und erwäh- nenswert. Er zeigt auch, dass die Zusammenarbeit zwischen der Magistratsabteilung 22, der 42er, 45er, 49er und anderer, der Landwirtschaftsbetriebe beispielsweise, die Basis dieser erfolgreichen Zusammenarbeit gerade im Na- turschutzbereich darstellt. Lassen Sie mich ein wenig auf die Debatte eingehen, wobei ich mich grundsätzlich für die konstruktiven Debatten- beiträge bedanken möchte. Es wurde ein Masterplan eingemahnt. Was ist ein Masterplan, wie wir ihn auch von vielen anderen Geschäftsgruppen her kennen? Das ist eine Zielsetzung für eine Thematik. Dann wird ein Zeitplan darunter- gelegt, sodass für alle, die das gemeinsam beschließen, vornehmlich der Wiener Gemeinderat, nachvollziehbar ist, ob man diese Zeitplanung einhält. Wenn Sie sich die Einzelbereiche der Geschäftsgruppe Umwelt ansehen und auch der Projekte, die im Wiener Naturschutzbericht präsentiert worden sind, dann existiert dieser Zeitplan in Wirklichkeit. Oh- ne beispielsweise einen Zeitplan im Hochwasserschutz, ohne einen Zeitplan und eine Zielentwicklung beispielsweise bei der Schließung des Wienerwaldgürtels in Wien wären diese Projekte gar nicht durchführbar. Natürlich gibt es diese Masterpläne auch im Umweltressort, natürlich gibt es diese Masterpläne auch bei den Projekten, die im Wiener Naturschutzbericht präsentiert wurden. Auch dann, wenn nicht Masterplan draufsteht, ist inhaltlich genau das drinnen, nämlich eine zielorientierte Vorgangsweise unter Einsatz von Budgetmitteln, unter Einsatz eines Zeitplanes, um dann das Ziel zeitgerecht, so wie wir es gemeinsam festlegen, auch erreichen zu können. Ziesel und Artenschutz hat der Kollege Hufnagl sehr intensiv erwähnt. Einmal mehr: Auch wenn man es 1 000 Mal erwähnt, Tatsache ist, es gibt einen Bescheid der Magistratsabteilung 22. Der ist von allen einzuhalten. Wenn dieser Bescheid nicht eingehalten wird und wenn die Ziele des Bescheides nicht erfolgreich erreicht werden, dann kann es auf diesem Bauplatz auch keinen Bau geben. Dafür gibt es einen Rechtsstaat, auf den wir uns verlassen. Und gerade wenn wir uns die Magistratsabteilung 22 in ihrer zweiten Rolle, außer bei dieser Dokumentaraufgabe und dem Um- weltamt als solches, nämlich als Behörde, ansehen, dann ist die MA 22 eine sehr verlässliche Behörde, die das auch immer wieder einmahnt. Und genauso wie die MA 22 ein verlässliche Abteilung, eine verlässliche Behörde ist in all diesen Fragen, ist es auch klar – und da komme ich auf die angeschnittene Frage der Zuständigkeit zurück –, dass bei Friedhofsagenden das Umweltressort nicht zuständig ist. (Zwischenruf von Abg Ing Udo Guggenbichler, MSc.) So ist es! Im behördlichen Verfahren hat die Magistratsabteilung 22 natürlich die Möglichkeit des Handelns, und bei Flächenwidmungen macht die MA 22 natürlich auch davon Gebrauch und wird es auch in Zukunft tun, aus gutem Grund. Die erfolgreiche Politik, zwischen denen, die bauen wollen, die planen wollen, die errichten wollen, und denjenigen, die sagen, die Lebens- qualität ist ein wichtiger Bestandteil auch dieses Planungsgegenstandes, eine Ausgewogenheit zu erreichen, das wird eben durch dieses Verfahren sichergestellt. Des einen Freud ist des anderen Leid. Dazu gehören die Makrophyten. Je mehr Makrophyten wachsen, umso besser geht es dem Wasser, desto schlechter fühlen sich aber diejenigen, die Wassersport betreiben wollen, die schwimmen wollen. Wie wichtig gerade auch der Einsatz von Privaten bei der Frage des Mähens der Makrophyten war, und auch die Frage, wie weit dieser Mähabschnitt gehen kann, sodass es ökologisch sinnvoll ist, das hat der heurige Sommer gezeigt. Wir hätten den gesamten Bereich sicherlich nicht bewältigt, hätten wir diese Vergaben nicht gemacht. Man muss aber auch zu Gute halten, dass die Wettersituation und die Frage des damit verbundenen ra- scheren Wachstums, weil es dem Wasser gerade in der Alten Donau offensichtlich sehr, sehr gut geht, uns auch einigermaßen vor große Herausforderungen gestellt hat. Zeitgerecht, meine Damen und Herren – weil das angeschnitten worden ist –, hat sich die Stadt und vor allem auch die Geschäftsgruppe mit der Frage der Gastronomie auf der Donauinsel und im Donauinselbereich, nämlich auf Copa Cagrana, beschäftig. Allein unser Problem ist – da darf ich an Kritik nicht sparen –, dass die unabhängigen Gerichte bei der Frage von Erkenntnissen leider in kein Zeitkorsett gepresst werden können, sodass wir trotz Einhal- tung aller Fristen, rechtzeitiger Kündigung, Beischaffung von allen Beweisen, einem sehr engagierten Anwaltsteam es auf Grund der Langfristigkeit des gerichtlichen Verfahrens – bösartige Menschen sagen, Richter zu sein, ist manch- mal offensichtlich, zumindest in dem gegenständlichen Fall, eine Tätigkeit, die nicht mit erhöhtem Zeitdruck verbun- den sein kann –, lässt uns noch immer warten. Und gleichermaßen, wie Sie darüber ärgerlich sind, würden wir uns sehr, sehr rasche Entscheidungen des Gerichtes wünschen. Ich darf dabei aber auch festhalten, dass gerade das, meine Damen und Herren, ein Berichtspunkt war, den die Frau Stadträtin in den Umweltausschusssitzungen immer wieder gebracht hat. Naturwache. Einmal mehr: Der Wiener Bürger kann sich erwarten, wenn vor ihm ein Mensch steht, der sich als Vertreter der Stadt Wien zu erkennen gibt und der noch dazu Exekutivgewalt hat, dass derjenige auch tatsächlich auf dem letzten Stand der Information ist, der Bürger kann sich auch erwarten, dass der auf Grund eines Amtseides eine besondere Verantwortung in seiner Tätigkeit spürt. Dass wir das verändert haben und dass wir beispielsweise auch die Naturwachetätigkeit durch Informationstätigkeit, insbesondere auf der Donauinsel, angereichert haben, zeigt uns, dass der Weg der richtige ist. Die Leute nicht zu bewachen oder mit Wächtern zu reglementieren, sondern die Bürge- rinnen und Bürger mitzunehmen, ihnen zu erklären, warum Maßnahmen notwendig sind, hat sich gerade auf der Donauinsel sehr bewährt, meine Damen und Herren. Dass der Koordinator für Tierhaltung in der Stadt natürlich einen Sinn macht, da sind wir ja einer Meinung. Wenn es, Kollegin Holdhaus, allein der Erlasstext ist, der uns trennt, weil Sie sich gewünscht hätten, dass wir geschrieben hätten, die Magistratsabteilungen sind „verpflichtet“, und wir geschriebenen haben, die Magistratsabteilung sind „ein- geladen“, sich zu koordinieren, also wenn das uns inhaltlich trennt, dann soll nichts Schlimmeres passieren. Gerade diese Einladung weiß man im Magistrat genau als das zu deuten, was sie ist, nämlich eine sehr, sehr höfliche, aber doch klare Aufforderung, dem nachzukommen. Meine Damen und Herren! Neben dem Dank sei noch als Letztes die Frage der Gemeinsamkeit herausgehoben, die der Kollege Guggenbichler in seiner zweiten Wortmeldung angesprochen hat. Gemeinsamkeit, Kollege Guggen- bichler, ist keine Einbahnstraße. Gemeinsamkeit setzt voraus, dass man in der Kommunikation auch gewisse Spielre- geln der Höflichkeit, des Anstandes einhält. Wir sind gerne bereit – das sage ich jetzt nicht nur in der Rolle des Be- richterstatters, sondern auch, weil Sie mich persönlich angesprochen haben –, auch mit der Freiheitlichen Fraktion inhaltlich gemeinsame Wege zu gehen, wenn dies getragen wird durch eine Basis, die eine Gemeinsamkeit durchaus auch ermöglicht. Wenn Sie die hingehaltene Hand als eine Schwäche unserer Fraktion begreifen, dann wird es nichts Gemeinsames sein können. Daher sei einmal mehr gesagt, es ist keine Einbahnstraße, und hier gilt der alte Ruf, der nicht nur viel mit der Natur zu tun hat, weil auch mit der Wald beinhaltet ist: Wie man in den Wald hereinruft, Kollege Guggenbichler, so hallt es auch wider. Meine Damen und Herren! Der Wiener Naturschutzbericht ist ein sehr umfassendes Werk. Ich empfehle Ihnen, ihn am Wochenende, wenn Sie Zeit haben, zu lesen, wenn Sie es bisher nicht getan haben. Ich nehme an, Sie haben es getan, weil es ja Grundlage der Beschlussfassung ist. Ich empfehle Ihnen seitens der Berichterstattung, diesen anzu- nehmen, weil er tatsächlich die Kontinuität der Naturschutzarbeit in Wien sicherstellt. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof Harry Kopietz: Wir kommen zur Abstimmung. Ich darf jene Mitglieder des Landtages, die den vor- liegenden Naturschutzbericht 2013 zur Kenntnis nehmen, um ein Zeichen mit der Hand bitten. – Danke. Das ist ein- stimmig so geschehen. Wir kommen zur Abstimmung über die eingebrachten Anträge. Von Abgeordneten der SPÖ, der GRÜNEN und der ÖVP wurde ein Antrag eingebracht, dass sich der Wiener Landtag klar gegen die Milliardensubventionen für das britische Atomkraftwerk ausspricht. In formeller Hinsicht wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Danke. Das ist ebenfalls einstimmig so geschehen. Wir kommen zum Antrag der FPÖ-Abgeordneten, in dem verlangt wird, dass die zuständige Stadträtin für Umwelt der Landesregierung einen Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung vorlegen möge, der es ermöglicht, dass ehren- amtliche Bürger als Naturschutzorgane im Interesse des Landes Wien tätig sind. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt. Postnummer 3 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem die Dienstordnung 1994, die Besol- dungsordnung 1994, die Vertragsbedienstetenordnung 1995, das Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz, das Wiener Personalvertretungsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bedienstetenschutzgesetz, das Wiener MitarbeiterIn- nenvorsorgegesetz und das Wiener Landeslehrer- und Landeslehrerinnen-Diensthoheitsgesetz geändert werden. Berichterstatterin dazu ist Frau Abg Krotsch in Vertretung der entschuldigten StRin Frauenberger. Bitte, Frau Abge- ordnete. Berichterstatterin Abg Mag Nicole Berger-Krotsch: Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung. Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort gemeldet ist Frau Abg Schütz. Bitte, Frau Abgeordnete. Abg Angela Schütz (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Berichterstatterin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Landtag! Liebe Zuhörer! Heute soll die 2. Dienstrechts-Novelle 2014 beschlossen werden. Es sind einige sehr begrüßenswerte und gute Punkte enthalten, die ich zu Beginn hervorheben möchte, weil wir diesen auch voll zustimmen. Dazu gehören zum Beispiel die Rechtsgrundlage für die Einführung eines zwölfmonatigen bezahlten Verwaltungspraktikums bei der Stadt Wien, die bevorzugte Regelung der Teilzeitbeschäftigung für die bessere Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Verpflichtungen für die ersten vier Jahre nach der Geburt, keine Minderung des Abfertigungsanspruches bei einer Herabsetzung der Arbeitszeit im Rahmen von Sterbebegleitung beziehungsweise Pflegezeiten sowie der Erwerb von Abfertigungsansprüchen während Familienhospiz und Pflegekarenz. Es gibt aber auch einen Punkt, der unsere Zustimmung nicht findet, das ist die Besoldung der Sanitäterinnen und Sanitär der Berufsrettung Wien im neuen R-Schema. In der Novelle steht unter anderem, dass der angestrebten Auf- wertung dieser Berufsgruppe Rechnung getragen werden soll. Das soll sich über die gesamte Berufslaufbahn in einer höheren Besoldung im Vergleich zur bisherigen Einreihung in die Verwendungsgruppe K6 zeigen. Dafür haben Sie dann das R-Schema sozusagen eingeführt. Die Einstiegsgehälter wurden angehoben und die neue Einkommenskurve dann abgeflacht. Diese neue Gehaltsregelung, das sogenannte R-Schema, soll nicht nur für neu eintretende Bedienstete, sondern grundsätzliche für alle Sanitäterinnen und Sanitäter der Stadt Wien im 12,5- Stunden-Dienst eingesetzt werden und für sie gelten. Das klingt in der Theorie teilweise gut, aber was steckt tatsächlich dahinter? Faktum ist, dass im Vorfeld den Mit- arbeitern der Gewerkschaft falsche Berechnungsgrundlagen vorgelegt wurden, die jetzt nicht mehr so sind, wie es vor einigen Monaten noch gesagt worden ist. Mehr dazu aber später. Faktum ist, dass es keine gesetzliche Notwendigkeit für den kompletten Umstieg vom 24- auf den 12,5-Stunden- Dienst gibt. Die Arbeitszeitrichtlinie sieht eine wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden vor, sie sieht aber auch eine Sonderregelung für Blaulichtorganisationen, Ärzte und anderes Personal vor. Stichwort: Opt-out- Regelung, die der Bedienstete unterfertigt. Viele vergleichen Wien ganz gerne mit Berlin, gerade im Bereich der Rettung, aber das ist so, als würde man Äp- fel mit Birnen vergleichen. Wien hat eine Feuerwehr im 24-Stunden-Dienst und eine Rettung, die im Moment 3 For- men von Diensten hat, nämlich den 24-, den 12,5-Stunden-Dienst und den reinen Tagesdienst. Jeder macht auf jeden Fall sein Ding. Berlin ist da anders. Da gehört die Rettung mit der Feuerwehr zusammen. Jeder kann alles machen, und sie machen 12 Stunden Rettungs- und 12 Stunden Branddienst. Das sollte man bei Vergleichen vielleicht auch einmal bedenken. Das wäre vielleicht in der Form auch für Wien irgendwann einmal eine Option, das steht aber heute nicht zur Diskussion. Außerdem hat Berlin knapp 400 000 Rettungseinsätze im Jahr mit 111 Gerätschaften und Wien über 300 000 Einsätze mit in etwa 37 Gerätschaften. Kein Wunder, dass unsere Rettung am Limit ist, wobei auch erwähnt werden muss, dass die Wiener Rettung einen Fahrzeugstand von 2003 hat. Faktum ist, dass die Stadt Wien bei Wagen und deren Besatzung spart. Bis dato waren drei Mann am Wagen, nun sollen zwei fahren. Ein echtes Problem, zumal es ja auch Dienstanweisungen gibt, dass keiner allein mit einem Pati- enten sich in dessen Wohnung aufhalten darf beziehungsweise sich nicht alleine in einer fremden Wohnung aufhalten darf. Auf der anderen Seite gibt es aber die gesetzliche Vorgabe, dass du, wenn du einmal beim Patienten bist, auch für diesen verantwortlich bist und bei diesem auch zu bleiben hast. Das ist ein Dilemma, denn wenn etwas im Wagen vergessen worden ist oder der Einsatzcode nicht stimmt, wer holt dann die Gerätschaften aus dem Auto? Wir sehen darin vor allem bei Reanimationen, die von zwei Sanitätern durchgeführt werden, wobei der dritte Sani- täter dann das Telefon bedienen kann, Gerätschaften aus dem Auto holen kann und andere Tätigkeiten in der Zeit durchführen kann, eine Verschlechterung für die Patientenversorgung. Wir gehen da sogar einen Schritt zurück in Richtung Laienreanimation mit nur einem Sanitäter. Gesagt sein muss aber auch hier an dieser Stelle, dass die Wie- ner Berufsrettung zur Zeit weltweit im Spitzenfeld bei erfolgreichen Reanimationen steht. Dazu gibt es sogar eine Studie von Prof Sterz, Notfallambulanz im AKH Wien. Faktum ist auch, dass die Dienstumstellung vom 24- auf den 12,5-Stunden-Dienst für Wien bis 2017 abgeschlos- sen werden soll, was aber auch bedeutet, dass alle MitarbeiterInnen bis dorthin fix in das R-Schema zu übernehmen sind. Fix ist auch, dass die Stadt Wien mit einer merklichen Gehaltseinsparung nach 2018 rechnet, obwohl ja das Grundgehalt höher sein soll als früher, was sicher auch daran liegt, dass es zukünftig dann nur noch alle fünf Jahre, nicht wie bis jetzt alle zwei Jahre, Gehaltssprünge geben soll. Faktum ist aber auch, dass die Wiener Rettung durch die Umstellung mehr Personal benötigt. Gefordert wurden da 186 neue Mitarbeiter, genehmigt sind bis dato 80. Im Dreierradl wäre die Stadt Wien nicht so schlecht bedient gewesen. Gewünscht wären da etwa 24 Stunden Dienst, 48 Stunden frei und ein Wochenenddienst im Monat, so wie es die Ärzte auch haben. Mit dem neuen Schema braucht man Viererradln, viele Überstunden und viele neue Mitar- beiter. Auch fallen mit dem neuen Schema Ressourcen weg, die bis dato über Freischichten aus dem 24-Stunden- Dienst da waren. Das bedeutet aber auch, wenn es zu vermehrten Krankenständen kommt, dass dann ein Wagen allenfalls nicht besetzt werden kann und steht. Faktum ist auch, dass das Grundgehalt, das es bis jetzt gegeben hat, zwar etwas niedriger war als dann im neuen R-Schema, aber dazu hat es dann die Wechseldienstentschädigung von 112 Mehrstunden gegeben, die teilweise ruhegenussfähig war, und dann hat es eben diverse Zulagen