Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 64
Also: Wenn Sozialisten und GRÜNE einen Antrag stellen, der mit dem ursprünglichen Antrag rein gar nichts zu tun hat - Lex Kopietz: Es geht, es ist vollbracht. Wenn wir einen Antrag stellen, ist es natürlich nicht möglich. - Gelebte Demokratie in Wien! Neuwahlen, bitte, so rasch wie möglich! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster hat sich zur Geschäftsordnung Herr Abg Aichinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren!
Ich möchte Sie auffordern, Herr Präsident, uns Ihre Unterlagen, Ihre Gutachten zur Verfügung zu stellen und sie nicht nur einer Fraktion zur Verfügung zu stellen - weil Kollege Schicker bereits aus diesem Gutachten zitiert hat und er anscheinend einen anderen Wissensstand hat als wir.
Ich sage Ihnen, auch wir haben natürlich - weil wir sozusagen wussten, dass eine solche Situation eintreten wird und dass es hier zu Debatten kommen wird, weil Sie die gewissen Anträge nicht zulassen wollen - ein Gutachten machen lassen, und zwar von Prof Mayer von der Universität Wien, das wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung stellen - im Gegenzug zu den Gutachten, die Sie uns zur Verfügung stellen.
Ich darf Ihnen aber zwei wesentliche Passagen aus diesem Gutachten vorlesen, meine Damen und Herren. Da steht unter anderem: „Die Befugnisse des Präsidenten des Wiener Landtages“, und dazu führt Herr Prof Mayer Folgendes aus: „Der Präsident hat zu prüfen, ob ein gestellter Antrag ausreichend unterstützt ist und ob die Schriftform gewahrt ist. Ist dies der Fall, hat der Präsident den betreffenden Antrag in die Verhandlung einzubeziehen. Das Prüfungsrecht des Präsidenten ist somit auf formelle Voraussetzungen beschränkt. Ein weiter gehendes Prüfungsrecht besteht nicht.“
In einer zweiten Passage, meine Damen und Herren, steht noch Folgendes: „Wird eine Spezialdebatte von den Landtagsabgeordneten verlangt, dann sind die Zusatzanträge mitzudiskutieren und das Begehren ist zuzulassen.“
Ich glaube, meine Damen und Herren, hier ist eindeutig, dass es eine Möglichkeit gibt beziehungsweise dass es üblich ist, dass hier weiter gehend verhandelt werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, Herr Präsident, dann bitten wir Sie, Ihre Gutachten zu veröffentlichen und zu überreichen. - Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Sehr gerne. Ihre Gutachten werden mich mit Sicherheit auch interessieren - keine Frage. Ich habe vier Gutachten vorliegen, und alle vier Gutachten bestätigen meine Rechtsmeinung. (Rufe bei ÖVP und FPÖ: Kann man sie sehen? Darf man sie sehen?)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr DDr Schock. – Bitte.
StR DDr Eduard Schock: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Da wird von uns heute ein Zusatzantrag eingebracht, wobei die Verfassung hier völlig klar ist, indem sie nämlich sagt, dass solche Anträge zu jedem einzelnen Teil gestellt werden können. Und das ist ja auch klargestellt worden. Das schreibt sowohl die Wiener Stadtverfassung als auch die Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses ganz eindeutig vor. Herr Professor, das besagt der § 126 Abs 1 der Wiener Stadtverfassung und auch § 30d der Geschäftsordnung. Und wenn Sie diesen Antrag jetzt nicht zulassen, dann ist und bleibt das reine Willkür, Herr Prof Kopietz! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Aber, meine Damen und Herren, jetzt kurz zu den Gutachten. Herr Klubobmann Schicker und auch Herr Professor! Sie haben angeblich vier Gutachten. Ja, wo haben Sie die? Haben Sie die versteckt, unter der Bank vielleicht? Herr Klubobmann, warum legen Sie uns diese Gutachten nicht vor? Warum trauen Sie sich nicht, diese Gutachten vorzulegen? Ich fordere Sie auf, kommen Sie heraus und sagen Sie uns: Welche sind Ihre Gutachter? - Spielen Sie mit offenen Karten! Das hat sich dieser Landtag verdient, Herr Klubobmann! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Gutachten, die uns vorliegen, von den Ordinarien der Universität Wien bei der ÖVP und auch bei uns vom Ordinarius an der Universität Linz, die sagen ganz eindeutig, Herr Klubobmann (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Nein!), dass diese Paragraphen der Geschäftsordnung einen Zweck der Arbeitseffizienz haben, dass man zu jedem Paragraphen hier einzeln diskutieren soll und Anträge einbringen kann. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker, ein Schriftstück in die Höhe haltend: Dieses meinen Sie? Aus dem hab ich zitiert!) Und die Geschichte des Parlamentarismus - und das zeigen all diese Gutachten übereinstimmend - zeigt ja, dass das nur die Arbeitseffizienz betrifft, Herr Klubobmann, dass diese Bestimmungen aber keinesfalls jemals von irgendjemandem, vom Gesetzgeber dieses Hauses, dazu gedacht waren, das Antragsrecht einzuschränken.
Ich meine daher, wenn Sie diesen Antrag heute wirklich nicht zulassen, trotz dieser Gutachten der Ordinarien in Wien und in Linz, Herr Prof Kopietz, dann ist und bleibt das reine Willkür, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Das zeigt ja, meine Damen und Herren, auch die Geschichte, wie die Geschäftsordnung gehandhabt worden ist. Dazu gibt es ja viele Beispiele - die sind ja schon genannt worden -, wo selbstverständlich alle Zusatzanträge zugelassen worden sind, auch wenn sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang gestellt worden sind. (Abg Dipl-Ing Rudi Schicker: Na, sagen Sie es!)
Ja, Herr Klubobmann Schicker, ich sage es Ihnen gerade: Bei der Wiener Verfahrensnovelle 2001, da ging es überhaupt, von der Vorlage her, ausschließlich um Baubewilligungsverfahren - und dann hat es einen Zusatzantrag gegeben, der sich mit der Fertigstellungsanzeige, Herr StR Ludwig, auseinandergesetzt hat - nur mit der Fertigstellungsanzeige! - und überhaupt nichts über die Baubewilligungsverfahren und deren Vereinfachung ausgesagt hat. Und selbstverständlich ist dieser Antrag damals zugelassen worden, meine Damen und Herren. Das zeigt ja schon die problematische Vorgehensweise, die heute hier gewählt wird.
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