Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 251
sind deutlich geringfügiger als das, was Sie jetzt in Wien vorhaben. In Tirol auch. In beiden Bundesländern dürfen die Quartiere nur einem höchstens auf fünf Jahre befristeten Bedarf dienen. Außerdem wurden in diesen beiden Bundesländern, Tirol und Niederösterreich, nicht die gesamte Bauordnung und danach die Nachbarrechte, sondern nur die bautechnischen Vorschriften und die langwierigen Verfahren außer Kraft gesetzt. Uns geht hier diese sozusagen Aushebelung der Anrainerrechte definitiv zu weit.
Was wir hier noch einmal festhalten wollen, ist, dass Anrainer nicht nur durch die Bauordnung geschützt sind, sondern vor allem auch durch das Privatrecht und durch die Verfassung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zählt subjektiv-öffentliche Nachbarrechte sogar zu den Menschenrechten. In dieser Abwägung sind die Eingriffe hier zu groß. Das ist eine juristische Argumentation.
Ich gebe Ihnen aber schon auch eine politische. Ich habe das Gefühl, und auch das habe ich an dieser Stelle schon einmal gesagt, dass man hier sehr zögerlich ist, tatsächlich den offenen, transparenten, aufrichtigen und ehrlichen Diskurs mit der Bevölkerung zu führen. Ich weiß, dass das nicht leicht ist. Ich war auch bei den Protesten rund um die Ziedlergasse. Ich weiß, was vor allem die Herren und Damen der FPÖ-Fraktion, die hier zündeln, eigentlich für Schaden in dem gesamten Zusammenhalt der Gemeinschaft anrichten. Aber darauf zu reagieren, dass man eigentlich sagt, dann führen wir diesen Dialog gar nicht mehr und hebeln lieber die Rechte aus, bevor wir uns da irgendetwas antun - so kommt es dann rüber -, halte ich einfach für den falschen Weg. Ich verstehe, dass man sich das manchmal nicht antun will. Aber in dieser Situation ist es nicht mehr möglich, sich hier irgendwie schnell durchzulavieren, sondern Sie müssen, und das muss allen voran einmal der Bürgermeister machen, sich hinstellen und sagen, was jetzt Sache ist. Wie viele sind da? Wie viele erwarten Sie? Mit welchen Szenarien rechnen Sie? Was wird das Ganze kosten? Werden wir ein Sonderbudget brauchen? Ja oder nein? Es kann doch nicht so sein, dass wir derzeit aus verschiedensten Töpfen die Mittel anzapfen.
In dieser Frage hätten Sie in uns auch Unterstützer, weil selbstverständlich sagen wir, anders als die Herren und Damen von FPÖ und offensichtlich jetzt auch der ÖVP, dass wir das als Weltstadt schaffen müssen. Keine Frage. Aber das bedarf eines offenen, transparenten, aufrechten und ehrlichen Ganges. Wer, wenn nicht der Landeshauptmann und Bürgermeister, könnte sich in seiner sonst durchaus, wie soll man sagen, bodenständigen und bürgernahen Art hinstellen und vermitteln, dass man halt jetzt solche Schritte setzen muss und wie die Szenarien weiter gedacht sind. Ich habe das einmal salopp gesagt. In Wahrheit müssten Sie sich jede Woche in die Stadthalle stellen, Bürgerinnen und Bürger zum Dialog einladen und sagen, so ist das jetzt, wir haben im Moment diese Informationen, wir versuchen das so und so anzupacken, in einer Woche wissen wir mehr und dann gehen wir andere Schritte. Ich vermisse das. Ich vermisse das von Seiten der Regierung. Ich glaube, dass dieses Informationsvakuum, das andauernd von der FPÖ gefüllt wird, in dieser Gemeinschaft und diesem Zusammenhalt in der Bevölkerung mehr Schaden zufügt, als wenn Sie über Ihren Schatten springen und eine offene und transparente Kommunikation bei dem Thema sachorientiert und unaufgeregt machen würden.
Wir haben in vier Bereichen Verbesserungsvorschläge zur Bauordnung eingebracht - ich komme jetzt wieder zum eigentlichen Vorschlag zurück -, die wir in die Diskussion eingebracht haben.
Das eine sind, und das habe ich schon gesagt, gemischt genutzte Unterkünfte.
Da wird es jetzt Verbesserungen geben. Ich möchte hier noch einmal sagen: Ich glaube, das ist ein Schlüssel, wenn man Integration als höchstes politisches Ziel im Auge hat, alles daran zu setzen, dass das keine Ghettos oder sonst was werden.
Das Zweite ist, und ich möchte, dass das zumindest hier in der Wortmeldung klargestellt wird, wenn es schon nicht im Text klargestellt ist, dass wir diese temporäre Nutzung von Bauwerken nach § 71c auch für private Initiativen öffnen wollen.
Ein weiterer Bereich ist die Konzentration auf die Nutzung von nicht oder nicht adäquat genutztem Bauland und Schutz von Grünland dabei. Herr Chorherr, Sie haben völlig recht, diese Schwachsinnigkeiten, die da gekommen sind, dass man jetzt Hochhäuser in den Stadtpark stellt, die teilen wir natürlich nicht. Aber die Bedenken, dass, wenn man jetzt über 15 Jahre durchaus solide Bauwerke, vielleicht auch in den Bereich von Grünland, hinstellt, man das dann nicht mehr rückgängig machen kann, weil es dann ja schon einmal für Wohnraum genutzt worden ist, die haben wir. Da erwarte ich mir von Ihnen, gerade von den GRÜNEN, auch dahin gehend eine klare Aussage, dass wir jetzt auch nicht im großen Stil Grünland vernichten.
Und der letzte Punkt, den habe ich schon gesagt, ist die Wahrung der Rechte von Nachbarn bei der Nutzung über den akuten Notstand hinaus. Hier haben wir einfach verfassungsrechtliche Bedenken, die dazu führen, dass wir einfach nicht unsere Zustimmung geben können.
Ich resümiere: Natürlich brauchen wir jetzt unbürokratisch die Möglichkeit für temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Meiner Meinung nach gehen Sie hier ein Stück weit zu weit. Wir haben uns hier, und das Angebot gilt immer, anders als die, wie ich sie bezeichnet habe, Berufskläffer von Blau und Schwarz, wirklich um Dialog und um konstruktive Lösungen bemüht. Letztlich aber sind für uns die Eingriffe zu stark.
Ich möchte noch eine … (Zwischenruf von Abg. Mag. Dietbert Kowarik.) Ja, schauen Sie, ich meine, bei mir kommt es so an. Ich habe in dieser Frage, in der Flüchtlingsfrage, ehrlich gesagt, keine konstruktives Wort von Ihnen gehört. Ich bin eine große Verfechterin vom Verfassungsrecht, vom Menschenrecht und verstehe auch Sprüche, wie Sie sie eben in der Aussendung gemacht haben: „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“ Nur, Sie sind beliebig in der Frage! Bei der Frage der Obergrenzen, die auch, Gott sei Dank, jetzt schwarz auf weiß verfassungsrechtlich als „nicht mög
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