gegeben, die das Gehalt abgerundet haben, aber nicht ruhegenussfähig waren. Jeder Mitarbeiter konnte darauf bauen, dass er weiß, mit welchem Gehalt er in Pension be- ziehungsweise in den Ruhestand gehen kann. Viele haben darauf ihr Leben aufgebaut, haben sich Kredite genom- men, Wohnungen gekauft, und jetzt wird ihnen dann etwas weggenommen. Denn eines ist sicher: Mehr bekommen sie nicht, im Gegenteil, Altbedienstete verlieren durch den Umstieg enorm viel von ihrer Lebensverdienstsumme. Es gibt nämlich zukünftig zwar mehr Grundgehalt, aber dann auch noch große, kleine Sanitäterzulage, Nachtdienstzula- gen, Sonntagszulagen und, wenn es notwendig sein sollte, auch Überstunden. Also so viel zum Punkt: Weg vom Zulagensystem! Wobei ich jetzt auch anmerken muss, dass nur Notfallsanitäter und Transportführer die große Sanitä- terzulage bekommen, Rettungssanitäter und Nichttransportführer bekommen fix nur die kleine Sanitäterzulage, was noch einmal Gehaltseinbußen bedeutet. Und das sind immerhin mehr als 100 Mitarbeiter, die nur Rettungssanitäter sind. Bis auf das Grundgehalt ist nun nichts mehr ruhegenussfähig. Das heißt aber, dass Mitarbeiter in der Pension be- ziehungsweise im Ruhestand auf das nackte einfache Grundgehalt zurückfallen. Und jetzt fragen wir uns natürlich, wo da die Aufwertung beziehungsweise die Wertschätzung den Mitarbeitern gegenüber bleibt. Den einzigen Gewinn, den wir hier sehen, der ist bei der Stadt Wien, die in Zukunft weniger Pensionsrücklage benötigt und später weniger Lohn beziehungsweise Dienstgeberanteile zahlen muss. Für Neubedienstete ist das natürlich kein Problem. Die steigen ein, die wissen ganz genau, mit dem und dem Ge- halt steige ich ein, das erwartet mich. Das ist ein bisschen ein höheres Grundgehalt, dafür steige ich dann langsamer beziehungsweise flacher, und mit dem und dem kann ich in Pension gehen. Der entscheidet sich fix dafür. Für die anderen allerdings, die schon lange dabei sind und die darauf gebaut haben, bedeutet dieser Umstieg eben einen Verlust, und sie können es sich nicht einmal aussuchen, ob sie es wollen oder nicht. Viele würden gern im Altsystem bleiben, aber sie können nicht, sie müssen umsteigen. Das, was sich viele wünschen würden, wäre, dass zumindest in einer Region –entweder in Mitte oder Nord, denn Süd ist ja schon umgestellt – der 24-Stunden-Dienst im alten K6-Schema ausläuft. Die Personalvertreter haben aus- gerechnet, was dieser Umstieg für die Mitarbeiter bedeutet, und sie haben mir diese Tabellen zur Verfügung gestellt. Ich sage es jetzt einmal, vorsichtig geschätzt, bedeutet das für Altbedienstete 350 bis 800 EUR netto – netto! – Ver- lust, je nachdem, wie lange sie bei der Stadt Wien tätig waren. – Ein Punkt, der für uns nicht akzeptabel ist. Da es bei einer Gesetzesnovelle keine getrennte Abstimmung gibt, in der man die Punkte, die gut sind, positiv ab- stimmen kann, und wir dem Rettungsschema und den daraus resultierenden Änderungen in der dargelegten Form nicht zustimmen können, werden wir dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Verhandlung ist geschlossen. Ich erteile der Berichterstatterin das Schlusswort. – Bitte, Frau Berichterstatterin. Berichterstatterin Abg Mag Nicole Berger-Krotsch: Ich möchte nur ganz kurz festhalten, dass dem Entwurf des Gesetzes, das uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, natürlich eine sozialpartnerschaftliche Einigung vorangegan- gen ist, viele Beratungen und Abstimmungen, und deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu dem vorliegenden Ge- setzesentwurf. Präsident Prof Harry Kopietz: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich darf jene Mitglie- der des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, ersuchen, die Hand zu he- ben. – Danke, das ist mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und GRÜNEN mehrstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen, und darf jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand bitten. – Danke, das ist einstimmig so beschlossen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustim- men wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, das ist mit der gleichen Mehrheit so beschlossen. Wir kommen zur Postnummer 9. Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über das Verwaltungsgericht Wien geändert wird. Berichterstatterin dazu ist Frau Abg Nicole Krotsch. – Bitte, Frau Abgeordnete. Berichterstatterin Abg Mag Nicole Berger-Krotsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung. Präsident Prof Harry Kopietz: Zu diesem Tagesordnungspunkt gibt es keine Wortmeldung. Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang die Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, das ist einstimmig angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vorzunehmen, und darf jene Mitglieder des Landtages, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen mit der Hand bitten. – Danke, das wird ebenfalls einstimmig durchgeführt. Wir kommen daher zur zweiten Lesung. Ich darf ebenfalls um ein Zeichen mit Hand bitten. – Danke, ebenfalls einstimmig so beschlossen. Postnummer 4 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Kinder- und Jugendhilfe- gesetz 2013 geändert wird. Berichterstatter hierzu ist Herr Amtsf StR Oxonitsch. – Ich bitte, die Verhandlung einzulei- ten. Berichterstatter Amtsf StR Christian Oxonitsch: Ich bitte um Zustimmung. Präsident Prof Harry Kopietz: Zu diesem Tagesordnungspunkt liegt mir keine Wortmeldung vor. Wir kommen da- mit zur Abstimmung der ersten Lesung. Wer diesem Gesetz die Zustimmung erteilen möchte, bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Danke, das ist einstimmig so beschlossen. Ich schlage vor, auch bei diesem Gesetz die zweite Lesung sofort vornehmen zu lassen, und darf ebenfalls jene, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen mit der Hand bitten. – Danke, das ist ebenfalls einstimmig so beschlos- sen. Wir kommen damit zur zweiten Lesung. Ich darf die Mitglieder des Landtages, die diesem Gesetz in der zweiten Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand bitten. – Danke, auch das ist einstimmig so beschlossen. Die Postnummer 5 betrifft eine Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG, mit der die bisherige Vereinbarung über den Ausbau ganztägiger Schulformen geändert wird. Ich darf den Berichterstatter, Herrn Amtsf StR Oxonitsch, bitten, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf StR Christian Oxonitsch: Zur Überraschung aller bitte ich auch hier um Zustimmung. Präsident Prof Harry Kopietz: Hier liegen mir Wortmeldungen vor, und ich darf Frau Abg Ing Leeb zum Rednerpult bitten. – Bitte, Frau Abgeordnete. Abg Ing Isabella Leeb (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden dieser 15a-Vereinbarung selbstverständlich zustimmen. Aber erlauben Sie mir, die Gelegenheit zu nutzen, zu diesem Tagesordnungspunkt einen Antrag der ÖVP einzubringen. Wir haben in den vergangenen Wochen eine Diskussion miterlebt, die teilweise skurrile Züge angenommen hat. Bei aller Skurrilität, die diese Diskussion auch an den Tag gelegt hat, ist das Thema Stadtschulrat und Stadtschulratsvizepräsident aber doch ein sehr ernstes. Ich muss Ihnen sagen, ich bin eigentlich für diese Diskussion sehr dankbar, denn nach Langem hat man sich dieses Themas auch einmal ernsthaft angenommen und geschaut, was können diese Funktionen, brauchen wir diese Funk- tionen und hat das Ganze auch einmal ein bisschen hinterfragt. Ich mische mich da jetzt auch nicht in die politische Nabelschau zwischen Blau und Rot ein – das macht´s euch bitte untereinander aus –, aber ein Appell von meiner Seite: Nehmen wir die Diskussion zum Anlass, um uns auch von Wiener Seite aus an einer breit angelegten und intensiven Bildungsreform zu beteiligen. Und da geht es nicht nur um Inhalte, da geht es in erster Linie auch um Strukturen. Es geht darum, zu schauen, was ist das Beste für unsere Kinder, was soll am Ende herauskommen und was können wir, jeder Einzelne, dazu tun? (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind nicht gewählt worden, um Pfründe und Strukturen zu verteidi- gen, sondern wir sind gewählt worden, um auf der Seite der Bürger und in der Bildungspolitik auf der Seite der Kinder zu stehen. Die ÖVP stellt aus diesem Grund heute den Beschluss- und Resolutionsantrag: „Der Wiener Landtag spricht sich für eine umfassende Reformdiskussion zwischen den zuständigen Stellen des Landes Wien, der Gemeinde Wien und des Bundes sowie Experten und Vertretern aller im Landtag vertretenen Par- teien aus, mit dem Ziel, die Strukturen und Funktionen der Schulverwaltung aller Ebenen und Kompetenzbereiche in Wien auf den Prüfstand zu stellen und allfällige Strukturinnovationen in die Wege zu leiten. So möge zum Beispiel neben der Abschaffung der Funktion des Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrates auch die Zusammenlegung der Funktion des oder der amtsführenden Präsidentin des Wiener Stadtschulrates mit bestehenden Funktionen, wie zum Beispiel der des Bildungsstadtrates, diskutiert werden. Dieser Antrag richtet sich an den Herrn Bürgermeister. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung ver- langt.“ (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt an uns, die Stadt effizient und gut zu verwalten. Die Ressourcen müssen in der Schule landen, und nicht in der Verwaltung. Und zum Abschluss noch einmal mein Appell: Nehmen wir diese Diskussion zum Anlass, auch uns selbst einmal zu hinterfragen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich unterstützen die GRÜNEN das Aktenstück. Es geht um den Ausbau und die Organisation von ganztägigen Schulformen. Wir wissen, dass das in ganz Österreich eine Baustelle ist, wir wissen auch, dass wir in Wien zwar besser dastehen, aber trotzdem noch viele Aufgaben in diesem Bereich haben. Ich bin ja nicht bekannt dafür, dass ich hier sehr oft die ÖVP lobe, aber jetzt ganz ohne Unterton – denn die Bil- dungsdiskussion ist eine lange und schwierige Diskussion –, ich werde es tun, wenn wir dann soweit sind, dass der frische Wind, den es zwischendurch auch in der ÖVP gibt und der auch von vielen Leuten aus dem Westen kommt, Bewegung in die Schuldiskussion bringt. Ich höre gerade, dass in Vorarlberg Koalitionsgespräche zwischen der ÖVP und den GRÜNEN aufgenommen werden, was mich aus mehreren Gründen freut, weil das weiterhin bedeutet, dass die Freiheitlichen in neun Bundesländern und in der Bundesregierung nichts zu sagen haben, und das halte ich immer für einen Vorteil. Das ist schon einmal ein guter Punkt, den ich von dort höre. In Wien sind wir schon länger weiter, die ganztägigen Schulformen sind nur ein Mosaikstein, der auf dem Weg für bessere Bildung und mehr Bildungsgerechtigkeit für alle erfüllt werden muss. Diesen Tagesordnungspunkt nutzt Rot- Grün, um tatsächlich den Antrag betreffend Abschaffung des Vizepräsidenten, den auch die GRin Leeb angesprochen hat, einzubringen. Glaubt jetzt irgendjemand, dass damit alle Probleme, die es in der Schulverwaltung oder im Bildungsbereich gibt, gelöst sind? – Ich hoffe nicht. Es wäre nämlich schade, wenn man sagt, das war es. Aber wir können die Diskussion auch zum Anlass nehmen, um zu sagen, sprechen wir einmal prinzipiell darüber, wieviel Proporz dieses Land braucht. – Meiner Meinung nach so wenig wie möglich, ich bin mir gar nicht sicher, ob wir einen benötigen. Jetzt weiß ich schon, das schaut ein bisschen nach Anlass aus. Ich war immer der Meinung, dass es diese Funk- tion nicht braucht. Das ist eine Konstruktion der Bundesverfassung, wie sie halt dem Geist der 60er, 70er Jahre ent- spricht, wo halt in jedem Bundesland, in dem die SPÖ Erste ist, der logische Zweite, die ÖVP, auch etwas bekommt – und umgekehrt dort, wo halt die ÖVP fix Erster ist, wie heute in Vorarlberg, und damals die SPÖ der logische Zweite war –, in jedem Bundesland, sich diese zwei Parteien das ausgeschnapst haben. Das brauchen wir auch niemandem mehr vorwerfen, es ist keiner mehr von denen, die heute dabei sind, dafür verantwortlich, das sind sehr alte Regelun- gen. Der Proporz ist in diesem Fall – für die, die nicht genau eingelesen sind – doppelt kurios. Da gibt es eine Proporz- regelung, die gilt aber nur für fünf Bundesländer, nämlich nach der Größe geordnet. Aus irgendeinem Grund müssen die fünf größten Bundesländer eine Proporzregelung haben und einen stellvertretenen Vizepräsiden- ten/Vizepräsidentin einführen. Die anderen vier Bundesländer können es sich aussuchen, ob sie einen einführen. Unser Antrag ist ja relativ einfach: Es sollen sich alle aussuchen können. Wir können ja nicht gut von Wien aus den anderen vorschreiben, dass sie das abschaffen müssen. In Oberösterreich wehrt sich dann wieder die Amtsinha- berin – andere Fraktion. Amtsinhaber und Amtsinhaberin tun sich immer ein bisschen schwer mit der Abschaffung der eigenen Funktion, egal, welche Couleur, unterschiedlich schwierig zumindest. Der Antrag löst nicht die Bildungsfragen. Aber wenn ich es mir umgekehrt anschaue: Nützt die Beibehaltung diese Funktion bildungspolitisch irgendetwas? – Nein! Schadet die Abschaffung irgendjemandem? – Nein! Ist es wahnsinnig viel Geld, das dadurch locker wird? – Übertreiben wir es nicht, ein Gehalt von einer Person über Jahre. Das ist besser als nichts, aber besser als nichts ist im Bildungsbereich immer ein Fortschritt. Und nachdem wir gewohnt sind, dass im Bildungsbereich in Österreich sehr viele kleine Schritte gemacht werden, ist auch das wieder ein kleiner Baustein. Daher hoffe ich, dass wir für diesen Antrag eine Mehrheit bekommen, wissend, dass es nur ein Antrag an den Bundesgesetzgeber ist und dass es dort noch sehr viel Bewegung braucht. Aber insgesamt bin ich froh, wenn in dem Land – wir haben auch eine fünfte Partei – vielleicht irgendwann vier Parteien in Bildungsfragen tatsächlich gemeinsam schauen, dass Bildungsgerechtigkeit besser als bisher hergestellt wird – so wie der Herr Salcher, der ja auch früher hier gesessen ist, gestern in der ZIB 2 wieder argumentiert hat. Wenn wir alle gemeinsam schauen, dass Bildungsgerechtigkeit besser hergestellt wird als bis jetzt, dann sind wir schon zufrieden, dann sind wir wenigstens auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN und von Abg Dr Kurt Stürzenbecher.) Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort gelangt Herr Abg Vettermann. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Heinz Vettermann (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Präsi- dent! Lieber Herr Landesrat! Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen natürlich dem Aktenstück auch zu. Ich möchte eigentlich auf die zwei vorhergehenden Wortmeldungen Bezug nehmen. Wir haben es ja gestern auch schon ein wenig diskutiert. Natürlich gibt es auch einen aktuellen Anlass, warum wir diesen Antrag gerade jetzt ein- bringen. Es kann ja auch niemandem verborgen geblieben sein, dass die Funktion des Vizepräsidenten in Diskussion geraten ist. Da sollen wir auch nicht so tun, als gäbe es diesen Anlass nicht. Aber wir sehen es eben breiter. Außer- dem wurde gesagt – und das ist ja auch richtig: Na, dann fordert es halt, damit ihr es in Wien auch machen könnt, wenn ihr schon meint, dass man auf diese Funktion verzichten kann! – Und genau darum geht es ja bei diesem kon- kreten Antrag. Es wird immer wieder gesagt: Aber Vorarlberg und Tirol haben das nur in einer Person, dort macht es der Landes- rat. – Erstens ist es rein von den objektiven Größenverhältnissen, von der schieren Arbeitsbelastung natürlich ein Unterschied, ob ich das in Wien oder in Tirol mache. Daher kann man das nicht vergleichen. Aber es gibt dort einen großen Unterschied, der, wenn man schon von Sparsamkeit spricht, eine wichtige Sache ist: Die haben zwar, wenn man so möchte, einen Posten zusammengelegt, aber natürlich nicht die Behörden. Das heißt, die haben noch zwei Behörden nebeneinander laufen. Ich habe das gestern schon gesagt, dass sich da schon die Frage stellt, ob zwei Chefs und eine Behörde nicht um einiges sparsamer und günstiger sind als ein Chef und zwei Behörden – jetzt rein von der Arbeitsbelastung dieser einen Funktion, die unvergleichbar ist und natürlich in Wien ein deutlich größeres Ausmaß hat. Das muss man sagen. Das ist ja in Wien schon passiert, wir haben schon die Bezirksschulräte abge- schafft und wir haben diese Zusammenlegung geschafft. Das heißt, wir sind eigentlich in der Vorhand. Und das hat uns ja auch der Rechnungshof bestätigt, als er den Stadtschulrat geprüft hat, indem er gesagt hat, das ist eine sehr sparsame und zusammengelegte Form. Aber man kann natürlich über alles diskutieren, was sinnvoll ist. Ich möchte nur noch einmal sagen: Wir in Wien sind da weit voraus, wenn uns die anderen Bundesländer einmal nachkommen – dort, wo das oft der Landesrat macht, sind die Behörden nicht zusammengelegt; das sollen sie einmal schaffen, das ist nämlich die deutlich schwie- rigere Übung –, dann können wir über alles andere auch noch nachdenken. Was die Verbeamtung bringen soll, die die ÖVP fordert, ist mir auch nicht ganz klar, denn Sie wollen ja, dass diesen Posten eine beamtete Person macht, soweit ich Ihren Antrag verstanden habe. Dementsprechend bin ich da skeptisch. Wir wollen niemandem etwas vorschreiben und können es aber nicht selbst durchführen, dieses Amt, das eben jetzt in Diskussion ist, aus Gründen der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit abzuschaffen. Daher fordern wir mit diesem Antrag auch den Bundesgesetzgeber auf, allen Ländern – und damit auch Wien – die Möglichkeit zu geben, diese Frage selbst zu entscheiden. Eingebracht wird es von meiner Person, Jürgen Czernohorszky, Rudolf Schicker, Georg Niedermühlbichler sowie David Ellensohn, Martina Wurzer, Christoph Chorherr und Senol Akkilic. „Der Landtag wolle beschließen: Der Bundesverfassungsgesetzgeber wird seitens des Wiener Landtags ersucht, die Bundesverfassung in der Form zu ändern, dass den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt wird, die Funktion der Vizepräsidenten beziehungsweise des Vizepräsidenten beziehungsweise der Vizepräsidentin des Stadtschulrates nicht zwingend gesetzlich bestellen zu müssen. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ Ich glaube, es gibt gute Gründe, sowohl inhaltlich als auch aus der Sache selbst, dem heute zuzustimmen. Ich bit- te, das zu tun und möchte den Antrag jetzt auch einbringen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg Dr Aigner. – Bitte, Herr Abgeordneter. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadt- rat! Meine Damen und Herren! Ja, ich bin auch dafür, dass wir die 15a-Vereinbarung verlängern, und werde dem natürlich zustimmen. Bei der Debatte über die Schulverwaltung muss man zwei Dinge auseinanderhalten: Wir haben geltende Gesetze – ein gel- tendes Bundesverfassungsgesetz und ein geltendes Wiener Schulgesetz –, und man kann nicht so salopp die Nicht- herstellung des gesetzmäßigen Zustandes im Raum stehen lassen. Das bestehende Schulgesetz ist, so wie das beim Sportstättenschutzgesetz gilt, zu vollziehen und zu beachten, und das besagt, dass der zweitstärksten Partei die Funktion des kontrollierenden Vizepräsidenten zusteht. (Beifall bei der FPÖ.) Ich weiß nicht, wie man es juristisch argumentieren kann – und es handelt sich ausschließlich um eine juristische Argumentation –, dass es hier ein Recht gibt, sich den vorgeschlagenen Kandidaten der Opposition auszusuchen. Das gibt es weder bei den Bezirksvorstehern noch bei den Stellvertretern noch bei den Kollegiumsmitgliedern. Das sind Nominierungsrechte, die einfach zu akzeptieren sind, und da werden wir den Herrn Landeshauptmann auch nicht aus seiner rechtlichen und politischen Verantwortung herauslassen. (Beifall bei der FPÖ.) Diesbezüglich auch in Richtung meiner ehemaligen Partei, der ÖVP, gesagt: Ich weiß nicht, ob die ÖVP seiner- zeit, als sie den Vize gestellt hat, glücklich gewesen wäre, wenn auf einmal die Mehrheit gekommen wäre und mitre- den hätte wollen. Es geht nicht, so zu tun, als ob das eine Sache zwischen Rot und Blau wäre, denn es ist eine Frage legal oder illegal, rechtmäßig oder unrechtmäßig. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn man – und jetzt werde ich nicht de lege lata, sondern de lege ferenda argumentieren – über die Reform der Schulverwaltung diskutiert, dann muss man das anders machen, als das Rot-Grün will. Denn Rot-Grün will nicht die Politik aus der Verwaltung, sondern ausschließlich die Opposition herausbringen, so nach dem Motto: Die Landes- hauptleute und ihre Vollstreckungsorgane, die amtsführenden Präsidenten, sollen bleiben, heraus kommt einzig und allein die Opposition in Form des Vizepräsidenten. Und das macht man natürlich noch so geschickt und sagt, es sol- len sich alle Länder aussuchen. – Das schaue ich mir an, ob sich die oberösterreichischen Genossen den bestbezahl- ten Vizepräsidenten so einfach nehmen lassen! Das ist Ihnen aber ganz egal, Sie wollen nur die Grundlage dafür geschaffen haben, dass Sie im Stadtschulrat alleine schalten und walten können. Und zu diesem Anliegen muss man ein klares Nein sagen. (Beifall bei der FPÖ.) Ich habe das gestern schon gesagt und kann es kurz zusammenfassen: Ich weiß wirklich nicht, was an diesen Landesschulräten oder dem Stadtschulrat so Besonderes ist, dass man so eine eigenartige Konstruktion gefunden hat. Man weiß es natürlich schon, es war – wie Kollege Ellensohn gesagt hat – das seinerzeitige Proporzdenken. Aber die politische Brisanz einer Bezirkshauptmannschaft, die für so viele Bereiche zuständig ist, im Landes- und im Bundesbereich, ist viel größer. Dort steht an der Spitze ein – natürlich von der Politik bestellt, aber dann auf Dauer im Amt befindlicher – Bezirkshauptmann, auch ein Finanzamt, das Bundespensionsamt, die Sozialämter, die Pflegeäm- ter – das sind alles wichtige und natürlich im politischen Bereich bestehende Behörden. Da kommt man an der Spitze mit einem öffentlich Bediensteten aus und es gibt den hierarchischen Weisungszusammenhang zum auf Bundesebe- ne zuständigen Minister. Nur im Schulbereich hat man da die Landeshauptleute hineingegeben. Und auch wenn Sie formal als Bundesorgan tätig sind, den Minister oder die Ministerin, der dem Landeshauptmann eine Weisung erteilt, möchte ich mir anschauen. Das heißt, in Wirklichkeit hat man hier neun Regionalfürstentümer geschaffen, auch im Bundesbereich, neun Lan- deshauptleute und ihre entsprechenden Amtsführer, die schalten und walten dort völlig unkontrolliert. Die Oberauf- sicht des Ministeriums ist bestenfalls theoretischer Natur, da es in der Praxis ja nicht stattfinden wird, dass eine Minis- terin – egal, ob von derselben oder einer anderen Partei – einem Landeshauptmann eine Weisung gibt. Das ist ja völlig abenteuerlich und auch nicht anzunehmen. Es passiert auch nicht, denn eigentlich müsste die Ministerin dem Herrn Landeshauptmann den Auftrag erteilen, den gesetzmäßigen Zustand in Wien herzustellen. – Das schauen wir uns an, ob das passieren wird! Wenn man die Verfassung ändert, dann gehören Landeshauptleute hinaus aus den Landesschulräten, damit brauche ich keine amtsführenden Präsidenten, dann brauche ich natürlich auch keine Vizepräsidenten. Dann kann man diskutieren, inwiefern es sinnvoll ist, die Kollegien zu haben, allenfalls als reines Kontrollorgan, aber die kosten in dem Sinn nichts und sind sowieso schon weitgehend ausgehöhlt worden. Aber nur herzugehen und zu sagen, die Vizes abschaffen und der Rest bleibt, das ist keine Entpolitisierung, sondern das ist ein weiterer Schritt in ein System, in dem eine relative Mehrheit 100 Prozent der Macht ausübt. (Beifall bei der FPÖ.) In dieser Beziehung muss man natürlich schon auch eines sagen – das habe ich auch schon mehrfach gesagt: In Wien ist vorbildlich, dass wir keine eigene Landesschulabteilung haben. Das ist wirklich gut, das wäre auch ein Modell für die anderen Bundesländer, damit haben wir wirklich ein – um im Sinn des Volksanwalts zu sagen – Best-Practice- Modell. Daher stellt sich die Problematik nicht, dass es da parallel Bundes- und Landesschulbehörden gibt. Bis diese Verfassungsänderung kommt – ob es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament geben wird, das weiß man natürlich nicht; wir können ja auch den Bundesverfassungsgeber nur ersuchen, wir können ja dort nicht unmittelbar Einfluss nehmen –, wäre natürlich auch eine Möglichkeit, dass – so wie in anderen Bundesländern – der amtsführen- de Stadtrat auch die Amtsführung im Landesschulrat – in Wien im Stadtschulrat – übernimmt. Das Argument, dass Wien anders als Tirol ist, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Denn Tirol ist ein Flächenbun- desland, zwischen Osttirol und dem Außerfern sind ein paar Stunden Autofahrt zu bewältigen, und so weiter, und in Wien ist man doch relativ schnell überall. Außerdem machen ja die Arbeit ohnehin die Beamten, es ist ja nicht so, dass die Politiker jetzt die Tagesarbeit machen, denn dort sitzen hochqualifizierte Bedienstete. Einem Stadtrat, der einen Song Contest mitveranstalten und mitorganisieren kann, sollte es auch möglich sein, unter Zuhilfenahme der hervorragenden Beamtenschaft auch den Stadtschulrat zu lenken, bis man dort einen beamteten Direktor hat. In dieser Hinsicht möchte ich den Beschlussantrag einbringen, der eben genau diesen Vorschlag beinhaltet, ge- richtet an den Bundesverfassungsgesetzgeber, eine Resolution mit der Bitte um sofortige Abstimmung. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Dr Günther. – Bitte, Herr Abgeord- neter. Abg Dr Helmut Günther (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren! Der Kollege Ellensohn hat das erste Mal heute etwas Richtiges gesagt: Erstens hat er gesagt, es ist eine alte Pro- porzregelung, die es halt schon seit vielen Jahren gibt. Und dann hat er noch etwas gesagt: Hier gibt es eine Anlass- gesetzgebung. – Und genau das ist es. Eine Anlassgesetzgebung deshalb, weil sich die zweitstärkste Fraktion im Stadtschulrat erlaubt hat, einen 21-jährigen, unbescholtenen jungen Mann als Vizepräsidenten zu benennen, und es einen Bürgermeister beziehungsweise Landeshauptmann gibt, der nicht die Gesetze vollzieht, sondern den jungen Mann ablehnt. Was der Herr Bürgermeister da jetzt einbringt beziehungsweise die Anträge, die uns vorliegen, das ist Anlassgesetzgebung. Man kann zu dieser Funktion stehen, wie man will, aber es kommt genau das eine hervor, was man eigentlich nicht will: Man versucht jetzt, Kontrollmöglichkeiten – die im Wiener Schulgesetz eher gering, aber vorhanden sind – zu beenden, und zwar so zu beenden, dass man dort, wo man glaubt, man hat jemanden Missliebigen, diesen weg- bringen kann. Das ist es. Denn diese Formulierung, die die SPÖ in ihrem Vorschlag hat, indem man sagt, es sei den Ländern freigegeben, das doch nicht durchzuführen, führt genau dazu. Ich muss sagen, ich halte den Lhptm Kaiser wirklich für einen, der ehrlich gesagt hat, bei mir bleibt es so, wie es ist! Denn dort gibt es einen der SPÖ zugehörigen geschäftsführenden Präsidenten des Landesschulrates und eine freiheitliche Vizepräsidentin, die beide gut zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit im Wiener Landesschulrat ist nicht immer ganz friktionsfrei über die Bühne gegangen. Eines muss man der neuen Ministerin zugestehen, sie hat als Einzige jetzt auch die Vizepräsidenten zu den jähr- lich vier bis fünf Mal stattfindenden Präsidententreffen eingeladen. Ihrer Vorgängerin ist das nie eingefallen. Bei der letzten Sitzung, bei der es Berichte gegeben hat, und zwar unter anderem darüber, wie die Zentralmatura abgelaufen ist, komme ich zu dieser Sitzung, und wer nicht dort ist, ist aber die Frau Präsidentin. Auf meine Frage sagt die Frau Minister: Ja, die Frau Präsidentin hat sich eh bei mir entschuldigt. – Nur mir hat sie nichts davon gesagt und die Be- richte hat sie verschlossen in ihrer Lade behalten, weil sie der Meinung ist, man vertritt dort nicht die Präsidentin. So ist die Zusammenarbeit nicht wirklich einfach. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf von Abg Dipl-Ing Rudi Schicker.) – Das mag schon sein, dass das so ist, Herr Kollege, aber ich habe es nicht gewusst, dass Ihre Lebensgefährtin krank war an dem Tag, sie hat es mir auch nicht gesagt, und plakatiert ist es nicht worden im Stadtschulrat. Das ist aber nicht der Stil, wie man zusammenarbeiten kann. Und weil man jetzt nicht einmal etwas Konsens möchte zwischen dem Präsidenten/der Präsidentin und dem Vizepräsidenten, schaffen wir ihn am liebsten ab. Und die beste Möglichkeit dafür war – weil der Bürgermeister gesagt hat, gegen den Günther hat er ja nichts – jetzt das Ausscheiden von mir und zu sagen, der ist zu jung, ist ein Schlagender, hat einmal den Herrn Bürgermeister beleidigt, darum darf er es nicht sein. Es steht aber nirgends im Gesetz, dass man nicht als Vizepräsident angelobt werden kann, weil man bei einer schlagenden Verbindung ist. So weit sind wir, Gott sei Dank, in Österreich noch nicht, dass das einer der Ausschließungsgründe sein kann. Und da hat ja gestern der Kollege von den GRÜNEN gesagt, er un- terstützt den Bürgermeister voll und ganz beim Rechtsbruch: Das ist ganz typisch die Einstellung der GRÜNEN. Ich habe nichts gegen eine Änderung in diesem Bereich. Der Kollege Aigner hat es ja schon angedeutet, man kann das dort durchaus mit einer nachgeordneten Dienststelle führen, ohne politische Einflussnahme. Es ist völlig unnötig, dass ein politischer Faktor im Amt des Stadtschulrates ist, denn der Stadtschulrat ist mehr oder weniger für die Verwaltung der Lehrer zuständig und redet auch mit, wo Schulen gebaut werden sollen. Da gibt es einen engen Kontakt mit der in Wien ansässigen MA 56. Das ist auch wichtig und gut, aber sonst ist es reine Verwaltungstätigkeit. Im Endeffekt dürfte die geschäftsführende Präsidentin des Wiener Stadtschulrates genau zu ihren Lehrern Stellung- nahmen abgeben, zur Schulpolitik nicht, denn das ist Aufgabe der Frau Bundesminister, und die hat das zu vertreten. Schul- und Bildungspolitik ist Bundessache, und die nachgeordnete Dienststelle Landesschulrat hat das zu voll- ziehen. Das macht sie auch gut – da gibt es überhaupt nichts –, streitet auch notgedrungen immer wieder, dass wir zu wenig Lehrer bekommen – ein Problem des Finanzministers oder der Finanzministerin und ein Problem der Unter- richtsministerin. Aber dann schreiben wir hin, dass wir 1 000 Lehrer zu wenig haben und stimmen dem dann trotzdem zu. Das wissen alle. Die ÖVP, die Frau Kollegin Leeb macht dann immer eine wunderschöne Presseaussendung, dass das ein Gemeinderat ist, dass wir 1 000 Lehrer zu wenig haben, aber ihre Vertreter im Stadtschulrat haben dem jedes Mal zugestimmt. Wir kommen dort in vielen Bereichen nicht weiter. Aber die Tätigkeit beschränkt sich ausschließlich auf die Verwaltung der Schulen und der Lehrer. Demzufolge ist das von einer nachgeordneten Dienststelle, wie es sie in fast jedem Ressort gibt, und auf beamteter Ebene durchzu- führen. Demzufolge kann man das auch so machen. Derzeit hängt das Ganze daran, dass die Länder der Meinung sind, sie machen die Lehrer, und der Bund der Meinung ist, er macht das. Und da streiten wir jetzt schon einige Jahre hin und her. Irgendwann werden wir sehen, wer der Stärkere ist, und dann werden wir auch merken, ob das Modell der ÖVP aufgeht oder jenes der FPÖ, nämlich wirklich eine Verwaltungsreform durchzuführen und einmal eine Schlankerwerdung des Ganzen zu schaffen. So kann es gehen. Aber diese Anlassgesetzgebung, indem man sagt, es gefällt mir ein junger Mann nicht, das kann es bei einer politischen Entscheidung, die noch dazu gesetzlich geregelt ist – und Gesetze sind zu vollziehen – nicht sein. Dazu, glaube ich, müssten alle Kollegen hier durchaus ihre Zustim- mung geben. Das kann es nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.) Deshalb glaube ich, dass zuerst das Gesetz zu vollziehen ist, man durchaus eine Diskussion im Nationalrat über die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform im Bereich der Landes- und Stadtschulräte durchführt und dann auch dort zu einer Entscheidung kommt. Aber derzeit sind die noch immer bestehenden Gesetze durchzuführen. – Danke. (Bei- fall bei der FPÖ.) Präsident Prof Harry Kopietz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Der Herr Stadtrat verzichtet auf das Schluss- wort. Wir kommen somit zur Abstimmung. Ich darf jene Mitglieder, die dieser Vereinbarung die Zustimmung geben wol- len, um ein Zeichen mit der Hand ersuchen. – Danke, das ist einstimmig so beschlossen. Wir kommen nun zu den gestellten Beschlussanträgen. Der Antrag der ÖVP, eingebracht von Frau Ing Leeb, besagt, dass die Änderungen, Reformdiskussionen voll durchgeführt werden mögen und zum Beispiel die Abschaffung der Funktion des Vizepräsidenten, auch der Wiener Stadtschulrat, die Zusammenlegung mit der Funktion des amtsführenden Präsidenten des Stadtschulrates, wie zum Beispiel des Bildungsstadtrates, erfolgen solle. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen möchte, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Stimmen der ÖVP und der FPÖ die Minderheit und somit abgelehnt. Wir kommen zum Beschlussantrag der SPÖ und GRÜNEN, eingebracht von Herrn Abg Vettermann, der den An- trag stellt, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber ersucht wird, die Bundesverfassung in der Form zu ändern, dass den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt wird, die Funktion des Vizepräsidenten beziehungsweise der Vizeprä- sidentin des Stadtschulrates nicht zwingend gesetzlich bestellen zu müssen. In formeller Hinsicht wird ebenfalls die sofortige Abstimmung verlangt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit Stimmen der SPÖ und GRÜNEN mehrheitlich – oh Entschuldigung, mea culpa – und auch mit Stimme der ÖVP so angenommen. Wir kommen damit zum dritten Beschlussantrag, bezüglich des Inkrafttretens der novellierten Bundesverfassung, in dem der Landeshauptmann ersucht wird, mit der Amtsführung des Wiener Stadtschulrat den Bildungsstadtrat zu beauftragen, eingebracht vom Klubunabhängigen, Dr Aigner, und der FPÖ. Wer diesem Antrag die Zustimmung er- teilt, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das sind nur die Stimmen der FPÖ und des Klubunabhängigen und ist somit abgelehnt. Präsident Johann Herzog: Postnummer 6 betrifft eine Vereinbarung gemäß Art 15a BV-G über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebotes. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Amtsf StR Oxonitsch, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatter Amtsf StR Christian Oxonitsch: Ich bitte, auch dieser 15a-Vereinbarung zuzustimmen. Präsident Johann Herzog: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Wir kommen daher zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die dieser Vereinbarung die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Ich stelle fest, dass dies einstimmig so beschlossen ist. Postnummer 7 betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem das Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 – Wr KAG, geändert wird. Berichterstatterin hierzu ist Frau Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely. Ich ersuche, die Verhandlung einzuleiten. Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her- ren! Es handelt sich hier um die Umsetzung einer EU- Richtlinie. Ich ersuche um Zustimmung. Präsident Johann Herzog: Auch hier ist keine Debatte vorgesehen. Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir gleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die der Vorlage, einschließlich Titel und Eingang, in erster Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist einstimmig so angenommen. Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist eben- falls einstimmig so beschlossen. Ich bitte daher nunmehr jene Mitglieder des Landtages, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist einstimmig so beschlossen. Ich danke für die Berichterstattung und Einleitung. Wir kommen nun zu dem Verlangen, dass die von den Abgen Dkfm Dr Aichinger und Dr Ulm eingebrachte, an den Herrn Landeshauptmann gerichtete Dringliche Anfrage, betreffend „faires Wahlrecht JETZT“, vom Fragesteller münd- lich begründet werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfindet. Gemäß § 37 Abs 5 der Geschäfts- ordnung hat auf Verlangen vor der mündlichen Begründung die Verlesung der Dringlichen Anfrage zu erfolgen. Ich bitte nun den Schriftführer um die Verlesung dieser Dringlichen Anfrage. Schriftführer Abg Ing Bernhard Rösch: Dringliche Anfrage der ÖVP-Abgeordneten Dr Fritz Aichinger und Dr Wolf- gang Ulm an den Herrn Landeshauptmann, eingebracht in der Sitzung des Wiener Landtags am 26.9.2014 betreffend „faires Wahlrecht JETZT“. „Das Wiener Wahlrecht ist vom Grundsatz der Verhältniswahl gekennzeichnet; das Mandatsberechnungsverfah- ren ist aber im Detail noch immer stark mehrheitsfördernd und verzerrend. Die Ergebnisse der Wiener Gemeinde- ratswahlen aus den Jahren 2001, 2005 und 2010 haben gezeigt, dass es notwendig ist, das Wiener Wahlrecht dahin gehend zu reformieren, dass die Anzahl der gewonnenen Mandate einer Partei der prozentuellen Stimmenverteilung möglichst genau entspricht. Eine Reform des Mandatszuteilungsverfahrens der Wiener Gemeinderatswahlordnung 1996 soll – analog zum 3. Ermittlungsverfahren nach der Nationalratswahlordnung – ein zweites, landesweites Ermittlungsverfahren imple- mentieren, in dem die Gemeinderatsmandatszahlen der einzelnen Parteien im Wiener Gemeinderat nach der Berech- nungsmethode nach d’Hondt ermittelt werden. Von der Gesamtmandatszahl jeder Partei werden die im ersten Ermitt- lungsverfahren errichteten Grundmandate abgezogen. In diesem Zusammenhang wird auch die diesbezügliche notariell beglaubigte Verpflichtungserklärung mehrerer Parteien von Mai 2010 in Erinnerung gerufen, in welcher sich diese unzweideutig verpflichten, die gegenständliche Mandatsberechnungsreform im Sinne eines neuen, fairen Wahlrechtes auch umzusetzen. Die gegenständliche Wahlrechtsreform ist angesichts der bereits im nächsten Jahr stattfindenden Gemeinderats- wahl umgehend umzusetzen. Im Übrigen bekennen sich alle Fraktionen zu einer Wahlrechtsreform, die das Mandatszuteilungsverfahren fairer gestaltet und sich stärker am Grundsatz des Verhältniswahlrechts orientiert. So heißt es im aktuellen Regierungsprogramm: ‚Das Wahlrecht in Wien, die Möglichkeit der Bevölkerung zur Be- teiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen sowie die parlamentarischen Kontrollinstrumentarien sollen weiter verbessert werden. Dazu gehört unter anderem ein modernes Verhältniswahlrecht. Zur Konkretisierung der beschriebenen Vorhaben wird eine Arbeitsgruppe Wahlrechtsreform unter Einbeziehung von ExpertInnen eingerich- tet. Deren Arbeit beginnt mit Konstituierung im Jahr 2010 und endet mit der legistischen Umsetzung bis längstens Ende 2012.‘ Seither wurde die Umsetzung der Wahlrechtsreform immer wieder und immer weiter zeitlich hinausgeschoben. Der Verweis auf ‚Parteiengespräche‘ ist daher in diesem Zusammenhang nicht ergiebig. Die gefertigten Abgeordneten stellen daher gemäß §§ 36 und 37 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien an den Herrn Landeshauptmann folgende Dringliche Anfrage: Erstens: 2015 finden die nächsten Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen statt; die Wienerinnen und Wie- ner wollen dann bereits von einem fairen Wahlrecht Gebrauch machen, das keine einzelne Partei ungebührlich be- vorzugt und das dem Votum der Bevölkerung möglichst genau entspricht. Werden Sie sich persönlich dafür einset- zen, das aktuell gültige, den Grundsatz der Verhältniswahl verzerrende, stark mehrheitsfördernde Wiener Wahlrecht durch ein faires Mandatsberechnungs- und -zuteilungsverfahren in der Wiener Gemeinderatswahlordnung 1996 durch Vorlage einer entsprechende Novelle nach dem Vorbild des landesweiten Proportionalausgleichs der Nationalrats- wahlordnung abändern zu lassen, sodass der tatsächliche Mandatsstand möglichst genau dem prozentuellen Stim- menergebnis der Gemeinderatswahl entspricht? Zweitens: Wann konkret ist mit der Vorlage eines entsprechenden Gesetzesentwurfes zur Beschlussfassung im Wiener Landtag zu rechnen? In formeller Hinsicht wird gemäß § 37 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien die Verlesung der Anfrage und die mündliche Begründung verlangt. - Wien, 26.9.2014.“ Präsident Johann Herzog: Ich danke für die Verlesung. Für die nun folgende Begründung der Dringlichen Anfrage sieht die Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs 1 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Für die Begründung der Dringlichen Anfrage erteile ich nun Herrn Abg Dr Ulm das Wort. – Ich bitte darum. Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Da- men und Herren! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Nicht nur bei der direkten Demokratie setze ich auf Ihre Kreativität, sondern auch bei der repräsentativen Demo- kratie und bei der Reform unseres Wahlrechtes. Wobei ich mir denke, das ist gar nicht so sehr eine Frage der Kreati- vität als des politischen Willens. Denn wie man es machen könnte, kann dem Landeshauptmann keinesfalls zu schwierig sein, gibt es doch beste Beispiele – beispielsweise in der Nationalratswahlordnung. (Lhptm Dr Michael Häupl: So? Habe gedacht, in Niederösterreich?! – Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: In Niederösterreich!) – Oder auch in Niederösterreich. Es gibt viele Beispiele für Wahlordnungen, nur so eine Wohlordnung, wie wir sie in Wien haben, habe ich noch nirgendwo gefunden. Zu welch unverhältnismäßigem Ergebnis unsere wahlrechtlichen Bestimmungen führen, werde ich Ihnen ganz kurz mit vier Ausgangszahlen darstellen: Die SPÖ hat 2010, bei der letzten Gemeinderatswahl 334 757 Stimmen bekommen, die GRÜNEN haben 95 445 bekommen. Das Mandatsergebnis war 49 für SPÖ und 11 für die GRÜNEN. Obwohl die SPÖ nur dreieinhalb Mal so viele Stimmen bekommen hat, hat sie viereinhalb Mal so viele Mandate. (Abg Mag Wolfgang Jung: Und die GRÜNEN wollen das behalten!) Das ist keine Kleinigkeit, das ist schon eine besondere Dimension der Unverhältnismäßigkeit. Wenn ich mir jetzt diese 49 Mandate bei der SPÖ anschaue, kann ich errechnen, dass für diese 49 Mandate pro Mandat 6 832 Stimmen erforderlich sind. Bei den 11 Mandaten der GRÜNEN sind es pro Mandat (Abg David Ellen- sohn: 8 670!) – 8 677. Ja! Ich habe richtig gerechnet, denn Sie dürften sich ja schon lange damit auseinandersetzen und bestätigen mich daher. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich weiß nicht, ob Sie das auch ausgerechnet haben: Sie brau- chen um 27 Prozent mehr für ein Mandat als die SPÖ. (Abg Heinz Hufnagl: So arg wie beim Pröll in Niederöster- reich! – Abg Kurt Wagner: Wie ist das bei der Wirtschaftskammer? Kennen Sie das auch?!) Also das finde ich schon unvergleichlich, mit Niederösterreich unvergleichlich. So eine Unverhältnismäßigkeit kann ich nirgendwo anders fin- den, nicht in Österreich, ich habe es auch nirgendwo in Europa gefunden. Das ist einzigartig. Wien ist anders, auch beim Wahlrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Aber was jetzt wirklich – und ich traue mich fast zu sagen – perfid ist, das ist, dass man versucht, das auch noch irgendwie wissenschaftlich zu begründen und zu sagen, das ist eben nicht d’Hondt, sondern das ist Hagenbach- Bischoff. – Mitnichten, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn würde man nach dem Verfahren Hagenbach- Bischoff auszählen, käme man in etwa zum gleichen Ergebnis wie nach d‘Hondt. Da gibt es praktisch keinen Unter- schied. Was die Wiener Gemeinderatswahlordnung vorsieht, ist, dass man den allerersten Teil vom Verfahren Ha- genbach-Bischoff nimmt, dann in einem zweiten Ermittlungsverfahren mit d‘Hondt kombiniert und auf diese einzigarti- ge Art und Weise wirklich zu einem unglaublichen Missverhältnis kommt. Ich glaube, dass man wirklich ein zweites solches Verhältniswahlrecht suchen muss. So eines noch einmal zu fin- den, wird nicht leicht gelingen. Die SPÖ hat zweifelsohne etwas davon, nicht nur in ihrer Gesamtheit. Es werden die kleineren Bezirke etwas davon haben. Die größeren Bezirksparteiorganisationen haben etwas davon, die bekommen sehr viele Grundmandate, weil sie günstig sind. Die kleinen Bezirksparteiorganisationen haben immerhin auch ein Recht auf einen Gemeinderat, und die Landesebene hat auch noch ein paar Mandate, die vergeben werden können. Unzufrieden müssen natürlich die kleineren Parteien sein, muss die Opposition mit so einer Regelung sein. Des- halb hat man sich ja auch in einer Verpflichtungserklärung am 4. Mai 2010 auf eine Änderung verständigt. Es ist ja so etwas wie ein dreiseitiger Vertrag zwischen drei Fraktionen, der damals abgeschlossen worden ist. Allerdings in der Form von drei Verpflichtungserklärungen auf drei Blättern Papier – man wollte das nicht auf einem Papier zum Aus- druck bringen. Diese Verpflichtungserklärung zur Abänderung der Gesetzeslage haben die GRÜNEN durch ihre Klubobfrau abgegeben, haben der Landesparteiobmann der ÖVP-Wien und die seinerzeitige Landesparteiobfrau der ÖVP-Wien unterschrieben. Jetzt sehen Sie hier auch Freiheitliche und ÖVP ganz einig, es gibt auch einen gemeinsamen Beschluss- und Re- solutionsantrag, den ich gleich einbringen werde. Was ich noch nicht weiß, aber ich habe eine gewisse Befürchtung, ist, ob die GRÜNEN sich dem anschließen werden. Nicht immer passiert das ganz Naheliegende. Wortwörtlich haben wir unseren Beschluss- und Resolutionsantrag an diese Verpflichtungserklärung natürlich angelehnt, und ich weiß auch nicht, was sich da wirklich in der Zwischenzeit geändert haben könnte. Frau Mag Vassilakou hat sich da eindeutig festgelegt. Sie hat in der Verpflichtungserklärung gesagt: „Ich, Mag Va- ssilakou, Klubobfrau der Grünen Wien, halte für die Grünen Wien in Form einer Verpflichtungserklärung fest.“ – Das heißt, sie hat das nicht ad personam abgegeben, dass sie quasi persönlich so von dieser Veränderung überzeugt wäre. Nein, sie hat die GRÜNEN verpflichtet, sie hat diese Verpflichtungserklärung für die GRÜNEN abgegeben. Es gibt die GRÜNEN noch immer, es gibt die Frau Vizebürgermeisterin noch immer. Es gibt daher also überhaupt keinen Grund, wie man von diesem in Wahrheit dreiseitigen Vertrag absehen möch- te. Der ist auch nicht in irgendeiner Weise aufgekündigt worden. Es ist noch niemand von den GRÜNEN zu uns oder zur FPÖ gekommen und hat gesagt: „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ oder „Ich bin in die Irre geführt worden!“ oder „von der Gegenseite veranlasster wesentlicher Irrtum“ oder dergleichen, „Wir fechten das an, wir wollen uns nicht mehr daran gebunden erachten, alles ist anders!“ – Nein, nichts dergleichen konnte ich vernehmen. Das Einzige, was sich natürlich geändert hat: Frau Mag Vassilakou ist mittlerweile Vizebürgermeisterin und die GRÜNEN sind in der Stadtregierung. (Abg David Ellensohn: Das ist eine wesentliche Änderung! – Heiterkeit bei den GRÜNEN.) – Wesent- liche Änderung? (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Änderung der Geschäftsgrundlage nennt man das!) – Nicht dann, wenn man diesen Fall schon im Vertrag berücksichtigt hat. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Man sollte nichts unter- schreiben!) Das wurde nämlich berücksichtigt, bereits am 4. Mai 2010. Das ist ja jetzt das Dilemma der GRÜNEN. In dieser Verpflichtungserklärung von Vassilakou für die GRÜNEN steht nämlich, dass unabhängig von einer et- waigen Stadtregierungsbeteiligung nach der Wahl zum Wiener Gemeinderat 2010 diese Wahlrechtsreform beschlos- sen werden soll. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Das heißt, dieser Ausweg fällt weg, die Ver- pflichtungserklärung ist ganz eindeutig. Sie haben die Gelegenheit, Ihre Vertragstreue unter Beweis zu stellen, indem sie unserem Beschluss- und Reso- lutionsantrag, den ich nun auch im Namen von Herrn Kollegen Aichinger und im Namen von Kollegen Gudenus ein- bringe, zustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Die Anfrage ist ja an den Landeshauptmann gerichtet und nicht an die GRÜNEN (Allgemeine Heiterkeit.), und da habe ich jetzt so meine Bedenken, dass es im Jahr 2014 mit diesem modernen Verhältniswahlrecht noch wirklich etwas wird. Das Archiv, das ich bemüht habe, lässt eine gewisse Skepsis in mir aufkommen – um es vorsichtig zu formulieren –, wobei mich ja das rot-grüne Regierungsübereinkommen durchaus zuversichtlich stimmen sollte. Da steht ja immerhin auf Seite 24, unter Demokratie und Kontrolle, Wahlrechtsreform: Ziel ist ein modernes Wahlrecht, legistische Umsetzung erfolgt bis längstens Ende 2012. Gut, da macht sich natürlich schon die erste Skepsis bemerkbar. Ich habe zwölf Wortmeldungen oder Beteuerun- gen gefunden, dass der Termin 2012 für die Wahlrechtsreform eingehalten wird. Das Regierungsübereinkommen ist von Anfang November 2010: Am 15.11.2010 hat Vassilakou natürlich noch erklärt: Keine Frage, die Reform kommt bis 2012. In der Aktuellen Stunde am 27.1.2011 hat Stürzenbecher erklärt: Selbstverständlich bis 2012. Wir haben das auch noch von Ellensohn am 4.3.11 gehört, von Ellensohn auch am 9.9.11 – und da in einer be- sonders sympathischen Art und Weise, da haben Sie nämlich gesagt, Sie sehen den VP-Vorstoß positiv (Beifall bei der ÖVP.) und die Mandate sollten im Modus der Nationalratswahl vergeben werden. – Das ist natürlich etwas sehr Erfreuliches. Weniger erfreulich war, was Sie dann am 28. Jänner 2012, also relativ knapp danach, gesagt haben: Die Reform muss richtig erfolgen, nicht schnell. – Da konnte man also schon wieder ein bisschen skeptisch werden. Schicker und Ellensohn gemeinsam erklärten am 20.2.2012: Die Reform kommt bis Ende 12. Schicker am 25.5.2012: Die Wahlrechtsänderung kommt noch 2012. Schicker am 8.8.12: Im November oder Dezember 2012 erfolgt die Beschlussfassung im Landtag. Am 16.8. hören wir von Ellensohn: Das Wahlrecht wird bis Ende 2012 vorliegen. Schicker und Ellensohn erklären gemeinsam in der APA am 16.8.2012: Das Wahlrecht wird bis Ende 2012 ausge- arbeitet. Am 5.12.2012 hören wir noch vom Herrn Klubobmann Ellensohn: Heuer das Wahlrecht vorstellen, entspricht auch dem Koalitionsvertrag. – Das war also schon ambitioniert. Am 5.12.2012 hat der Herr Kollege Ellensohn noch immer daran geglaubt, dass der Koalitionsvertrag eingehalten wird. Doch leider, es hat nicht lange gehalten. Noch am gleichen Tag, wenige Stunden danach, auch am 5.12.2012, der Herr Landeshauptmann meldet sich zu Wort: Der Herr Landeshauptmann sagt nichts anderes als: Ich habe nie ge- sagt, dass es heuer noch eine Einigung geben muss. – Das wird auch stimmen. Ich weiß von nichts anderem. Ellensohn sagt dann am 14.12.2012: Im Jahr 2013 gibt es keine Wahl, man kann das Thema ruhig angehen. – Was in der Folge auch passiert ist. (Heiterkeit bei Abg Ellensohn und StR Mag Manfred Juraczka.) Ich bin schon im März 2014. (Anhaltende und sich steigernde allgemeine Heiterkeit.) Es ist ja dann ruhig weiter- gegangen. Es ist ruhig weitergegangen. (Abg Mag Christoph Chorherr: Stromausfall kommt auch noch dazu!) Stür- zenbecher erklärt am 21. März 2014: Das Wahlrecht wird im Juni im Landtag beschlossen. Juni 2014, ja, das hat nicht lange angehalten. Am 25. März 2014 sagt uns der Herr Kollege Stürzenbecher: Das Wahlrecht wird doch nicht im Juni beschlossen. Aber erfreulich Schicker am 6.8.2014: Er ist immerhin zuversichtlich, dass das Wahlrecht noch heuer beschlossen wird. Am 10.9.2014 hören wir von Ellensohn: Das Wahlrecht wird am 27. November 2014 beschlossen. Doch bereits einen Tag danach, am 11.9.2014, sagt Ellensohn: Platzt die Einigung, dann kommt Plan B. (Heiter- keit bei der ÖVP und bei Abg David Ellensohn.) Ich bleibe ratlos zurück, sehr geehrten Damen und Herren, aber ich vertraue auf die Kreativität und auf den politi- schen Willen und auf das überzeugte Demokratieverständnis des Herrn Landeshauptmann. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN. – Lhptm Dr Michael Häupl: Ja, das war nicht schlecht!) Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Abg Ulm für seine Begründung. Zur Beantwortung der Dringli- chen Anfrage hat sich der Herr Landeshauptmann zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter! Wir kennen uns hier schon sehr lange. Ich darf heute völlig neidlos gratulieren: Das war das Witzigste, was ich von Ihnen je gehört habe. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und GRÜNEN.) – Das ist ja bei der Trockenheit eines Juristen nicht so selbstverständlich. Bevor ich auf die zwei bedeutenden Fragen eingehe, erlauben Sie kurz Überlegungen dazu, weil ich es nicht so stehen lassen will, dass man dieses Wahlrecht als unfair bezeichnet. Denn im Gegensatz zu den Auffassungen, die Herr Dr Ulm hier geäußert hat, ist ein Bundesländervergleich sehr wohl zulässig. Und wenn man den auch ernsthaft macht, dann kann man daran erkennen, dass es bei Weitem nicht das mehrheitsförderndste Wahlrecht in der Repub- lik ist. Ja, es ist ein anderes als die Berechnungen zur Mandatsverteilung bei der Nationalratswahl, aber im Länder- vergleich bestehen wir, was die Fairness des Wahlrechts betrifft, selbstverständlich jeden Vergleich. Jetzt will ich es gar nicht mit anderen Dingen oder mit einem anderen Wahlrecht vergleichen. Da demnächst eine Standesvertretungswahl ansteht, wie etwa die Wirtschaftskammerwahl, ließe sich auch dazu eine Menge sagen. Ich meine, es ist ja nichts dagegen zu sagen, dass man mit 50 Prozent der Stimmen über 60 Prozent der Mandate be- kommt. Das geht schon in Ordnung, und man wird wissen, was man tut. Aber ich will nicht stehen lassen, dass man dieses Wiener Wahlrecht einfach pauschal als unfair verurteilt. Abgesehen davon: Weil Sie darauf hingewiesen haben, dass es einen gewissen Diskussionsbedarf zwischen den beiden Regierungsparteien in Wien gibt – etwas, dem ich nicht a priori widerspreche, naturgemäß -: Einen solchen haben Sie in Ihrer eigenen Partei wohl auch. Ich erinnere daran, dass 2003 Andreas Khol vorgeschlagen hat, dass man die Länder ermächtigen sollte, ein mehrheitsförderndes Wahlrecht einzuführen, dass Matthias Tschirf 2006 ein Nachdenken über ein Mehrheitswahlrecht verlangt hat, Bartenstein sich 2007 für die Einführung eines Mehrheitswahl- rechtes ausgesprochen hat, 2007 Busek für ein Mehrheitswahlrecht war, der damalige ÖVP-Parteiobmann und Vize- kanzler Josef Pröll sich für ein Mehrheitswahlrecht ausgesprochen hat, und selbst die Junge ÖVP konnte sich noch 2012 den Umbau eines Wahlrechts zu einem Mehrheitswahlrecht vorstellen. Also in der ÖVP gibt es mit Sicherheit auch noch eine ganze Menge, was das betrifft. Ich verstehe das auch, denn - jetzt ein durchaus ernst gemeinter Zwischensatz dazu -: Man diskutiert auf der gan- zen Welt mehrheitsfördernde Wahlrechte! Warum? Weil die Parteienlandschaft sich in immer höherem Ausmaß zer- splittert und man daher, um Entscheidungsfähigkeit von Parlamenten, aber natürlich auch Entscheidungsfähigkeit von Regierungen herzustellen, in ganz Europa, ja, auf der ganzen Welt ein mehrheitsförderndes Wahlrecht als durchaus nicht einziges Instrument, aber als eines der Instrumente dazu entdeckt hat. Wien ist anders. Und wir werden mit Sicherheit dann in der Situation sein, dass wir das, was Sie beschrieben ha- ben, das faire Wahlrecht, das es heute auf der Bundesebene offensichtlich gibt, haben, nur: Auf der Bundesebene wird man es bis dahin geändert haben in ein mehrheitsförderndes Wahlrecht. Wir können alles machen, das ist gar keine Frage, aber man sollte auch ein bisschen über die Zeit, in der man jetzt ist, hinaus denken und Entwicklungen beobachten, die sich auf der politischen Ebene für die Zukunft abspielen werden. Daher sage ich nur - Sie können es ja benennen, wie Sie meinen -: Ich halte das Wiener Wahlrecht für so fair wie das Wahlrecht in anderen österreichischen Bundesländern und natürlich auch für so fair wie jenes zur Nationalrats- wahl. Und das sollte man so auch einmal zur Kenntnis nehmen. Nun zu Ihren beiden Fragen. Zur Frage 1: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der einfache Gesetzgeber laut Verfassungsgerichtshof bei der Bestimmung der Wahlzahl einen gewissen Spielraum hat. Dieser besteht darin, dass es keine Vorgabe bezüglich der Auswahl und Koppelung der drei anerkannten Verfahren zur Berechnung der Wahlzahl nach Hare, Hagenbach- Bischoff oder d' Hondt gibt. Vergleicht man etwa die Wahlordnungen der Bundesländer zum Landtag beziehungswei- se in Wien zum Gemeinderat, zeigt sich, dass die Länder Wien, Steiermark und Vorarlberg die Ermittlung der Wahl- zahl für das erste Ermittlungsverfahren nach dem System Hagenbach-Bischoff durchführen. Im zweiten Ermittlungs- verfahren wird neben Wien auch von den Ländern Burgenland, Kärnten, Steiermark, Tirol und Vorarlberg nach dem System d' Hondt, ausgehend von den Reststimmen des gesamten Bundeslandes, vorgegangen. Das zeigt, dass die Wahlordnungen der Bundesländer zum Landtag beziehungsweise in Wien zum Gemeinderat diesbezüglich durchaus vergleichbar sind. Eine weitere unvermeidbare Abweichung zwischen Stimmen und Mandatsstand ergibt sich durch Regelungen über ein Grundmandat beziehungsweise Prozentklauseln für Splitterparteien. Denn das Verhältniswahlrecht könnte zu einer Parteienzersplitterung im Vertretungskörper führen, eine Überlegung, die, wie ich schon sagte, in ganz Europa angestellt wird. Aus diesem Grund ist bereits seit dem Bestehen der Bundesverfassung bei der Gestaltung der Wahl- zahl das Erreichen eines Grundmandats oder eines bestimmten Prozentsatzes der abgegebenen gültigen Stimmen von Judikatur und Literatur als zulässig anerkannt. So haben die Länder Kärnten, Tirol, Salzburg und Vorarlberg die gleichen Regelungen wie in Wien für die Teilnahme am zweiten Ermittlungsverfahren, nämlich das Erreichen eines Grundmandats im ersten Ermittlungsverfahren oder von mindestens 5 Prozent der Stimmen des gesamten Bundes- landes. Zur Frage 2: Auch wenn, wie ich mehrmals betonte, Wien sehr wohl über ein faires Wahlrecht verfügt, haben sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsübereinkommen zum Ziel gesetzt, das bestehende Verhältniswahlrecht zu modernisieren. Die Wahlen finden, wie Sie in der ersten Frage selbst festgestellt haben, 2015 statt. Ich gehe daher davon aus - auch wenn wir 2012 aller Voraussicht nach nicht mehr erreichen werden -, dass jedenfalls vor der nächsten Gemein- deratswahl eine neue Wahlordnung beschlossen wird, nach der dann die nächste Gemeinderatswahl auch entspre- chend stattfinden kann. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.) Präsident Johann Herzog: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für die Beantwortung der Frage. Ich eröffne die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Debatte über die Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Herr StR Mag Juraczka zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich bemerke, dass die Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist. StR Mag Manfred Juraczka: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind heute bei dieser Dringlichen Anfrage in der Tat bei einer der „never ending stories“ der letzten Periode in diesem Haus angelangt. Jetzt könnte ich natürlich polemisch sein und sagen, mein Gott, da gibt es ja noch ein paar andere! Wir haben etwa schon lange nicht darüber diskutiert, wo eigentlich diese neue Regelung beim Parkpickerl bleibt, die im März 2013 nach einer Volksbefragung versprochen wurde. Sei‘s drum, das ist ein anderes Thema. Wir könnten auch darüber reden, dass es doch einmal eine Volksbefragung auf der Mariahilfer Straße gegeben hat, bei der Querungen im Plural abgefragt wurden. Querungen im Plural haben wir auch noch immer nicht. Auch das ist ein anderes Thema. Die dritte „never ending story“ ist das Wahlrecht, und ich darf dem Einbringer des Antrags, Herrn Kollegen Ulm, sehr herzlich für seine umfangreiche Einbegleitung danken, weil er sehr vieles schon angesprochen hat. Aber es ist schon interessant, sogar im Regierungsübereinkommen, das, wie ich dann noch preisgeben werde, ja gar nicht der Kern des Themas ist, steht: eine legistische Umsetzung bis spätestens Ende 2012. Dann hieß es: Ende 2013 - und so weiter, und so fort. Kollege Ulm hat das fast unnachahmlich dargelegt. Aktueller Stand - wir sind gespannt -: 27. November 2014. Das geht dann einher mit ein paar Unfreundlichkeiten. Da spricht dann auch die Bundesvorsitzende Glawischnig davon, dass es ganz, ganz ernst ist und dergleichen. Es geht aber ganz schlicht und einfach an des Pudels Kern vorbei. Wenn die derzeitigen beiden Regierungsparteien ein Wahlrecht verhandeln, dann ist das legitim. Ich darf vielleicht auch auf den Bürgermeister noch replizieren, weil er ja Beantworter dieser Dringlichen Anfrage war: Die Frage der Fairness ist, wie man ja auch bei anderen politischen Zankäpfeln dieser Tage sieht, gar nicht so sehr das Thema. Und dass es immer andere Wahlrechte gibt, die man als fair oder weniger fair wahrnehmen kann, zeigt sich ja allerorts. Weil es auch einige Zwischenrufe gab: Das Wahlrecht von Niederösterreich muss ein extrem faires sein, sonst wäre es nicht mit massiver Unterstützung der SPÖ beschlossen worden, nehme ich an. (Lhptm Dr Michael Häupl: Das ist richtig! Das war ein Intelligenz… – Weitere Zwischenrufe.) Es geht aber auch gar nicht darum, Herr Landeshauptmann, ob ein Mehrheitswahlrecht jetzt fairer ist als ein Ver- hältniswahlrecht. Ich entlasse Sie da völlig aus Ihrer Verantwortung. Was Fakt ist und was man auch den Medienver- tretern als Fakt mitgeben muss, ist, dass sich vor mittlerweile fast viereinhalb Jahren drei damalige Oppositionspartei- en, nämlich mit der Unterschrift des FPÖ-Obmanns Strache, mit der Unterschrift unserer damaligen Parteiobfrau Marek und mit der Unterschrift von Frau Mag Vassilakou, auf etwas ganz Grundsätzliches geeinigt haben. Da geht es jetzt nicht darum, dass man noch ein bisschen nachjustieren darf hinsichtlich der Frage: Was ist denn eigentlich fair? Kollege Ulm hat es schon gesagt, es steht ganz präzise in diesem Notariatsakt drinnen: Es geht um ein zweites lan- desweites Ermittlungsverfahren, in dem nach d' Hondt ermittelt wird, und da gibt es überhaupt keinen Interpretations- spielraum. Es geht jetzt auch wirklich nicht darum, wann und in welcher Form man sich zwischen der Sozialdemokratie und den GRÜNEN einig wird. Auch da hat der Notariatsakt ganz anderes verlangt. Ich zitiere diesen Satz ganz bewusst noch einmal: „Nach der Wahl zum Wiener Gemeinderat 2010 soll unabhängig von einer etwaigen Regierungsbeteiligung durch Einbringung und Beschluss eines entsprechenden Initiativantrages die gegenständliche Wahlrechtsreform beschlos- sen werden.“ Wenn Sie das jetzt verhandeln müssen, weil man im Regierungsübereinkommen hier keinen koalitionsfreien Raum ausgemacht hat – okay. Hier steht etwas anderes. Und das sind glasklare Fakten. Aber es wären nicht die GRÜNEN, wenn sie nicht heute oder zumindest in den letzten Wochen und Monaten, seit denen diese Diskussion schon brodelt, ihre eigene Sicht der Dinge eingebracht hätten. Jetzt erklärt man beispielswei- se, man kann ja kein Wahlrecht mit der FPÖ und mit der ÖVP zusammen beschließen, weil es da inhaltlich unüber- windbare Barrieren gibt - und dann kommt natürlich, wie das Amen im Gebet, das Wahlrecht der EU-Bürger auf Lan- desebene. Dazu sei auch ganz einfach klargestellt: Das Wahlrecht der EU-Bürger auf Landesebene können wir, ob wir wollen oder nicht wollen, hier nicht beschließen - das wissen Sie genauso wie jeder andere hier im Raum -, das ist Sache der Bundesebene. Und ich sage auch ganz offen: Die GRÜNEN sind auch in anderen Bundesländern in der Landesregie- rung, und auch dort gibt es auf Landesebene kein Wahlrecht für EU-Bürger. Wir bekennen uns prinzipiell auf kommunaler Ebene dazu, darum gibt es das Wahlrecht auch für die Bezirksver- tretungen, und Sie werden sich, wenn Sie genau nachdenken, sogar entsinnen, dass ich nie ein Problem damit hatte, dass man EU-Bürger bei der berühmten Befragung zur Mariahilfer Straße mitentscheiden hat lassen. Es gab deshalb von uns nie ein Wehklagen. Das Einzige, was ich Ihnen heute wie damals zum Vorwurf mache, ist, dass man andere unmittelbar Beteiligte ausgenommen hat. Aber auch das ist ein anderes Thema. In Deutschland beispielsweise, in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen gibt es auch kein Wahlrecht der EU- Bürger. Was es aber sehr oft gibt und was der Herr Bürgermeister - und jetzt sind wieder Sie, Herr Landeshauptmann, in der Ziehung - uns sogar einmal hoch und heilig, nämlich in seiner Regierungserklärung am 27. April 2001, verspro- chen hat, ist - und auch da darf ich ihn jetzt wortwörtlich zitieren -, „dass all jene, die einen Zweitwohnsitz in Wien haben, in Zukunft nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen werden sollen.“ - Das war im Jahr 2001. Manchmal dauert es ein bisschen, bis eine Idee von Ihnen umgesetzt wird. Wir haben das jetzt, Gott sei Dank, beim Petitionsausschuss erlebt. Denken wir doch auch darüber noch einmal nach, wie mit den Zweitwohnsitzinhabern umzugehen ist! Ich glau- be, das wäre ganz, ganz wesentlich. Aber, um die Thematik zu verkürzen: Es ist nicht Aufgabe der Opposition, sich in koalitionsinterne Gespräche und Arbeitsgruppen einzuklinken. Das werden Sie machen, wie Sie es für richtig halten. Mein Appell geht an Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN. Es geht nicht darum, jetzt „fair“ neu zu definieren; das steht im Notariatsakt. Und es geht auch nicht darum, zu definieren, wie zu agieren ist, denn auch das steht im Notariatsakt, nämlich: Es ist mit der FPÖ und der ÖVP, den anderen beiden Parteien, die diesen Notariatsakt unterzeichnet haben, das Wahlrecht umzusetzen, das wir im Mai 2010 für richtig und für gut für diese Stadt empfunden haben. Nicht mehr und nicht weni- ger! - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. Ich erteile es ihm. Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Habe ich 20 Minuten? Ich sehe es hier nämlich nicht. Es ist immer günstig, wenn ich es sehe, denn ich neige da- zu, manchmal die Zeit auszuschöpfen. Danke, Herr Ulm! Das sage ich selten, aber ich habe - immerhin trotzdem, auch wenn ich Teil des Witzes war - so viel lachen müssen, dass ich froh war, dass ich nicht gleich danach reden musste, weil ich mir zuerst die Tränen trocknen musste. Es ist allerdings nicht nur spaßig, über das Wahlrecht zu reden und darüber, wie fair oder nicht fair es in Wien ist. Ich sage dann auch noch ein paar Sätze zum Mehrheitswahlrecht, das ja immer wieder aufdräut, für gewöhnlich immer von großen Fraktionen - deswegen hat man davon in der ÖVP in letzter Zeit etwas weniger gehört als früher. Aber immer wenn man glaubt, es nützt einem etwas, kommt die Diskussion öfter hoch. Wir reden aber tatsächlich über etwas anderes. Ich möchte aber trotzdem die Gelegenheit nutzen, um einen minimalen Abriss der Geschichte des Wahlrechts zu geben: Wir haben ja nicht immer wählen dürfen. Und was ist in der Entstehungsgeschichte des Wahlrechts überhaupt ein faires Wahlrecht? Überhaupt begonnen hat es mit der Revolution 1848. Lange Zeit war das Wahlrecht ein Kurienwahlrecht - und ir- gendwann hat man beim Kurienwahlrecht den Fünf-Gulden-Mann erfunden; das waren dann die, die eine Steuerleis- tung von fünf Gulden erbrachten. Beim Kurienwahlrecht war das Wahlrecht der einzelnen Menschen unterschiedlich stark, wobei die armen Menschen nicht so viel gezählt haben. Da haben zum Beispiel 1 000 Arme, die gewählt haben, 10 Abgeordnete gewählt, und 1 000 Reiche haben 50 Abgeordnete gewählt. All diese Positionen wurden dann aufge- weicht, aus verschiedenen guten Gründen. Nach dem Fünf-Gulden-Mann ist dann die fünfte Kurie gekommen, wo alle Männer mitstimmen durften, und von den Frauen durften nur jene wählen, die reich waren. Später waren die Frauen ganz draußen. Dann kam 1918 die Wahlordnung mit Frauenwahlrecht - immer auch vorangetrieben von den progres- siven Kräften, die immer wieder für eine Ausweitung des Wahlrechts gekämpft haben. In der weiteren Folge: Abschaf- fung des Wahlrechts, Ständestaat, Faschismus. Nachher geht es wieder los mit dem allgemeinen Wahlrecht für Män- ner und Frauen, wobei das Wahlalter abgesenkt wurde. Das lag irgendwann einmal bei 24 Jahren, dann war es 21 Jahre, dann war es 20, dann hat man es rund um die 68er auf 19 gesenkt - immer wieder waren die progressiven Kräfte dahinter, dass genau das alles passiert -, bis hin zur letzten Änderung, wonach mittlerweile auch 16-Jährige wählen dürfen, und zwar seit dem Jahr 2000, glaube ich, als das Burgenland und Kärnten mit ihrem Wahlrecht zum Landtag diesbezüglich die Ersten waren, und in der Folge haben das immer mehr Bereiche übernommen. Das Wahlrecht wurde also ausgeweitet: Während zu Beginn nur ein paar Reiche wählen durften, sind es heute al- le über 16 mit einem österreichischen Pass – das ist heute die große Einschränkung und wird irgendwann ein großes Problem für eine Demokratie insgesamt. In Wien dürfen 300 000 Leute nicht mitstimmen. Die wohnen da, die arbeiten da und dürfen nicht mitstimmen. Ich weiß natürlich, dass das Teil der Bundesverfassung ist. Würden aber mehr Par- teien glauben, dass es gescheit wäre, dass man das ändert, würde die ÖVP einsteigen in den Diskurs, dass man das zum Beispiel den Bundesländern freistellt, vielleicht würden wir dann diesbezüglich eine Änderung zustande bringen. Aber Sie wehren sich ja dagegen. Deswegen habe ich schon ein Problem damit, dass man ein Wahlrecht, ein demo- kratisches, ein faires Wahlrecht ausschließlich anhand eines einzigen Punktes diskutiert, nämlich anhand des Fak- tors, der in Wien tatsächlich das Wahlrecht verzerrt, und zwar zu Gunsten der stärksten Partei, also aktuell, und si- cher auch in absehbarer Zukunft, der Sozialdemokratie. Es ist vorhin viel vorgerechnet worden, und diese Rechnungen habe ich natürlich alle auch selber angestellt. Wir sind dagesessen und ich habe gesagt, jetzt kommt die nächste Zahl, als ob ich es Ihnen gegeben hätte, oder Sie mir. Aber ich glaube, es können alle selber auch durchrechnen. Der Faktor bedeutet für uns am Schluss: Wenn vier Leute SPÖ wählen, brauchen die GRÜNEN fünf Leute, und dann ist es gleich viel wert. Das ist ein bisschen so, wie eben früher Frauen nicht wählen durften, und die Armen nicht, und so weiter. Es führt schon zu einer Verzerrung, die vom Ergebnis her nicht so leicht zu verstehen ist. Aber so ist es nun einmal. Die große Sozialdemokratie hat sich in ihrer eigenen Tradition immer dafür eingesetzt, dass das Wahlrecht jenen Gruppen, die es vorher nicht hatten, zukommt. Das war immer der Stand der Dinge: Frauenwahlrecht, Alterssenkun- gen, Wahlrecht für EU-BürgerInnen - Letzteres haben wir ja 2002 hier gemeinsam beschlossen. Es hat leider nicht gehalten, aber dass EU-BürgerInnen und Drittstaatsangehörige wählen dürfen, ist Position der Sozialdemokratie, ist Position der GRÜNEN - leider nicht mehr. Dazu brauchen wir eine Verfassungsänderung, und diese werden wir of- fensichtlich in absehbarer Zeit nicht bekommen - vielleicht noch eher für die EU-Angehörigen. Für die Drittstaatsan- gehörigen wird es dann wahrscheinlich noch einmal mehrere Jahre dauern, sofern nicht andere, neue Zweidrittel- mehrheiten aufkommen. Dass das eine schwierige Frage ist zwischen SPÖ und GRÜNEN in der Stadt, das hat uns nicht nur Herr Ulm hier vorgeführt, sondern das wissen wir; das weiß die SPÖ, und das wissen die GRÜNEN. Nur, Koalitionen sind leicht zu führen, wie alle Arten von Übereinkommen, an den sonnigen Tagen, wo alles leicht ist: Wie viele Schulen soll man neu bauen? Na ja, so viele, wie wir halt zusammenbringen. Wie sollen die ausschauen, qualitativ? Na ja, so, wie wir uns das vorstellen. - An den leichten Sachen zerbrechen Koalitionen nicht, an den leichten Sachen zerbrechen keine Partnerschaften. Beweisen tut sich die Qualität dann, wenn es ein bisschen enger wird und wenn man unterschiedli- che Positionen hat. Es ist ja nicht das erste Mal in dieser Koalition, dass SPÖ und GRÜNE nicht schon am ersten Tag punktgenau die gleiche Position haben. Die Zielvorgabe mit 2012, darüber brauchen wir nicht mehr zu reden, das ist jetzt tatsächlich verschüttete Milch. Nächstes Jahr sind die Wahlen, nächstes Jahr wollen wir ein neues Wahlrecht haben - das ist immer noch gemein- same Zielvorgabe. Der 27. November ist der nächste Landtag, der sich anbieten würde. Das wäre wunderbar, wenn wir das schaffen. Das ist immer noch die Aufgabe, die wir uns gemeinsam gestellt haben. Wenn es denn der 27. No- vember ist, wird es nicht mehr so viele Leute interessieren, ob wir irgendwo 2012 gesagt haben, denn so dringend war es 2013 und 2014 ja tatsächlich nicht. (Ruf bei der FPÖ: Überlegen Sie sich, was Sie sagen, Herr Kollege!) Es hätte weniger den Wienerinnen und Wienern geholfen, wenn wir es früher beschlossen hätten, sondern eher der Zusammenarbeit zwischen SPÖ und GRÜNEN. Aber das ist jetzt nicht ganz so tragisch für jeden einzelnen Wähler und jede einzelne Wählerin, und deswegen rufen sie mich auch nicht jeden Tag an, um mich zu fragen, warum wir das noch nicht gemacht haben. Was ist das Ziel von diesem gemeinsamen Wahlrecht? - Jetzt hätten wir gern ein Wahlrecht für EU-BürgerInnen. Das können wir uns nicht selber organisieren. Wir hätten gern mehr Rechte für die Drittstaatsangehörigen. Das kön- nen wir uns nicht selber aussuchen. Wir hätten gerne eine Abschaffung des Proporz, der nichtamtsführenden Stadträ- tInnen. Und da kommt eben wieder genau das auf: Wenn man sie selber hat, die Funktion, dann gibt man sie nicht gern her. - Da besteht ein großer Unterschied zu den GRÜNEN, denn als wir diese Funktion gehabt haben, haben wir gesagt, das gehört abgeschafft. Das ist ein Unterschied, den man quer durch Österreich feststellen kann: Unsere Leute, die GRÜNEN, sind, wenn etwas richtig ist und sie dafür sind, auch dann dieser Meinung, wenn sie selbst da- von betroffen sind. Das ist schade, dass man das nicht abschaffen will, denn das wäre ein Vorstoß, der ein paar andere Dinge auch lösen würde für jede Koalitionsverhandlung in Zukunft; so wie es in Vorarlberg ist: Die verhandeln heute so wie um Ministerien auf Bundesebene - wer macht was?, et cetera -, ohne rechnen zu müssen: 12, 13, 14, 15, wo kommt noch einer dazu und wo nicht? - Diese Proporzrechnungen sind einfach ökonomisch auch nicht wahnsinnig schlau. Aber ich war ja selber auch nichtamtsführender Stadtrat, und natürlich erfüllen alle Politiker und Politikerinnen, die diese Funktion haben, auch eine Aufgabe. Aber ob man diese Aufgabe nicht streichen kann? Wenn man alle Kontrollrechte, die damit einhergehen - und so viele sind es dann auch wieder nicht -, inhaltlich absichern kann, sehe ich kein Prob- lem darin und wüsste nicht, wieso man das nicht machen soll. Ich habe bis jetzt kein Problem damit gehabt. (Zwi- schenruf.) - Das ist schön, wenn man da positive Signale hört. Es geht noch um ein paar andere Dinge: Briefwahl, Frodl-Urteil, Vorzugsstimmen. Da kommen wir schon zusam- men, und es soll auch kein Ablenkungsmanöver sein, über das zu reden, denn das interessiert im Moment tatsächlich niemanden. Diejenigen, die fragen, fragen ausschließlich: Wie machen wir … (Abg Mag Wolfgang Jung: Ihre Wähler fragen Sie schon, wie Sie zum Wortbruch stehen! Das wissen Sie ganz genau!) Nein, die fragen ja nicht so viel zum Frodl-Urteil, die fragen ausschließlich: Was ist mit der Gewichtung los? Und die Rechnung, die Herr Ulm angestellt hat, stellen natürlich bei uns auch Parteimitglieder, Funktionäre, BezirksrätInnen an. Das ist ja nicht ganz die hohe Mathematik. Stimmen durch Mandate, das ist eine Division, das können ja doch zumindest die meisten. Wir kämpfen da um ein besseres Wahlrecht. Im Koalitionsvertrag steht: ein faires, ein modernes Wahlrecht. Das ist das Ziel für heuer. Am 27. November hoffen wir, das vorlegen zu können. (Abg Mag Wolfgang Jung: „Hoffen“!) Nächstes Jahr ist irgendwann Wahlsonntag - am 4. Oktober, dem letztmöglichen Termin, oder eben vorher. Auf jeden Fall wird an einem Sonntag im kommenden Jahr gewählt. Und vorher brauchen wir das Wahlrecht. Das wissen beide, und das ist das Ziel. Falls wir keines haben? - Das gibt es nicht. Wir müssen ja ein Wahlrecht haben, und das aktuelle gilt nicht, weil die Briefwahl noch nicht korrigiert ist und ein paar andere Kleinigkeiten. Also mit dem sollte man ja nicht wählen. Das will aber auch niemand. Außerdem ist das ein super Thema für die Opposition, und deswegen sollten wir versuchen, das gemeinsam zu lösen, damit wir uns nicht alle immer die Geschichten anhören müssen - auch wenn sie sehr lustig sind, wenn wir sie hören. Aber wir brauchen ein neues Wahlrecht, damit wir wenigstens … (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) - Sie werden sie uns trotzdem vorlesen, weil es eine schöne, lange Geschichte ist, aber die Wirkung ist nicht mehr dieselbe, wenn wir eine Lösung gefunden haben. Und beim zweiten Mal ist der Witz auch nicht mehr gleich gut, logischerweise. Wir versuchen gemeinsam, ein Wahlrecht zu finden, das aus unserer Sicht dann schon fairer ist. Da gibt es unter- schiedliche Positionen. Ein Mehrheitswahlrecht habe ich bei uns noch nie jemanden fordern gehört, aber ich lese natürlich die ganze Literatur. Ich sage nicht, dass das, was in Großbritannien als Wahlrecht gilt, per se undemokra- tisch ist, aber meines ist es halt nicht. Meines ist nicht das aus Großbritannien, sondern das aus Holland - auch das ist nicht mehrheitsfähig, ich glaube, nicht einmal bei uns -, wo man sehr schnell mit ganz niedrigen Hürden ins Parla- ment einzieht, so wie auf EU-Ebene jetzt in Deutschland, wo ja der zuständige Verfassungsgerichtshof - er heißt dort anders: das Bundesverfassungsgericht - eine neue Regel eingeführt hat. In Holland sitzen elf Parteien im Parlament. Das ist eine zersplitterte Parteienlandschaft. Ist dort Not und Elend? – Nein. Mit Österreich und Deutschland hat Hol- land quasi die besten Zahlen in Europa für viele Punkte. Die haben immer schon eine sehr zersplitterte Parteienland- schaft gehabt. Das führt dazu, dass die Großen natürlich geringere Prozentanteile haben. Auch die GRÜNEN sind dort nicht auf 12 Prozent oder auf 17, wie in Vorarlberg oder wie wir in unseren eigenen Umfragen (Heiterkeit.), son- dern auch nur … - Na ja, wir planen schon, dass wir nächstes Jahr gewinnen, so ist es nicht! Und es schaut ja nicht so schlecht aus. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ja, ein bissl was werdet ihr von der SPÖ kriegen! – Lhptm Dr Michael Häupl: Eine stille Hoffnung!) Jetzt wollen wir aber natürlich nicht nur mehr Mandate, weil wir nächstes Jahr die Wahlen gewinnen werden, son- dern weil die Stimmen von GRÜNEN eben nicht so viel weniger wert sein sollten als die von anderen. Und vom aktu- ellen Wahlrecht profitiert ja nicht ausschließlich die SPÖ, sondern die FPÖ hat ja auch, als zweite Partei, mehr Man- date, als sie Prozentanteile an den Stimmen hat (Zwischenrufe von den Abgen Mag Johann Gudenus, MAIS und Mag Wolfgang Jung.) - wir nicht. Sie von der FPÖ brauchen es nicht mehr, denn nächstes Jahr haben Sie weniger Prozen- te, und dann geht es sich ohnedies nicht mehr aus mit dem Bonus, wenn es so ist wie in Vorarlberg. So, wir kämpfen dafür - und von der Theorie her ist es für mich ganz einfach -: Jede Stimme ist genau gleich viel wert, auf allen Ebenen. Wozu das Mehrheitswahlrecht in vielen Ländern führt, das kann man überall nachdeklinieren. In Großbritannien etwa gibt es Wahlkreise, wo nicht einmal 20 Prozent wählen gehen, weil es wurscht ist, denn es gewinnt ohnedies immer der gleiche Kandidat, es gewinnt eine Partei. Es ist ein bisschen so, wie wenn man im 7. Bezirk einen Wahlkreis machen würde: Da gewinnen wir. Dann gibt es dort keine Wahlwerbung von den anderen, und das ist nicht sehr demokratisch. In England und in den USA gibt es Wahlkreise, da kommt der Präsidentschaftskandi- dat überhaupt nie hin, weil es wurscht ist, weil dieser Bundesstaat kein Swing-State ist, und dann gibt es nichts zu gewinnen. Das vertreibt die Leute komplett von der Politik. Also, wenn man gerne hohe Wahlbeteiligungen et cetera hätte, bewirkt das genau das Gegenteil. Wenn jeder Mensch das Gefühl hat, meine Stimme ist so viel wert wie die von meinem Nachbarn und meiner Nachbarin, ist es leichter zu argumentieren, warum es etwas nützt. Das gilt auch, wenn jede Stimme etwas verschiebt, so wie in Kärnten letztes Mal, wo man, hätte man eine Stimme weniger gehabt, ein Mandat weniger und vielleicht eine andere Koalition hätte - leider dann dort. Jede Stimme soll ihren Wert haben und soll möglichst gleich viel wert sein. Es geht gar nicht, dass der Wert ganz genau, punktgenau gleich ist, weil man am Schluss über Mandate ausgleicht, aber wir finden die Verzerrung in Wien, so wie sie jetzt besteht, tatsächlich zu freundlich für die Sozialdemokratie, die so eine große Partei ist mit so einer großen Tradition in puncto Wahlrecht und die immer wieder dafür gekämpft hat, dass jede Stimme gleich viel wert ist. Das ist die Geschichte der GRÜNEN ebenso - wir GRÜNEN haben eben eine kürzere Geschichte, aber es ist quasi eine gemeinsame Geschichte, die bei der SPÖ sehr viel früher angefangen hat. Ich hoffe sehr, dass wir im gemeinsamen Geist diese zugegebenermaßen schwierige Aufgabe gemeinsam lösen, denn der erste Ansprechpartner für uns ist immer die SPÖ, der erste Ansprechpartner für die SPÖ sind immer die GRÜNEN – so ist es in einer Koalition, keine Frage. Und Sie wollen 300 000 Leute vom Wahlrecht ausschließen. Tut mir leid, das ist aus meiner Sicht tatsächlich die größte Ungerechtigkeit, darüber kann ich mit Ihnen nicht einmal verhandeln. Wenn Sie wollen, dass 300 000 Leute nicht einmal dabei sind, dann ist die Verzerrung, die hier gewünscht ist, zu Gunsten der stärksten Partei das zweit- größte Problem. Ich gebe aber zu, dass das größte Problem nicht wir alleine lösen können. Lösen wir daher das zweitgrößte Prob- lem so, dass wir gut weiter zusammenarbeiten können! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Gudenus. Ich erteile es. Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, werter Herr Kollege Ellensohn, der erste Ansprechpartner ist für Sie die SPÖ - hier im Saal. Ich hoffe aber schon, dass Ihr erster Ansprechpartner die Menschen sind, die Sie gewählt haben! Das sollte eigentlich so sein. Das wäre zumindest das Selbstverständnis von uns. (Beifall bei der FPÖ. – Abg David Ellensohn: In dieser Reihenfol- ge …) Ja, ich meine, das sollte man schon bedenken, dass Sie eben mit Frau – mittlerweile - Vizebürgermeisterin Vas- silakou im Mai 2010 öffentlichkeitswirksam, medienwirksam eine Vereinbarung unterschrieben haben vor einem Notar, in der auch ganz klar das verbrieft ist, wovon wir heute sprechen. Sie haben in Ihrer Rede von allem gespro- chen, nur nicht von dem, was Thema der heutigen Dringlichen Anfrage der ÖVP ist. Sie haben über alles gesprochen, haben einen historischen Vergleich, einen internationalen Vergleich gebracht. Das ist alles sehr schön und ich bedan- ke mich sehr dafür, aber Sie sind ein Meister der Ablenkung, Sie sind ein Meister der Vernebelung und wollen eigent- lich von der Tatsache ablenken, dass Sie gerade drauf und dran sind - seit mittlerweile fast dreieinhalb Jahren, vier Jahren -, Ihre Wähler zu verraten. Das haben Sie gemacht. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben also viel geredet, aber nichts gesagt zum wesentlichen Punkt - und das ist eben genau das, worüber wir heute sprechen. Da hat es auch überhaupt keinen Sinn, das herunterzudodeln. Manche Reaktionen in den Bän- ken auf die ersten Wortmeldungen, auf die Begründung, aber auch auf die Rede des Herrn Landeshauptmanns, wa- ren ja fast kabarettreif - eine Mischung aus sich genieren und einem Herunterdodeln des ganzen Themas. Dieses Thema ist aber viel zu ernst, um so an die Sache heranzugehen. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben heute wieder einmal die Möglichkeit - und wir haben Ihnen diese Möglichkeit ja schon öfter geboten, wir haben auch schon selbst zwei Initiativanträge bisher dazu eingebracht -, Ihr Gewissen zu reinigen. Wir geben Ihnen gemeinsam mit der ÖVP mit unserem Beschlussantrag diese Möglichkeit. Sie können heute diesem Beschlussantrag zustimmen, um zumindest einmal - als ersten Schritt - zu zeigen, dass Sie bereit sind, Ihre Zusage, Ihre schriftlich vor einem Notar verbriefte Zusage auch umzusetzen. Bitte reinigen Sie heute mit uns gemeinsam Ihr Gewissen! Ich glau- be, das wird Ihnen auch vor der Wiener Wahl sehr, sehr gut tun. (Beifall bei der FPÖ.) Es hat einmal ein Schriftsteller gesagt: „Die große Aufgabe der Demokratie, ihr Ritual und ihr Fest - das ist die Wahl.“ - Ja, und so eine Wahl und das dazugehörige Wahlrecht sollten auch fair und gerecht gestaltet sein. Es sollte das Ergebnis dieser Wahl auch den Willen der Wahlberechtigten, der Bevölkerung widerspiegeln. Das sollte doch das Ziel sein, für das wir in einer Demokratie alle kämpfen müssen. Und wenn der Herr Bürgermeister, oder der Herr Landeshauptmann, davon gesprochen hat, dass er das aktuelle Wahlrecht in Wien gar nicht so unfair findet - gut, aber warum steht dann, bitte, im Regierungsübereinkommen, dass man innerhalb einer gewissen Frist für ein modernes und faires Wahlrecht eintritt und das auch umsetzt und be- schließt? Warum steht es dann drinnen? Da verstehe ich nicht ganz die verschiedenen Ansichten. Ich gehe davon aus, dass der Herr Bürgermeister ja schon auch hinter dem Regierungsübereinkommen steht. Oder liege ich da falsch? Ich weiß es nicht. Da steht jedenfalls ganz klar drinnen, bis Ende 2012 wird ein faires und modernes Wahl- recht beschlossen. Gut, nehmen wir die Frist einmal heraus, lassen wir die Frist weg - sie ist mittlerweile schon fast zwei Jahre abge- laufen -: Ein faires und modernes Wahlrecht beschließen zu wollen, das bedeutet, dass das jetzige Wahlrecht nicht fair ist und auch nicht modern ist. Nein, viel mehr noch, es ist verstaubt und altmodisch und ist einer modernen De- mokratie und einer Stadt Wien im 21. Jahrhundert einfach nicht würdig und dafür nicht richtig, liebe Freunde. (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben, wie gesagt, schon zwei Mal auch einen Initiativantrag mit Mag Kowarik eingebracht, und es ist ja ein demokratiepolitisches Armutszeugnis, dass diese Anträge bisher, wie auch andere Beschlussanträge, jedes Mal ab- gelehnt wurden. Sie wurden abgelehnt. Und ich sage jetzt auch zu den GRÜNEN: Sie haben sich ziemlich schnell um 180 Grad gedreht, so Ende 2010. Bis dahin waren Sie noch die Oppositionspartei, dann kamen Sie in die Regierung. Das ist ja demokratiepolitisch normal, das ist an sich nicht das Schlimme - abgesehen davon, dass sich zwei Verlierer auf eine Regierung geeinigt haben und auf ein Programm der Verlierer geeinigt haben. Gut. Aber dass man so dreist eine Unterschrift, die man geleistet hat, einfach unter den Tisch kehrt, so tut, als hätte es das nie gegeben, obwohl es davon Medienberichte gibt, Fotos gibt und vieles andere auch, dass man jetzt versucht, das herunterzudodeln, einen Wortbruch begeht gegenüber dem Wähler, obwohl das hier ganz klar im Endeffekt verbrieft wurde, nämlich diese Vereinbarung im Re- gierungsübereinkommen, das umzusetzen bis 2012, das ist einfach ein Umfallen im Liegen. Da fragt man sich schon: Ist so eine Partei überhaupt noch ernst zu nehmen, die schriftlich etwas ganz klar ver- brieft vor einem Notar und von der man dann die besten Ausreden zu hören bekommt? So hat etwa in manchen De- batten schon vor ein, zwei Jahren der geschätzte Herr Kollege Ellensohn gesagt: Ja, das hat ja die Frau Vassilakou unterschrieben, das gilt nicht für den Klub! - Solche Späße konnte man dann hören. Das ist ja alles sehr interessant. Wer ist denn Frau Vassilakou? - Gut, sie ist nicht Klubobfrau - damals war sie es schon -, aber doch irgendwie die- jenige, die die höchsten Weihen und Würden in der grünen Partei hat – Vizebürgermeisterin -, und man würde von ihr vor allem erwarten, dass sie auch ihre Unterschrift ernst nimmt und offensiv für so ein Wahlrecht kämpft. Davon hört man aber überhaupt nichts, und das ist tragisch in einer Demokratie. Ich habe heute Frau Kollegin Puller gehört, der ich auch gratuliere zur Angelobung. Wir waren ja schon ein paar Jahre hier gemeinsam, auch vorher im 4. Bezirk. Ich freue mich auch, dass wir hier wieder gemeinsam im Landtag und Gemeinderat sind. Frau Kollegin Puller ist ausgeschieden im Jahr 2010, bevor es zur Regierungsbeteiligung kam, ist sozusagen als Oppositionspolitikerin ausgeschieden und jetzt als Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete einer Regierungspartei wieder angelobt worden. Frau Kollegin Puller, Sie haben gesprochen von der Bodenhaftung, die manche hier verloren haben. Ja, es ist halt vieles anders, wenn man zuerst in der Opposition ist und dann in der Re- gierung. Da verliert man halt schnell die Bodenhaftung. Da pfeift man dann plötzlich schnell einmal darauf, was man medienwirksam vor den Bürgern, für die Bürger, für die eigenen Wähler, aber nicht nur für diese, sondern für viele Wähler in dieser Stadt unterschrieben hat. Und das ist eine Schande, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kämpfen weiter für ein modernes und faires Wahlrecht, und ich bitte um Zustimmung zu unserem gemeinsa- men Beschlussantrag. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Aigner. – Bitte. Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wahlrecht ist natürlich eine ganz essenzielle Angelegenheit in einer repräsentativen Demokratie, und daher mahne ich einmal ein, dass bei der Fairness auch das Procedere des Zustandekommens beachtet wird. Ich finde es eigentlich wenig befriedigend, dass das Wahlrecht nur von zwei Fraktionen sozusagen ausgehandelt wird. Ich glaube, es wäre gut und wichtig, dass alle Parteien, die von dem Wahlrecht betroffen sind, sich an einen Tisch setzen und gemeinsam ein entsprechendes Demokratiepaket schnüren. Ich glaube, das würde auch dazu führen, dass die Ver- suchung nicht so groß wird, bei geänderten Mehrheitsverhältnissen dann auch am Wahlrecht herumzudoktern. Der Gedanke, dass zwei Parteien, die halt gerade ein bisschen mehr als 50 Prozent der Stimmen und der Mandate ha- ben, sich jetzt monatelang zusammensetzen und versuchen, einen Neuentwurf zu machen, der dann kurzfristig durch den Landtag gebracht wird, und das sind die Spielregeln für das gemeinsame Kandidieren bei der nächsten Wahl, ist auch nicht in Ordnung. Ich glaube, wichtig wäre, dass hier alle politischen Parteien entsprechend an einen Tisch geholt werden. Demo- kratie besteht ja nicht nur aus dem Wahlrecht, da kommen viele andere Dinge dazu: das Interpellationsrecht, die Frage der Kontrolle von ausgegliederten Einrichtungen, und so weiter, und so fort. Also ich glaube, die Fairness drückt sich auch irgendwo im Procedere aus. Und ich würde eigentlich, so wie der Herr Landeshauptmann, auch sagen: Ob das Wiener Wahlrecht jetzt unfair ist, das ist auch teilweise Geschmackssache. Ich meine, wenn man sich die unterschiedlichsten Wahlsysteme an- schaut, so gibt es da eben verschiedene Schwerpunktsetzungen. Beim Mehrheitswahlrecht möchte man bei den Einer-Wahlkreisen eine starke Personalisierung, man möchte einen engen Kontakt zwischen Mandataren und Wäh- lern, einen geringeren Einfluss der Parteien, und man setzt eben auf relativ stabile, regierungsfähige Mehrheiten. Zu sagen, dass das unfair ist? Das ist eben ein anderes System. Unfair wird es dann, wenn man die Wahlkreise ändert, wenn man sozusagen dann in das System eingreift und sagt, ich ziehe die Wahlkreise anders, womit halt gewisse Ziele verfolgt werden. (Abg Heinz Hufnagl: Das hat der Herr Orban jetzt gemacht!) Na ja, so etwas ist dann in diesem System unfair. Aber zu sagen, das Mehrheitswahlrecht ist per se unfair? Es hat eben einen anderen Schwerpunkt. Wir haben - ich glaube, aus guten Gründen - das Verhältnissystem. Nur, das Verhältnissystem ist ja auch nicht zur Gänze umgesetzt, weil man auch andere Gesichtspunkte verfolgt. Ich meine, wir könnten ja in Wien hergehen und sagen, wir haben genau 100 Mandate, daher wird durch 100 dividiert, und mit 1 Prozent hat man ein Mandat. Man hat gute Gründe gefunden, eine Mindesthürde zu haben. Aber ist das jetzt unfair? Nein, es ist einfach praktisch, es ver- hindert eine Zersplitterung. Auch das hat schon mehrheitsfördernde Elemente. Und wenn bei einer konkreten Wahl 3 Parteien knapp an der 4-Prozent-Hürde scheitern, dann freuen sich auch die anderen. Da kann man sagen, knapp vorbei ist auch daneben. Aber zu sagen, eine Hürde ist unfair, so weit würde ich nicht gehen. Es ist halt ein Kompro- miss aus unterschiedlichen Gesichtspunkten. Und letztendlich verändert sich ja auch die Parteienlandschaft mehr oder weniger rasch. Wenn man denkt, vor ein paar Jahren hat es auf Bundesebene Parteien gegeben, die bei 50 Prozent gelegen sind, jetzt ist man mit 26 oder 27 Prozent schon sozusagen der Erste. Das heißt, es ist das System auch unabhängig vom Wahlrecht im Fluss. Also so einfach zu pauschalieren und zu sagen, das System ist so unfair? Es haben ja auch andere Parteien die Möglichkeit, von den mehrheitsfördernden Elementen zu profitieren, die es ja auch überall anderswo gibt, wenn man nur an Grundmandate, Restmandate denkt, und so weiter. Es gibt da die unterschiedlichsten Dinge. Wichtig ist, dass man die Missbrauchsmöglichkeiten, die die Nachfrist bei der Briefwahl bietet, mehr oder weniger auch beseitigt, weil das wirklich etwas ist, was sehr problematisch ist. Es kommt ja, historisch gesehen - weil wir heute auch schon über die Geschichte gesprochen haben -, aus jener Zeit, als nur die Auslandsösterreicher briefwahlberechtigt waren, und wenn man da zum Beispiel aus den USA die Wahlkarte abgeschickt hat, dann hat das gedauert. Das ist sicher etwas, was auf jeden Fall geändert gehört. Grundsätzlich sollte man ein größeres Demokratiepaket schnüren. Auch wenn hier im Landtag die Anfragen so wenig werden - nicht weil den Abgeordneten keine Fragen einfallen, sondern weil immer wieder gesagt wird, das geht aus rechtlichen Gründen nicht, und so weiter im ausgelagerten Bereich -, da kann man sich Dinge überlegen. Ich glaube, das wäre eine Aufgabe. Das wird sich wahrscheinlich in dieser Periode nicht mehr ganz ausgehen, aber man kann ja sozusagen auch ein bisschen Arbeit liegen lassen. Dass jetzt noch auf die Schnelle ein neues Wahlrecht, das nur von zwei Parteien ausgehandelt wird, durchgepeitscht wird, davon würde ich auch eher abraten. Jetzt ein paar Worte auch noch zu den GRÜNEN. Es ist natürlich verlockend, jetzt den GRÜNEN immer wieder den Notariatsakt vorzuhalten - das ist ganz klar, dass das geschieht -, aber wenn man sich das politische Geschäft ein bisschen anschaut: Wie soll denn das eigentlich funktionieren? Man geht in eine Koalition und sagt: So, aber am Anfang fangen wir nicht gleich zu arbeiten an, jetzt ändern wir noch schnell die Spielregeln, mittendrin und am Schluss. - Ich meine, so ganz einfach ist das im Procedere nicht. Und wie schnell der Standort auch den Standpunkt bestimmt, hat man ja heute auch bei der ÖVP gesehen. Wenn ich nicht selbst dabei gewesen wäre, wüsste ich es nicht, aber das Amt des Vizepräsidenten des Stadtschulrates war ein sehr begehrtes Amt, und es ist ein G‘riss um die Kollegiumsmitglieder, und so weiter. Jetzt, wo man relativ weit entfernt ist von den Ämtern, da sagt es sich dann ganz leicht: Ja, schaffen wir das Ganze ab! Ich glaube, das, was auf der einen Seite möglich ist, muss man auch den GRÜNEN zugestehen: dass sich halt in der politischen Realität manche Vorsätze nicht so leicht umsetzen lassen. Dass sich die GRÜNEN nicht um ein neues Wahlrecht bemühen, wird man auch schwer sagen können. Also ich glaube, da sollte man die Kirche im Dorf lassen. Wir alle wissen, wie der politische Prozess ist, dass man eben in einer Koalition bei wichtigen Fragen nicht so mir nichts, dir nichts einander überstimmen kann. Was das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige betrifft, so muss ich schon sagen, dass es da um eine grundsätzliche Problematik geht. Es geht um die Frage: Welche Bedeutung hat die Staatsbürgerschaft? Wir leben eigentlich in einer Zeit, wo wir sehen, es haben viele Menschen die Staatsbürgerschaft, weil sie gewisse Formalkriterien erfüllt haben, aber die innere Empathie zum neuen Heimatland ist vielleicht nicht im gleichen Ausmaß gegeben. Jetzt zu sagen, erweitern wir das Wahlrecht auch auf Nichtstaatsbürger - also, ganz ehrlich, davor kann ich nur warnen, weil das die Staatsbürgerschaft insgesamt aushöhlen würde. (Beifall bei der FPÖ.) Und so ähnlich wie man vielleicht der SPÖ unterstellen kann, dass sie an dem jetzigen Wahlrecht festhält, weil sie derzeit noch davon profitiert, muss man den GRÜNEN schon unterstellen, sie wollen dieses Drittstaatsangehörigen- und Ausländerwahlrecht deshalb, weil sie sich dort mehr Stimmen erwarten. Und da sage ich auch ganz ehrlich, das ist auch nicht in Ordnung. Das ist in einem größeren Gesamtkontext sicher kein guter Weg. Da könnte man schon eher darüber diskutieren, warum österreichische Staatsbürger, die einen Zweitwohnsitz ha- ben, nicht wählen dürfen. Da, sage ich ganz ehrlich, sehe ich eine engere Beziehung zur Stadt Wien als bei jeman- dem, der temporär hier ist und nicht Staatsbürger ist. Denn die Kriterien zur Erlangung der Staatsbürgerschaft sind trotz allem nicht allzu streng und sollten, wenn, dann im Zweifel eher verschärft werden, und es sollte nicht die Staatsbürgerschaft weiter aufgeweicht werden. Insgesamt kann ich nur an alle, vor allem an die Regierungsparteien, den Appell richten: Das Wahlrecht ist etwas ganz Kostbares, etwas Wesentliches. Und je mehr Konsens hinter einem Wahlrecht steht, desto mehr ist das Wahl- recht auch wert. In diesem Sinne warte ich gespannt, ob es da auch einen großen Runden Tisch geben wird über mehr repräsentative Demokratie, mehr direkte Demokratie, mehr Fairness im gesamten System. Das kann man aber nicht nur mit dem Verschieben von ein, zwei Mandaten bewirken, da muss schon mehr geschehen. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Schicker. Ich erteile es. Abg Dipl-Ing Rudi Schicker (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Prä- sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, dass wir heute eher darüber diskutieren sollten, was für Missbrauch mit Notariatsakten be- trieben wird. Ich habe in letzter Zeit in verschiedenen Funktionen enorm viele Notariatsakte unterschrieben - da ist es immer um Grundstückstransaktionen gegangen, da ist es darum gegangen, familiäre Angelegenheiten zu regeln. Das hat alles aber nichts damit zu tun gehabt, dass es irgendwann einmal hier in den Landtag kommen soll. Und ich ver- stehe es eigentlich nicht ganz, warum man ein Instrument, das für etwas ganz anderes geschaffen wurde - nämlich für die Absicherung, die Beglaubigung, die notarielle Beglaubigung von Unterschriften im Zusammenhang mit, in der Regel, Kapitalverschiebungen, -veränderungen -, dazu verwendet, darin seine politische Entscheidungsfindung abzu- geben. (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Der Bgm Zilk hat das auch gemacht!) Man sagt: So, jetzt haben wir uns da in den Notariatsakt hineinbegeben, und jetzt dürfen wir auf Ewigkeit nichts anderes mehr tun! - Das zeigt doch, dass das mit Politik null zu tun hat, sondern dass es schlicht ein Denken außerhalb und fern von politischer Entscheidungsfin- dung ist. Wenn man sich jetzt herstellt und nach vier Jahren noch immer sagt, die GRÜNEN haben das damals unter- schrieben, dann muss ich sagen, ja, haben sie. Gut. Sie haben aber auch etwas anderes unterschrieben, nämlich eine Koalitionsvereinbarung mit der SPÖ, und das ist die politisch relevante Vereinbarung. Das ist die politisch rele- vante Vereinbarung für diese Periode: In dieser Regierungsperiode, in diesen fünf Jahren gibt es eine Vereinbarung zwischen den Koalitionspartnern, und das ist das Regierungsübereinkommen - und in diesem hat der Notariatsakt keine Bedeutung! Der kommt darin mit keinem Wort vor, weil er irrelevant ist. (Ironische Heiterkeit bei Abg Mag Wolf- gang Jung.) Es ist für uns relevant, dass die Vereinbarung, die die Koalitionsparteien getroffen haben, in die Realität umgesetzt wird. Da haben wir alles darangesetzt, dass wir bis 2012, bis Jahresende 2012 zu einem Ergebnis kommen. Es ist sich nicht ganz ausgegangen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Nicht ganz!) Und was ist passiert, weil es sich nicht ausge- gangen ist? - Nichts ist passiert, weil es auch keine Wahl in Wien gab. Der entscheidende Punkt ist, dass vor der nächsten Wahl dieses neue Wahlrecht zur Verfügung steht. Kollege Aigner hat ganz deutlich darauf hingewiesen, worum es eigentlich im Wesentlichen geht: Dass man Dinge ausmerzt, die im Wahlrecht stehen, die man eigentlich heutzutage so nicht mehr regeln würde, nämlich zum Beispiel die Frage der Briefwahl, oder dass man in einem modernen Verhältniswahlrecht das nachvollzieht, was notwendig ist in Bezug auf europäische Urteile, in Bezug auf Entscheidungen, die der österreichische Verfassungsgerichtshof ge- troffen hat. Das sind die ganz wesentlichen Dinge, die zur Entscheidung gebracht werden müssen - und es geht nicht darum und es kann nicht daran gemessen werden, ob jetzt ein Notariatsakt von anno dazumal genau das ist, was beschlossen wird. Das hat überhaupt keine Relevanz, weder für diesen Landtag noch für die Koalition. Es mag relevant sein für die Personen, die unterschrieben haben, aber: Die von Seiten der ÖVP Unterschreibende ist Geschichte in der Politik. Der Herr, der für die FPÖ unterschrieben hat, traut sich ja nicht in diesen Landtag. Er kandidiert zwar dafür, kommt aber nie her, lässt sich nicht einmal angeloben. Also, was soll's? Der Herr Strache hat das unterschrieben, aber, mein Gott, in dieses Haus traut er sich ja nicht, und er kommt hier auch nicht vor. Damit haben wir die Situation, dass die Parteien, die unter Hinweis auf diesen Notariatsakt auf die GRÜNEN losgehen, ei- gentlich ihre Unterschriftspartner zurückgezogen haben. Die gibt es gar nicht mehr! Also was soll das eigentlich? Nehmt doch eure eigenen Unterschriftsleister bei der Nase und führt sie einmal her! Bringt sie einmal her! Herr Strache war ein einziges Mal hier oben auf der Galerie – er hat aber kandidiert, um hier in diesem Haus sein Mandat anzunehmen. Das hat er nicht getan! Er traut sich also nicht her (StR DDr Eduard Schock: Der kommt schon wieder, nämlich als Bürgermeister, Herr Klubobmann!), weil er weiß, dass er hier in diesem Haus eigentlich nichts zu melden hat. (StR DDr Eduard Schock: Der kommt schon wieder! Lassen Sie sich überraschen!) Ein Mann wie Strache hat in diesem Haus nichts zu vermelden. Wenn wir zum Wahlrecht und zum Thema mehr Demokratie kommen, ja, dann teile ich Ihre Ansicht, Kollege Aig- ner, dass wir mehr Demokratie immer haben können - Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie, wie Kreisky das formuliert hat. Da gibt es viele Bereiche, wo das überhaupt nicht stattfindet - wenn ich nur an die diversen Mög- lichkeiten der Mitbestimmung in den Betrieben denke, wenn ich nur daran denke, welches Gesetz geschaffen wurde für die Universitäten, durch das die Mitbestimmung der Studenten weit, weit zurückgefahren wurde. Das UG wurde geschaffen zu einer Zeit, als Schwarz-Blau regiert hat. Vorher hatte es eine Drittelparität gegeben, dann hatten die Studenten kaum mehr etwas mitzureden. - Das sind Bereiche, in die mehr Demokratie gebracht werden muss. Und betreffend die Wirtschaftskammer hat der Herr Bürgermeister schon den Hinweis gemacht. Ich erspare allen weitere Ausführungen dazu, was für eine Wahlordnung denn das ist, wenn man dort hergeht und sozusagen die Ver- schiebungen so erledigt, dass die EPUs de facto keine Chance haben, bei der nächsten Wahl eine gescheite Vertre- tung zu finden. Das ist nicht das Gremium, dieses Thema weiter auszuführen, das soll man sich in der Wirtschafts- kammer ausmachen, aber es ist nur interessant, dass man auf der einen Seite nach einem absolut proportionalen Wahlrecht ruft und auf der anderen Seite selber ein derartig weit von einer Proportionalität entferntes Wahlrecht in einer Interessenvertretung installiert. Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist auch aus meiner Sicht im Wiener Wahlrecht manches drinnen, was unge- recht ist: Wie ist es mit einem Donaustädter, mit einem Favoritner, der nur von 60 Bezirksräten vertreten wird, während die Menschen im 7. Bezirk, im 8. Bezirk von 40 vertreten werden, obwohl diese Bezirke gerade einmal ein Zehntel von Favoriten oder von der Donaustadt an Einwohnern haben? Ist denn das gerecht? Ist das eine Vertretung eins zu eins, überall? - Das stimmt nicht. Das ist es nicht. Aber trotzdem würde niemand sagen, dass die Wahl der Frau Bezirks- vorsteherin im 8. Bezirk undemokratisch ist. Es würde niemand sagen, dass die Wahl des Herrn Blimlinger im 7. Be- zirk undemokratisch ist oder jene der Frau Moospointner oder des Kollegen Nevrivy in den beiden großen Bezirken. Aber trotzdem haben diese beiden Bezirksvorsteher der SPÖ und die Bezirksräte in diesen beiden großen Bezir- ken wesentlich mehr Menschen zu vertreten als zum Beispiel ein Bezirksrat im 8. oder im 7. Bezirk. Wenn wir über Ungerechtigkeiten reden, dann müssten wir uns diese Dinge anschauen. Denn die Spanne von Wahlberechtigten, die notwendig sind für ein Bezirksvertretungsmandat, ist bei diesen Unterschieden viel größer als die Spanne, die bei der Wahlzahl in den Wahlkreisen für die Gemeinderatswahlen herauskommt. (Beifall bei der SPÖ.) Das sind die Probleme, die wir tatsächlich haben in der Vertretung. Genauso, und da unterscheide ich mich vom Kollegen Aigner, ist es wohl schwierig einzusehen, dass wir Kanal, Straße, Wasser, Wohnungen, Schulen, Kindergär- ten zur Verfügung stellen, errichten für alle BewohnerInnen dieser Stadt Wien - und dann gibt es Bezirke, wo mehr als ein Drittel der Bevölkerung ihre politische Vertretung nicht mitwählen darf. Da stimmt auch etwas nicht, und da kommt man ein bisschen näher dem, wo man Menschen ausschließt von der demokratischen Mitbestimmung, wie das vor vielen, vielen Jahrzehnten für eine viel größere Gruppe, der Arbeiterschaft, damals der Fall war, für deren Zugang zum Wahlrecht wir als Sozialdemokratie uns massiv eingesetzt haben. Also es gibt sehr wohl ganz, ganz große Ungereimtheiten, die sich teilweise aus der Bundesverfassung ergeben und die sich teilweise aus der Tradition ergeben. Und wenn wir darüber reden, wo die Ungerechtigkeiten sind, dann sind sie nicht dort zu finden, wo es darum geht, ob ein Grundmandat mit 5 800 oder mit 6 900 Stimmen vergeben wird. Wenn man vergleicht, wie viele Stimmen man im 1. Bezirk für ein Bezirksvertretungsmandat braucht und wie viele man im 22. Bezirk oder im 10. Bezirk dafür braucht, dann kommt man darauf, dass der Unterschied über 2 000 Wahlberechtigte betrifft. Das sind die tatsächlichen Unterschiede, die wir haben. Und das wird von der ÖVP über- haupt nicht aufgegriffen, obwohl die ÖVP immer sehr stark für Dezentralisierung eingetreten ist. Also ich denke, da gibt es vieles, was wir aufgreifen sollten. (Beifall bei der SPÖ.) Und dass man in einer Koalitionsregierung, wo die kleinste politische Partei und die größte politische Partei in die- sem Haus zusammenarbeiten, eine Zeit lang braucht, um ein Wahlrecht so weit zu bringen, dass man innerhalb der Koalition sagt, okay, jetzt treten wir an die Oppositionsparteien heran und besprechen das mit ihnen durch, dafür werden Sie ja, so hoffe ich, Verständnis haben. Denn auch in Ihren Parteien gibt es ganz unterschiedliche Interessen- lagen, und auch bei Ihren Parteien gibt es ganz unterschiedliche Zielsetzungen. Daher wird es so sein, dass wir, so- bald wir beide Parteien eine Haltung gefunden haben - und den Termin kennen Sie ja schon -, selbstverständlich auch mit der Opposition zusammentreten und das mit der Opposition besprechen. Das ist doch klar! Und wer immer das der SPÖ und den GRÜNEN abspricht, der spricht ganz sicher von etwas, was in diesem Haus nicht vorkommt. Lassen Sie mich noch ein Letztes sagen, weil man von der FPÖ und namentlich von Herrn Gudenus immer wieder hört, dass so viel Ungerechtigkeit und so viel Undemokratisches in dieser Stadt sind: Herr Kollege Gudenus, ich kann das nicht ernst nehmen. Denn wenn jemand als Wahlbeobachter in Russland ist und das Wahlrecht in Russland als demokratisch und in Ordnung abfeiert, bei den Abstimmungsbeobachtungen auf der Krim dabei ist und das für demo- kratisch und in Ordnung befindet, dann, muss ich sagen, kann ich nicht ernst nehmen, was Sie zur Wiener Demokra- tie sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf von Abg Mag Johann Gudenus, MAIS.) Präsident Johann Herzog: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg Blind zu Wort gemeldet. Ich ertei- le das Wort und stelle fest, dass die Redezeit drei Minuten nicht überschreiten darf. Abg Armin Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Ich danke für das Wort. Herr Kollege Schicker, nur ganz kurz: Wenn Sie sich hier über die Methode des Wiener Wahlrechtes äußern be- ziehungsweise dann Überlegungen anstellen, ob die Verteilung von Bezirksräten in bestimmten Bezirken demokra- tisch ist oder nicht, dann fehlt es bei Ihnen teilweise wirklich an den Grundkenntnissen der Rechtsordnung! Deswegen folgende tatsächliche Berichtigung, damit Sie einmal auch das gelernt haben: Es handelt sich natürlich nicht um einen Notariatsakt, der hier abgefasst wurde. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Ich hab ja den nicht! Ihr sprecht immer vom Notariatsakt!) Ein Notariatsakt wäre schön. Wenn das gegangen wäre, dann hätte dieser nach der Notariatsordnung errichtet werden müssen, und er hätte einen ganz großen Vorteil, Herr Kolle- ge - im Gegensatz zu dem, was nämlich geschehen ist, mit einer notariellen Beglaubigung -: Notariatsakte können nämlich so ausgestaltet werden, dass sie einen Exekutionstitel bilden, sodass sie gerichtlich durchgesetzt werden können, Herr Kollege. Das haben wir leider nicht. Deswegen müssen wir mit Ihnen ja auch weiter diskutieren und den Kollegen Ellensohn an seine Verpflichtung erinnern und können eben leider nicht … (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Jetzt wissen wir, was Sie von Demokratie halten!) Nein, Herr Kollege, ich sage es Ihnen nur, dass Sie hier die Grundsätze der Rechtsordnung nicht kennen. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Notariatsakte wären für Sie Demokratie! Danke für die Klarstellung!) - Ich möchte hier auch gar nicht debattieren, weil ich ja keinen Debattenbeitrag abliefere, sondern eine tatsächliche Berichtigung anbringe. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Danke für die Klarstellung! Ich weiß jetzt, was Sie unter Demokratie verstehen: einen Notariatsakt, den man exekutieren kann!) Ich habe es klargestellt. Und wenn Sie der Meinung sind - wir sind es nicht -, dass so etwas eingeklagt werden kann, können Sie einen Notariatsakt errichten. Wir wollen keine Notariatsakte errichten. Wir hätten auf die Ehrlichkeit der GRÜNEN und auf ihre Vertragstreue gehofft, und ich sage nur, Herr Kollege Ellensohn, damit auch Sie etwas lernen: Pacta sunt servanda. - Das gilt auch hier. (Beifall bei der FPÖ.) Präsident Johann Herzog: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte über die Beantwortung der Dringli- chen Anfrage ist somit beendet. Wir kommen noch zur Abstimmung über den vorliegenden Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgen Dr Fritz Aichinger, Dr Wolfgang Ulm und Mag Johann Gudenus betreffend „faires Wahlrecht JETZT - Umsetzung der Wiener Wahlrechtsreform im Sinne der überfraktionellen Verpflichtungserklärung“. Ich bitte daher jene Abgeordnete im Land- tag, die diesem Antrag zustimmen, ein Zeichen mit der Hand zu geben. – Gegenstimmen? (Ruf bei der SPÖ: Was heißt Gegenstimmen? – Allgemeine Heiterkeit.) Sind gegeben. – Somit hat der Antrag nicht die nötige Mehrheit ge- funden und ist daher abgelehnt. Es hat keine Gegenstimme gegeben, wenn man so will. Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Tag, Stunde und Tagesordnung der nächsten Sitzung werden auf schriftlichem Wege bekannt gegeben, Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche ein schönes Wochenen- de. (Schluss um 15.01 Uhr.)